14.45
Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es gibt ein wunderschönes Sprichwort, das ich so mag, das sagt, dass man den Wert einer Gesellschaft daran erkennt, wie sie mit ihren alten Menschen und mit ihren jungen Menschen umgeht. Ich glaube, dass das heute auf diesen Tagesordnungspunkt wunderbar zutrifft, generell auf dieses Pflegepaket, weil es eben beide Gruppen umfasst, die Alten, die Älterwerdenden auf der einen Seite und die Jungen, die in Ausbildung stehen, auf der anderen Seite. Warum sage ich das? – Weil Altern in Würde ein nicht verhandelbares Menschenrecht ist. Ich glaube, darin sind wir uns alle einig.
Zum Zweiten müssen wir gewährleisten – in welchen Bereichen auch immer, aber heute und hier geht es um die Pflege –, dass wir den Jungen gute Ausbildungschancen geben und dass wir Arbeitsbedingungen schaffen, sodass sie auch viele Jahre im gewählten Beruf bleiben möchten.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, man kann heute wirklich mit Fug und Recht behaupten: Das, was hier gelungen ist, ist eines der größten oder das größte Reformpaket der letzten Jahrzehnte. (Bundesrätin Schartel: Ah, Blödsinn!) Die Zahlen sprechen einfach für sich: 1 Milliarde Euro in zwei Jahren, in über 20 Maßnahmen, die gesetzt werden. (Bundesrat Schennach: Des Jahrhunderts!) Natürlich ist es höchst an der Zeit und natürlich gibt es immer Luft nach oben, natürlich – das verstehe ich schon – ist es auch Aufgabe der Opposition, dass sie das schlechtredet und madig macht – wobei ich sehr wohl auch die anerkennenden Worte gehört habe, die ich natürlich auch mitnehme –, aber ich glaube, man muss es trotzdem so stehen lassen, wie es ist: Es ist eines der größten Reformpakete der letzten Jahrzehnte, wenn es um die Pflege geht.
Ich darf noch einmal dieses Gesamtpaket mit den drei wesentlichsten Blöcken umreißen, nämlich einerseits Maßnahmen für Pflegeberufe, zum Zweiten Maßnahmen, die die Pflegeausbildung betreffen, und zum Dritten – ganz wesentlich auch für mich persönlich – Maßnahmen, die die pflegebedürftigen Menschen und pflegende Angehörige betreffen.
Ich komme zuerst zum Pflegeberuf. 520 Millionen Euro wird der Bund für höhere Gehälter unserer Pflegekräfte zur Verfügung stellen. 520 Millionen Euro – das ist umgerechnet ein Monatsgehalt pro Pflegekraft auf das Jahr gesehen. Ich glaube, das ist etwas, vor dem man sich tatsächlich nicht verstecken muss. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Es wird, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, ab dem 43. Lebensjahr eine weitere Entlastungswoche geben, ganz unabhängig davon, wann jemand in den Beruf eingestiegen ist, und es wird Zeitguthaben in Form von 2 Stunden pro Nachtdienst für die Nachtschwerarbeit geben. Es wird Kompetenzerweiterungen geben, wie sie Kollege Ebner bereits angesprochen hat. Das ist also alles zusammen etwas, was den Pflegeberuf unmittelbar erleichtern und attraktiver machen soll.
Bei der Ausbildung tun wir etwas. Die Pflegelehre ist bereits angesprochen worden. Ja, auch ich bin ein großer Befürworter dieser Pflegelehre, weil wir diese Lücke zwischen dem 15. und 17. Lebensjahr schließen, in der uns bisher junge Damen und Herren für die Pflege einfach verloren gegangen sind, weil sie in andere Berufsbilder gegangen sind. Mindestens 600 Euro wird in Zukunft jede und jeder als Ausbildungszuschuss bekommen, wenn er sich in Pflegeausbildung befindet, mindestens 1 400 Euro Umsteiger oder Wiedereinsteiger in den Pflegeberuf. Auch das sind Zahlen, die sich sehen lassen können und vor denen man sich nicht verstecken muss.
Sehr geehrte Damen und Herren, der dritte wesentliche Block betrifft die Pflegebedürftigen und pflegende Angehörige. Es ist heute auch schon gesagt worden, dass vor allem auf Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und demenziellen Erkrankungen ein Hauptaugenmerk gelegt wird, indem die Pflegestufe erhöht wird. Wir haben die Pflegekarenz, die von jetzt einem Monat auf drei Monate angehoben wird. Es wird Pflegekurse für Angehörige geben. Und es wird vor allem aus Gründen der Wertschätzung jeder pflegenden Person, die ein Familienmitglied zu Hause betreut, ab 2023 1 500 Euro Angehörigenbonus geben. 80 Prozent der zu Pflegenden werden zu Hause betreut. Das kann man gar nicht oft genug sagen und hoch genug wertschätzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe es vorhin schon gesagt: Natürlich ist es Aufgabe der Opposition, Dinge kleiner zu machen und zu sagen, dass wir noch mehr Dinge noch rascher brauchen. Wenn man sich aber die Liste der zuständigen Minister anschaut, dann waren es in den letzten 14 oder 15 Jahren immerhin elf Jahre lang SPÖ-Minister, die für die Pflege zuständig waren. Das muss an dieser Stelle schon auch einmal gesagt werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)
Bevor da jetzt Rufe aus ihrer Ecke kommen (Bundesrätin Hahn: Na ja, die darf man wohl machen, oder?): Ich meine das weder zynisch noch angriffig. Was ich damit ausdrücken will, ist, dass die Herausforderungen, die wir in der Pflege haben, kein Problem der Sozialdemokratie sind, auch kein Problem der ÖVP oder der Freiheitlichen. Es ist kein steirisches Problem, es ist kein Kärntner Problem, es ist unser aller Problem, es ist ein österreichisches Problem, und wir müssen das gemeinsam stemmen.
Einige Länder haben da schon Vorleistungen erbracht. Ich drehe mich um (in Richtung Schriftführung): Günter Kovacs hat einiges erwähnt. – Ich bin nicht in allem einer Meinung mit dir, aber da wurde bereits etwas getan. So ist es zum Beispiel auch in der Steiermark gelungen – du hast es angesprochen, Elisabeth Grossmann –, einen einmaligen fraktionsübergreifenden – und das Parteienspektrum in der Steiermark ist relativ spannend und reicht von der KPÖ bis hin zu den Freiheitlichen – Schulterschluss zustande und auf den Weg zu bringen. Das ist vor allem unserem Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, der Landesgesundheitsreferentin Bogner-Strauß, Toni Lang und unseren Kollegen von der SPÖ zu verdanken. Wir wollen in Zukunft in der Steiermark vor allem die mobile Pflege und die Pflege zu Hause gegenüber der stationären forcieren.
Ich möchte schön langsam zum Ende kommen. Der Ärztemangel ist angesprochen worden. Ja, da dürfen wir nicht wegschauen. Da haben wir da und dort große Probleme, ich spreche lieber von Herausforderungen. Es sind aber schon großteils wirklich regionale Probleme, von denen wir da reden, und regionale Unterschiede, denn alles in allem – ich habe mir die Zahlen vorhin noch besorgt – waren bundesweit Ende 2021 97,4 Prozent der Allgemeinmedizinerstellen besetzt und 97,05 Prozent der Facharztstellen.
Wir haben da regional große Unterschiede. Und ja, man hat damit zu kämpfen, dass man junge Kolleginnen und Kollegen in die Regionen hinausbekommt und dort auf Kassenstellen setzt. Es ist aber nicht ganz so schlimm, wie es oft dargestellt wird, was uns jedoch nicht daran hindern wird, dass wir die Ärmel aufkrempeln, dass wir alles daransetzen müssen, neben der Pflege auch den Arztberuf noch viel attraktiver zu machen. Der Herr Bundesminister hat aber bereits angesprochen, dass das nicht nur eine Aufgabe der Regierung ist, sondern vor allem auch eine Aufgabe der der Ärztekammer gemeinsam mit den Sozialversicherungen übertragenen Selbstverwaltung. Auch da gibt es schon Maßnahmenpakete mit 45 ganz konkreten Vorschlägen, die von den Stakeholdern erarbeitet worden sind, um dem Ärztemangel entgegenzutreten.
Ich darf jetzt wirklich zum Schluss kommen und hätte eine Bitte: Ja, wir haben definitiv Luft nach oben. Ja, wir haben große Herausforderungen, vor denen wir stehen, und ja, wir sind in den letzten Jahren, und da war Corona natürlich ein Brandbeschleuniger, in den Spitälern, in den Pflegeheimen an unsere Grenzen gestoßen und teilweise darüber hinaus geraten. Aber ja, ich erlebe jeden Tag, wenn ich nicht gerade in Wien, sondern im Spital bin, großartige Krankenschwestern und Krankenpfleger, die jeden Tag mit unendlich viel Herzblut, mit unheimlichem Engagement, mit einer unheimlich großen Empathie und Liebe zum Menschen kranke Patientinnen und Patienten und multimorbide Alte betreuen.
Ich habe erst letztens mit einer Schwester im Nachtdienst gesprochen. Die hat mir gesagt, dass es oft unglaublich schwierig ist und sie manchmal daran denkt, alles hinzuschmeißen. Machen wir aber bitte nicht alles schlecht und reden uns nicht selber klein! Wir haben gemeinsame Herausforderungen zu stemmen. Mit diesem Paket ist ein erster mehr als großer Wurf gelungen. Ich darf mich da auch bei Ihnen bedanken, Herr Bundesminister, und bei der gesamten Bundesregierung. (Bundesrätin Schumann: Bei der Gewerkschaft, bei der Sozialdemokratie! – Bundesrätin Grimling: Sagen wir Sozialpartner!) Gehen wir diesen Weg gemeinsam weiter, Bundesländer, Gewerkschaft, Bundesregierung, dann wird es uns gelingen, diesen Beruf von einem Mangelberuf wieder zu einem Traumberuf zu machen, wie Kollege Ebner gesagt hat. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
14.55
Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer. Ich erteile ihm dieses.