17.09

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute, wie schon bei der letzten Sitzung, wieder über Teuerung und Entlastung von der Teuerung. Sie haben richtig gesagt: Für die Preissteigerungen und Teuerungen in Österreich sind wir nur zu einem geringen Teil selbst verantwortlich oder können diese steuern. Viel hängt mit der Politik der EZB zusammen, die tatsächlich für die Inflation im engeren Sinne sorgt. Preissteigerung, Teuerung ist ja nicht das Gleiche wie Inflation.

Wir haben die Lieferkettenprobleme, Nachfragesteigerungen, die dafür sorgen, und die fossilen Preissteigerungen. (Bundesrat Hübner: Ja, aber was soll man machen?) Der beste Weg wäre natürlich, unsere Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern zu ver­ringern, weil das diese Komponente der Preissteigerungen bekämpfen könnte.

Erst kürzlich hat auch Eurostat auf die extrem hohen Arbeitskosten in Österreich hinge­wiesen. Auch die IWF-Experten fordern im Kampf gegen die Inflation beziehungsweise die Preissteigerung strukturelle Maßnahmen, die besser als Einmalzahlungen sind. Was die Bundesregierung aber macht, ist, lieber Geldgeschenke mit der Gießkanne zu ver­teilen, wie zum Beispiel den Energiekostenausgleich. Ich habe es auch schon beim letz­ten Mal gesagt: Die Schwelle ist dabei das Doppelte des Medianeinkommens, das ist also keine zielgerichtete Maßnahme zur Armutsbekämpfung. Die Regierung bleibt aber untätig, wenn es zum Beispiel um die Senkung der Lohnnebenkosten oder die speziell für Erwerbstätige nach wie vor erdrückende Abgabenlast geht.

Hohe Preissteigerungsraten sorgen – nicht bei Ihnen persönlich, aber in dem von Ihnen verantworteten Ressort – für volle Taschen. Während die hohen Inflationsraten, Preis­steigerungsraten die Menschen stark belasten, ziehen insbesondere die staatlichen Einnahmen durch die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer – insbesondere in der Erhebungsart der Lohnsteuer – kräftig an. (Bundesrat Hübner: Ja, aber was wollen die NEOS jetzt, bitte? Das haben wir schon 30 Mal gehört heute!)

Agenda Austria hat zum Beispiel ausgerechnet, dass bei einer Jahresinflationsrate von 5 Prozent heuer und 3 Prozent nächstes Jahr Mehreinnahmen von 7,5 Milliarden Euro bevorstehen. Zum Vergleich: Das ist das Volumen einer größeren Steuerreform. In der bevorstehenden Novellierung des Bundesfinanzgesetzes 2022 geht man im Vergleich zum ursprünglichen Budget von Mehreinnahmen bei Umsatz-, Einkommen- und Kapital­ertragsteuer von insgesamt 1 Milliarde Euro aus.

Die Abgabenquote bleibt daher heuer trotz Steuerreform bei 44 Prozent und ist somit so hoch wie zuletzt 2015. Dabei hat sich die Bundesregierung bei ihrem Amtsantritt das Ziel gesetzt, die Abgabenquote bis zum Ende der Legislaturperiode auf 40 Prozent zu ver­ringern.

Mit den bisher gesetzten Maßnahmen wie der Steuerreform und den zusätzlichen ak­tuellen Maßnahmen gegen die Teuerung in Höhe von rund insgesamt 3,7 Milliarden Euro wird dieses Ziel jedenfalls nicht erreicht werden. (Bundesrat Hübner: Sondern?) Es sind daher dringend weitere nachhaltige Entlastungsschritte notwendig, allen voran die Ab­schaffung der kalten Progression. Diese – in Anführungszeichen – „Inflationssteuer“ kos­tet die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jährlich Milliarden und schraubt die Abgaben­quote nach jeder Steuerreform verlässlich wieder in die Höhe.

Sie haben vorhin angesprochen, es gäbe verschiedene Modelle, die kalte Progression abzuschaffen, entweder jährlich oder abhängig von einer Schwellenwertüberschrei­tung – wir kennen das von Mietverträgen. Da die Einkommensteuer aber eine jährliche Bemessungsgrundlage hat, ist es ziemlich klar, dass eine Anpassung der Tarifstufen und auch der Absetzbeträge bei der Abschaffung der kalten Progression wohl auch nur jahresbezogen stattfinden kann.

Jetzt kann man sich natürlich überlegen, ob das jedes Jahr stattfindet oder immer nur in den Jahren, nachdem eine gewisse Schwelle überschritten worden ist. Das ist aber trotz­dem keine besonders große Auswahl. Man könnte sich dann natürlich anschauen, ob die Schwelle 2, 3, 4, 5 Prozent ist. Momentan wäre es egal, weil es dann trotzdem jähr­lich passiert. Das sind aber keine Rechnungen, die Monate dauern, das kann man ziem­lich schnell entscheiden. Das ist eine politische Entscheidung, die Sie jetzt immer noch hinausschieben.

Angesichts der allgemeinen Teuerung sind darüber hinaus Senkungen der Lohnneben­kosten und die bereits eingeleitete Anpassung der Einkommensteuertarifstufen notwen­dig. Das sind Sachen, die rasch umsetzbar wären. Österreich zählt in Europa zu den Ländern mit den höchsten Arbeitskosten, was unter anderem auf diese hohen Neben­kosten zurückzuführen ist. Auf die Bruttolöhne – technisch Bruttolöhne – werden circa 30 Prozent Lohnnebenkosten draufgeschlagen, wovon allerdings wieder ein Drittel gar nicht arbeitnehmerinnen- und arbeitnehmerbezogen ist, wie zum Beispiel die Wirt­schaftskammerumlage 2, die man rasch abschaffen könnte.

Viele Lohnnebenkostenbestandteile stehen in der Kritik, zu hoch zu sein und überdies nicht zweckentsprechend eingesetzt zu werden. Längerfristig besteht hiermit somit ein großes Senkungspotenzial, wovon zumindest 0,5 Prozentpunkte schon kurzfristig reali­sierbar sind, was 750 Millionen Euro jährlicher Entlastung entsprechen würde. Die Unter­nehmen werden dadurch wettbewerbsfähiger, wodurch zusätzliche Beschäftigungsef­fekte geschaffen werden würden. Außerdem gäbe es zusätzlichen Spielraum bei den Kollektivvertragsverhandlungen.

Nun wurde die Abschaffung der kalten Progression wieder einmal in Aussicht gestellt, wie von der ÖVP bereits 2013, 2017, 2019, 2021, aktuell für 2023. Bisher wurde sie aber trotz Ankündigungen nie umgesetzt. Man darf nun gespannt sein, ob dieser Griff in die Geldtaschen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unter dieser Regierung tatsächlich ein Ende findet. – Danke sehr. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ.)

17.15

Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Andreas Arthur Span­ring. – Bitte schön.

 

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