17.45

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Lieber Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Marlies Steiner-Wieser, ich muss sagen, du hast viel Mut, dass du da hergehst und über den Strompreis in Kärnten herziehst, denn du solltest ein bisschen Geschichte lernen. Lern ein bisschen Geschichte! Wer hat denn in Kärnten die mehrheitlichen Anteile bei der Kelag verscherbelt und nach Deutsch­land transferiert? – Das war vor 2013 die liebe FPÖ in Kärnten, und jetzt haben wir die Minderheit und können da nichts mehr machen. Das ist Tatsache. Also ein bisschen bei den Realitäten bleiben, wenn man das Ganze so macht. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie Heiterkeit der Bundesräte Himmer und Preineder. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Wer hat denn mit 700 000 den Wahlkampf finanziert?)

Alles wird teurer – den Satz hören wir eigentlich jeden Tag, und dann direkt danach: Ja, der Krieg ist schuld. Wir in Kärnten leben im Dreiländereck mit Slowenien und Italien und sind da jetzt auch mit unseren Nachbarn sehr verbunden, sind einmal da, einmal dort. Der Herr Finanzminister hat es ja schon angesprochen: Slowenien hat eine Zeit lang den Benzinpreis gedeckelt – bis zum Wahlsonntag. Ein Schelm, der da etwas Böses denkt. Dann ist die Wahl nicht so ausgegangen, wie sich der Herr amtierende Präsident das gewünscht hat, und er hat die Deckelung gleich am nächsten Tag wieder aufgehoben. (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)

Es sind viele Kärntner hinuntergefahren und haben ein böses Wunder erlebt, weil sie nicht so wie in Ungarn die Tankstellen leeren konnten. Das ist dort in Slowenien nicht mehr gegangen.

Wir sind aber auch häufig in Italien. Früher in der Vergangenheit war es so: Man ist hinuntergefahren, hat vor Tarvis noch geschwind getankt, damit der Tank voll ist, wenn man ans Meer und wieder zurückfährt, weil das Benzin dort exorbitant teurer war. Jetzt, vorige Woche – man tankt wieder brav in Österreich, die Steuern bleiben dann ja auch bei uns –, siehe da: In Italien ist das Benzin auf der Autobahn billiger als bei uns in der Ortschaft. Da denkt man sich dann auch seinen Teil. Die haben aber nichts gedeckelt. Wer verdient da? (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Spanring und Steiner.) Mir ist nicht bewusst, dass sich den Italienern jetzt irgendwo große Erdölquellen aufgetan hätten, dass sie das der eigenen Bevölkerung zugutekommen lassen.

Nur so viel als Einstieg zu den Treibstoffpreisen: dass da fast 50 Prozent in Staatssäckel hineingehen – ob das in Deutschland ist oder bei uns – ist unbestritten und dass das ein Preistreiber für alle Bereiche ist, darüber brauchen wir uns auch keine Sorgen zu ma­chen.

Als Bürgermeister komme ich immer wieder auf die Gemeindeebene zurück, weil ich denke, dass in der Länderkammer auch sehr viele Bürgermeister sitzen und wissen, was da tagtäglich auf uns zukommt. Ein kleines Beispiel: Kindergärten haben Essen. Die meisten Kindergärten bekommen eine Zulieferung von gesundem Essen, weil das für unsere kleinen Kinder ja sehr wichtig ist. Bis jetzt ist der Preis des Zulieferers bei 3,80 Euro gewesen – ab jetzt: 5,20 Euro. Wer bezahlt das? – Die Eltern. Die Lebensmit­telpreise sind teurer geworden.

Wir haben jetzt Schulen und Kindergärten auszubauen. Wir haben Gott sei Dank viele Kinder und müssen erweitern. Wir haben ein Projekt von 4 Millionen Euro und jetzt bei der Ausschreibung eine Preissteigerung von 30 Prozent. Das heißt, die Gemeinde muss auf einmal um 1,2 Millionen Euro mehr aufstellen. Wir sind Gott sei Dank eine Gemeinde, in der wir ein bisschen Reserven haben, diese zusammenkratzen und andere Projekte zurückstellen können, weil uns die Jugend wichtig ist.

Anderen Gemeinden geht es genauso, die haben aber keine Geldreserven. Was pas­siert? – Die müssen jetzt weitere Investitionen zurückstellen. Was passiert in Folge? – Wir schwächen wieder die Wirtschaft, weil die öffentliche Hand ein wichtiger Auftragge­ber ist. Aber diese Preissteigerung, die zurzeit kommt, stemmen wir einfach nicht mehr, und ich denke, dass der Weg der Arbeiterkammer mit den zehn Punkten, die auch in der Anfrage drinnen sind, ein guter wäre, um die Teuerung etwas abzufedern.

Die Gemeinden sind wie gesagt belastet. Ich habe es schon bei der vorherigen Anfrage gesagt, dass wir beim Pflegereformpaket auch massiv getroffen werden. Jetzt trifft es uns wieder, und wie läuft es denn weiter? Auch die Tarife der Gemeinden müssen ange­passt werden. Wir haben Haushalte, die betreffen Wasser, Kanal, die Kindergärten wie gesagt, die Pflege, und da geht diese Teuerung auch nicht spurlos an den Gemeinden vorbei. Wenn etwas beim Kanal zu tun ist, beim Wasser etwas zu tun ist, dann haben wir diese 30-prozentige Erhöhung überall drin. Wer zahlt es? Im Haushalt müssen wir die Tarife entsprechend anpassen, und jetzt kriegen die Bürger und Bürgerinnen in unse­ren Gemeinden eine saftige Erhöhung der Tarife, und ich glaube, wenn da nicht irgend­wann ein Hilfspaket kommt, werden wir das dort auch nicht stemmen, weil wir wieder die Haushalte und die Bürgerinnen und Bürger übers Maß belasten.

Also, lieber Herr Finanzminister, stoppe bitte diese Preislawine! Vorschläge gibt es ge­nug, und es sind genug Milliarden von den Abgaben in den Staatssäckel geflossen. Ma­chen wir das nicht auf Kosten der Österreicherinnen und Österreicher, dass da dieser Weg weiter beschritten wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich noch ganz kurz zu den Lebensmittelpreisen und der Versor­gungssicherheit kommen, weil mich Kollege Gfrerer angesprochen hat, dass ich bei der vorherigen Rede gesagt habe, die Lebensmittelpreise sind um 20 Prozent hinaufgegan­gen. Er hat gesagt, das stimmt nicht. Die Statistik sagt etwas anderes. Gehen wir einmal von der Lebensmittelversorgungssicherheit in Österreich aus: Laut Statistik Austria schaut es so aus, dass wir in Österreich beim Getreide einen Lebensmittelversorgungs­sicherheitsgrad von 94 Prozent haben, bei den Ölsaaten 47 Prozent, beim Obst 48 Pro­zent, beim Gemüse schon 58 Prozent, bei Erdäpfeln oder Kartoffeln 90 Prozent, Rind­fleisch 145 Prozent, Schweinefleisch 106 Prozent, Wein – Punktlandung – 100 Prozent – sind wir froh! –, Milch 177 Prozent und Käse 94 Prozent.

Aber wie schaut es mit der Gastronomie aus? Energie und Benzin sind auch für die Lebensmittel der Preistreiber, und wenn man das Schnitzelbarometer für das allseits beliebte Wiener Schnitzel hernimmt: Da hat eine Marktforschung von der Agenda Austria ergeben, dass sich allein der Preis für Speiseöl seit Anfang des Jahres um 40 Prozent erhöht hat. Gastroküchen sind extrem energieintensiv und brauchen Strom und Gas. Der Herd ohne Gas bei der Gastro geht gar nicht, und wenn man einen Dampfgarer oder mehrere hat, braucht man mehr als einen Starkstromanschluss, um diesen überhaupt betreiben zu können. Wie gesagt, wenn man die Zutaten fürs Wiener Schnitzel her­nimmt, ergibt es: Öl habe ich schon gesagt, der Mehlpreis ist in diesem Zeitraum um 20 Prozent gestiegen, Erdäpfel um 9 Prozent, Eier um 5 Prozent, und was erstaunlich ist: das Kalbfleisch nur um 2,7 Prozent. Jetzt würde man annehmen: Super, wenn so eine Preissteigerung von 20 Prozent drinnen ist, kommt das den Landwirten zugute. – Dem ist aber nicht so, sondern da geht irgendwo zwischen Produzenten und Endver­brauchern das Geld verloren.

Ich habe mir noch die Arbeit gemacht und mir den Preisindex für März herausgeholt. Produktentwicklung: Mahlweizen, Veränderung von März 2021 auf März 2022 64 Pro­zent, Mais 61 Prozent, Gerste 64 Prozent, Rindfleisch 33 Prozent, Schweinefleisch 12 Prozent, Hähnchenfleisch 25 Prozent, Butter 61 Prozent, Cheddarkäse 20 Prozent, Magermilchpulver 60 Prozent, Vollmilchpulver 54 Prozent, Rapssaat 77 Prozent, Weiß­zucker 13 Prozent. Jetzt ist uns schon bewusst, dass das nicht die Bauern kriegen, denn die haben die Ernte ja 2021 schon abgeliefert. Verkaufen tut es jetzt wer anderer zu diesen Börsenpreisen.

Das ist auch von der AMA, also das sind jetzt keine Zahlen, die ich mir irgendwie aus den Fingern sauge: Weizen im Vergleichszeitraum vom April 2021 auf 2022, Preissteige­rung 90 Prozent, Soja 31 Prozent, Schweinefleisch 27 Prozent, Rinder Jungstiere 30 Pro­zent, Rinder Kühe 43 Prozent, Geflügel Hühnerfleisch 14 Prozent, Eier Bodenhaltung 45 Prozent, Karotten 0 Prozent, bei den Zwiebeln – da kommt einem das Weinen – mi­nus 21 Prozent, und die Kartoffeln sind im Preis um 90 Prozent gestiegen.

Wenn man sich dann den AMA-Bericht anschaut, liest man: Versorgungslage: Die Kriegssituation im Osten Europas beeinflusst die Versorgung nicht. „Auch mittelfristig ist keine Gefährdung der Versorgung absehbar; solange die Gaslieferungen laufen.“ So geht es weiter. Wenn jemand Lust hat: Im Internet kann man sich den Bericht herunter­laden. Da steht viel Interessantes drinnen. Ein Ratschlag an die Regierung: Vielleicht kann man eine Gewinnabschöpfung bei den Zwischenhändlern machen und das den Landwirten zugutekommen lassen, denn dort wäre es besser angebracht als bei Aktio­nären, um die Verluste durch Russland zu kompensieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.57

Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günter Pröller. – Bitte schön.

 

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