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Plenarsitzung

des Bundesrates

Stenographisches Protokoll

 

960. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 7. Dezember 2023

 

 

 

 

Bundesratssaal


Stenographisches Protokoll

960. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 7. Dezember 2023

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 7. Dezember 2023: 9.00 – 19.28 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichts-Digitalisierungs-Gesetz, das Fachhochschulgesetz, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Gedenkstättengesetz, das Rechtspraktikantengesetz, das Ausfuhrförderungsge­setz, das Garantiegesetz 1977, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Arbeits­marktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Dienstgeberabgabegesetz, das NPO-Fonds-Gesetz, das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für Non-Profit-Organisationen, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das BFW-Gesetz, das Waldfonds­gesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Umweltkontrollgesetz, das Altlasten­sanierungsgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz,
das Arzneimittelgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbli­che Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und
das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert sowie ein IACA-Unterstützungsgesetz, ein Bundesgesetz zur strafrechtlichen Rehabilitie­rung und Entschädigung von Personen, die nach den §§ 129 I, 129 I lit. b 500, 500a, 517 oder 518 des Strafgesetzes 1945 oder den §§ 209, 210, 220


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 2

oder 221 des Strafgesetzbuches verurteilt wurden, ein Meister- und Befähigungsprüfungs-Finanzierungsgesetz und ein Gesund­heitsreformmaßnahmen-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbe­gleitgesetz 2024)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (Progressionsabgeltungsgesetz 2024 – PrAG 2024)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation
und Technologie genehmigt wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister/die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt und mit dem das Bundesgesetz hinsichtlich Begleitmaßnahmen zur Durchführung der Verordnung (EU) 2023/1781 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Sep­tember 2023 zur Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Stär­kung des europäischen Halbleiter-Ökosystems und zur Änderung der Verord­nung (EU) 2021/694 (Chip-Gesetz-Begleitmaßnahmengesetz) erlassen
wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Pensionsordnungen der Oesterreichischen Nationalbank geändert und das Bundesgesetz zur Änderung von Betriebs­pensionszusagen im Bereich der Austrian Airlines (AUA-Betriebspensions-Ände­rungsgesetz) erlassen wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesrechen­zentrum GmbH (BRZ GmbH) geändert wird


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8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und das Bundesge­setz über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich geändert werden

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen und sonstigem beweglichem Kulturgut aus den österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen und aus dem sonstigen Bundeseigentum (Kunstrückgabegesetz – KRG) geändert wird

10. Punkt: Bundesgesetz zur Unterstützung von Rettungs- und Zivilschutz­organisationen (Rettungs- und Zivilschutzorganisationen-Unterstützungsgesetz)

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, das Perso­nenstandsgesetz 2013 und das Namensänderungsgesetz geändert werden

12. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Verrechnung der Differenzbeträge zwischen den Kostenhöchstsätzen der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG
und den tatsächlich entstandenen Kosten für sämtliche in organisierten Unter­künften untergebrachten Personen inklusive der Unterbringung, Versor­gung und Betreuung von vulnerablen Personengruppen ermöglicht werden soll (Realkostenverrechnungsvereinbarung Bund – Wien)

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung des qualitätsvollen Journalismus in Medien des Print- und Online-Bereichs erlassen wird und das Presseförderungsgesetz 2004 sowie das
KommAustria-Gesetz geändert werden

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BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 4

Inhalt

Bundesrat

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung im Zusammenhang mit der Erteilung von Ordnungsrufen:

Andreas Arthur Spanring ............................................................................  32, 35

Marco Schreuder .....................................................................................................     33

Korinna Schumann ..................................................................................................     34

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .................................................................................     34

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................     35

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .......................  157

Unterbrechung der Sitzung ...................................................................  158, 186

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend Wahrung der Würde des Hauses sowie Ersuchen um Erteilung eines Ordnungsrufes:

Korinna Schumann ..................................................................................................  184

Marco Schreuder .....................................................................................................  185

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .................................................................................  185

Christoph Steiner .....................................................................................................  186

Wortmeldung des Bundesrates Christoph Steiner im Zusammenhang mit einem ihm erteilten Ordnungsruf .........................................................................  214

Wortmeldung des Bundesrates Andreas Arthur Spanring betreffend Ordnungsrufe ..........................................................................................................  272

Wortmeldung des Bundesrates Andreas Arthur Spanring betreffend § 37 Abs. 2 GO-BR ..........................................................................................................  279

Wortmeldung der Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler betreffend Vertretung des Bundesministers für Inneres ......................................................  279


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 5

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Proto­kolls dieser Sitzung durch Präsidentin Mag.a Claudia Arpa ................................  319

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ........................  319

Personalien

Verhinderungen ......................................................................................................     18

Ordnungsrufe ....................................................................................  26, 31, 213

Aktuelle Stunde (110.)

Thema: „Investitionen in die österreichischen Luftstreitkräfte“ .....................     18

Redner:innen:

Matthias Zauner ......................................................................................................     19

Daniel Schmid ..........................................................................................................     22

Markus Leinfellner ...................................................................................................     26

MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................     36

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner ....................................................  41, 60

Ernest Schwindsackl ................................................................................................     45

Michael Wanner ......................................................................................................     49

Günter Pröller ...........................................................................................................     52

Simone Jagl ..............................................................................................................     55

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................     57

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäi­schen Union ................................................................................................  65, 66

Vertretungsschreiben ............................................................................................     67


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 6

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ...................................................................     67

Ausschüsse

Zuweisungen ............................................................................................  61, 319

Dringliche Anfrage

der Bundesrät:innen Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „umfassendes Reformpaket für leist­bares Wohnen“ (4134/J-BR/2023) ......................................................................  217

Begründung: Christian Fischer ...............................................................................  217

Staatssekretärin Claudia Plakolm ..........................................................................  224

Debatte:

Korinna Schumann ..................................................................................................  232

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .................................................................................  239

Andrea Michaela Schartel .......................................................................................  245

MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................  249

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................  254

Matthias Zauner ......................................................................................................  259

Mag. Isabella Theuermann ......................................................................................  263

Mag. Sascha Obrecht ..............................................................................................  265

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Mietpreisstopp jetzt“ – Ablehnung  237, 271

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Leistbares Wohnen jetzt endlich möglich machen!“ – Ablehnung .........................................................................  270, 271


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 7

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichts-Digitalisierungs-Gesetz,
das Fachhochschulgesetz, das Bundes-Jugendförderungsgesetz,
das Gedenkstättengesetz, das Rechtspraktikantengesetz, das Ausfuhrför­derungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das Umsatzsteuerge­setz 1994, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarkt­servicegesetz, das Dienstgeberabgabegesetz, das NPO-Fonds-Gesetz,
das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für Non-Profit-Orga­nisationen, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheater­organisationsgesetz, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das BFW-Gesetz, das Waldfondsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Umwelt­kontrollgesetz, das Altlastensanierungsgesetz, das Gesundheits- und Ernäh­rungssicherheitsgesetz, das Arzneimittelgesetz, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bau­ern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz geändert sowie ein IACA-Unterstützungsgesetz, ein Bundesgesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung und Entschädigung
von Personen, die nach den §§ 129 I, 129 I lit. b 500, 500a, 517
oder 518 des Strafgesetzes 1945 oder den §§ 209, 210, 220 oder 221 des Strafgesetzbuches verurteilt wurden, ein Meister- und Befähigungs­prüfungs-Finanzierungsgesetz und ein Gesundheitsreformmaßnahmen-Fi­nanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2024)
(2267 d.B. und 2298 d.B. sowie 11336/BR d.B. und 11341/BR d.B.) ............     68

Berichterstatter: Silvester Gfrerer .........................................................................     70


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 8

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geän­dert wird (Progressionsabgeltungsgesetz 2024 – PrAG 2024) (2217 d.B. und 2292 d.B. sowie 11342/BR d.B.) ..................................................................     69

Berichterstatter: Silvester Gfrerer .........................................................................     70

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch
die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (2270 d.B. und 2293 d.B. so­wie 11343/BR d.B.) ................................................................................................     69

Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber .....................................................     71

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch
den Bundesminister/die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Ener­gie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (2269 d.B.
und 2294 d.B. sowie 11344/BR d.B.) ..................................................................     69

Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber .....................................................     71

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch
den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt und mit dem das Bundesgesetz hinsichtlich Begleitmaßnahmen zur Durchführung der Verordnung (EU) 2023/1781 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2023 zur Schaffung eines Rahmens für Maß­nahmen zur Stärkung des europäischen Halbleiter-Ökosystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/694 (Chip-Gesetz-Begleit­maßnahmengesetz) erlassen wird (3656/A und Zu 3656/A und 2295 d.B. sowie 11345/BR d.B.) ............................................................................................     69

Berichterstatterin: Sandra Lassnig ........................................................................     72


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 9

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Pensionsordnungen der Oesterreichi­schen Nationalbank geändert und das Bundesgesetz zur Änderung von Be­triebspensionszusagen im Bereich der Austrian Airlines (AUA-Betriebs­pensions-Änderungsgesetz) erlassen wird (3657/A und 2296 d.B.
sowie 11337/BR d.B. und 11346/BR d.B.) .........................................................     70

Berichterstatterin: Sandra Lassnig ........................................................................     72

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesrechen­zentrum GmbH (BRZ GmbH) geändert wird (3658/A und 2297 d.B. sowie 11347/BR d.B.) .......................................................................................................     70

Berichterstatterin: Sandra Lassnig ........................................................................     72

Redner:innen:

Mag. Sascha Obrecht ...............................................................................  74, 150

Mag. Christian Buchmann ......................................................................................     78

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ..........................................................     83

Michael Bernard ......................................................................................................     90

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................     99

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................  106

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................  111

Ferdinand Tiefnig .....................................................................................................  116

Mag. Elisabeth Grossmann .....................................................................................  119

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ....................................................................  124

Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................  126

Klemens Kofler .........................................................................................................  128

Mag. Elisabeth Grossmann (tatsächliche Berichtigung) ......................................  130

Mag. Franz Ebner .....................................................................................................  130

Dominik Reisinger ....................................................................................................  135

Markus Stotter, BA ..................................................................................................  139


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 10

Christoph Steiner .....................................................................................................  142

Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler .....................................................  148

Mag. Harald Himmer ...............................................................................................  156

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gute Absicherung für Frauen in der Pension und Schutz vor Altersarmut“ – Ablehnung (namentliche Ab­stimmung) ...............................................................................................  123, 157

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ...........................  158

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Ausstattung der Städte und Ge­meinden im neuen Finanzausgleich“ – Ablehnung ...........................  138, 160

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Mag. Sascha Obrecht, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Rettung der österreichischen Wirt­schaft durch Preiseingriffe“ – Ablehnung ..........................................  152, 160

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  157

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  157

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  157

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 4, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  157

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 5, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  157

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 6, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  157


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 11

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 7, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  157

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds
der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und das Bundes­gesetz über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdi­schen Friedhöfe in Österreich geändert werden (3537/A und 2301 d.B. so­wie 11339/BR d.B. und 11350/BR d.B.) .............................................................  162

Berichterstatterin: Sandra Böhmwalder ...............................................................  163

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen und sonstigem beweglichem Kulturgut aus den öster­reichischen Bundesmuseen und Sammlungen und aus dem sonsti­gen Bundeseigentum (Kunstrückgabegesetz – KRG) geändert
wird (2302 d.B. sowie 11340/BR d.B. und 11351/BR d.B.) .............................  162

Berichterstatter: Marco Schreuder ........................................................................  163

Redner:innen:

Günther Ruprecht ....................................................................................................  164

Mag. Daniela Gruber-Pruner ..................................................................................  166

Mag. Isabella Theuermann ......................................................................................  170

Marco Schreuder ....................................................................................  171, 181

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................  176

Klara Neurauter .......................................................................................................  177

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................  179

Christoph Steiner .....................................................................................................  182


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 12

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 8, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  183

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  183

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betref­fend ein Bundesgesetz zur Unterstützung von Rettungs- und Zivil­schutzorganisationen (Rettungs- und Zivilschutzorganisationen-Unterstüt­zungsgesetz) (2177 d.B. und 2287 d.B. sowie 11353/BR d.B.) ........................  184

Berichterstatter: Christoph Stillebacher ...............................................................  187

Redner:innen:

Silvester Gfrerer .......................................................................................................  187

Mag. Bettina Lancaster ...........................................................................................  190

Günter Pröller ...........................................................................................................  193

Simone Jagl ..............................................................................................................  194

Bundesminister Mag. Gerhard Karner ...................................................................  197

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  199

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, das Perso­nenstandsgesetz 2013 und das Namensänderungsgesetz geändert werden (2202 d.B. und 2288 d.B. sowie 11356/BR d.B. und 11354/BR d.B.) ............  199

Berichterstatter: Christoph Stillebacher ...............................................................  200

Redner:innen:

Mag. Elisabeth Grossmann .....................................................................................  200

Mag. Christine Schwarz-Fuchs ...............................................................................  201

Günter Pröller ...........................................................................................................  204

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................  206


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 13

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  208

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betref­fend eine Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien
gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Verrechnung der Differenzbeträge zwischen den Kostenhöchstsätzen der Grundversorgungsverein­barung – Art. 15a B-VG und den tatsächlich entstandenen Kosten für sämtliche in organisierten Unterkünften untergebrachten Perso­nen inklusive der Unterbringung, Versorgung und Betreuung von vul­nerablen Personengruppen ermöglicht werden soll (Realkosten­verrechnungsvereinbarung Bund – Wien) (2272 d.B. und 2289 d.B. sowie 11355/BR d.B.) .......................................................................................................  208

Berichterstatter: Christoph Stillebacher ...............................................................  208

Redner:innen:

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................  209

Bundesminister Mag. Gerhard Karner ...................................................................  214

Mag. Harald Himmer ...............................................................................................  273

Stefan Schennach ....................................................................................................  274

Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................  280

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................  284

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  285

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (3655/A und 2283 d.B. sowie 11348/BR d.B.) ..........................................................................  286

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................  286


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 14

Redner:innen:

Christian Fischer ......................................................................................................  287

Heike Eder, BSc MBA ..............................................................................................  289

Marlies Doppler .......................................................................................................  290

Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................  292

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflege und Betreuung ist Schwerarbeit“ – Ablehnung ..............................................................................................  288, 293

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..............................  293

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert wird (3654/A und 2284 d.B. sowie 11349/BR d.B.) .........................  294

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................  294

Redner:innen:

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .................................................................................  294

Korinna Schumann ..................................................................................................  295

Günter Pröller ...........................................................................................................  297

Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................  298

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  299

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung des qualitätsvollen Journalismus in Medien des Print- und Online-Bereichs erlassen wird und das Presseförderungsgesetz 2004 sowie das KommAustria-Gesetz geändert werden (3292/A und 2012 d.B. sowie 11338/BR d.B. und 11352/BR d.B.) ....................................................................  300

Berichterstatterin: Viktoria Hutter .......................................................................  300


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 15

Redner:innen:

Marlies Doppler .......................................................................................................  300

Sandra Lassnig .........................................................................................................  305

Klemens Kofler .........................................................................................................  307

Stefan Schennach ....................................................................................................  308

Marco Schreuder .....................................................................................................  311

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .........................................................  315

Korinna Schumann ..................................................................................................  318

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  318

Eingebracht wurden

Antrag der Bundesrät:innen

Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderrechte von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen schützen – medizi­nisch nicht-notwendige Operationen verbieten (405/A(E)-BR/2023)

Anfragen der Bundesrät:innen

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Väterbeteiligung
an der Kinderbetreuung (4130/J-BR/2023)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung (4131/J-BR/2023)

Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Corona-Strafen in der Steiermark in den Jahren 2020, 2021,
2022 und 2023 (4132/J-BR/2023)


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Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona-Strafen
in der Steiermark in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 (4133/J-BR/2023)

Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend umfassendes Reformpaket für leistbares Wohnen (4134/J-BR/2023)

Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Verdienstentgang
bei Absonderung von Mitarbeitern aufgrund einer COVID-19-Infektion in steiri­schen Betrieben (4135/J-BR/2023)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Gefährdung der Patientensicherheit durch Anerkennung von Anästhesietechnischen Assistenten? (4136/J-BR/2023)

Mag. Isabella Theuermann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Überbindung von Infrastrukturkosten an Gemeinden
(4137/J-BR/2023)

Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Nicht veranlasste Strafverfolgung von Eltern, Erziehungs­berechtigten oder gesetzlichen Vormunden bei Beschneidung von Mädchen und jungen Frauen (FGM/C) (4138/J-BR/2023)

Anfragebeantwortungen

des Bundesminister für Inneres auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auwiesen müssen als
echtes Naherholungsgebiet wiederhergestellt werden! (3814/AB-BR/2023 zu 4117/J-BR/2023)


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des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirt­schaft auf die Anfrage der Bundesrät:innen Michael Wanner, Kolleginnen
und Kollegen betreffend Leerstände in Gebäuden des Bundes
(3815/AB-BR/2023 zu 4120/J-BR/2023)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesrät:innen Michael Wanner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Leerstände in Gebäuden
des Bundes (3816/AB-BR/2023 zu 4119/J-BR/2023)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Ausdünnung des Fachbereichs „Österreichische Geschichte“ an
der Universität Graz (3817/AB-BR/2023 zu 4118/J-BR/2023)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Bundes­rät:innen MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesetzeswidrige Sachspenden an die Regie­rungsfraktionen? (3818/AB-BR/2023 zu 4122/J-BR/2023)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesrät:innen MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesetzeswidrige Sachspenden an die Regierungsfraktionen? (3819/AB-BR/2023 zu 4121/J-BR/2023)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und
Kollegen betreffend Behinderte werden ausgesperrt - Schließung von EuroKey-Anlagen (3820/AB-BR/2023 zu 4125/J-BR/2023)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sachbeschädigungen und Diebstähle auf Österreichs Friedhöfen (3821/AB-BR/2023 zu 4124/J-BR/2023)


 


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09.00.15Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag.a Claudia Arpa, Vizepräsidentin Margit Göll, Vize­präsidentin Doris Hahn, MEd MA.

*****


09.00.16

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Einen wunderschönen guten Morgen! Ich eröffne die 960. Sitzung des Bundesrates. (Bundesrät:innen aller Fraktionen tragen orange Anstecker, auf denen eine blaue Hand sowie die Aufschrift „Stoppt Gewalt
an Frauen“ zu sehen sind.)

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 959. Sitzung des Bundesrates vom 8. November 2023 sind aufgelegen und wurden
nicht beanstandet.

Für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Johanna Miesenberger, Günter Kovacs, Horst Schachner und Markus Steinmaurer.

09.00.42Aktuelle Stunde


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema

„Investitionen in die österreichischen Luftstreitkräfte“

mit Frau Bundesministerin für Landesverteidigung Mag.a Klaudia Tanner, die ich herzlich willkommen heißen darf. (Allgemeiner Beifall.)

Herzlich willkommen heißen möchte ich auch Herrn Vizepräsidenten a. D. Ewald Lindinger. – Herzlich willkommen bei uns! (Allgemeiner Beifall.)

In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt: Zunächst kommt je ein:e Redner:in pro Fraktion zu Wort, dessen bezie-


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hungsweise deren Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Sodann folgt die Stel­lungnahme der Frau Bundesministerin, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt wiederum je ein:e Redner:in pro Fraktion sowie anschließend eine Wortmeldung des Bundesrates ohne Fraktion mit einer Redezeit von 5 Minuten. Zuletzt kann noch eine abschließende Stellungnahme der Frau Bundesministerin erfolgen, die nach Möglichkeit 5 Minuten nicht überschreiten soll.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Matthias Zauner. Ich erteile es ihm und mache noch einmal darauf aufmerksam, dass entsprechend der Ver­einbarung in der Präsidialkonferenz die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


9.02.09

Bundesrat Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Welt, in der wir leben, ist eine andere geworden,
und das Europa, in dem wir leben, ist ein anderes geworden. Durch den Konflikt in der Ukraine ist der Krieg auf unserem Kontinent zurück. Auch der Konflikt
im Nahen Osten – durch den Terroranschlag der Hamas auf Israel – zeigt die zu­nehmenden geopolitischen Spannungen, mit denen sich Europa und auch Österreich auseinanderzusetzen haben. Dazu kommen neue Entwicklungen wie Cyberkrieg und Cyberterror und all die neuen Entwicklungen im Bereich
der Sicherheitspolitik, mit denen wir uns konfrontiert sehen.

Speziell der Krieg in Europa – der Krieg in der Ukraine – hat auch für Österreich und für das österreichische Verteidigungssystem neue Realitäten geschaf­fen. Wir müssen unsere umfassende Landesverteidigung stärken, den Schutz der österreichischen Bevölkerung gewährleisten und vor allem die Wahrung
der Souveränität der Republik Österreich sicherstellen. Daher ist es
das Bekenntnis dieser Bundesregierung, die strategische Weiterentwicklung des österreichischen Bundesheeres fortzusetzen, Investitionen zu tätigen, die


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lange auf der Strecke geblieben sind, die Fähigkeiten des österreichischen Bun­desheeres zu stärken und im Rahmen der Mission Vorwärts das österrei­chische Bundesheer zu einer modernen Armee aufzurüsten.

Da müssen wir zu Beginn schon feststellen, dass wir ja ein parlamentarisches Bundesheer haben – das Parlament entscheidet über das Bundesheer. Da muss sich jede Fraktion in diesem Haus schon auch hinsichtlich dessen hinter­fragen, dass in Wahrheit in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viele In­vestitionen, die das Bundesheer gebraucht hätte, auf der Strecke geblieben sind.

So ist es jetzt aufgrund dieser Entwicklungen wichtig, die notwendigen Schritte zu setzen. Ich darf mich sowohl beim Herrn Bundeskanzler als auch bei
unserer Verteidigungsministerin bedanken, dass diese Investitionen auf den Weg gebracht wurden. Ich darf mich aber auch bei allen Parlamentsparteien be­danken, die diesen Weg gemeinsam gehen, weil es notwendig ist.

Als jemand, der aus einer stolzen Garnisonsstadt kommt – Wiener Neustadt, die Wiege der Offiziersausbildung; in unserer Burg, in der Theresianischen Militärakademie, werden die Offizierinnen und Offiziere des österreichischen Bundesheeres ausgebildet –, bekommt man das ja unmittelbar mit, die Stimmungen und Schwingungen in der Armee, je nachdem, wer gerade Verant­wortung trägt. Da ist es gut, zu erkennen, dass momentan eine positive Aufbruchsstimmung herrscht, nämlich dahin gehend, viele Investitionen nachzu­holen, die notwendig sind. Mit Zahlen untermauert bedeutet das: 3,3 Mil­liarden Euro für das Heer im heurigen Jahr und 18 Milliarden Euro in den kom­menden vier Jahren. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Ein ganz wesentlicher Punkt dabei ist natürlich die Investition in die Luftstreitkräfte – wenn wir an die Beschaffung des Mehrzweckhubschraubers AW-169 denken, wenn wir an das Transportflugzeug Embraer C-390
denken, aber auch wenn wir an die European Sky Shield Initiative denken, bei der es darum geht, österreichisches Territorium zu schützen. Der Krieg
in der Ukraine und der Krieg im Nahen Osten zeigen, wie wichtig das ist und wie


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labil die Sicherheitslage durch Angriffe von Drohnen, aber auch mit der Bedrohung durch fehlgeleitete Drohnen, mit der Bedrohung durch militärische Luftfahrzeuge im europäischen Luftraum, aber auch mit der Bedrohung
durch ballistische und atomare Raketen sein kann.

So haben sich im Oktober 2022 13 EU-Staaten zusammengetan, um diese Sky Shield Initiative zu starten, und im Juli 2023 haben sich auch Österreich
und die Schweiz dieser Initiative angeschlossen. Österreich und die Schweiz: Wir wissen, dass das neutrale Staaten sind, und wir wissen, dass das natürlich
eine besondere Situation ist. Deswegen ist auch klargestellt – das hat die Vertei­digungsministerin auch so unterschrieben –, dass es ausschließlich um die Beschaffung, um die Ausbildung und um Übungsmaßnahmen geht. Es ist klarge­legt und festgestellt, dass es sich um kein Militärbündnis handelt. Es ist klargestellt und festgelegt, dass es zu keinem fremden Militärstützpunkt auf un­serem Territorium kommt und dass auch eine Ausstiegsklausel enthalten
ist, sollte einer der anderen Staaten, die sich an dieser Initiative beteiligen, in ei­nen bewaffneten Konflikt geraten.

Als die Verteidigungsministerin und der Herr Bundeskanzler das vorgestellt ha­ben, ist eine Diskussion darüber entbrannt, ob das denn mit der Neutrali­tät Österreichs vereinbar sei. Da darf ich den Europa- und Völkerrechtler Walter Obwexer zitieren, der diese Woche in einer parlamentarischen Veranstal­tung gesagt hat: „Nach der derzeitigen Ausgestaltung“ ist eine Teilnahme Öster­reichs an der Sky Shield Initiative „mit der dauernden Neutralität vollkom­men vereinbar“. – Da erlaube ich mir aufgrund der Presseaussendungen nach dieser Veranstaltung schon den Hinweis: Wären die Wehrsprecher
jener Parteien dort gewesen, hätten sie es auch gehört. (Heiterkeit der Bun­desrätin Schumann.)

Zusammengefasst kann also festgestellt werden: Wer die Neutralität Österreichs schützen möchte, muss sie auch erhalten, und man kann sie nur erhalten,
wenn man dafür das nötige Rüstzeug hat. Daher ist die Ablehnung dieses Schutz-


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schirms nicht mehr und nicht weniger als ein Sicherheitsrisiko für Öster­reich. Es ist in der momentanen labilen Situation, die wir weltweit und auf unse­rem Kontinent erleben, populistisch, wenn man die Neutralität parteipoli­tisch ins Treffen führt, obwohl alle Experten sagen, dass die Neutralität mit Sky Shield vereinbar ist.

In diesem Sinne sind die Investitionen, die im Rahmen der Mission Vorwärts getätigt werden, wichtige und richtige Investitionen, und ist die Sky
Shield Initiative darüber hinaus ein ganz wesentlicher Schutzschirm für Öster­reich. Ich darf mich noch einmal bei der Verteidigungsministerin für die­sen Weg bedanken und ich darf mich bei allen Parlamentsparteien bedanken, die diesen Weg für die Sicherheit Österreichs mitgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

9.09


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Daniel Schmid. Ich erteile ihm dieses.


9.09.56

Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! In den letzten eindreiviertel Jahren wurde uns ganz klar vor
Augen geführt, dass der sicherheitspolitische Kurs Österreichs der letzten Jahre völlig neu gedacht werden muss.

Der Krieg in der Ukraine zeigt uns eines deutlich: Wer die Lufthoheit beherrscht, wer dem Gefecht der verbundenen Waffen Rechnung trägt, hat einen we­sentlichen Vorteil in der militärischen Auseinandersetzung. Gerade
eine leistungsstarke bodengebundene Luftverteidigung reduziert die Einsatz­möglichkeiten von Drohnen, Marschflugkörpern, ballistischen Raketen, Kampfflugzeugen et cetera.

Ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine wurde im vergangenen Jahr im Parla­ment das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz beschlossen. Darüber
hinaus wird ja auf Basis der Initiative der SPÖ und eines Entschließungsantrages


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der SPÖ von Februar dieses Jahres eine neue Sicherheitsstrategie von der Regierung erarbeitet, in der für uns die Neutralität im Mittelpunkt stehen muss. – So weit, so gut.

Dann aber erfuhren wir Bereichssprecher für Landesverteidigung von dem geplanten Beitritt zum europäischen Luftraumüberwachungssystem Sky Shield. Wieder nur über die Medien erfuhren wir, dass Sie, Frau Ministerin, ganz heimlich, still und leise eine Absichtserklärung und eine Zusatzerklärung mehr oder minder unterzeichnet haben.

Frau Ministerin, ich muss mich da schon fragen: Welches Verständnis von Demokratie haben Sie eigentlich, wenn Sie das Parlament bei diesen wichtigen Entscheidungen in keinster Weise mit einbinden? (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist ja unbestritten, dass die österreichische Bevölkerung vor Bedrohungen aus der Luft geschützt werden muss. Dies muss aber zum einen mit der Neutrali­tät vereinbar sein, und zum anderen muss der Beschaffungsvorgang auf transparenten, rechtsstaatlichen Abläufen basieren – und nicht im Hinterkam­merl Ihres Ministeriums geschehen. Daher gehört der Landesverteidi­gungsausschuss zuerst bei jedem Schritt mit einbezogen. Frau Ministerin, Ihre Vorgangsweise, Ihre Intransparenz ist absolut nicht in Ordnung und auf
das Schärfste zu verurteilen!

Dazu kommt noch, dass Herr Nationalratspräsident Sobotka eine öffentliche In­formationsveranstaltung zu Sky Shield abhält und das Ganze zufällig zwei
Tage vor der Aktuellen Stunde hier. Ich war circa für 1 Stunde bei dieser Veran­staltung. Ja, sie war schon sehr interessant, aber wissen Sie, Frau Minis­terin: Hätten Sie nur einen Funken Respekt für dieses Haus, dann hätten Sie den Landesverteidigungsausschuss schon im Vorfeld vollinhaltlich darüber infor­miert und hätten dem Landesverteidigungsausschuss Rede und Antwort gestan­den. (Beifall bei der SPÖ.)

Der von mir sehr geschätzte Verfassungsrechtler Univ.-Prof. Dr. Obwexer kam ja bei der Sobotka-Propagandaveranstaltung in seiner Beurteilung zum


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Schluss – und das, sehr geehrte Damen und Herren, basierend auf Annahmen –, dass ein Beitritt zu Sky Shield mit unserer immerwährenden Neutralität vereinbar wäre. (Ruf bei der ÖVP: Ja!)

Weshalb basierend auf Annahmen? – Offiziell gibt es bisher lediglich eine Ab­sichtserklärung und eben eine Zusatzerklärung. Bis heute gibt es keine umfassende Information an die Parlamentarier:innen im Rahmen des Landes­verteidigungsausschusses, wie wir es bereits mehrmals gefordert haben.
Es braucht endlich einen ordentlichen parlamentarischen Prozess und ein offi­zielles neutralitätsrechtliches Gutachten des Verfassungsdienstes und
nicht die Meinung Einzelner. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber zurück zum Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz: Dieses Gesetz sieht die Erstellung eines jährlichen Landesverteidigungsberichts vor. Darin fin­den wir unter dem Punkt „Beschaffungs- und Investitionsplanung“
unter anderem „Fliegerabwehrlenkwaffen mittlerer Reichweite“, also bis 50 Kilometer.

Wie wir erfuhren, wurde anscheinend wieder einmal im Hinterkammerl festge­legt, dass da konkret vier deutsche Kurzstreckensysteme, Iris-T SLS mit
einer Reichweite bis 15 Kilometer, sowie vier deutsche Mittelstreckensysteme, Iris-T SLM bis zu 50 Kilometer Reichweite, angeschafft werden sollen.

Laut den „Salzburger Nachrichten“ von gestern, dem 6. Dezember, wurde dem Bundesheer bereits von einem israelischen Rüstungskonzern das Rake­tenabwehrsystem Spyder angeboten. Dabei handelt es sich auch um ein Boden-Luft-Abwehrsystem kurzer bis mittlerer Reichweite und es soll billiger
und schneller verfügbar sein als das deutsche Flugabwehrsystem. Jetzt mögen die obersten Militärs des Landes womöglich ihre Gründe dafür haben,
weshalb sie das deutsche System diesem vorziehen, aber bei derart wichtigen Entscheidungen braucht es Transparenz und Nachvollziehbarkeit, und
diese sehe ich hier nicht gegeben.


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Dem nicht genug wurde am Mittwoch, dem 15. November, im Ministerrat eine Grundsatzentscheidung abgesegnet, um ab 2027 mit der Beschaffung
von Langstreckensystemen zu beginnen. Vielleicht habe ich es ja übersehen, aber unter dem Punkt „Beschaffungs- und Investitionsplanung“ des Landesverteidigungsberichts finde ich nichts über Langstreckensysteme. Im Übrigen frage ich mich überhaupt, wie sich ein Langstreckensystem
mit unserer Neutralität vereinbaren lässt.

Gemäß der „Kronen Zeitung“ – wir hier im Parlament erfahren ja diesbezüglich alles über die Zeitungen – sprechen wir da von einer Verdreifachung der
Kosten auf fast 7 Milliarden Euro.

Frau Ministerin, wo bitte schön ist dafür die budgetäre Grundlage? Und: Parla­mentarische Einbindung in diesen Prozess? – Fehlanzeige!

Frau Ministerin, was ist mit unserer neuen Sicherheitsstrategie? Läuft parallel dazu der Beitritt zu Sky Shield?

Dieser Beschaffungsvorgang ist absolut intransparent. Wenn Sie so weiterma­chen, droht uns mit Sky Shield ein Eurofighter-Debakel 2.0.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich als ehemaliger Berufssoldat, wir von der Sozialdemokratie tragen den Aufbauplan österreichisches Bundesheer 2032 plus für ein modernes wehrhaftes Bundesheer voll und ganz mit, gerade, wenn
es um die Fähigkeiten unserer Luftstreitkräfte geht. Die europäische Sky-Shield-Initiative wurde ins Leben gerufen, damit sich die europäischen Nato-Staaten besser gegen Bedrohungen aus der Luft verteidigen können, und Sie, Frau Minis­terin, sprechen von einer Einkaufsplattform.

Solange da Intransparenz vorherrscht, im Hinterkammerl Abmachungen getrof­fen werden, es dazu keinen ordentlichen parlamentarischen Prozess
und kein offizielles neutralitätsrechtliches Gutachten des Verfassungsdienstes gibt, so lange stehen wir von der Sozialdemokratie dem Beitritt zur


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europäischen Sky-Shield-Initiative mehr als skeptisch gegenüber. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

9.19


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Markus Leinfellner und ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Bundesrat.


9.19.29

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Verteidigungsminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuhörer! Liebe Österreicher! Es ist jetzt rund vier Jahre her, als Ihnen ein Lebenstraum erfüllt worden ist,
als Sie Ministerin geworden sind, und ja, zum Leidwesen unserer Österreicher, zur Verteidigungsministerin.

Ich gehe davon aus, dass es viele andere Ressorts gegeben hätte, in denen Sie gut aufgehoben gewesen wären, aber im Verteidigungsressort – ja, das
wissen Sie, glaube ich, inzwischen selbst.

Es sind jetzt vier Jahre, in denen Sie genau in diesem Ressort als verteidigungs­politische Geisterfahrerin, möchte man fast sagen, unterwegs sind, und - -

09.20.23*****


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herr Kollege! Ich erteile Ihnen für die „Geister­fahrerin“ einen Ordnungsruf.

*****

Bitte.


9.20.31

Bundesrat Markus Leinfellner (fortsetzend): Mir fallen leider keine anderen Wor­te dazu ein. Man könnte vielleicht noch sagen: wie der sprichwörtliche Ele­fant im Porzellanladen – aber das macht es wahrscheinlich nicht besser, Frau Prä­sidentin! (Beifall bei der FPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 27

Das Ganze hat begonnen mit einem wirklich peinlichen Interview, bei dem Sie eine Dienstgradtafel gehalten haben. Ich sehe dieses Bild heute noch vor
mir und muss sagen, Sie waren Chefin oder wurden zu diesem Zeitpunkt Chefin des Verteidigungsressorts, und jeder 18-jährige Grundwehrdiener hatte
zu diesem Zeitpunkt mehr Ahnung von der Verteidigungspolitik und vom Bun­desheer als Sie, Frau Bundesminister!

Diesem peinlichen Interview folgte die Aussage, die ja wahrscheinlich auch noch in die Geschichte eingehen wird: EADS „wird mich noch kennenlernen!“ (Heiterkeit des Bundesrates Spanring.)

Frau Bundesminister, ich weiß es nicht, aber ich gehe davon aus, dass Sie inzwischen beim Telefonieren nicht einmal bis zur Vorzimmerdame in der Firma EADS gekommen sind, aber vielleicht können Sie darüber berichten, wie
diese Gespräche gelaufen sind.

Auch wenn EADS Sie inzwischen noch nicht kennengelernt hat, unsere Soldatin­nen und Soldaten haben Sie zur Genüge kennengelernt, und sie haben im wahrsten Sinne des Wortes nicht nur genug von Ihnen gesehen, sondern, ja, sie haben inzwischen genug von Ihnen, Frau Bundesminister!

Ich hätte mir das nicht gedacht, und das ist fast ein Lob in Richtung SPÖ, aber im Vergleich zu Ihrem Auftritt in den letzten vier Jahren war ja unser Norbert Darabos fast ein Einstein des österreichischen Bundesheeres, das
muss man auch einmal klar und deutlich sagen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann – ein Daumen-hoch-Zeichen machend –: Doskozil auch!)

Es gab aber auch einige positive Auftritte in den letzten vier Jahren. Dass das keine Dinge waren, die Sie in die Wege geleitet haben, muss man aber
auch dazusagen. Das waren ja sozusagen fremde Federn, mit denen Sie sich schmücken konnten. Das waren unter anderem einige Zeitungsartikel,
als Sie unsere Militärhunde gestreichelt haben, die pensionierten Militärhunde, und da muss man schon sagen, es war Verteidigungsminister Mario


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Kunasek, der eine Hundepension für unsere Militärhunde eingeführt hat. (Bun­desrat Wanner – Beifall spendend –: Epochal!)

Ja, Sie haben auch unsere Hubschrauber übergeben, aber ich glaube, es war auch Mario Kunasek, der alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um diese Hubschrauber in Österreich auch tatsächlich nachzubeschaffen.
(Beifall bei der FPÖ.)

Und da darf man sich schon zu Recht fragen: Wo war Ihre Leistung in den letzten vier Jahren, außer, dass wir uns für ein Nato-Projekt, das Sky
Shield, starkmachen? Die Neutralität, sprich das Familiensilber unserer Öster­reicher, auszuverkaufen und für das Ganze auch noch 4 Milliarden
Euro beim Fenster hinauszuwerfen, das war Ihre Leistung, Frau Bundesminister!

Sie sehen am anderen Ende aber nicht, dass es dem österreichischen Bun­desheer an allen Ecken und Enden an Geld fehlt. Nach vier Jahren soll­ten Sie wirklich gesehen haben, dass die Ausrüstungen nicht nur veraltet sind, sondern zum Teil gar nicht vorhanden sind. Poolgerät, Schutzwesten, Schutzausrüstungen fehlen gerade bei unseren Einsatzeinheiten heute noch immer, bei der Militärpolizei und auch bei anderen Einsatzeinheiten.

Auf der anderen Seite geben wir 4 Milliarden Euro für Sky Shield aus. Es hilft halt nichts, dann, wenn das Mannesgerät nicht vorhanden ist, wenn die Ausrüs­tung für unsere Soldaten nicht da ist, über 4 Milliarden Euro für Sky
Shield zu philosophieren.

Ich kann es auch nicht verstehen, dass, wenn Anforderungen aus der Steiermark kommen, bei denen es um vier Hebebühnen gegangen ist, die 15 000 Euro kosten, Sie das ablehnen, obwohl Sie genau wissen, dass Sie im Jahr 2023 gar nicht in der Lage sein werden, das Geld, das Sie haben, auszugeben. Das
kann ich nicht verstehen, Frau Bundesminister, und das will ich nicht verstehen, Frau Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Hebe­bühnen für was?)


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Ich war in den letzten Wochen sehr viel im Bereich des Bundesheeres unterwegs und habe sehr viel mit den Soldaten gesprochen. Ich möchte auch auf
einige konkrete Punkte eingehen, Frau Bundesministerin. (Bundesrat Schennach: Hey, „Ministerin“ auf einmal, wow, ein feministischer Durchbruch!)

Ich sage, die Reorganisation der Zentralstelle hätte dilettantischer ja gar nicht laufen können. Unter Ihrer Führung waren Bedienstete zwei Jahre lang
auf Überführungs-, Überleitungsarbeitsplätzen. Die Führungspositionen haben dann irgendwelche braven Parteisoldaten eingenommen, die ja zufälliger­weise die bestgeeigneten Kandidaten für diesen Arbeitsplatz gewesen sind, Frau Bundesminister. (Bundesrat Schennach: „Bundesminister“, jetzt hat er einen
Rückfall gehabt! – Bundesrat Schreuder: Ja, weil du ihn darauf aufmerksam gemacht hast! – Bundesrat Schennach: Entschuldigung! Ich nehme die Verantwortung
auf mich!)

Mir fallen noch viele, viele weitere Beispiele ein, etwa die acht Direktionen. Frau Bundesminister, Sie haben einmal gesagt, dass es ja international üblich
ist, das als Direktionen zu bezeichnen. Jetzt müssen Sie mir einmal zeigen, wo es üblich ist, einen militärischen Kommandanten als Direktor zu bezeichnen.
Also dieses Land kenne ich nicht, Frau Bundesminister! Dieses Land gibt es aus meiner Sicht nicht! Und das ist blanker Hohn für jeden Soldaten, Frau Bun­desminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben es bei dieser Reorganisation auch geschafft, hochwertige militärische Arbeitsplätze in zivile Arbeitsplätze umzuwandeln. Und auch da kann man
nur sagen: Husch-Pfusch. Aber es ist ja klar, dass alles schnell gehen musste, es ist ja wichtig, dass man seine braven Parteigänger rechtzeitig vor den Wah­len mit den Arbeitsplätzen versorgt – der Generalsekretär wird jetzt Generaldirektor für Verteidigungspolitik mit einem Monatsgehalt von 13 000 Euro. Dasselbe gilt aber auch für den Pressesprecher, der
Leiter der Kommunikation geworden ist. (Bundesrat Schennach: Sie schaut auf ihre Leute!) Die Offiziere namentlich zu erwähnen, das erspare ich mir jetzt,
aber ich glaube, Sie wissen selbst, wen Sie in den nächsten Wochen noch zum


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 30

Brigadier befördern werden. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin
Tanner.)
Das erspare ich mir jetzt, Frau Bundesminister.

Ich sage: Diese Reorganisation hatte ein Ziel, nämlich die la famiglia der
ÖVP wieder einmal auf die richtigen Plätze hinzusetzen, Frau Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Reorganisation ist für das Bundesheer also sprichwörtlich in die Hose gegangen. Damit brauchen Sie sich auch nicht zu rühmen, Sie sollten
sich schämen. Aber nicht nur Sie sollten sich schämen (Bundesrätin Kittl: „Sie sollten sich schämen“, also ...!), auch die Experten, die Ihnen diesen Schwachsinn eingeredet haben, sollten sich schämen.

Frau Bundesminister, ein Militär, ein Bundesheer zu führen, ohne ein operatives Kommando zu haben, das ist an Dilettantismus durch nichts zu überbieten. (Bundesrätin Kittl: Könnten Sie sachlicher werden, bitte? – Ruf bei der SPÖ: Der war gut!) Da ist ja keine Einsatzfähigkeit mehr gegeben, Frau Bundesminister. –
Da fehlen mir die Worte! (Bundesrat Schennach: Ja dann!)

Aber auch bei den Auslandseinsätzen, Frau Bundesminister: Sodom und Gomorra. (Bundesrat Schennach: „Sodom und Gomorra“, ...!) Das Einzige, was Sie zustande gebracht haben: Sie haben es geschafft, dass wir den Komman­danten von Eufor nicht mehr stellen und somit wichtige und wesentliche Funk­tionen in einer Eufor-Mission nicht mehr besetzen können. (Bundesrat Schennach: Jetzt bin ich erschüttert!) Das war Ihre Leistung, Frau Bundesminister! (Bundesrat Schennach: Aber nur in der Steiermark!)

Es war auch Ihre Leistung, dass wir keinen Arzt in diesen Einsatzraum gebracht haben – dankenswerterweise konnten wir auf die Ungarn zurückgreifen,
die diesen Arzt sicherstellen konnten.

Mir geht langsam die Redezeit aus (Bundesrat Schennach: Schade!), obwohl ich noch sehr viel mit Ihnen zu besprechen hätte (Ruf bei der SPÖ: Ohne Inhalt!
Heiße Luft!), Frau Bundesminister, aber ich glaube, wir haben ja noch parlamenta­rische Mittel, dass wir das nachholen können.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 31

Frau Bundesminister, eines möchte ich Ihnen aber als letzten Halbsatz schon noch mitgeben, nämlich für den Bereich der Gehälter im österreichi­schen Bundesheer: Sie sind nach wie vor nicht in der Lage, unsere Offiziere, die ein Studium abgeschlossen haben, entsprechend ihres Studiums, entspre­chend ihrer Ausbildung zu bezahlen, nämlich nach dem Bachelor-Schema. Sie bezahlen diese Offiziere nach wie vor wie Maturanten. Dasselbe ist bei
den Unteroffizieren der Fall.

Ich glaube, Frau Bundesminister, Sie haben in den letzten vier Jahren wirklich unter Beweis gestellt, dass Sie maßlos überfordert sind. Sie können es
nicht. Genug ist genug – treten Sie zurück! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesministerin Tanner – sich von ihrem Platz erhebend und Bundesrat Leinfellner die Hand reichend –: Vielen Dank für ...! – Bundesrat Schennach: Kriegst jetzt eine Gehaltser­höhung, oder was?)

9.30

09.30.14*****


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herr Kollege, Sie haben aus meiner Sicht
die letzten 5 Minuten fortlaufend die Ministerin beleidigt. Sie bekommen dafür auch wieder einen Ordnungsruf. (Bundesrat Leinfellner: Was? Was hab ich ...?)

Ich möchte bitte noch einmal darauf hinweisen, dass man sich bei uns hier im Haus so verhält, dass es für die Öffentlichkeit auch nachvollziehbar ist,
dass wir der Würde des Hauses und des Parlaments beziehungsweise der Ge­setzgebung entsprechen und dass wir die persönlichen Beleidigungen hintanhalten. – Ich bedanke mich, danke schön. (Bundesrat Spanring begibt sich zu dem Mikrofon in der Bankreihe.)

*****

Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Bundesrat Spanring zu Wort gemeldet. – Bitte sehr, Herr Kollege.

09.31.08*****



BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 32

9.31.10

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich) (zur Geschäftsbehandlung): Wir haben jetzt schon mehrmals das Thema gehabt, dass man in Reden unterbrochen wird (Bundesrat Gross: Weil ihr euch nicht
benehmen könnt!)
und man auf die Würde hingewiesen hat. (Ruf bei der SPÖ: Be­nehmt euch halt! Selber schuld! – Bundesrat Gross: Anstandslosigkeit! – Ruf
bei der SPÖ: Und es passiert schon wieder!)
Es ist schon mehrmals passiert, dass man während einer Rede von der Präsidentin oder vom Präsidenten –
eher von der Präsidentin – unterbrochen und darauf hingewiesen wird, die Wür­de des Hauses zu wahren.

Ich glaube, ich brauche nur daran zu erinnern, was in letzter Zeit schon wieder alles aufgepoppt ist: Diese Verweichlichung der Sprache, dass man jetzt überhaupt nichts mehr sagen darf (Ah-Rufe bei SPÖ und Grünen) – da machen wir nicht mit, das kann ich Ihnen sagen! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat
Schreuder: Zur Geschäftsordnung!)

Wenn Sie sagen, Kollege Leinfellner hat die Ministerin durchgehend beleidigt, dann sagen Sie, welche Worte es waren und wofür er dann einen Ord­nungsruf kriegt! So eine pauschalierte – wie nennt man das? –, eine Pauschalie­rung der - - (Bundesrätin Doppler: Aburteilung!) – Nein, Aburteilung ist es
nicht. Das also pauschaliert zu sagen (Bundesrat Buchmann: Du kriegst eine pau­schalierte ...!), ohne zu sagen, was es war, das lassen wir uns mit Sicherheit
nicht gefallen! So kann es nicht sein.

Noch etwas – Sie haben es eh gemerkt –: Ich weiß, es wird Ihnen dann immer gleich eingeflüstert und es verzieht Ihnen das Gesicht, wenn irgendetwas
gesagt wird, was nicht ganz Ihrem Weltbild entspricht, aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das ist Parlamentarismus und das muss man vertragen!

Auch die Zwischenrufe sind voll in Ordnung – weil das immer wieder Thema ist –, aber was nicht in Ordnung ist, ist diese Kaffeehausmentalität. Da
spricht hier heraußen einer und da drinnen (in Richtung Plenum weisend) geht es


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 33

zu wie im Kaffeehaus – und das nicht, weil eine demokratische Debatte
erfolgt (Beifall bei der FPÖ – Widerspruch bei SPÖ und Grünen), bei der es Zwi­schenrufe gibt. Zwischenrufe sind in Ordnung, aber dass da drinnen
dann Parallelunterhaltungen stattfinden, dass es hier im Saal so laut ist, dass man den Redner gar nicht mehr hört, das ist nicht in Ordnung. (Bundesrat
Schreuder: Das ist eine Rede!)
Es ist Ihre Aufgabe als Präsidentin, in der ... (Beifall bei der FPÖ.)

9.33


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Marco Schreuder zu Wort gemeldet. – Bitte.


9.33.15

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte darauf hinweisen, dass es natürlich mit der Würde des Hauses vereinbar ist, dass man sich hier sehr intensiv und auch sehr kontroversiell mit jedem Thema auseinandersetzen können soll.

Ich finde allerdings auch – und ich möchte mich ausdrücklich für diesen Ordnungsruf bedanken –, dass es, wenn schon der erste Satz eine persönliche Beleidigung ist und auf die persönliche Ebene heruntergezogen wird,
nicht zu einer parlamentarischen Debatte und nicht zur parlamentarischen Wür­de gehört. Deswegen möchte ich mich ausdrücklich bedanken.

Würden wir uns inhaltlich mit dem Thema auseinandersetzen, kann jede Kritik hier geäußert werden. Man kann die Landesverteidigungspolitik schlecht
finden und auch erklären, warum man das schlecht findet, aber es sofort auf eine persönliche Ebene zu beziehen, das entspricht nicht der Würde des Hauses. Daher: Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundes­rates Arlamovsky.)

9.34


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Korinna Schumann zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.



BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 34

9.34.10

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich darf nur für meine Fraktion festhalten, dass ich es für sehr unglücklich halte,
wenn man von „Verweichlichung der Sprache“ spricht. Ich glaube, es ist wesent­lich, einer Verrohung der Sprache entgegenzuwirken. (Beifall bei SPÖ, ÖVP
und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Wir leben in einer Welt, die voll von Gewalt ist, und wir sollten nicht dazu beitragen, dass dieses Gewalt­potenzial auch in sprachlicher Weise hochgehoben wird. Dazu bekennen wir uns.

Und ganz ehrlich: Man kann ja sachlich diskutieren, wir sind oft anderer Meinung. Es geht auch um die Würde des Bundesrates insgesamt. Wir wollen ein gutes Bild nach außen abgeben, damit die Menschen Vertrauen in
die Demokratie und in die Art und Weise haben, wie in diesem Haus verhandelt wird. Ich glaube, da wäre es wichtig, dass sich alle Fraktionen an der Nase
nehmen und sagen: Wir wollen ein gutes Bild für einen starken und für einen wertgeschätzten Bundesrat nach außen abgeben. (Beifall bei SPÖ, ÖVP
und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

9.35


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Andrea Eder-Gitschthaler zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


9.35.22

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ich möchte mich den Worten von Frau Schumann anschließen, auch wir lehnen das Thema „Verweichlichung
der Sprache“ zutiefst ab.

Ich möchte auch noch eine Lanze für unsere Ministerinnen und Minister brechen: Ich bin sehr froh, dass Sie eingeschritten sind, Frau Präsidentin, denn es entspricht nicht der Würde des Hauses, dass sich die Damen und Herren
hier vorne auf der Regierungsbank so dermaßen (Ruf bei der SPÖ: Beflegeln!) be­schimpfen lassen müssen. (Bundesrat Leinfellner: Was waren die Beschimp­fungen?) – Es war ja nicht das erste Mal, Kollege Leinfellner, sondern das hat


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 35

leider System. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.) Darum
ist es gut, dass die Präsidentin klare Worte findet. Das erwartet man sich auch – vielen Dank dafür. (Ruf bei der FPÖ: So ein Schwachsinn!)

Eines möchte ich auch noch sagen: Es ist die Freiheit jedes Einzelnen, ob er zu­hören will oder nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.36


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Noch einmal zur Geschäftsbehandlung hat sich Bundesrat Spanring zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


9.36.24

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich) (zur Geschäftsbehandlung): Aufgrund der letzten Ausführungen von Kollegin Eder-Gitschthaler hätten wir jetzt gerne das Protokoll. Wir wollen wissen,
welche Worte beleidigend sind, damit wir zukünftig wissen, wo Sie uns in der Wortwahl einschränken wollen.

Das Zweite ist: Frau Eder-Gitschthaler, ja, Sie haben recht, es ist in Ordnung, Sie müssen nicht zuhören. Was aber nicht geht, ist – ich sage es noch einmal –,
dass Sie hier herinnen eine Kaffeehausmentalität haben, das heißt, es wird dann untereinander absichtlich laut geschwätzt und gekudert. Wenn es Sie nicht interessiert, dann gehen Sie hinaus und gehen Sie auf einen Kaffee! (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Grünen sowie des Bundes­rates Arlamovsky.)

9.36


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Jetzt habe ich noch eine Wortmeldung zur Ge­schäftsbehandlung. – Herr Dr. Arlamovksky, bitte sehr.


9.37.03

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich muss da jetzt schon erwidern, dass man, wenn man sich § 70 unserer Geschäftsordnung durchliest, feststellen kann, dass


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 36

„beleidigende Äußerungen“ ein anderer Tatbestand für die Erteilung eines Ordnungsrufes sind als die Verletzung der Würde und des Anstands des Hauses.

Die Frau Präsidentin handelt also völlig geschäftsordnungsgemäß. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

9.37

09.37.32Fortsetzung der Aktuellen Stunde


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gehen jetzt wieder in unserer Aktuellen Stunde weiter.

Als Nächste ist Frau MMag.a Elisabeth Kittl zu Wort gemeldet, und ich erteile ihr dieses. – Bitte schön.


9.37.46

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Vielen Dank, Frau Präsidentin, auch für Ihre Worte für die Verteidigung der Würde dieses Hauses! Auch danke allen Fraktionsvorsitzenden! Sehr geehrte Frau Ministerin! Lie­be Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher:innen vor den Bildschir­men! Das Thema Verteidigung, Landesverteidigung, Verteidigung unseres Landes, unserer Demokratie hat mich im ersten Moment – und da
muss ich einen kleinen Exkurs machen; ich hoffe, Sie verzeihen mir – natürlich an: Frauen, Leben, Freiheit!, im Iran denken lassen.

Warum mache ich diesen Exkurs? – Weil wir angesichts der vielen eben auch kriegerischen Krisen leider immer wieder die Proteste im Iran und die auf­grund dessen verhafteten Menschen im Iran vergessen. Sie werden nicht nur verhaftet, sie werden gefoltert, sie werden getötet, und das eigentlich
immer mehr als damals, vor mehr als einem Jahr. Wir – ich glaube, hier recht viele, aber auch im Nationalrat – haben Patenschaften für die inhaftier­ten Menschen übernommen, und ich möchte daran erinnern, dass wir das nicht vergessen und sie auch immer wieder sozusagen unterstützen und das aber


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 37

auch bekannt machen – daher nutzte ich jetzt diese paar Minuten. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Wir haben es von Herrn Kollegen Zauner schon gehört: Die Sicherheitsarchitek­tur in Europa ist erschüttert, sie ist vor allem durch den völkerrechtswidri­gen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine erschüttert. Es sind die Kriege heute weitaus komplexer, die nationalen Interessen werden mit Kriegen verfolgt.

Ich war auch bei der Veranstaltung zu Sky Shield, die sehr gut war, und auch dort hat ein Analyst, Stefan Gady, gesagt, er nennt das Zeitalter von heute das Zeitalter der Kabinettskriege. Das erinnert an Clausewitz, der sagte: Krieg ist die Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln. – Ich muss lächeln, weil Herr Schmid mich so anlächelt und das unterstreicht. Es ist aber eigentlich nichts Lus­tiges, weil Krieg – die Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln – eigent­lich etwas ist, das wir schon lange vergessen geglaubt haben. Das ist
es aber nicht mehr.

Zudem sind die Hauptakteure in der Geopolitik vielfältiger geworden, die Kriege und die Bedrohungslagen sind eigentlich nicht mehr sehr vorhersehbar.
Mein Kollege Adi Gross war vor Kurzem auf der Cosac, der Konferenz der Euro­paausschüsse, und hat erzählt, dass sich die baltischen Staaten und auch
die Balkanstaaten vor dieser Aggression und der Erweiterung Russlands extrem fürchten – dass der Krieg sozusagen nicht weit vor unserer Tür steht.

All das – der Schutz unseres Landes, der staatlichen Souveränität, der Unab­hängigkeit, aber auch der Sicherheit – braucht leider Verteidigung. Ich
muss wirklich sagen: leider, weil wir Grünen natürlich sehr stark friedenspolitisch geleitet sind – aber leider wird es nichts helfen, wenn wir nur sagen, die Neutralität schützt uns und die Neutralität wird von anderen verteidigt. (Bundes­rat Spanring: Ja, genau! – Bundesrat Tiefnig: Kaffeehaus! – Bundesrat Lein­fellner: Sky Shield!) Nein, die Neutralität müssen auch wir verteidigen. (Bundesrat Spanring: Frieden!)


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 38

Leider müssen wir sie auch  und das hilft am besten – mit Waffen verteidigen, mit einer gewissen Abschreckungspolitik. Das Gute daran – das ist auch
gefallen und das hat mir sehr gefallen –, das Beste an dieser Abschreckungspoli­tik ist: Sie funktioniert dann am besten, wenn wir Waffen haben, mit denen
wir abschrecken; wenn diese Waffen aber in den Kellern und in den Lagern ver­stauben, dann haben wir, glaube ich, die beste Politik damit gemacht. (Beifall
bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Zur unterzeichneten Absichtserklärung zur europäischen Sky-Shield-Initiative (Bundesrat Schennach: Bist mit ... nicht wirklich sicher?): Ja, wir müssen un­sere Neutralität aufgrund der Neutralitätserklärung mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln verteidigen. Wir leben aber in Europa, wir sind der Europäischen Union beigetreten und verpflichten uns in der Europäischen Union auch zu Solidarität. (Bundesrat Schennach: Aber nicht militärisch!) Dazu kön­nen wir einerseits sicher ein bisschen beitragen, denn wir haben ja dieses recht gute Radarsystem Goldhaube, andererseits wollen wir jetzt auch durch die europäische Sky-Shield-Initiative dazu beitragen.

Das Wichtige bei dieser Absichtserklärung – Herr Kollege Zauner hat es gesagt – ist aber auch diese Zusatzerklärung: die Zusatzerklärung, die eben besagt,
dass wir die Neutralität aufrechterhalten und uns in keine Konflikte anderer Län­der einmischen. (Bundesrat Schennach: Diese dünne Erklärung!) Das bedeu­tet auch, keine Kommandos oder Stützpunkte in Österreich zu haben.

Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Punkt. Der Verfassungsexperte hat auch gesagt, die Verteidigung der Neutralität erfordere tatsächlich auch eine militärische Verteidigung – er nannte es militärische Neutralität. (Bundesrat Schennach: Aber Sky Shield ist eine andere Nummer!) – Das ist eine an­dere Nummer, und ich vertraue der Ministerin, dass sie das auf dem Schirm hat und dass sie genau nachschaut und in allen Punkten, die notwendig
sind, um die Neutralität zu wahren, nachjustiert. (Ruf bei der SPÖ: Ich vertraue ...!)

Ein zweiter Punkt, der angesprochen wurde, ist die Transparenz: Ja, die
sehen wir als sehr wichtig an, aber auch da freuen wir uns, dass es zukünftig eine


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 39

Beschaffungs-Prüfkommission geben wird – es gibt sie jetzt schon, aber
sie wird zukünftig arbeiten –, die beim Bundesministerium für Landesverteidi­gung angesiedelt ist und dann natürlich auch dem Parlament gegenüber auskunftspflichtig ist.

Ein kleiner Wermutstropfen: Leider sitzt keine einzige Frau in dieser Kommis­sion. Vielleicht ändert sich das noch, weil ich weiß, dass es Ihnen (in Rich­tung Bundesministerin Tanner) ein großes Anliegen ist, mehr Frauen zum Heer zu bekommen und das Heer für Frauen attraktiver zu machen.

Damit komme ich auch gleich zu dem Punkt, der mir immer wichtig ist: Beim Heer sind derzeit – schon seit langer Zeit – 4,5 Prozent Frauen. Das ist sehr, sehr wenig und es stagniert leider. Bei den Luftstreitkräften – ich habe es mir angeschaut – sind es circa 8 Prozent. Das ist fast doppelt so viel, das ist gut. Es gibt vier Pilotinnen und sogar eine Eurofightertechnikerin, aber auch dort
wäre es, glaube ich, für uns alle wichtig, mehr zu haben.

Damit möchte ich auch einen wichtigen Punkt ansprechen: Warum sind es so wenige Frauen? Ich glaube, Sie haben sich sehr bemüht. Es gibt einerseits
mehr elementarpädagogische Betreuung bei den einzelnen Standorten. Es sind mehr Frauen in Ausbildung, ich glaube, wir haben gehört, in Wiener Neu­stadt; auch beim Bachelorstudiengang Militärische Führung sind siebenmal mehr Frauen als vorher – das sind noch immer nicht Unmengen, aber immerhin.
Ich glaube aber, das, woran es vor allem scheitert, ist, dass Österreich
immer noch ein Land der Machos ist. (Bundesrat Himmer – erheitert –: Ordnungs­ruf! – Bundesrat Buchmann: Das ist ja diskriminierend!) – Ja, da schauen die Herren, aber es ist so.

Ich habe eine kleine Geschichte: Ich habe eine Freundin aus Argentinien, die im­mer geglaubt hat, in Argentinien leben die größten Machos. Sie hat dann
zehn Jahre in Österreich gelebt und musste leider ihre Meinung revidieren. In Österreich leben weltweit nicht die größten, aber sicher große Machos. (Heiterkeit bei Grünen und SPÖ sowie des Bundesrates Tiefnig.)


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Das ist einerseits lustig, man kann lächeln, aber andererseits ist Machismus leider immer noch mit Sexismus verbunden. Machismus ist auch mit sexuellen Übergriffen verbunden – auch die gibt es beim Heer immer wieder. Da würde ich mich freuen, wenn Sie, Frau Ministerin, aber auch die Vertreter – meis­tens sind es Vertreter – des Bundesheers definitiv und viel stärker
dafür eintreten, dass es keinen Sexismus beim Heer gibt.

Ich bin auch froh, dass – verzeihen Sie (in den Unterlagen blätternd), ich versuche, ein bisschen freier zu reden, deswegen muss ich meine Punkte suchen –
ja eine Kommission eingerichtet wurde, an die man sich wenden kann, wenn man von sexuellen Übergriffen beim Bundesheer betroffen ist. Das sind nicht
nur Frauen, das betrifft leider alle. Ich glaube also, wenn wir da im ganzen Land, vor allem aber beim Bundesheer mit gutem Beispiel vorangehen, wird es
auch mehr Frauen beim Heer geben.

Ein kleiner Punkt noch am Schluss, auch in Verbindung mit den Luftstreitkräften beziehungsweise der Ausrüstung der Luftstreitkräfte: Das Heer ist ja auch –
das ist aus unserer Sicht, aus Sicht der Grünen, einer der wichtigsten Punkte – für Friedenssicherung, Friedenserhalt sowie für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe zuständig. Es kann nicht sein, dass, wie damals bei der Rück­holaktion von israelisch-österreichischen Staatsbürger:innen, eine Maschi­ne nicht starten kann, weil sie zu alt ist. Dahin gehend zu investieren sehen wir also als gut an. (Bundesrat Spanring: Wenn’s dann funktioniert für die Ab­schiebungen!)

Ein letzter kurzer Punkt, den ich als Grüne noch erwähnen möchte, ist: Die um­fassende Landesverteidigung hat einen fünften Punkt dazubekommen,
nämlich die ökologische Landesverteidigung. Das freut mich. Es wäre aber auch sehr schön, wenn man im Hinblick auf Krisen und Katastrophenschutz in
der gesamten Politik mehr täte, wenn man Dinge besser und leichter umsetzen könnte. Der Klimanotstand, den wir haben und der diese Krisen und Katastrophen auslöst (Bundesrat Steiner: Deswegen haben wir bei uns 2 Meter Schnee!), wäre mit vielen Dingen leicht zu beseitigen – sei es Tempo 100


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auf den Autobahnen, seien es autofreie Tage, keine Subventionen für fossile Energien, mehr Bäume, mehr Öffis, mehr Radwege, keine neuen Straßen,
keine Versiegelung. (Bundesrat Spanring: Bei der Klimakonferenz haben sie euch alle ausgelacht! Alle!)

Ich könnte das irrsinnig lang weiter ausführen (Bundesrat Steiner: Nein, nein, lass nur!), das werde ich aber nicht, keine Sorge. Jedenfalls danke ich der Frau Ministerin, dass sie immer wieder ein Auge auf den Bereich der Frauen hat. Ich hoffe, das bleibt auch so, wenn keine Frau mehr Ministerin ist. Es ist gut,
was Sie machen. Ich hoffe auch, dass (kurz ohne Mikrofon weitersprechend) mehr Geld für das Heer ausgegeben wird – für den Friedenserhalt und für die Friedensgewinnung. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Spanring: Da war jetzt das Mikro schon ausgeschaltet!)

9.49


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Danke schön.

Zu einer ersten Stellungnahme hat sich die Frau Bundesministerin für Landesver­teidigung zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr; auch ihre Redezeit soll 10 Mi­nuten nicht überschreiten. – Bitte sehr.


9.49.20

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Präsidium! Herr Präsident außer Dienst! Sehr ge­ehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich freue mich, heute hier zu
sein – 17 Tage vor Weihnachten. Wir beschäftigen uns mit einem Thema, das eigentlich mit Frieden zu tun hat, was aber in Wahrheit so gar nichts mit
der Realität zu tun hat.

Es ist von einigen von Ihnen angesprochen worden, wie sehr sich die Welt verändert hat, wie sehr sich die sicherheitspolitischen, die geopoliti­schen Umstände verändert haben – und das nicht zum Guten. Wir haben alle erkannt, wie notwendig es ist, dass wir die umfassende Landesverteidi­gung stärken, und wie notwendig es ist, in das österreichische Bundesheer zu


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investieren. Sie sind es – jeder und jede Einzelne von Ihnen –, die dazu beigetragen haben, die darüber abgestimmt haben, dass wir das höchste Vertei­digungsbudget in der Geschichte zur Verfügung haben. (Beifall bei ÖVP
und Grünen.)

Uns stehen im nächsten Jahr 4 Milliarden Euro zur Verfügung, das ist eine Steigerung von 21 Prozent vom letzten Jahr auf das nächste. Was
aber mindestens genauso wichtig ist, ist, dass insbesondere der Anteil der Budgetkategorie Investitionen gestiegen ist, und zwar um 66 Prozent.

Das ist auch dringend notwendig, sehr geehrte Damen und Herren, denn wenn wir jetzt erkannt haben, was es zu verteidigen gilt, dann ist schon die
Frage, ob wir denjenigen, die das tagtäglich, 24/7 tun, nämlich unseren Soldatin­nen und Soldaten, in der Vergangenheit auch die entsprechende Wert­schätzung gegeben haben, und ganz offen und sehr selbstkritisch müssen wir feststellen: Das haben wir nicht getan.

Ich bin gestern aus dem Kosovo zurückgekehrt, davor war ich in Bosnien, wo ich unsere Truppen besucht habe, und ich sage Ihnen: Man kann schon einiges
an Fortschritt feststellen, was unsere Mission Vorwärts anbelangt: Die Soldatin­nen und Soldaten haben die neue Uniform an, sie haben eine neue, ent­sprechend modernisierte Bewaffnung, sie haben selbstverständlich die entspre­chende Schutzausrüstung, und ja, im Mobilitätsbereich haben sie die ent­sprechenden Fahrzeuge, die dringend notwendig sind.

Jetzt können wir lange darüber diskutieren, warum wir in der Vergangenheit nicht erkannt haben, wie notwendig diese Investitionen in das Bundesheer sind, oder wir ziehen gemeinsam an einem Strang, so wie Sie das mit Ihrer Ent­scheidung zum Budget gemacht haben, und schauen nach vorne. Wenn wir das gemeinsam tun, dann sehen wir, dass wir nicht nur das Budget für das
nächste Jahr sichergestellt haben, sondern dass wir allein für die nächsten vier Jahre 18 Milliarden Euro zur Verfügung haben – dank Ihrer Entschei­dung, sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 43

Weil das alles Steuergeld ist, ist es selbstverständlich unabdingbar notwendig, auch Transparenz walten zu lassen. Das tun wir, das haben Sie getan, in­dem Sie das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz beschlossen haben. Mitt­lerweile ist der zweite Bericht vorgelegt worden, mithilfe dessen man
sehr genau Einschau halten kann, in welche Bereiche zu investieren notwen­dig ist.

Das beginnt wie angesprochen bei unseren Soldatinnen und Soldaten selber – bei der entsprechenden Ausrüstung, Bewaffnung, den entsprechenden Kommunikationsmitteln – und geht weiter bis zur Kaserneninfrastruktur, an der wir laufend arbeiten. Ich freue mich auch immer wieder, wenn der eine
oder die andere von Ihnen mit dabei ist, wenn wir die neu gebauten Kasernen, das, was Sie an Infrastruktur zur Verfügung stellen, mittlerweile eröff­nen können. Ich freue mich immer, wenn auch Sie diese Wertschätzung dafür, dass in diesem Bereich vieles vorankommt, zeigen.

Der dritte Bereich ist jener der Mobilität auf der Straße, bei der wir in die größte Lkw-Flotte zu investieren haben – alleine jetzt sind es 850 neue Lkws, die
wir beschaffen werden.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass das gleichzeitig eine Investition in Arbeitsplätze ist – in die Arbeitsplätze vor Ort, weil es im entsprechenden Werk von Rheinmetall MAN über 4 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind,
die dort arbeiten. Blicken wir auf unseren Pandur: An diesem sind
über 200 österreichische klein- und mittelständische Unternehmen beteiligt, die ohne dieses Investment gar nicht überleben könnten. Denken Sie beispiels­weise an ein kleines Unternehmen in der Nähe meiner Heimat, das die Wanne für den Pandur lackiert. Dort arbeiten 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbei­ter, was ohne diese Investition mit Sicherheit nicht möglich wäre.

Neben dieser Mobilität auf der Straße und natürlich auch dem großen Panzerpa­ket ist es aber auch unabdingbar, in die Luftstreitkräfte zu investieren, und
das ist ja auch das heute von Ihnen gewählte Thema. Es ist von einigen


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von Ihnen schon angesprochen worden, wie stark wir in die Hubschrauberflotte investieren: Das sind diese 36 neuen Hubschrauber Leonardo, die jetzt ent­sprechend dem Vertrag nach und nach landen.

Weil Transparenz so wichtig ist, halten und hielten wir in diesem Fall das Government-to-Government-Geschäft für das Richtige. Wir sind da sehr rasch auf dem Weg: Der Vertrag wurde unterschrieben und ein Jahr später war
der erste Hubschrauber da.

Zwölf werden in Aigen und 24 werden in Langenlebarn stationiert sein, aber in Aigen wird die Werft sein. Auch das ist, glaube ich, eine sehr wichtige Entscheidung, und auch da sehen wir schon, dass sich das auf das Personal aus­wirkt. Es gab 160 Bewerbungsgespräche, die jetzt geführt worden sind,
für Posten als Flugzeugtechnikerin, -techniker, als Pilot:innen – und ja, ich hoffe, dass wir zu unseren vier Pilotinnen noch weitere dazubekommen. Das ist
schon eine Gegend, in der Arbeitsplätze auf diesem hohen technischen Niveau dringend gebraucht werden.

Auch das ist schon angesprochen worden: Wir müssen unsere Transportkapazi­tät wieder entsprechend sicherstellen. Die Hercules, die seit 2003 im Ein­satz ist und ja schon damals gebraucht war, muss modernisiert werden. Das war eines der ersten Dinge, die ich im Jahr 2020 in Auftrag gegeben habe. Wir
waren dann 2021 in der Beschaffung und sind mittlerweile so weit, dass wir das entsprechende Modell gewählt haben. Sie leistet gute Dienste, aber es
gibt eben Gerätschaften, die am Ende der technischen Lebensdauer angelangt sind.

Dasselbe gilt betreffend die Ausscheidung der Saab 105, die wir vornehmen mussten: Auch in diesem Bereich werden wir entsprechend nachbeschaffen. Das ist auch unabdingbar, und dank der Entscheidungen betreffend das Budget können wir das jetzt auch tun.


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Ja, auch die Eurofighter bedürfen einer Modernisierung, das ist ebenfalls drin­gend notwendig. Als neutraler Staat haben wir die Verpflichtung, die Neu­tralität mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen. Das haben wir in der Vergangenheit nicht gemacht. Jetzt können wir das tun, nämlich mit diesem Aufbauplan, der bis ins Jahr 2032 und darüber hinaus reicht. Wir werden daher in jedem dieser Felder entsprechend investieren.

Da wir heute über den Luftbereich sprechen, Folgendes: Wir werden auch eine zweite Staffel Black Hawk anschaffen. Zum einen ist sie für das Kernge­schäft des österreichischen Bundesheeres – nämlich die militärische Landesver­teidigung – unabdingbar, zum anderen selbstverständlich aber auch für die Assistenzeinsätze im Katastrophenbereich, die wir ja leider auch jetzt wieder er­leben mussten, nicht zuletzt verursacht durch den Klimawandel.

Ich danke Ihnen, dass Sie diesen Weg mit uns mitgehen, diesen Weg, das öster­reichische Bundesheer Schritt für Schritt wieder zu einer modernen Armee
zu machen, dass Sie auch den Weg mitgehen, die umfassende Landesverteidi­gung wieder in die Köpfe der Österreicherinnen und Österreicher zu brin­gen. Arbeiten Sie weiter mit uns zusammen! Lassen Sie uns unsere Neutralität, unsere Demokratie, unsere Menschenrechte mit modernsten Mitteln ver­teidigen! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.58


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Ich danke der Frau Bundesministerin.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer:innen an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. Ich erteile ihm die­ses. – Bitte sehr.


9.59.30

Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Bundesministerin für Landesverteidigung! Geschätzte Damen und


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Herren! Lassen Sie mich eingangs kurz zum Thema der heutigen Aktuellen Stun­de „Investitionen in die österreichischen Luftstreitkräfte“ pointiert etwas
sagen.

Goldhaube ist der Begriff für verschiedene zu Trachten gehörige Hauben der Frauen im Süden Deutschlands und in Österreich. Sie wurden ab dem 17. Jahrhundert von den Bürgerinnen vor allem in den Städten getragen. (Bundesrätin Schumann: Von den Arbeiterinnen nicht!) Auf diese kulturelle und auch ansehnliche traditionelle Kopfbedeckung näher einzugehen, ist nicht
das Thema der heutigen Aktuellen Stunde. (Ruf bei der SPÖ: Ah geh! – Bundesrätin Schumann: Wie wahr! – Zwischenruf des Bundesrates Gfrerer.)

Die Luftraumüberwachung und -bewirtschaftung Österreichs, wie sie heute ge­meinsam von Austro Control und dem Kommando Luftraumüberwachung durchgeführt wird, hat ihren Ursprung in diesem legendären Projekt Goldhaube, beginnend in den späteren Siebzigerjahren. Bereits in diesen Jahren zeigten
die Prognosen nämlich, dass das Fliegen zu einem Massenphänomen
werden würde; ein modernes System zur Luftraumüberwachung war also notwendig. Daraus entstand ein in Österreich bis dahin einzigartiges Großprojekt, im Zuge dessen zwei Kontrollzentralen, nämlich mehrere Radar­stationen in Gebirgslagen und alle dazu notwendigen EDV-Systeme, und natürlich Überwachungs- und Übertragungseinrichtungen sowie Funkstationen quer durch das Land errichtet wurden.

Dieses Projekt erhielt den Namen Goldhaube. Die Goldhaube ist aber nicht die Kuppel auf dem Radarturm auf dem höchsten Gipfel der Koralpe, dem
Großen Speikkogel an der Grenze zwischen der Steiermark und Kärnten, son­dern der Projektname für das gesamte österreichweite Luftraumüber­wachungssystem.

Durch die Luftraumüberwachung leistet das österreichische Bundesheer einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der staatlichen Souveränität und zum
Schutz der Bevölkerung. Vor allem für einen neutralen Staat ist die Möglichkeit


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 47

zur Wahrung der Lufthoheit von entscheidender Bedeutung. Als perma­nente Einsatzaufgabe überwacht der Verband Luftraumüberwachung den ös­terreichischen Luftraum rund um die Uhr.

Um die Lufthoheit zu wahren, ist es notwendig, eindringende Luftfahrzeuge zu orten, zu identifizieren und natürlich gegebenenfalls auch abzufangen.
Zwischen 30 und 50 Mal pro Jahr müssen dies die Luftstreitkräfte in sogenann­ten Priorität-Alpha-Einsätzen auch tatsächlich tun. Dabei bildet das Luft­raumbeobachtungs- und Führungssystem Goldhaube die passive Komponente der Überwachung. Als aktive Komponente kommen die Düsenjets des Überwachungsgeschwaders sowie die bodengestützten Systeme der Flieger­abwehrtruppe zum Einsatz.

Kurz zur Verdeutlichung: Das System Goldhaube überblickt einen Luftraum, der zumindest bis zu folgenden Ländern beziehungsweise Punkten reicht: im
Westen fast über die gesamte Schweiz hinweg bis Lausanne, im Nordwesten bis an die Grenze Luxemburgs, im Norden bis Berlin, im Nordosten bis Łódź in Polen, im Osten bis zur rumänischen und ukrainischen Grenze, fast
über ganz Ungarn hinweg, im Südosten fast bis Belgrad und im Süden ungefähr bis Ancona in Italien. Vielleicht ist es auch nicht so bekannt, dass sich das Herzstück der Luftraumüberwachung in Sankt Johann im Pongau befindet, in der Einsatzzentrale Basisraum.

Geschätzte Frau Bundesminister, das österreichische Bundesheer hat Ihnen einiges zu verdanken. Sie haben nicht nur budgetmäßig unwahrschein­lich viel getan, sondern Sie haben dem Bundesheer ein neues Gesicht gegeben, Wertschätzung entgegengebracht und auch eine Trendwende eingeleitet.
Diese finanziellen Mittel sind notwendig, wenn man bedenkt, dass unter der Re­gierung Schüssel die Beschaffung von immerhin 24 Luftraumüberwa­chungsgeräten vom Typ Eurofighter eingeleitet wurde und die SPÖ unter Kanz­ler Gusenbauer und dem legendären Verteidigungsminister Darabos die Anzahl dann auf 15 Geräte reduzierte (Bundesrätin Schumann: Die Finanzminister waren immer von der ÖVP! – Ruf bei der SPÖ: Die ÖVP war immer dabei!);


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noch dazu mit einer technisch-militärischen Unterausstattung, die ihresgleichen sucht. (Bundesrätin Schumann: Die Finanzminister waren immer von der ÖVP!
Die ÖVP hat immer die Finanzminister gestellt, alle! – Zwischenrufe der Bundesrätin­nen Grimling und Hahn.)

Gerüchten zufolge diskutierte Darabos auch darüber, ob die Tragflächen bei ei­nem Eurofighter überhaupt notwendig seien – das nur zur Erläuterung,
zum Verständnis eines seinerzeit total unfähigen Ministers.

Geschätzte Frau Bundesminister, ich glaube, gerade auch die Veranstaltung vorgestern, am Dienstag, zu der Herr Nationalratspräsident Sobotka eingeladen hat, war ein wesentlicher und wichtiger Beitrag, um die eingeforderte Infor­mation zu dem Thema Sky Shield zu geben.

Zahlreiche Damen und Herren haben davon Gebrauch gemacht und diese hochinteressante Veranstaltung mit diversen Experten besucht. Die Wehrsprecher von SPÖ und FPÖ haben das nicht gebraucht (Bundesrat Schmid: Ich war da! Ich war anwesend!), sie haben stattdessen wahrscheinlich in irgendwelchen Märchenbüchern der Grimms gekramt. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt ja nicht!) Das ist aber, glaube ich, zu wenig. Man braucht ein­fach auch diese Informationen - -


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist erschöpft.


Bundesrat Ernest Schwindsackl (fortsetzend): Das ist natürlich ein wesentlicher Punkt dazu. (Bundesrat Steiner: Die Redezeit ist schon vorbei! 5 Minuten!)

Ich glaube, es wäre vor allem für den Kollegen der FPÖ wichtig gewesen – er hätte sich da weiterbilden können –, aber wahrscheinlich wurde er von Parteichef Kickl zurückgepfiffen und durfte die Veranstaltung nicht besuchen. (Bundesrat Steiner: Die Zeit ist schon um! Frau Präsidentin!)

Nach der derzeitigen Ausgestaltung ist unsere Teilnahme wichtig und auch gut.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herr Kollege, noch einmal: Ihre Redezeit
ist erschöpft!



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Bundesrat Ernest Schwindsackl (fortsetzend): Frau Minister, ich danke für Ihre tatkräftige Unterstützung. Als Vater eines Berufsoffiziers weiß ich das zu schätzen. (Bundesrat Steiner: Die Redezeit ist schon vorbei! Auf Wiederschauen!) Ihnen weiterhin alles Gute, viel Glück - - (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

10.05


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Michael Wanner. Ich erteile ihm dieses.


10.06.15

Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren zu
Hause vor den Bildschirmen! Ich bin echt froh, dass ich im Bundesrat bin, denn da lernt man bei jeder Rede etwas dazu. Frau Ministerin, dass wir im Bun­desrat das Budget beschließen, ist mir ganz neu, aber vielleicht können wir das zukünftig ja machen. Das Budgetbegleitgesetz beeinspruchen wir nicht.

Dass der glorreiche und epochale Bundesminister Kunasek in seinen sieben Jahren die Hundepension eingeführt hat (Bundesrat Spanring: Was?! –
Die Bundesrät:innen Doppler und Steiner: Sieben Jahre?!),
fasziniert mich, und dazu gratuliere ich recht herzlich. Auch das ist etwas ganz Tolles. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Bundesrät:innen der FPÖ.) – Ja, ja, jetzt geht es da drüben los! (Rufe bei der SPÖ: Kaffeehaus! – Bundesrat Schreuder: Kaffeehaus!) – Das
(auf den Becher am Redner:innenpult weisend) ist Wasser und kein Kaffee. (Ruf bei der FPÖ: Ich glaube, da ist Alkohol drin!)

Die neue Realität ist da, sie ist aber nicht erst seit April da, als die SPÖ den An­trag eingebracht hat, Ihr Sicherheitskonzept von 2013 zu überarbeiten,
Frau Minister. Darin wird zum Beispiel der Objektschutz erwähnt. Bei der Ver­anstaltung vorgestern wurde der Objektschutz ein bisschen in Misskredit gebracht: 14 Zwillingskanonen und ein paar Mistral können maximal ein Objekt sichern, sagt der Kommandant der Luftstreitkräfte, der Herr Generalmajor.


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Was haben wir denn bis jetzt gemacht? Diese Sicherheitsdoktrin (einen Ausdruck der Österreichischen Sicherheitsstrategie in die Höhe haltend) haben wir nicht umgesetzt, das sind wir nicht angegangen. Da hätten Sie schon draufkommen können: Wenn man die Sicherheitsstrategie ändert – was notwendig ist,
da bin ich ja voll bei Ihnen, deswegen haben wir ja den Antrag eingebracht –, dann muss man diese zuerst ausarbeiten und auf diese aufbauend dann
planen – und nicht, wie es momentan passiert. Wir tun jetzt bei Sky Shield mit, dann kaufen wir ein paar Hubschrauber, dann kaufen wir ein paar Abfang­jäger. Sind es Abfangjäger oder sind es Kampfflugzeuge? – Da gibt es große Un­terschiede, das wissen Sie wahrscheinlich. Als Offizier der Militärakademie kenne ich mich ein bisschen aus. Die Strategie sollte man in eine Planung umset­zen, dann auf eine operative Ebene bringen und dann die notwendigen Ein­käufe machen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Ich muss mich ein bisschen beeilen, ich glaube nämlich, ich könnte stundenlang darüber reden. (Bundesrat Leinfellner: Aber nichts Gscheites!)

Was mir wehtut, ist, wenn man sagt, es ist eine parlamentarische Armee, und das Einzige, bei dem dann nachgefragt wird, ist, ob man dem Budget zustimmt. –
Wir wissen gar nicht, was tatsächlich gekauft wird, was die Inhalte sind. Eigentlich ist es eine Gemeinheit der Demokratie und dem Parlament gegenüber, dass man dieses einfach links liegen lässt und selber Beschlüsse fasst. Darü­ber sollten Sie nachdenken, das ist ein Vor-den-Kopf-Stoßen. Da wer­den Milliarden Euro eingesetzt, die wahrscheinlich notwendig sind, nur: Wir wol­len wissen wofür, warum und weshalb! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundes­rates Arlamovsky.)

Zu Sky Shield: Die meisten von uns können sich noch an die Noricum-Affäre er­innern – wir haben eine Kanone produziert, die über 30 Kilometer weit schießen konnte –, infolge der dann ein paar Leute zurücktreten mussten. Jetzt wollen wir auf einmal Langstreckenraketen, die 200 Kilometer weit gehen?!


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Art. 13 Abs. 1 lit. i des Staatsvertrages von 1955 untersagt uns Geschoße, die weiter als 30 Kilometer gehen. Wollen wir das jetzt wieder allen Vertrags­unterzeichnern mitteilen und hoffen, dass alle den Mund halten, und dann sagen: Weil alle den Mund gehalten haben, dürfen wir das jetzt!? – Das haben wir
bei den Lenkwaffen auch gemacht.

Wie schaut das mit der Steuerung aus? Ist diese nur bei uns in Österreich? Wie schaut das mit Auslösungskompetenzen aus? Und was mich ganz beson­ders fasziniert – wie ist da gesagt worden? –: Im Einsatzfall können wir ausstei­gen! – Ja, brauchen wir Sky Shield nur für den Frieden oder ist das für den
Einsatz da? (Heiterkeit bei der FPÖ. – Bundesrat Zauner: Falsch zitiert!) – Ja, was war es dann? (Bundesrat Zauner: Wenn eine andere Armee, ein anderer Staat
dabei ist, ... Krieg, da können wir aussteigen!) –
Genau, und dann ist Krieg, und wir brauchen es allerdings nur für den Frieden; für den Krieg brauchen wir es
nicht, weil wir könnten ja auch dabei sein. – Also ich verstehe diese Argumenta­tion nicht!

Wir kaufen Abfangjäger, Kampfflugzeuge. Der Rechnungshof hat in seinem letzten Bericht geschrieben, wir bräuchten eigentlich 75. Irgendwann
einmal wollten wir 24 anschaffen, 18 haben wir dann angeschafft. 15 sind da, vier fliegen wirklich. – Gar so mächtig ist das nicht.

Zu den Aufgaben von Hercules: Kaufen wir jetzt Transportmaschinen, damit wir sie dann wieder an fremde Armeen und Private vermieten, und wenn
wir sie brauchen, gehen sie nicht mehr? Es ist nämlich so, dass unsere Hercules-Maschinen für andere Armeen und andere zivile Institutionen fliegen.

Jetzt komme ich zum Personal: Ich glaube ja, dass die ÖVP da ein verstecktes Er­weitern des Grundwehrdienstes vorhat, denn mit sechs Monaten Ausbil­dung kann man solche Spezialwaffen, solche Geräte nicht bedienen. In sechs Monaten Ausbildung lehren wir unsere Soldatinnen und Soldaten gerade
einmal die Feldverwendungsfähigkeit (Beifall bei der SPÖ), und da gehen sie hi­nein, dass sie sich selber nicht wehtun, so müssen wir das ehrlicherweise
einmal sagen, und mein Kollege - -



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Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herr Kollege, die Redezeit ist erschöpft!


Bundesrat Michael Wanner (fortsetzend): Ich bin schon fertig.

Seien Sie ehrlich! Wollen Sie den Grundwehrdienst verlängern? Zu wessen Las­ten, zulasten des Zivildienstes, zulasten Sonstiger? – Es geht sich mit Ihrer Planung hinten und vorn nicht aus. Das Personal ist nicht da, Sie schaffen Geräte für Pappkameraden an. (Beifall bei der SPÖ.)

10.12


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster ist Herr Bundesrat Günter Pröller zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses. – Bitte sehr.


10.12.50

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauer hier im Saal und vor den Bildschirmen! Das österreichische Bundesheer hat in den
letzten Monaten leider einige negative und traurige Schlagzeilen geschrieben: einerseits die Hercules-Maschine – das ist bereits erwähnt worden –, die
nicht starten konnte, ein ausgebrannter Hubschrauber, sehr traurige
und schmerzhafte tödliche Unfälle. Auch die jüngsten Erkenntnisse des Rech­nungshofes bezüglich der Einsatzbereitschaft der 4. Panzergrena­dierbrigade sind äußerst besorgniserregend und nur die Spitze des Eisberges.

Hauptverantwortlich ist aus meiner Sicht klar die SPÖ. In den letzten Jahren, von 2007 bis 2017 mit Darabos, Klug und Doskozil, hat sie das Bundesheer wirklich fast abgeschafft. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Wanner: ÖVP-Finanz­minister!) – Kollege Wanner, Sie haben gesagt, Mario Kunasek war sieben
Jahre Minister. – Ich wäre froh, wenn er so lang Minister gewesen wäre. Er war es leider Gottes nur eineinhalb Jahre, aber mit diesem freiheitlichen Minis­ter wurden endlich die ersten notwendigen Schritte in Richtung einer klaren Ver­besserung für unser Bundesheer gesetzt (Beifall bei der FPÖ), vor allem hinsichtlich Wertschätzung und Respekt gegenüber den Soldaten. Das haben


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wir – ich bin Berufssoldat – in den Zeiten der SPÖ-Minister nicht gespürt. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Wanner.)

Da wurde wirklich sehr viel gemacht, leider aber nahmen Sie, Frau Minister, ab 2020 diesen Schwung, diesen Aufwärtsschwung, nicht mit. Kollege Lein­fellner hat ja Ihre Leistungen der letzten vier Jahre bereits erwähnt und aufge­zeigt. Sie versprechen und reden immer sehr viel von mehr Geld, von
einer Verbesserung, auch heute – wir hören Ihre Worte, aber der Glaube
fehlt uns.

Zumindest jetzt, im letzten Jahr, in dem Sie Ministerin sind – im Herbst ist das ja dann vorbei (Beifall bei der FPÖ – Bundesrat Steiner: Gott sei Dank!) –, sieht
es budgetär besser aus, aber nicht einmal die ÖVP in Oberösterreich vertraut Ih­nen ganz. (Bundesrat Steiner: Gott sei Dank!) Der Oberösterreichische Land­tag hat einstimmig ein klares Bekenntnis zum Bundesheer beschlossen, mit dem Sie und die Regierung aufgefordert werden, die dringenden Maßnahmen zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft endlich unverzüglich einzuleiten.

Frau Bundesminister, ja, grundsätzlich ist die Budgetentwicklung zu begrüßen, weil sie auch notwendig ist. Wir seitens der FPÖ sagen Ja zu einer Moder­nisierung und zur finanziellen Unterstützung unseres Heeres. Die Maßnahmen müssen aber so rasch wie möglich – beziehungsweise, muss man sogar sa­gen, sofort – erfolgen, vor allem, um die Einsatzbereitschaft des österreichischen Bundesheeres sicherzustellen.

Der hohe Prozentsatz der nicht feldverwendbaren Fahrzeuge in teils abbruchreifen Garagen gefährdet die Einsatzbereitschaft. Sie sprachen von der größten Flotte, von 850 neuen Lkws. – Wir haben aber keine Garagen,
wo wir sie hinstellen können, sie kommen und stehen im Freien! Jeder, der ein privates Auto hat, das die ganze Zeit draußen steht, weiß, dass da sehr
viel Wartungsarbeiten dranhängen.

Auch zu den Unterkünften unserer Soldaten: Die Kameraden sind teilweise schlechter untergebracht als Asylwerber oder Häftlinge.


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Und damit noch nicht genug: Das Bundesheer kämpft – das ist das massivste Problem – mit Personalnot. Demnächst gehen wieder 4 000 Bedienstete
in Pension. Dem Bundesheer hilft das beste Geräte nicht, wenn wir keine Solda­ten haben, die das bedienen können.

Das Bundesheer als Arbeitgeber ist nicht mehr attraktiv, nicht mehr konkurrenz­fähig. Wir verlieren laufend Soldaten in Richtung Privatwirtschaft und auch
in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes. Daher brauchen wir dringend eine Verbesserung, sei es im Dienstrecht oder bei der Bezahlung, und zwar für
alle Berufssoldaten, von Chargen über Unteroffiziere bis hin zu den Offizieren.

Nach einer schmerzhaften und scheinbar endlosen Durststrecke ist durch die steigende Finanzierung erstmals Besserung in Sicht. Ja, die finanzielle Unterstützung in alle Richtungen ist notwendig. Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif.

Geschätzte Damen und Herren! Wie gesagt, ich bin Berufssoldat und liebe meine Heimat. So wie ich entscheiden sich sehr viele Männer und Frauen für diese Berufung und damit auch dafür, unser neutrales Österreich und das Volk mit der Waffe, aber auch mit dem eigenen Leben zu verteidigen.
Daher, geschätzte Damen und Herren, muss auch eines klar sein: An Österreichs Neutralität darf nicht gerüttelt werden! (Beifall bei der FPÖ.) 74 Prozent der Österreicher stehen klar für eine immerwährende Neutralität als Garant für den Frieden. Darum darf die Neutralität nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Ich komme zum Schluss, die 5 Minuten sind leider Gottes vorbei. Über Sky Shield ist schon gesprochen worden – auch das gefährdet aus meiner Sicht die Neu­tralität und höhlt sie aus.

Ich möchte mich aber bei allen Kameraden und allen Zivilbediensteten im Ver­teidigungsressort, die trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen
immer das Beste geben, für den großartigen Einsatz bedanken. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.18



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Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank.

Als Nächste ist Frau Bundesrätin Simone Jagl zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses. – Bitte, Frau Bundesrätin.


10.18.37

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Willkom­men, Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher zu Hause! Warum muss Österreich überhaupt
in den Schutz des Luftraumes investieren – wir sind ein neutrales Land, wir haben keine EU-Außengrenzen, wir sind von wohlgesinnten Staa­ten umgeben? Das ist eine Frage, die uns tatsächlich immer wieder erreicht.

An und für sich ist sie recht einfach zu beantworten: Unsere Neutralität verpflichtet uns dazu, unseren Luftraum selbst zu verteidigen. Das ist einerseits eine Verpflichtung gegenüber unserer Bevölkerung und andererseits auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft. Wir übernehmen Verantwortung, statt uns auf den Schutz durch wohlgesinnte Staaten zu verlassen.

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sowie die ständigen Drohungen Putins gegen den Westen machen außerdem eines ganz klar immer deutli­cher: Wir müssen die veränderte und vor allem gestiegene Bedrohungslage ernst nehmen. Wir müssen unsere Werte, unsere Demokratie und auch unseren Luftraum schützen.

Erst vor Kurzem bezeichnete ein Experte des Verteidigungsressorts die boden­gebundene Luftabwehr als das Sorgenkind des Bundesheeres. Warum ist
das so? – Sie ist einfach veraltet. Sie ist bisher auf die Abwehr von Kampfflug­zeugen und Hubschraubern ausgerichtet gewesen. Der Einsatz unter an­derem von Drohnen und Marschflugkörpern im Ukrainekrieg – wir hören das beinahe täglich in den Nachrichten – hat uns vor Augen geführt, dass
eine Anpassung der bodengebundenen Luftabwehr im Zusammenwirken mit der bestehenden Luftraumüberwachung dringend notwendig ist. In diesem Kon­text ist die Teilnahme an Sky Shield nicht nur notwendig, sondern auch


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 56

strategisch klug. Eine lückenlose Überwachung und Verteidigung des europäi­schen Luftraums ist nur gemeinsam sinnvoll, effizient und auch leistbar.

Die Frage, ob der Beitritt Österreichs zu Sky Shield mit unserer Neutralität ver­einbar ist, ist natürlich legitim und von großer Bedeutung. In der unter­zeichneten Absichtserklärung wird ausdrücklich die nationale Autonomie der Kommandostruktur angesprochen. Das heißt, Österreich bestimmt in
jedem Einzelfall, in jedem Einsatz selbst, wie weit ein Einsatz beziehungsweise eine Unterstützung geht. Mit der Schweiz nimmt übrigens ein weiteres
neutrales Land an diesem System teil.

Die notwendigen Investitionen in unsere Landesverteidigung sind die eine Sa­che. Neben den aktuellen Kriegen, dem internationalen Wettrüsten und
wie gesagt auch den Investitionen, die wir tätigen, dürfen wir aber eines nicht vergessen: Österreichs Sicherheitskonzept besteht nicht nur aus der um­fassenden Landesverteidigung, sondern wird durch eine aktive Außen-, Neutrali­täts- und Friedenspolitik vervollständigt. Gerade als neutrales Land haben
wir eine besondere Verantwortung im Bereich der Friedenssicherung. Seit 1960 haben mehr als 100 000 Soldatinnen und Soldaten an weit über hundert friedenserhaltenden, unterstützenden und humanitären Missionen teilgenom­men. Diese Missionen tragen unter anderem durch Diplomatie und wirt­schaftliche Initiativen maßgeblich zum Aufbau, Erhalt und Schutz des Friedens bei.

Eines möchte ich an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen: Frieden und
Klima hängen ganz eng miteinander zusammen. Einerseits sind Kriege massive Treiber des Klimawandels. Ein internationales Forscherteam hat erst un­längst errechnet – oder versucht, zu errechnen –, dass innerhalb der ersten ein­einhalb Jahre des Ukrainekrieges zusätzliche Emissionen von 150 Millio­nen Tonnen an CO2-Äquivalenten verursacht wurden. Das entspricht ziemlich genau dem Zweifachen des Jahresausstoßes von Österreich.


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Gleichzeitig ist Klimaschutz auch ein wichtiges Instrument zur Friedenssiche­rung, und zwar im ganz konkreten Sinn: Je weiter die Erderhitzung voranschrei­tet, je heißer und lebensfeindlicher bestimmte Regionen der Erde werden, umso mehr soziale Unruhen werden entstehen. Wenn die Erderwärmung über­haupt ein bestimmtes Maß überschreitet, riesige Flächen der Erde unbewohnbar sein werden, werden sich die Menschen auf die Flucht begeben. Dann
wird es globale Konflikte in einer nie da gewesenen Dimension geben, und das zusätzlich zu den Auswirkungen, die es in unserer eigenen Region schon
durch den Klimawandel gibt.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Frau Kollegin, darf ich Sie bitten, zum Ende zu kommen? – Danke schön.


Bundesrätin Simone Jagl (fortsetzend): Mein letzter Satz: In diesem Sinne ist Klimaschutz wie in ganz vielen Bereichen Menschenschutz. – Danke
schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

10.24


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


10.24.24

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Frau Bundesministerin, Sie hatten viel Dank für uns übrig. Ich möchte fast sagen: zu viel des Dankes, denn wir haben zwar hier das spezielle Finanzierungs­gesetz beschlossen, allerdings haben wir hier für das Budget keine Kompetenz. Sie haben sich auch für das Thema der Aktuellen Stunde bedankt. Das
haben allerdings Sie sich im Bundesrat beziehungsweise hat Ihr Kabinett ausge­sucht. Auf dieses Thema „Investitionen in die [...] Luftstreitkräfte“ sind Sie
auch erst im letzten Drittel Ihrer Rede eingegangen, aber Sie haben ja noch einen Redebeitrag.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 58

Beim Themenkomplex Luftraumüberwachung, Luftraumverteidigung ist nach un­serer Meinung, nach der Meinung der NEOS, die Kernfrage, ob wir das euro­päisch machen können. Die European Sky Shield Initiative ist ein erster Schritt zu diesem Verständnis. Alleine geht da für einen kleinen Staat wie Österreich nichts, das kann man nur zusammen machen. Das rechtliche Problem
bei Sky Shield ist aber, dass es auch Norwegen, Großbritannien und die Schweiz umfasst, also kein Unterfangen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheits­politik ist. Innerhalb der GASP dürfte ja Österreich praktisch alles, weil wir mit dem EU-Beitritt und der Volksabstimmung unsere Teilnahme an der
GASP verfassungsrechtlich legitimiert haben und das völkerrechtlich ebenfalls in Ordnung geht, weil niemand gegen unseren EU-Beitritt und gegen den
GASP-Beitritt protestiert hat. Bei Sky Shield geht es aber nicht um die GASP, weil eben auch Drittstaaten dabei sind, und da stellen sich dann verfas­sungsrechtliche Fragen.

Die Bundesregierung macht die Sache aber auch nicht einfacher. Sie versuchen, nur ja niemandem auf die Füße zu steigen, und sagen dazu, dass das bahn­brechend ist. Im gleichen Atemzug sagen Sie dann aber, es sei nur eine gemein­same Beschaffung. Also was jetzt?! Wenn es nur eine gemeinsame Be­schaffung ist, warum brauchen wir dann einen Neutralitätsvorbehalt und eine Suspendierungsklausel für den Fall, dass einer der Sky-Shield-Partner in einen Konflikt eintritt? Wir kaufen ja auch die großen Transporter von Embraer im Rahmen einer gemeinsamen Beschaffung mit einem Nato-Mitgliedstaat,
den Niederlanden. Haben wir da einen Neutralitätsvorbehalt? Was wäre, wenn die Nato oder Brasilien, der Sitz von Embraer, in einen Konflikt gerät? Müssten wir dann auch die Beschaffung beenden? – Natürlich nicht, weil Be­schaffung per se ja nichts mit der Neutralität zu tun hat.

Sie sagen jetzt, wir verletzen die Neutralität auch mit der Teilnahme an Sky Shield nicht, weil das Oberkommando bei uns bleibt und wir nur über Österreich Raketen abschießen dürfen. Auf der anderen Seite sagen Sie aber
auch, dass wir mit den Partnerländern Daten austauschen. Unser Radarsystem


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Goldhaube ist ein Asset, das Österreich da zu Recht einbringt. Wenn wir aber
Daten austauschen, sind wir im Konfliktfall nicht neutral. Wir sagen unseren Sky-Shield-Partnern, wenn eine feindliche Rakete, ein Marschflugkörper oder
eine Drohne kommt, woher sie kommt und mit welchem Kurs. Da sind wir um einiges mehr Konfliktpartei, als wir das mit einer Entminung 500 Kilome­ter hinter der Front in der Ukraine wären. Wenn wir in so einem Fall sagen, wir suspendieren den Sky-Shield-Vertrag, dann sind wir kein Partner, denn
so ein Vertrag ist ja nur in Konfliktzeiten sinnvoll. Solange perfekter Frieden herrscht, braucht niemand eine Luftraumverteidigung.

Auch die Antwort auf die Frage, ob wir nur über unserem Staatsgebiet Flugobjekte abschießen dürfen, ist nicht nachvollziehbar. Es ist glasklar, dass eine ballistische Rakete nur in der Beschleunigungsphase oder in der ballistischen Phase abgefangen werden kann. Sobald sie mit ungeheurer Ge­schwindigkeit aus dem All über dem österreichischen Luftraum herun­terkommt, ist es sicher zu spät. Würden wir also wirklich zum Beispiel im Falle eines Raketenabschusses aus dem russischen Territorium oder aus dem
Iran sofort den Datenaustausch mit unseren Partnern abbrechen, niemanden mehr über die von uns gewonnenen Daten informieren und auf lone
wolf defence unseres Territoriums bestehen?

Die Bundesregierung muss also klarmachen, wo sie steht: eine bahnbrechende gemeinsame Raketenabwehr oder einfach nur eine gemeinsame Beschaf­fung wie bei den Transportern; Datenaustausch, wenn es notwendig ist, oder nur, wenn es eh niemand braucht? Darf eine deutsche Rakete über unse­rem Luftraum einen einfliegenden Flugkörper abfangen oder würden wir diesen Akt der deutschen Selbstverteidigung als kriegerischen Akt ansehen?

Die Welt wird komplexer und die Luftraumverteidigung ebenso. Es braucht klare Antworten, denn sonst schafft man nur die Verschwörungstheorien, die
den Populisten in die Hände spielen. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

10.28



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Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Vielen Dank.

Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme hat sich nochmals die Frau Bundesministerin für Landesverteidigung zu Wort gemeldet. Ich erteile
es ihr.

Ich darf Sie bitten, die Redezeit von 5 Minuten nach Möglichkeit einzuhalten. – Bitte sehr.


10.29.10

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Es ist mir wichtig, mich noch einmal zu Wort zu melden, denn ehr­lich gesagt bin ich persönlich der Meinung, man kann gar nicht genug
Danke sagen. Danke zum einen dafür – vielleicht nicht ganz korrekt formuliert –, dass Sie dem Budget und dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz
die Unterstützung gegeben haben, weil uns das eben erst die Planbarkeit gibt. Ich denke, dieses Thema der heutigen Aktuellen Stunde ist durchaus auch gemeinsam ausgewählt worden.

Ich halte es für wichtig, dass wir über neue Fähigkeiten, die wir in einer komplexeren Welt erlangt haben, auch informieren, daher auch allen, die dabei waren, ein Danke. Wir werden darüber auch künftig – so wie wir es im Landesverteidigungsausschuss auch schon davor gemacht haben – sehr intensiv informieren, weil es am Ende des Tages darum geht, dass wir den Luftraum
mit allen Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, schützen.

Wir haben im Aufbauplan für die mittleren und die kurzen Reichweiten bereits Investitionen vorgesehen gehabt, und es ist ja nachgerade die Pflicht,
wenn sich eine Möglichkeit ergibt, bei einem Schutzschild dabei zu sein, diese auch zu ergreifen. Das ist keine Frage, sondern das ist am Ende des Tages
die Verantwortung, die ich als Verteidigungsministerin trage.


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Ich bitte Sie: Gehen Sie bei der Mission Vorwärts den Weg mit uns mit – jede und jeder Einzelne von Ihnen kann dazu beitragen. Wenn wir uns die Wehr­bereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher anschauen, dann
wird, glaube ich, deutlich, dass wir da alle noch etwas zu tun haben, wenn die Antwort von nur 31 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher lau­tet, dass sie bereit sind, ihr Land mit der Waffe zu verteidigen. Lassen Sie nicht zu, dass Landesverteidigung am Kasernenzaun endet, sondern kümmern
wir uns gemeinsam darum!

Ich wünsche jedem Einzelnen und jeder Einzelnen von Ihnen und Ihren Familien und auch all denjenigen, die uns zuschauen, dass sie friedliche Weihnachten erleben – in einer Welt, die eine immer schwieriger werdende ist.

Abschließend ein ganz großes Dankeschön an unsere Soldatinnen und Soldaten, die tagtäglich unser Land verteidigen – in der Luft, zu Lande und im digi­talen Bereich. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen
der Grünen.

10.31


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank.

Auch ich möchte mich dafür bedanken, dass unsere Soldatinnen und Soldaten eine so wertvolle Arbeit für Österreich machen. – Danke schön.

Somit ist die Aktuelle Stunde beendet.

10.32.05Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeantwortungen,

jener Verhandlungsgegenstände, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht
dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen, und


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 62

der Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitglied­staat der Europäischen Union

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll
dieser Sitzung angeschlossen wird.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung
auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mit­teilung, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen
wird.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen

(Anlage 1) (siehe auch S. 16)

2. Eingelangte Verhandlungsgegenstände, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2024 bis 2027 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2024 bis 2027 – BFRG 2024-2027) (2179 und Zu 2179 d.B. und 2299 d.B.)

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2024 (Bun­desfinanzgesetz 2024 – BFG 2024) samt Anlagen (2178 d.B. und 2300 d.B.)


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3. Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union

Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek am 7. Dezember 2023 (ab 16 Uhr) und 8. Dezember 2023 in Belgien (Anlage 2)

Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundesmi­nister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M. am 7. Dezember 2023
(ab 11 Uhr) und 8. Dezember 2023 in Belgien (Anlage 3)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates

(siehe Tagesordnung)

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder

Sportbericht 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-831-BR/2023)

zugewiesen dem Ausschuss für Sportangelegenheiten

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Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Eingelangt ist ein Schreiben des Ministerrats­dienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Frau Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA – die ich jetzt bei uns begrüßen möch­te – ab 13 Uhr bis 14. Dezember 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten bei gleichzeitiger Beauftragung von Vizekanzler Mag. Werner Kogler
vom 7. bis 12. Dezember 2023 gemäß Art. 73 Abs. 1 B-VG mit ihrer Vertretung.

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Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist, wie ich sehe,
nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschla­ges beabsichtige ich, die Debatten über die Tagesordnungspunkte 1 bis 7
sowie 8 und 9 jeweils unter einem zu verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäfts­ordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage


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der Bundesräte Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „umfassendes Reformpaket für leistbares Wohnen“ an den Herrn Bundeskanzler vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Jetzt gebe ich meinen Vorsitz an meine Kollegin ab. (Vizepräsidentin Göll über­nimmt den Vorsitz.)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.35.271. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichts-Digitalisierungs-Gesetz, das Fachhochschulgesetz, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Ge­denkstättengesetz, das Rechtspraktikantengesetz, das Ausfuhrförderungs­gesetz, das Garantiegesetz 1977, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Dienstgeberabgabegesetz, das NPO-Fonds-Gesetz, das Bundesgesetz
über einen Energiekostenzuschuss für Non-Profit-Organisationen, das Bundes­museen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Spa­nische Hofreitschule-Gesetz, das BFW-Gesetz, das Waldfondsgesetz, das Um­weltförderungsgesetz, das Umweltkontrollgesetz, das Altlastensanie­rungsgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Arzneimit­telgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert sowie
ein IACA-Unterstützungsgesetz, ein Bundesgesetz zur strafrechtlichen Rehabi­litierung und Entschädigung von Personen, die nach den §§ 129 I,
129 I lit. b, 500, 500a, 517 oder 518 des Strafgesetzes 1945 oder den §§ 209, 210, 220 oder 221 des Strafgesetzbuches verurteilt wurden, ein Meister-


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und Befähigungsprüfungs-Finanzierungsgesetz und ein Gesundheitsreform­maßnahmen-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitge­setz 2024) (2267 d.B. und 2298 d.B. sowie 11336/BR d.B. und 11341/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (Progressionsabgeltungsgesetz 2024 – PrAG 2024) (2217 d.B. und 2292 d.B. sowie 11342/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie genehmigt wird (2270 d.B. und 2293 d.B. sowie 11343/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister/die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mo­bilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (2269 d.B.
und 2294 d.B. sowie 11344/BR d.B.)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt und mit dem das Bundesgesetz hinsichtlich Begleitmaßnahmen zur Durchführung
der Verordnung (EU) 2023/1781 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2023 zur Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen


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zur Stärkung des europäischen Halbleiter-Ökosystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/694 (Chip-Gesetz-Begleitmaßnahmengesetz)
erlassen wird (3656/A und Zu 3656/A und 2295 d.B. sowie 11345/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Pensionsordnungen der Österreichischen National­bank geändert und das Bundesgesetz zur Änderung von Betriebspen­sionszusagen im Bereich der Austrian Airlines (AUA-Betriebspensions-Ände­rungsgesetz) erlassen wird (3657/A und 2296 d.B. sowie 11337/BR d.B.
und 11346/BR d.B.)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH) geändert wird (3658/A und 2297 d.B. sowie 11347/BR d.B.)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 7, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu den Punkten 1 und 2 ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer, Berichterstatterin zu den Punkten 3 und 4 Frau Bundesrätin Dipl.-Ing.in Dr. Maria Huber und Berichterstatterin zu den Punkten 5 bis 7 Frau Bundesrätin Sandra Lassnig. – Ich bitte um die Berichte.


10.37.56

Berichterstatter Silvester Gfrerer: Frau Präsidentin! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Novem­ber 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichts-Digitalisierungs-Gesetz und weitere Gesetze geändert sowie eine Reihe von Gesetzen erlassen werden – also das Budgetbegleitgesetz 2024.


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Bei der Abstimmung im Finanzausschuss wurde mehrstimmig beschlossen, ge­gen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der Finanzausschuss stellt daher den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Punkt 2 bringe ich weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird.

Bei der Abstimmung im Finanzausschuss wurde mehrstimmig beschlossen, ge­gen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der Finanzausschuss stellt daher den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.


Vizepräsidentin Margit Göll: Ich darf Frau Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Hu­ber um ihre Berichte bitten.


10.39.28

Berichterstatterin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber: Frau Vorsitzende! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Ener­gie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Dezember 2023 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme gleich zu TOP 4: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein


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Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Dezember 2023 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.


Vizepräsidentin Margit Göll: Ich darf nun Frau Bundesrätin Sandra Lassnig um die Berichte zu den Tagesordnungspunkten 5 bis 7 bitten.


10.40.47

Berichterstatterin Sandra Lassnig: Frau Präsidentin! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Novem­ber 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelas­tungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt
und mit dem das Bundesgesetz hinsichtlich Begleitmaßnahmen zur Durchfüh­rung der Verordnung (EU) 2023/1781 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 13. September 2023 zur Schaffung eines Rahmens für Maßnah­men zur Stärkung des europäischen Halbleiter-Ökosystems und zur Ände­rung der Verordnung (EU) 2021/694 erlassen wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters darf ich Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem die Pensionsverordnung der Oesterreichischen Nationalbank geändert


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und das Bundesgesetz zur Änderung von Betriebspensionszusagen im Be­reich der Austrian Airlines (AUA-Betriebspensions-Änderungsgesetz) erlassen wird, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben. – Danke schön.


Vizepräsidentin Margit Göll: Vielen Dank.

Herzlich begrüßen hier im Bundesratssaal darf ich Frau Ministerin Leonore Ge­wessler und Herrn Minister Dr. Magnus Brunner. Vielen Dank für Ihr Kom­men! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: Die Frau Staatssekretärin haben Sie vergessen!)

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Sascha Obrecht. – Ich bitte um Ihre Ausführungen.



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10.43.09

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Werter Herr Minister! Werte Frau Staatssekretä­rin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schulklasse aus der Sportmittel­schule Wals-Siezenheim, herzlich willkommen bei uns in der Runde, schön, dass ihr da seid. (Allgemeiner Beifall.)

Ich wollte meine Rede eigentlich damit starten, den Finanzminister dafür zu kriti­sieren, dass er heute nicht hier ist, weil er entschuldigt war, aber er ist hier. Insofern hat er mir diese Kritik natürlich genommen, aber es wird schon noch et­was kommen; da werde ich Sie nicht enttäuschen. (Allgemeine Heiterkeit. –
Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Beim Budgetbegleitgesetz geht es um die Änderung von 31 Gesetzen; ich werde nicht auf jedes einzelne davon eingehen können, sondern werde mich als Erstredner insgesamt mit dem Budget befassen.

Bedauerlicherweise – das muss ich vorwegschicken – dürfen wir als Bundesrat das Budget nicht beschließen, haben immer nur ein Teileinspruchsrecht
beim Budgetbegleitgesetz. Dieser Umstand gehört geändert. Diesbezüglich gibt es eigentlich Konsens von allen Fraktionen hier im Haus, wir haben es nur
immer noch nicht geschafft, das auch tatsächlich in der Bundesverfassung zu än­dern. Vielleicht schaffen wir das – irgendwann einmal. (Beifall bei der SPÖ
und bei Bundesrät:innen der FPÖ.)

Zum Budget selbst ein paar Worte: Wir sehen eine Sache ganz deutlich, nämlich dass sich die Inflation in dieses Budget reinfrisst, und zwar nach und nach.
Was meine ich damit? – Es gibt in der Jahresprognose für dieses Jahr eine Infla­tion von 7,7 Prozent, momentan schaut es so aus. Woran liegt das vor
allem? – Das wissen wir auch: an den Mieten, die in den letzten zwei Jahren um etwa 25 Prozent gestiegen sind. Das bedeutet, wenn sich jemand vor
zwei Jahren die Miete kaum leisten konnte, so steht er jetzt praktisch vor einem unlösbaren Problem.


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Das hat einen klaren Adressaten: Das ist die Bundesregierung, die da nicht eingegriffen hat und die jetzt aufgrund des Nichteingreifens mit einer Inflation in dieser Höhe zu kämpfen hat und die uns jetzt ein Budget vorlegt, mit dem
sie 20 Milliarden Euro an Schulden macht. Allein in dem einen Jahr: 20 Milliarden Euro Schulden!

In den nächsten Jahren kommen 70 Milliarden Euro an Schulden dazu. Das
ist der Staatshaushalt von diesem Jahr, was wir in den nächsten Jahren
an Schulden machen.

Ich weiß genau, was Sie sagen würden, wenn ein sozialdemokratischer Finanzmi­nister solch ein Budget vorlegen würde. Sie würden sagen, wir könnten
nicht wirtschaften. Aber wissen Sie, was? – Bruno Kreisky hat Schulden ge­macht, um Arbeitsplätze zu schaffen. Sie machen Schulden, um Ihre Parteifreunde zu bedienen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich weiß, Sie wollen den Namen René Benko nicht hören, der 10 Millionen Euro an Coronahilfen bekommen hat, der in die Insolvenz geschlittert ist (Bun­desrat Tiefnig: Gusenbauer!), der jetzt Leute entlässt, weil seine Gesellschaft insol­vent ist. (Bundesrat Steiner: Gusenbauer!)

Reden wir nicht über René Benko, reden wir über Stefan Pierer, reden wir über KTM! KTM hat 11 Millionen Euro an Coronahilfen bekommen. 7 Millionen
Euro sind eins zu eins an die Aktionäre, an die Superreichen weitergegangen – und jetzt will er 300 seiner Beschäftigten in Mattighofen raushauen. Das
ist die Bilanz von KTM. Das sind Förderungen, die Sie in diesem Jahr ausgezahlt haben. (Beifall bei der SPÖ.) 11 Millionen Euro, die von einer Tasche, der
Tasche der Steuerzahler:innen, eins zu eins in die Tasche der Aktionäre gegan­gen sind. Und jetzt stehen 300 Menschen vor dem Nichts (Bundesrat
Steiner: Gusenbauer!)
 – Menschen, die ihr Leben einem Unternehmen gewidmet haben, ihre Gesundheit geopfert haben und jetzt vor dem Nichts stehen.

Liebe Vertreter der Volkspartei vor allem, wie erklären Sie diese Politik den Beschäftigten in Mattighofen? Sie nehmen Schulden auf dafür, dass


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diese Menschen arbeitslos werden. Sie schütten Geld aus, damit der Typ seine Produktion nach China verlagert. Wie erklären Sie das? Es gibt keine
Erklärung dafür. Das ist ungenügend. Das muss man einfach sagen. (Beifall bei
der SPÖ. – Bundesminister Brunner: Wo ist der Zusammenhang?)

Der Zusammenhang liegt darin, Herr Minister, dass wir beim Budget ausgaben­seitig ein Problem haben. Das liegt auch an den 20 Milliarden Euro an Coronahilfen, die offensichtlich nicht punktgenau gewirkt haben. Das muss man einfach so sehen, wenn man Beispiele wie die KTM vorbringt.

Wir haben aber nicht nur ein ausgabenseitiges Problem, wir haben auch ein ein­nahmenseitiges Problem. Die Konzernsteuer, die Körperschaftsteuer, wird
von Ihnen mit nächstem Jahr noch einmal gesenkt, auf 23 Prozent.
Wenn jemand in Österreich arbeiten geht, zahlt er bis zu 55 Prozent Steuer. Wenn jemand einen Konzern hat, zahlt er nur bis 23 Prozent Steuer.

Es wird uns immer gesagt, das machen wir, damit das Kapital nicht ins Ausland abfließt. – Bei KTM hat das ja super funktioniert, dass es nicht abfließt.
(Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Diese Senkung allein fehlt uns im Budget. 1 Milliarde Euro! Das ist ein Steuerge­schenk. Jetzt könnte man sagen, man wollte damit den Unternehmern
helfen. Das Problem ist nur, von der Senkung der Konzernsteuer profitieren zu 90 Prozent die obersten 10 Prozent in Österreich. 1 Milliarde Euro als Steuergeschenk für das oberste Zehntel in Österreich! Wie kann man das erklä­ren? Für wen wird da Politik gemacht?

Insofern fände ich es wirklich wichtig, Herr Minister: Nehmen Sie sich ein Beispiel an der Formel 1 oder an den Fußballern! Die kleben sich hier die Pickerl drauf (auf das Revers seines Sakkos zeigend) und zeigen, für wen sie hackeln.
Das wäre ein ehrlicher Ansatz, dann wüssten es die Österreicherinnen und Ös­terreicher nämlich auch gleich. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Was stünde denn tatsächlich an, anstatt heute 20 Milliarden Euro an Schulden und über die nächsten Jahre 70 Milliarden Euro an Schulden zu machen?


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Was stünde an? – Es stünden Investitionen an in Kinderbetreuung, in die ökolo­gische Transformation, in den Wohnbau. Wir wissen, dass im ersten
Quartal dieses Jahres die Baubewilligungen im privaten Bereich um 33 Prozent zurückgegangen sind – um ein Drittel! Wir wissen, dass sie im gemein­nützigen Wohnbau um 50 Prozent zurückgegangen sind. Es gibt da ein Problem. Das löst Arbeitslosigkeit im Bau aus. Das hat Folgeeffekte auf den Konsum.
Das stellt uns vor ein Riesenproblem, und Sie machen in diesen
Belangen überhaupt nichts.

Schauen wir nach Niederösterreich, wo die Wohnbauförderung eingefroren wird! Da wird nicht mehr gebaut, weil nichts mehr ausbezahlt wird. Das ist kein sozialdemokratisches Bundesland, wenn Sie auf uns schimpfen wollen,
ist es nicht, das ist ein ÖVP-Bundesland. Dort wird nicht mehr gebaut. Das hat Auswirkungen. Diese Investitionen tätigen Sie nicht.

Sie verstecken sich vor der Verantwortung, die Sie hätten, ein zukunftsfähiges und ein zukunftsgerichtetes Budget zu machen. Sie machen stattdessen Schulden, ohne die Wirtschaft dabei ordentlich anzukurbeln – zumindest nicht in einem Ausmaß, das notwendig wäre –, und Sie stellen die nächste Bundes­regierung vor die Aufgabe, das alles wieder aufzuräumen.

Es wird mit der nächsten Bundesregierung einen Kassasturz brauchen und die kann nicht früh genug kommen. Dieses Budget und damit auch das Bud­getbegleitgesetz ist in Bausch und Bogen unzureichend. Es greift nicht die Auf­gaben der Zukunft auf. Deshalb können wir auch nicht zustimmen.
Die nächste Wahl kann nicht früh genug kommen, um danach wieder zu sanieren, was damit verbrochen wird. (Beifall bei der SPÖ sowie der
Bundesrätin Doppler.)

10.49


Vizepräsidentin Margit Göll: Sehr herzlich darf ich auch Frau Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler hier in unserem Bundesratssaal begrüßen.
(Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)


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Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann. – Bitte.


10.50.17

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Finanzminister! Frau Staatssekretärin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wenn man Kollegen Obrecht so zuhört, dann würde man meinen, im Land
ist alles schlecht. (Rufe bei der SPÖ: Na eh! – Bundesrat Schennach: Probleme gibt’s, oder?!) Vor Problemen hat noch nie jemand, schon gar nicht diese Bundes­regierung, je die Augen verschlossen, allerdings haben die Ausführun­gen von Kollegen Obrecht schon deutlich gemacht, dass es in der Politik unter­schiedliche Gestaltungsansätze gibt. (Bundesrat Schennach: Wenn man
dem Kollegen Buchmann zuhört, glaubt man, alles ist gut!)

Es gibt die Möglichkeit, die Bevölkerung mit Verboten pädagogisch erziehen zu wollen, mit Geboten Ähnliches tun zu wollen. Und, Kollege Obrecht, mit
einem Unternehmerbashing werden wir die Lust der Unternehmerinnen und Un­ternehmer, aller Selbstständigen im Lande, der freien Berufe bis hin zu den Landwirtinnen und Landwirten nicht steigern, für die Menschen im Land aktiv zu sein (Bundesrätin Schumann: Wo ist da Unternehmerbashing?), jene Dienst­leistungen und Produkte zu erbringen, die wir alle für ein lebenswertes Öster­reich brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen schon, Kollege Olbrecht (Rufe bei der SPÖ: Obrecht!), zu diesem Unternehmerbashing: Sie sollten einmal darüber nachdenken, ob Unter­nehmer nicht Vorbilder sind und nicht Feindbilder. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Für uns sind sie jedenfalls Menschen, die viel Gutes im Lande tun (Beifall
bei der ÖVP),
beispielsweise Arbeitsplätze sichern (Rufe bei der SPÖ: KTM! KTM!), und das war seinerzeit zumindest der Sozialdemokratie immer auch ein
Anliegen.

Meine Gesinnungsgemeinschaft, die Österreichische Volkspartei, steht für An­reize (Bundesrätin Schumann: Aber geh! – Bundesrätin Hahn: Das glaube


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ich: für Anreize!), steht für marktwirtschaftliche Akzente und steht für eine Bud­getpolitik, die das Land zukunftsfit macht und Zukunftschancen insbeson­dere für die jungen Menschen im Lande eröffnet. (Bundesrat Schennach: Die Um­verteilung nach oben nicht vergessen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Budget ist bekanntlich das in Zahlen gegos­sene Programm einer Bundesregierung für die Menschen im Land. Es regelt
die Mittelherkunft und es stellt die Mittelverwendung entsprechend
dar. Als ehemaliges Mitglied einer Landesregierung, das sich auch als Landes­finanzreferent bewähren durfte und einen Finanzausgleich mitverhandelt
hat, weiß ich, wie schwierig es ist, die Begleitmaßnahmen dann im Konkreten so festzulegen, dass sie möglichst treffsicher und budgetwirksam ankommen.

Daher behandeln wir heute unter Tagesordnungspunkt 1 im Rahmen des Bud­getbegleitgesetzes – Kollege Obrecht hat es angesprochen – 31 Gesetzes­vorhaben mit budgetrelevanten Auswirkungen auch auf die österreichischen Bundesländer und die Menschen in den Bundesländern und in den Ge­meinden. Damit sind unter anderem die Finanzierung 100 neuer ärztlicher Kas­senstellen, eine Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags und die Aufstockung der Fördermittel für den Umstieg auf klimafreundliche Heizanlagen auf Schiene. Ich freue mich, dass die Frau Bundesministerin jetzt auch bei
uns ist.

Auch für die Bundestheater, die Bundesmuseen, das Umweltbundesamt, die Ages, außerschulische Jugendarbeit, die KZ-Gedenkstätte Gusen und
klimafitte Wälder wird es mehr Geld geben. Ich glaube, dazu stehen wir alle ge­meinsam. Die Altlastensanierungsbeiträge werden erhöht, kleine Foto­voltaikanlagen vorübergehend von der Umsatzsteuer befreit.

Dieses Budget ermöglicht also nicht nur weitere spürbare Entlastungen der Menschen im Land, sondern sichert auch den Wohlstand der österrei­chischen Bevölkerung. Investitionen in die Kinderbetreuung, Wissenschaft, Forschung und die ökologische Transformation sind Schlüsselkomponenten, auf


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die sich die Bundesregierung für ein modernes Österreich verständigt hat. Darüber hinaus werden die Mittel für Bildung und Sicherheit entspre­chend erhöht.

Gerade für die Regionen – und wir sind schließlich eine Länderkammer – ist es wichtig, dass mit den Investitionen in die Kinderbetreuung und die Daseins­vorsorge das Leben am Land attraktiv gehalten und, wie ich meine, auch gestal­tet werden kann. Gleichzeitig braucht es – das haben die einleitenden
Worte auch gezeigt – Anreize für die Wirtschaft, in Österreich zu investieren – ich betone: in Österreich –, in den österreichischen Bundesländern, in den
Städten und den Gemeinden zu investieren, Arbeitsplätze zu erhalten und wenn möglich auch neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dieser Herausforderung wird
in diesem Budget meiner Meinung nach gut Rechnung getragen.

Besonders hervorheben möchte ich, dass die Maßnahmen zur Entlastung der Menschen in Österreich, dass beispielsweise die Abschaffung der kalten Progression im kommenden Jahr den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern eine Entlastung von 3,6 Milliarden Euro bringen wird. Das sollte für alle Werk­tätigen auch entsprechend spürbar sein. Das ist ein Vorhaben, das lange disku­tiert worden ist – und es waren (in Richtung Bundesminister Brunner) die­ser Finanzminister und diese Bundesregierung, die die Abschaffung der kalten Progression möglich gemacht haben. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei
der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Finanzminister achtet darauf, dass die Maastrichtkriterien eingehalten werden, dass damit die Stabilität des Staatshaushalts sichergestellt wird, und er schaut auf das Steuergeld der Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler. Das ist nicht nur seine Aufgabe, sondern,
so wie ich ihn kenne, auch sein Herzensanliegen. (In Richtung Bundesminister Brunner:) Ich danke dir ausdrücklich dafür! Wir brauchen das in heraus­fordernden und turbulenten Zeiten, dass wir aus einer gesunden und gesicherten Basis eines Budgets heraus agieren können.


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Leistung muss sich lohnen, das ist eines der Motive im Gestaltungsbereich der Österreichischen Volkspartei. Das gilt auch für die Pensionen. So gibt es
mit diesem Budget auch Anreize für längeres Arbeiten. Für jene, die nach dem Erreichen des Regelpensionsalters weiterarbeiten, entfallen künftig die Pensionsversicherungsbeiträge des Dienstnehmers. Das ist, glaube ich, eine wesentliche und wichtige Maßnahme, die seit Langem gefordert und
endlich umgesetzt worden ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Budgetbegleitgesetze haben vielfältige Ausprägungen. Einige meiner Nach­redner werden auf einige dieser Maßnahmen im Detail eingehen.

Ich möchte Blick und Schlaglicht noch auf Tagesordnungspunkt 5, das euro­päische Chip-Gesetz, werfen. Mit dem Chip-Gesetz-Begleitmaßnahmengesetz soll die Begründung von Vorbelastungen und anderen Maßnahmen im Zu­sammenhang mit dem europäischen Chip-Gesetz ermöglicht werden. Mit dem umfassenden Maßnahmenpaket sollen die Versorgungssicherheit, die
Resilienz und die technologische Führungsrolle der EU im Bereich Halbleiter­technologien und -anwendungen gesichert werden. Ein hehres Ziel,
allerdings ein Ziel, das entsprechende Maßnahmen erfordert und insbesondere Treibstoff erfordert, um diese Maßnahmen in Wirkung zu bringen.

Die Kommission strebt an, den gegenwärtigen globalen Marktanteil der EU in diesem Sektor von aktuell unter 10 Prozent bis 2030 auf bis zu 20 Prozent
zu verdoppeln. Die Steigerung der Resilienz in Bezug auf strategische Schlüssel­technologien ist für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes von riesiger Bedeutung.

Wie Sie wissen, komme ich aus dem Bundesland Steiermark, und ich möchte sagen, die Region Steiermark–Kärnten, die durch die Koralmbahn auch zur Area Süd aufgewertet worden ist, hat auch im Bereich der Halbleitertechnologien
und der Mikroelektronik einiges zu bieten. Ich darf in diesem Zusammenhang da­rauf hinweisen, dass die Steiermark zusammen mit Kärnten – wenn Sie bei­spielsweise Infineon in Graz und in Villach hernehmen – eine Region ist, die zu


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den Top-vier-Regionen in Europa in diesem Technologiesektor zählt. Wir
sind damit in einem Boot mit Grenoble in Frankreich, mit Löwen in Belgien und dem Mikroelektronikcluster in Sachsen. Ich verweise nur darauf, dass
bereits jetzt und damit auch zukünftig Investitionen in diesem Sektor, der nam­haft ist, erfolgen werden. Denken Sie beispielsweise an AT&S, die für ihr
neues Werk für IC-Substrate 700 Millionen Euro investiert und damit 900 Ar­beitsplätze schafft, nicht wenige davon in Leoben-Hinterberg, und das
ist in Zeiten wie diesen schon sehr, sehr bemerkenswert. Denken Sie nur an Silicon Austria Labs, SAL, das mit seiner Reinraumtechnologie in Graz,
aber auch in Villach enorme Investitionen setzt und damit diese Technologie vorantreibt.

Ich komme damit zum Abschluss und meine, dass das Budget, aber insbesondere auch die Budgetbegleitmaßnahmen Österreich zukunftsfit machen, dass
wir die Menschen entlasten und damit den Wohlstand in unserem Lande sichern. Es werden Zukunftsinvestitionen in Kinderbetreuung, Wissenschaft und Forschung, Transformation unserer Wirtschaft und auch in dem Bereich Mikro­elektronik und Sicherheit gesetzt. Mit Frau Bundesministerin Tanner
haben wir das, was diese Zukunftsinvestitionen betrifft, ja bereits ausgestaltet.

Wir glauben, dass mit diesen Budgetbegleitmaßnahmen eine gute Basis
dafür gelegt wird, dass sich Österreich im Jahr 2024 positiv weiterentwickeln kann, dass damit die Unternehmen ertüchtigt werden können, Zukunfts­investitionen zu setzen, dass damit Arbeitsplätze gesichert werden können und dass der Wohlstand in unserem schönen Österreich hoffentlich gemehrt
werden kann. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bun­desrät:innen der Grünen.)

11.01


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Bundesminister Dr. Magnus Brunner. – Bitte.



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11.01.25

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Vielleicht
gleich zu Beginn zur Beruhigung: Die Kritik ist teilweise berechtigt. Ich muss mich leider dann relativ rasch verabschieden, weil wir nach Brüssel
fahren, um die Fiskalregeln hoffentlich heute am Abend zu Ende zu verhandeln. Deswegen zur Beruhigung, Herr Bundesrat Obrecht: Ein bisschen hätten
Sie die Kritik doch weiterführen können. (Allgemeine Heiterkeit.)

Vielleicht, weil es schon interessante Ausführungen von Herrn Bundesrat Obrecht waren – ich habe mich wirklich bemüht, zuzuhören –, zu dem, was ich unterstützen kann: Mir ist eines aufgefallen: Sie haben gesagt, wir haben
ein Einnahmenproblem und ein Ausgabenproblem. Also beim Ausgabenproblem zumindest bin ich Ihrer Meinung. Das ist zumindest etwas Positives. Das
war es dann aber schön langsam mit dem, was ich unterstützen kann. (Heiterkeit und Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Jetzt werde ich gerne auf ein paar Sachen im Budget eingehen. Was ich schon klarstellen möchte: Ihre Kritik an der Körperschaftsteuer lasse ich so nicht stehen, weil von dieser Senkung der Körperschaftsteuer 180 000 Unternehmen in Österreich profitieren. Das sind kleine und mittlere Unternehmen, das
sind die klassischen KMU, die wir in Österreich haben.

Nur zum Vergleich: Wir haben die Situation, dass zwei Drittel aller Unternehmen in Österreich unter 40 000 Euro Gewinn im Jahr machen, 90 Prozent ma­chen unter 200 000 Euro Gewinn. Also das sind die klassischen kleinen und mitt­leren Unternehmen, und genau die werden über die Körperschaftsteuer­senkung entlastet. Das sind die positiven Nachrichten dazu.

Vielleicht zum Budget insgesamt: Es ist die Budgeterstellung eine herausfor­dernde Zeit gewesen, ja. Es gibt eine schwächelnde Weltwirtschaft,
eine hohe Inflation, natürlich auch hohe Zinsen aufgrund der Bekämpfung der Inflation durch die EZB, den Krieg in der Ukraine, damit verbunden


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natürlich auch viele Fragen rund um die Energieversorgung, die wir zu lösen haben.

Wir haben dadurch natürlich auch Mehrausgaben, aber auf der anderen Seite auch Mindereinnahmen, weil wir als Bundesregierung Entlastungsmaß­nahmen – auch struktureller Natur; die Abschaffung der kalten Progression wurde angesprochen – auch zur Bekämpfung der Teuerung gesetzt
haben. Da waren auch sehr viele steuerliche Entlastungen dabei – neben Ein­malzahlungen, ja –, und das führt natürlich auf der anderen Seite zu Mindereinnahmen.

Man muss sich bei der konjunkturellen Entwicklung auch immer vor Augen hal­ten, dass 1 Prozentpunkt niedrigeres Wachstum 0,5 Prozent höheres
Defizit bedeutet. Das ist eigentlich unglaublich. Wie sich die Situation von Juni bis zur Budgetbeschlussfassung im Oktober entwickelt hat, das entsprach
genau diesem 1 Prozentpunkt. Um 1 Prozentpunkt ist das Wachstum zurückgegangen, wissen wir durch die Wirtschaftsforscher und -forscherinnen. Es ist schon interessant, welch unglaubliche Auswirkungen das innerhalb
von wenigen Monaten auf das Budget hat.

Dennoch ist es gelungen – Herr Bundesrat Buchmann hat es erwähnt –, mit 2,7 Prozent als eines von wenigen Ländern in der Europäischen Union
die 3-Prozent-Maastrichtdefizitgrenze einzuhalten. Andere Staaten, wie bei­spielsweise die Niederlande und Deutschland, liegen bei 2,9, 3, 3,1 Pro­zent. Es ist uns also gelungen, zum ersten Mal seit einigen Jahren wieder unter die Maastrichtdefizitgrenze zu kommen.

Wir vergleichen uns ja immer gerne mit Deutschland, vor allem, wenn wir besser sind. Das sind wir wirtschaftlich momentan (Beifall bei der ÖVP), übrigens
auch beim Fußball mittlerweile – das freut uns auch (Heiterkeit bei Bundesrät:in­nen der ÖVP – Bundesministerin Gewessler: Und bei der Bahn!) –, auch bei
der Bahn, sowieso, Entschuldigung, selbstverständlich. Auch beim Eurovisions­songcontest waren wir besser.


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Was ich aber eigentlich sagen will, ist, dass es in Deutschland eine extrem he­rausfordernde Situation gibt. Es wurde ein Sondervermögen, das die
Deutschen eingeführt haben – übrigens war es ein sozialdemokratischer Fi­nanzminister, jetzt Bundeskanzler, der das damals eingeführt hat; okay,
man kann über alles reden (Bundesrätin Schumann: ... Schuldenbremse! ...!) –, es wurde ein Sondervermögen in der Größenordnung von 60 Milliarden Euro
auf den Tisch gelegt, und der Verfassungsgerichtshof hat das aufgehoben, und jetzt steht Deutschland da und muss schauen, wo es die 60 Milliarden
Euro hernimmt.

Das würde in Österreich – Faktor zehn! – 6 Milliarden Euro bedeuten. Also Ent­schuldigung, wenn wir das machen würden, dann würden Sie zu Recht kritisieren, dass wir ein unseriöses, intransparentes Budget auf den Weg ge­bracht haben. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring. – Bundesrätin
Schumann: Sagen Sie uns, dass Sie die Schuldenbremse verhindert haben, Herr Bun­desminister!)
Nun können Sie das aber nicht tun, weil wir die Einzigen sind,
die Transparenz beim Budget zeigen, die seriös budgetieren (Beifall bei der ÖVP) und eben keinen Schattenhaushalt, kein Sondervermögen haben, sondern
ehrlich budgetiert haben, nach dem Motto: Was es wiegt, das hat es! Das haben wir halt auf den Tisch gelegt.

Jetzt kann man kritisieren, dass es zu wenig ist, zu viel ist, dass eine zu expansive Fiskalpolitik gemacht worden ist. Das kann man alles machen, doch am Ende
des Tages sind es wirkliche Zukunftsinvestitionen, die wir machen.

Jetzt muss ich Ihnen, Herr Bundesrat Obrecht, bei einem zweiten Thema recht geben. Was sind die Zukunftsthemen? – Sie haben es angesprochen: Kin­derbetreuung, Transformation. Das sind die Dinge, die wir angehen müssen, und genau das adressieren wir mit diesem Budget. Also danke für dieses Lob,
das Sie eigentlich schon ausgesprochen haben. Die Hälfte aller Mehrausgaben – 20 Milliarden Euro – geht genau in solche Zukunftsprojekte hinein, eben
in die Kinderbetreuung, die wir insbesondere mit dem Finanzausgleich adressie-


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ren, in die Transformation der Wirtschaft auf der einen Seite, in die nach­haltige Mobilität auf der anderen Seite, in die Wärmewende. Insgesamt sind es 14 Milliarden Euro, die wir dafür in den nächsten Jahren zur Verfügung
stellen. Also Danke für das Lob und die Unterstützung, die wir natürlich sehr ger­ne annehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Sie beschließen heute auch das Chip-Gesetz. Sie (in Richtung Bundesrat Buch­mann) haben das angesprochen, Herr Bundesrat. Ursprünglich geht das
auf eine EU-Initiative zurück, mit der auch die Wettbewerbsfähigkeit und die Re­silienz der europäischen Halbleiterindustrie gestärkt werden sollen. Es
bestehen Lieferabhängigkeiten, die wir dadurch minimieren möchten. Bis 2031 können somit in Österreich 2,8 Milliarden Euro investiert werden. Das ist
ein Programm zur Investition in den Standort Österreich, insbesondere natürlich in die Standorte – du hast es angesprochen – in der Steiermark, in Kärnten,
die davon sehr stark profitieren werden. Damit können wir diese Halb­leiterindustrie, bei der wir im europäischen Schnitt schon Vorreiter sind, noch weiter unterstützen. Das bedeutet insgesamt eine Gesamtinvestition
von 7 Milliarden Euro: nicht Budgetmittel, sondern Investitionen in den nächsten Jahren, die ausgelöst werden.

Breitbandförderung ist ein anderes Thema. Wir haben gerade 375 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um den Breitbandausbau weiter voranzu­treiben. Auch das ist ein Konjunkturprogramm, Herr Bundesrat Obrecht. Also auch das geht in den Baubereich hinein. Das habe ich vorhin vergessen:
Neben Kinderbetreuung und Transformation haben Sie auch den Baubereich an­gesprochen. Also ja, auch da kann ich Sie beruhigen, auch das werden
wir mit diesem Budget entsprechend adressieren. (Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Steigerung der Arbeitslosigkeit um 5,4 Prozent
im Baubereich!)

Jetzt spreche ich noch gar nicht von anderen konjunkturbelebenden Maßnah­men wie dem Heizkesseltausch, den thermisch-energetischen Sanie­rungsmaßnahmen, die auch in diesem Paket Niederschlag finden und dadurch


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natürlich auch die Baukonjunktur antreiben. Auch da haben Sie recht:
Die Baukonjunktur ist in den nächsten Monaten eines der größten Sorgenkinder. Auch da haben wir aber Programme vorgelegt, wie wir die Konjunktur im Baubereich antreiben können.

Ein weiteres großes Projekt ist die befristete Senkung beziehungsweise Abschaf­fung der Umsatzsteuer auf die Fotovoltaikanlagen. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, es kommt nämlich auch zu einer Vereinfachung des gesamten Systems. Ich war als Oemag-Vorstand über viele Jahre auf der anderen
Seite und habe in einer Silvesternacht erlebt, wie das einfach nicht funktioniert hat. Man hat dann versucht, das sukzessive zu erleichtern, indem man von
der Silvesternacht weggegangen ist, vier Fördercalls gemacht hat. Das hat dann Frau Bundesministerin Gewessler gemacht und durchgezogen. Trotzdem
ist der Andrang so groß, dass man Erleichterungen machen muss, wenn es um die Fotovoltaikförderung geht, und auch das machen wir jetzt mit der Ab­schaffung der Mehrwertsteuer in diesem Bereich.

Wenn ich gerade beim Bereich Energie und Klimaschutz und dem Zusammen­hang mit der Wirtschaft bin: Das muss Hand in Hand gehen. Wirtschaft
und Klimaschutz müssen Hand in Hand gehen. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Deswegen haben wir für die nächsten drei Jahre 14 Milliarden
Euro im Bereich der Transformation der heimischen Wirtschaft für die Wärme­wende, aber eben auch für nachhaltige Mobilität vorgesehen.

Und – und das sind auch Zukunftsausgaben – wir investieren in Wissen. Die Wissenschaft, die Forschung sind ganz entscheidend für die Zukunft. In
diesem Bereich investieren wir 16 Milliarden Euro für die nächste Leistungs­periode der Universitäten. Wir werden in Österreich nie die billigsten Ar­beitskräfte haben, wir werden nie die billigste Energie haben, aber wir werden die klügsten Köpfe haben. Die haben wir ja Gott sei Dank auch in Europa,
in Österreich und das müssen wir weiter unterstützen. Wir investieren daher sehr viel in diesen Bereich. (Die Bundesrätinnen Grimling und Grossmann:
Was ist mit Bildung ...?)


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Parallel dazu – das wurde im Zusammenhang mit der Abschaffung der kalten Progression schon erwähnt –: Sie diskutieren heute auch das Progres­sionsabgeltungsgesetz, und auch da sollten wir, glaube ich, neben anderen Ini­tiativen im Arbeitsmarktbereich, im Beschäftigungsbereich, Maßnahmen
setzen, die es attraktiver machen, länger zu arbeiten. Der Anreiz, länger am Ar­beitsmarkt zu bleiben, ist, glaube ich, ganz wichtig. Wir schaffen mit die­sem Gesetz positive Leistungsanreize, indem wir Freibeträge für Schmutz-, Er­schwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonn- und Feiertags­arbeit anheben und indem wir – das ist eigentlich das Zentrale – auch Überstunden steuerlich entlasten, um den Leistungsgedanken auch weiter voranzutreiben. (Bundesrätin Schumann: Aber den Teilzeitbeschäftigten
helft ihr nicht!)

Und dann – Bundesrat Buchmann hat es auch erwähnt – bringt die Abschaffung der kalten Progression allein für 2024 3,6 Milliarden Euro Entlastung;
heuer waren wir ja bei 1,8 Milliarden, nächstes Jahr kommen noch einmal 3,6 Milliarden Euro Entlastung dazu. Das ist wirklich etwas, was sich am Ende des Tages auch strukturell sehen lassen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie
bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Es gibt noch eine Herausforderung, die heute noch nicht angesprochen worden ist, und das ist jene des demografischen Wandels. Das ist etwas, was uns
in den nächsten Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, natürlich herausfordern wird. Auch da haben wir ganz besonders beim Finanzausgleich – wir haben
beim nächsten Mal noch die Möglichkeit, über diesen zu diskutieren – den Fokus darauf gelegt, die Gesundheitsreform mit anzugehen, den Gesundheits­bereich, den Pflegebereich, aber eben auch den Kinderbetreuungsbereich ent­sprechend zu unterstützen. Wir haben noch genügend Gelegenheit, darü­ber zu diskutieren, wenn es dann um den Finanzausgleich geht.

Zwei Sätze möchte ich aber zum Finanzausgleich schon noch sagen, weil er ge­zeigt hat, dass der Gesamtstaat über die Bundesländergrenzen und Gott
sei Dank auch über die Parteigrenzen hinaus funktioniert und wir am Ende des


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Tages alle gemeinsam eine gesamtstaatliche Verantwortung wahrgenom­men haben. Das erwarten sich die Menschen ja auch, wenn sie über Politik re­den – zu Recht, wie ich durchaus sagen möchte.

Wir haben beim Finanzausgleich zum ersten Mal – und das ist schon ein Paradig­menwechsel – zusätzliche Mittel mit Reformen, mit Zielen verknüpft. Das
hat es noch nie gegeben. Beim letzten Mal vor sieben Jahren – damals
war Schelling Finanzminister – hat man am Ende des Tages 300 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt. Ich habe mich immer gewundert, wie man sieben Monate verhandeln kann, um dann am Schluss 300 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Das wäre in einer halben Stunde wahrscheinlich auch gegangen. Aber okay, diesmal sind wir einen anderen Weg gegangen und haben wirklich versucht, das ganz konkret mit Zielen, mit Reformen zu verknüpfen,
und das ist Gott sei Dank auch gelungen. In diesem Zusammenhang
sage ich auch Danke an den Ministerkollegen Rauch, der sich insbesondere im Gesundheits- und Pflegebereich massiv eingebracht hat.

Es ist also ein zukunftsorientiertes Budget, das Sie heute diskutieren, mit vielen Maßnahmen – (in Richtung SPÖ:) danke für den Hinweis –, die eben genau
in die Zukunft gehen: von der Kinderbetreuung über die Transformation und na­türlich bis hin zum Sicherheitsbereich, der auch eine große Rolle spielt. Das
sind alles Themen, die wir mit diesem Budget adressieren, und in diesem Fall ge­he ich davon aus, dass die Sozialdemokratie mitstimmt, weil damit, wie ge­sagt, alles adressiert ist, was Sie, Herr Bundesrat Obrecht, vorhin in Ihrer Rede erwähnt haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bun­desrätin Schumann: Na geh, Zynismus, Herr Minister! Nicht zu viel Zynismus!)

11.14


Vizepräsidentin Margit Göll: Herzlich begrüßen darf ich auch Frau Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer: Herzlich willkommen! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Wir gehen weiter in der Tagesordnung und ich darf Herrn Bundesrat Michael Bernard ans Rednerpult bitten. – Bitte.



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11.15.11

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Bundesminister und -ministerinnen sowie Staats­sekretäre! Liebe Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen. (Bundesrat Schreuder: Wo ist die
Galerie?)
Da dieser Themenblock aus insgesamt sieben Tagesordnungspunkten besteht, werde ich einige für mich wichtige Punkte daraus behandeln.
Bevor ich einige Punkte näher beleuchte, möchte ich aber etwas Generelles sagen.

Unter Berücksichtigung der heute von Schwarz-Grün zu beschließenden Ermächtigungen wird die Bundesregierung mit 25 Milliarden Euro das größte Budgetdefizit aller Zeiten erwirtschaften, und das trotz Rekordeinnahmen
des Finanzministers. Seit es die schwarz-grüne Bundesregierung gibt, wurden die Maastrichtkriterien hie und da nur knapp eingehalten; 2024, glaube ich,
nicht. Selbst die Regelung im Bundeshaushaltsgesetz zur Schuldenbremse auf Bundesebene wird von der Bundesregierung auch für 2024 außer Kraft
gesetzt. Das definitive Versagen und die Unfähigkeit der Bundesregierung be­weist auch die Schuldenquote 2024 bis 2027. Trotz des massiven infla­tionsbedingten BIP-Anstieges und des damit verbundenen BIP-Nenner-Effektes, ist der Finanzminister nicht in der Lage, die Schuldenquote zu reduzieren.

Da reden wir noch nicht einmal davon, Schulden zurückzuzahlen. 2019 – im letz­ten Regierungsjahr von FPÖ und ÖVP – hatten wir einen öffentlichen Schul­denstand von 280 Milliarden Euro. 2023 haben wir bereits einen Schuldenstand von 367 Milliarden Euro und 2024 wird der Schuldenstand auf 386 Milliar­den Euro ansteigen. Das heißt, die schwarz-grüne Bundesregierung hat in ihrer Regierungszeit 106 Milliarden Euro neue Schulden aufgebaut (Bundes­rätin Doppler: Na bravo!); zulasten der österreichischen Steuerzahler und zulasten zukünftiger Generationen. (Beifall bei der FPÖ.)

21,2 Milliarden Euro Schulden hat die Bundesregierung jedes Jahr produziert, und dann haben Sie, Herr Finanzminister, noch die Chuzpe, von einem


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Zukunftsbudget zu sprechen. Ist Ihnen von den Regierungsparteien überhaupt bewusst, welche finanzielle Belastung Sie den zukünftigen Generationen hinterlassen? Sie sollten schon wissen, dass die Schulden von heute die Steuern von morgen sind.

Nun, wie versprochen, zu einigen detaillierten Betrachtungen, zum Beispiel betreffend das Meister- und Befähigungsprüfungs-Finanzierungsgesetz. Für uns Freiheitliche hat Handwerk goldenen Boden. Im heutigen Sprachgebrauch
drückt dieses Sprichwort aus, dass sich mit Handwerk gutes Geld ver­dienen lässt. Leider wurde dieses aber in den letzten Jahren oft kleingeredet, vernachlässigt und als nicht allzu wichtig abgetan. (Bundesrat Schreuder:
Wer hat das gemacht? Blödsinn!)

Viele Jahre wurden von den rot-schwarzen Bundesregierungen keine Maßnah­men gesetzt, um die Ausbildung zu attraktivieren und auszubauen. (Bun­desrat Schennach: Aber Schwarz-Blau!) Zusätzlich sei erwähnt, dass auch der Ver­such, durch unkontrollierte Asyl- und Flüchtlingspolitik Arbeitskräfte nach Österreich zu bekommen, wie von uns immer schon prognostiziert nicht funktio­niert hat. Er ist kläglich gescheitert. (Beifall bei der FPÖ.)

Erinnern wir uns aber an die Willkommensklatscher von Rot, Schwarz/Türkis und von den Grünen natürlich (Bundesrat Schreuder: Ihr habt Pink vergessen!),
und daran, wie sie uns allen weismachen wollten, dass da viele fleißige Fachar­beiter kommen. Weit gefehlt: Gekommen sind Menschen, die sich in die
soziale Hängematte legen (Bundesrat Schennach: Geh, geh, geh!) und die mehr Probleme ins Land gebracht haben, als wir heute brauchen können. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Wer pflegt Sie im Krankenhaus, Herr Bernard, wenn Sie ins Krankenhaus müssen? Wer pflegt Sie dann? Was
glauben Sie? – Bundesrätin Schumann: Handwerksbetriebe haben zu wenig aus­gebildet! – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Der Ruf nach Facharbeitern ist in allen Branchen sehr groß und nach Langem kommt auch die ÖVP drauf, dass da zu handeln sei. (Zwischenruf der Bun­desrät:innen Schumann und Steiner.) Mit dem Meister- und Befähigungsprüfungs-


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Finanzierungsgesetz wird ein erster Schritt gesetzt. Unserer Meinung nach
ist es höchste Zeit. Wir haben schon 2020 im Nationalrat einen Antrag dafür ein­gebracht, der natürlich zweimal seitens ÖVP und Grünen vertagt wurde.
Am 27.2.2020 haben wir Freiheitliche im Nationalrat den Antrag zur Abschaf­fung der Prüfungs- und Kursgebühren der Meister- und Befähigungsprü­fungen sowie der Prüfungstaxen für Lehrlinge eingebracht, aber noch mit dem Zusatz, dass darüber hinaus „Maßnahmen einzuleiten und Schritte zu
setzen“ sind, „die sicherstellen, dass Vorbereitungskurse für die Ablegung von Meister- und Befähigungsprüfungen für die Prüfungskandidatinnen
und -kandidaten künftig kostenlos sind“. Der Hintergrund: Während auf der einen Seite Studieren schon lange Zeit gratis ist, wurden die Lehre bezie­hungsweise das Handwerk und die Meisterausbildung oft eher benachteiligt.

Eine kompetente Regierung würde auch verstehen, dass Facharbeiter
das unverzichtbare Fundament unserer Wirtschaft bilden. Die zukünftigen Facharbeiter verdienen Anerkennung und Belohnung für ihren unermüdlichen Einsatz und gehören unserer Meinung nach besser unterstützt.
(Beifall bei der FPÖ.)

Nun kurz zum Thema Umwelt und Landwirtschaft: Der Waldfonds wurde mit 100 Millionen Euro aufgestockt und bis 2027 verlängert. Grundsätzlich begrüßen wir diese Maßnahme – es gibt eh schon eine Vielzahl von waldbezo­genen Förderungen –, aber es fehlt oft die transparente Information. All­gemein ist da von unserer Seite kritisch zu sehen, dass von den 350 Millionen Euro für den Waldfonds nur 60 Millionen Euro direkt bei den durch den Borkenkäfer geschädigten Bauern ankommen. Der Rest des Geldes
wird hauptsächlich in Maßnahmen, die die Sägeindustrie unterstützen, und in die Forschung gesteckt.

Zur Entlastung von Erwerbseinkommen und Pensionen – das betrifft Tagesord­nungspunkt 2 – sind die Tarifgrenzen der ersten vier Tarifstufen in einem
jeweils unterschiedlichen prozentuellen Ausmaß an die Inflationsrate angepasst


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worden. Besonders zur Entlastung von niedrigen und mittleren Erwerbsein­kommen und Pensionen wird die erste Tarifstufe um 9,6 Prozent auf 12 816 Euro, die zweite Tarifstufe um 8,8 Prozent auf 20 818 Euro, die dritte Tarifstufe um 7,6 Prozent auf 34 513 Euro und die vierte um 7,3 Prozent
auf 66 612 Euro angehoben.

Die Anpassung auch der Absetzbeträge – Alleinverdienerabsetzbetrag, Unter­haltsabsetzbetrag, Verkehrsabsetzbetrag für Pendler, Zuschlag zum Ver­kehrsabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag, erhöhter Pensionistenabsetzbe­trag – sehen wir generell positiv.

Die Erhöhung des Gewinnfreibetrages ist heute schon kurz erwähnt worden, auch die Ausweitung der steuerlichen Begünstigungen von Überstunden.
Um der angespannten Personalsituation zu begegnen, können zeitlich befristet in den Kalenderjahren 2024 und 2025 für die ersten 18 Überstunden im
Monat bis zu 200 Euro steuerfrei ausbezahlt werden. Auch das wird von unserer Seite unterstützt.

Ein wichtiger Punkt für uns Freiheitliche als Familienpartei ist auch, dass der Kindermehrbetrag auf 700 Euro erhöht wird. Auch das sehen wir positiv.

Bei den Tagesordnungspunkten 3 und 4, die den Bereich von Bundesministerin Gewessler betreffen, hat diese im Einvernehmen mit dem Finanzminister
die Untergliederung für die Vorbelastungen in den Finanzjahren 2024 bis 2029 von bis zu 65 Milliarden Euro zu begründen. Das ist eine Sache, die generell
zu unterstützen ist. Der vorliegende Gesetzentwurf soll dazu ermächtigen, auch mit Zuschussverträgen für den Betrieb, die Instandhaltung und das Nut­zungsentgelt gemäß Bundesbahngesetz Vorbelastungen in den Jahren 2024
bis 2029 in der Höhe von 8,2 Milliarden Euro zu begründen.

Generell sollen die Maßnahmen im Bereich Verkehr und Infrastruktur den Aus­bau und die Verbesserung der Schieneninfrastruktur und die Stärkung
der Schiene als Rückgrat für den öffentlichen Verkehr, die Modernisierung der


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Bahnhöfe zur Mobilitätsdrehscheibe und Verbesserung der Umsteige­qualität, den forcierten Ausbau des ETCS-Systems sowie die Vorantreibung der Elektrifizierung des Schienensystems vorsehen. Das ist generell positiv
zu bewerten.

Im Regierungsabkommen steht aber drinnen, dass die Mobilität ein Grundbe­dürfnis der Menschen, der österreichischen Bevölkerung ist und der
Transport von Waren auch eine Voraussetzung für einen florierenden Wirt­schaftsstandort. Leider hat diese Bundesregierung jede Menge Maß­nahmen dagegen gesetzt und gegen das Grundbedürfnis der österreichischen Bevölkerung gehandelt.

Nun komme ich zu Tagesordnungspunkt 5. Der Kollege von der ÖVP hat heute schon einmal kurz über das Thema Halbleiter-Ökosystem gesprochen. Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es prinzipiell um die Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Halbleiter-Ökosystems.
Dazu möchte ich ein bisschen ausholen.

Der globale Halbleitermarkt wird seit Jahren von den USA mit 47 Prozent, von den asiatischen Ländern Südkorea mit 19 Prozent, Japan mit 10 Prozent,
Taiwan mit 6 Prozent und 47 Prozent beim Zusammenbau der Halbleiter als Weltmarktführer bestimmt. China hat davon lediglich 5 Prozent. Die
große Gefahr für die europäische Wirtschaft ist China, welches derzeit euro­päische Firmen aufkauft und die Technologie und Produktion ins eigene
Land bringt. Auch die Industrie der Halbleiter in Europa ist vor den Chinesen nicht sicher. Der derzeit größte Hersteller britischer Halbleiter wird mögli­cherweise an ein chinesisches Unternehmen verkauft. Der Firmensitz hat schon in Europa Fuß gefasst, nämlich in den Niederlanden.

Der chinesische Aufkauf dieser Halbleiterfirma wird dann sicherlich auch Auswirkungen auf die komplette europäische Chipherstellung haben. Die globale Unterversorgung mit Halbleitern haben wir generell in der ganzen Corona­situation gemerkt. Da der Slogan digitaler Wandel und Transformation von der


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Bundesregierung bei jeder PK verlautbart wird, um die digitale Kontrolle
der EU in jedem Bereich unseres Lebens zu manifestieren, muss auch da außer­ordentlich viel Geld zur Verfügung gestellt werden, um die Agenda 2030
zu vollziehen.

Wirft man aber einen Blick auf die Informationsseiten der EU, stechen einem nur mehr die Worte mit digital ins Auge: auf dem Weg zu einem digitalen
Europa, EU-Werte als Kern des digitalen Wandels, digitale Souveränität, digitale Kompetenz, digitale Sensibilisierung.

Die EU hat aber die Coronakrise als Mittel zum Zweck für einen teilweisen Digi­talisierungswahnsinn genutzt und die Klimakrise für den grünen Wandel vorgeschoben. Diese Kombination ist ein wahrer Irrsinn für alle Menschen in der EU. Allein die Initiative Chips für Europa soll insgesamt 43 Milliarden Euro
an Geld benötigen. Führende Unternehmen wie der US-amerikanische Techno­logieriese Intel haben bereits angekündigt, Milliarden an Euro in die euro­päische Produktion zu investieren und hier zu expandieren. Im Gespräch sind Pro­duktionsstätten in Ländern wie Deutschland, 80 Milliarden Euro, Frankreich, Italien und Irland, 12 Milliarden Euro.

Warum China bei der Halbleitertechnologie hinterherhinkt, hat den Hintergrund, dass es bei den allerneuesten Halbleitertechnologien, nämlich der Nano­chiptechnologie, die der Schlüsselmarkt der Zukunft sein wird, im Rückstand ist. Dafür hat es aber ein Ass im Ärmel: China sitzt auf den wesentlichen Roh­stoffen, welche für die Chipproduktion benötigt werden: Silizium – auch für die Solarzellen gebraucht, wie wir wissen –, Germanium, Gallium.

Wenn wir schon bei dem Thema Rohstoffe sind, dann reden wir kurz auch über Österreich, über die verschenkte Goldgrube in Österreich. Im Zusammen­hang mit dem nicht in Betrieb genommenen Atomkraftwerk Zwentendorf – wer sich noch erinnern kann – wurde damals in Kärnten auf der Koralpe in der Gemeinde Frantschach in der Hoffnung, auf Uran zu stoßen, eine Mine gebaut. Anstelle von Uran wurde das größte Lithiumvorkommen Europas entdeckt.


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Das Leichtmetall wird derzeit hoch gehandelt und dessen Nachfrage
am Weltmarkt ist unersättlich, da es für die Produktion von Handys, Laptops, Tablets, aber generell auch in Richtung Strominfrastruktur gebraucht
wird. Kurz gesagt: Es ist ein Schlüsselrohstoff.

Das sogenannte weiße Gold wurde im wahrsten Sinne des Wortes von der da­maligen Regierung aus SPÖ und ÖVP verscherbelt, verschenkt. 1987 hat
die ÖIAG ein Gutachten erstellt, in dem es heißt, das könnte interessant für Ös­terreich sein: Der Weitblick hat der damaligen wie auch der jetzigen Regie­rung gefehlt. Obwohl es damals stillgelegt und als Reserve für den Fall steigen­der Preise betrachtet wurde, wurde es dennoch verkauft. 1992 wurden
die Schürfrechte um einen symbolischen Schilling – umgerechnet für die, die noch umrechnen wollen: 7,3 Cent – an die Kärntner Montanindustrie ver­kauft. Der Industrielle verkaufte diese um rund 10 Millionen Euro weiter, und nun freut sich ein australisches Unternehmen über dieses Superschnäpp­chen mit einem derzeitigen Nettowert von 1,5 Milliarden US-Dollar.

Das I-Tüpfelchen der Geschichte kommt aber noch: Der österreichische Steuer­zahler darf dieses Milliardenprojekt noch mitfinanzieren – die notwendige Infrastruktur für den Abbau und für den Extraktionsbetrieb –, aber auch die er­forderlichen Umweltschutzmaßnahmen werden aus Mitteln der österreichi­schen öffentlichen Hand erfolgen. Verschenkt ist verschenkt – meiner Meinung nach ein fataler Fehler für unser Land, wir schauen da jetzt durch die Finger.

Auch geht mit der damaligen Fehlentscheidung im Bereich Forschung und Tech­nologie, Innovation und Know-how sicher viel Wissen verloren. Durch die ausufernden Energiekosten ist auch die Weiterverarbeitung auf dem Standort in der Bezirksstadt Wolfsberg nicht mehr geplant. Somit fallen da schätzungs­weise circa 400 Arbeitsplätze weg.

Stattdessen wird das Lithium jetzt in Saudi-Arabien weiterverarbeitet. Dass die Industrie aufgrund der wahnsinnigen Klimapolitik der Bundesregierung ins Ausland flüchtet, ist klar. Das wird auch da wieder sichtbar. Der Ruf Österreichs


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als Industriestandort ist im Ausland dank dieser Bundesregierung ruiniert.
(Beifall bei der FPÖ.)

Ja, Sie ruinieren aber nicht nur die Industrie Österreichs, sondern auch die Men­schen in unserem Land. Die einzige Maßnahme, welche Sie als Regierung
noch treffen können, um den völligen Schaden für unser Land abzuwenden – ich habe es eh schon ein paar Mal gesagt –, ist der komplette Rücktritt. Die nach­folgende Regierung, angeführt von uns Freiheitlichen, wird das Land wieder auf­richten, das, was in den letzten Jahrzehnten durch die eingeschlagene Fehl­politik vernichtet wurde, wieder aufbauen. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines, was uns auch noch ganz wichtig ist: Beim Tagesordnungspunkt 6 geht es um die Pensionen, um die Änderungen der Pensionen bei der Oesterreichi­schen Nationalbank und auch um die Betriebspensionszusagen bei der Austrian Airlines. Insgesamt gibt es für rund 1 100 Beschäftigte der Oesterreichi­schen Nationalbank fünf Dienstrechte. Die ersten beiden regelten die Pensions­eintritte vor April 1998, die ersten Dienstbestimmungen haben für Mitar­beiter, die vor 1993 in die Nationalbank eintraten, gegolten. Sie waren dem Be­amtenschema angeglichen.

Dann folgte die DB 2, teils mit Einzelverträgen, was Eingriffe erschwert. Die Pensionen der Beschäftigten des Dienstrechtes DB 1 und DB 2 wurden
bereits 2014 durch ein Verfassungsgesetz nach starker Kritik des Rechnungs­hofes bei den Altverträgen der Banken angepasst. Nun geht es aber
den Luxuspensionen der Beschäftigten des Dienstrechtes 3, Eintritt bis 31. Dezember 2006, an den Kragen – und das unserer Meinung nach zu Recht.

Das viel zu überzogene Pensionskassenparadies der Oesterreichischen Nationalbank hat unserer Meinung nach ausgedient und muss fertig korrigiert werden. Nach Einschätzung des Rechnungshofes wird das Ziel, Sparsam­keit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit an den Tag zu legen, aber leider auch bei der Regelung 3 nicht erreicht. Laut Kritik des Rechnungshofes orientiert sich die 3er-Pensionsregelung weiterhin an der damals noch nicht reformier­ten günstigen 2er-Regelung.


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Der österreichische Steuerzahler hat gerade in Zeiten der Teuerung und des Verzichtes unserer Meinung nach kein Verständnis für überprivilegierte Pensionen. Im Sommer 2022 sind die Verhandlungen zwischen Direktorium und dem Zentralbetriebsrat, um in das Dienstrecht 3 einzugreifen und somit
einen Beitrag zur Harmonisierung der Pensionssysteme zu leisten, gescheitert.

Gehen wir aber einmal zu ein paar Zahlen, damit man sich das besser vor Augen halten kann: Die Durchschnittspension in der Oesterreichischen National­bank betrug im Jahr 2021 92 400 Euro brutto pro Jahr. Im Vergleich:
Die durchschnittliche Alterspension beträgt in Österreich 19 700 Euro brutto pro Jahr. Bei den Luxuspensionen der Generaldirektoren reden wir
dann schon von 38 900 Euro pro Monat. Ein Seniorbereichsleiter erfreut sich an 23 600 Euro pro Monat.

Wenn man den Bericht des Rechnungshofes durchliest, dann sieht man, dass die Nationalbank derzeit mehr Pensionisten hat als Personen, die arbeiten,
sprich: es sind 1 300 Pensionisten und lediglich nur mehr 1 000 aktive Ange­stellte. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Mehr als sage und
schreibe 100 Millionen Euro fließen jährlich nur in die Pensionen, allein 14 pen­sionierte Direktoren erhalten 4 Millionen Euro. Die hohen Pensionsaus­schüttungen verringern die Gewinnausschüttung an den Bund.

Während gerade die Regierung – wie heute der Finanzminister – über ein spä­teres Pensionsantrittsalter spricht – die Leute, die eh schon die ganze
Zeit brav und anständig arbeiten, sollen jetzt noch länger arbeiten –, sind ehe­malige Mitarbeiter der Nationalbank vor Kurzem noch im Alter von 56
in Pension gegangen, während die restliche österreichische Bevölkerung mit 65 in Pension geht.

Das Durchschnittspensionsalter betrug für Mitarbeiter, die vor 1993 eingetreten sind, sogar nur 55 Jahre – mit einer Pension von 85 Prozent des Letztbezuges. Wer zwischen 1993 und 1998 in der Nationalbank begonnen hat, konnte mit 60 nach 39,1 Dienstjahren mit einer Pension von 80 Prozent des Letztbezuges gehen.


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Auch bei den jährlichen Pensionserhöhungen ist die Oesterreichische National­bank dank Bankenkollektivvertrag privilegiert. Die vorhin schon bespro­chene 3er-Regelung betrifft rund 200 Mitarbeiter, welche zwischen 1998 und 2003 in die Bank gekommen sind.

Wir sind der Meinung, dass da, ebenso wie bei der AUA, eine Gleichstellung mit dem normalen Pensionssystem hergehört.

Aufgrund der vorgeschrittenen Zeit beende ich hiermit meine Stellungnahme zu diesem Tagesordnungspunkt. (Beifall bei der FPÖ.)

11.37


Vizepräsidentin Margit Göll: Ich darf auch Staatssekretär Mag. Florian Tursky herzlich begrüßen.

Wir gehen in der Debatte weiter. Zu Wort gelangt Herr Bundesrat
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.


11.37.38

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Staatssekretärin! Werter Staatssekretär! Angesichts
der Fülle der Gesetze mache ich einige wenige Schwerpunkte konkreter, anstatt alle zu überfliegen.

In TOP 1 verbirgt sich nämlich mit der Novellierung des Umweltförderungsge­setzes ein Volle-Power-Ökoturbo, ein Ökoturbo für die thermische Sanie­rung und den Tausch von Gas- und Ölkesseln auf Fernwärme oder erneuerbare Energieträger. Von heuer bis 2027 sind das über 2,4 Milliarden Euro zuzüg­lich 1,2 Milliarden Euro für den Zeitraum 2024 bis 2026. Das macht in Summe unglaubliche 2 665 Millionen Euro für die Reduktion des Energiebedarfs
im Gebäudebestand und für den so dringend notwendigen Rausschmiss klima­giftiger Öl- und Gasheizsysteme. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

Die sind ja nicht nur Klimakiller, sondern sie sind auch teuer. Das haben jetzt hoffentlich hinlänglich alle gesehen, dass fossile Energielieferungen von


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Despoten und Kriegstreibern weder Versorgungssicherheit noch geringe Preise garantieren, wie sich viele über die letzten Jahrzehnte vorgeträumt haben. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wie war das? –
FPÖ-Kaffeehaus heute in der Früh, gell? (Bundesrat Spanring: Das ist Demokratie! Du hast es wieder nicht verstanden, Herr Kollege!)

Die fossilen Energieträger sind damit auch ein sozialpolitisches Problem und deswegen, denke ich, auch so wichtig. Ich möchte das jetzt noch kurz
ein bisschen vertiefen. Wir stocken nämlich nicht nur die Mittel massiv aus, wir schrauben auch die Förderhöhen weiter hinauf. Ein Förderziel ist, als Sum­me der erhöhten Bundesförderung gemeinsam mit den Ländern, die ja auch för­dern, zumindest – ich wiederhole: zumindest – 75 Prozent der technologie­spezifischen Kostenobergrenzen beim Heizungstausch im Standardfall abzudecken; 75 Prozent im Minimum, so muss man es sagen, mindestens 75 Prozent.

Schon bisher gab es für den Tausch von Gasheizungen gegen Erneuerbare 9 500 Euro seitens des Bundes, inklusive 2 000 Euro Raus-aus-Gas-Bonus. Ich erinnere an die Zielsetzung, bis 2027 von russischem Gas unabhängig zu
sein. Da aber die Kosten, wie Sie wissen, je nach System sehr unterschiedlich sind, wird es jetzt stärker technologiespezifisch gemacht, mit technolo­giespezifischer pauschaler Bearbeitung. Diese Kosten betragen beim Anschluss eines Einfamilienhauses an die Fernwärme ganze 15 000 Euro. Bei einer Wärmepumpe mit Grundwasser- oder Solenutzung sind es 23 000 Euro, alleine bundesseitig.

Ebenso werden die Förderungen für Mehrwohnungshäuser saftig erhöht. Bis zu 45 000 Euro Basisförderung winken dann für ein Gebäude plus Bonus von 4 000 Euro für die Zentralisierung des Heizsystems. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung, um überhaupt Mehrwohnungsgebäude dekarbonisieren
zu können. Das ist ganz besonders wichtig für die Stadt Wien mit ihren sehr,


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sehr vielen Wohnungsgebäuden mit Hunderttausenden Gasetagen­heizungen. Ich denke, das ist eine ganz wichtige Verbesserung gerade für dieses Bundesland.

Ich habe hier herinnen schon mehrfach auf die Sonderförderung Sauber heizen für Alle hingewiesen, die einkommensschwachen Haushalten die Rückzah­lung von 100 Prozent der Umstellungskosten ermöglicht. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Da kann man die Förderung nicht erhöhen, aber man kann das Volumen erhö­hen, und das wird gemacht, nämlich auf 1,6 Milliarden Euro bis 2030 für
dieses Segment, wobei es auf weitere Segmente im Mehrwohnungsbau ausge­dehnt wird. Ich finde, das darf man da schon behaupten: So verbindet
man Klimaschutz mit Zahlpolitik. Das sucht übrigens europaweit seinesgleichen. (Beifall bei den Grünen.)

Ähnlich Cooles und im Ergebnis Warmes gibt es auch für die thermische Sanie­rung der Häuser. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von Grünen und ÖVP.) Bei
Ein- und Zweifamilienhäusern wird die Förderhöhe für die umfassende Sanie­rung von derzeit 14 000 Euro auf 42 000 Euro angehoben. Im mehrge­schoßigen Wohnbau verdreifacht sich die Förderhöhe von 100 Euro auf 300 Euro pro Quadratmeter. Das klingt jetzt sehr technisch, aber ich kann sagen:
Mit 300 Euro pro Quadratmeter kann man ein Haus sehr gut sanieren, wobei man das sogar noch mit den Wohnbauförderungen der Länder kombi­nieren kann.

Das ist, ich möchte das noch einmal betonen, sozialpolitisch extrem wichtig. Ers­tens wird es leistbar, solche Maßnahmen zu setzen, zweitens reduziert es
den Verbrauch, und durch Halbierung des Verbrauchs – das ist ohne weiteres mit der thermischen Sanierung möglich – halbieren sich nach Adam Riese
auch die Kosten. Das ist schon wichtig. Das kann man gar nicht genug betonen: Es warm haben und heizen, das möchten alle. Gerade Menschen mit
niedrigem Einkommen müssen aber einen großen Teil ihres Einkommens fürs


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Heizen ausgeben, und da kann man jetzt wirklich gut unter die Arme
greifen.

Und wie heute schon mehrfach erwähnt wurde, schafft das zahlreiche Jobs, nämlich im Bereich thermische Sanierungen, im Baugewerbe und im Bau­nebengewerbe. Da geht es auch um sehr viel Wertschöpfung im Inland, und da kommt ganz viel Geld über Steuern wieder zurück. (Beifall bei den Grünen.)

Es gab noch nie so viel Geld für den Ausstieg aus Gas und Öl. Bitte sagen Sie das auch weiter! Sie müssen uns nicht loben, aber sagen Sie es weiter, denn
besser wird es nicht mehr! Steigen Sie jetzt um! Sanieren Sie jetzt Ihr Gebäude! Höhere Förderungen kann ich mir definitiv nicht mehr vorstellen.

Es gibt noch mehr Neuigkeiten aus dem Umweltförderungsgesetz, die ich auch für wirklich wichtig und zukunftsträchtig halte: Als neues Förderziel wurde
frisch das Thema Kreislaufwirtschaft eingeführt. Das ist lange genug vernachlässigt worden. Dabei ist das wirklich wichtig, weil Kreislaufwirtschaft das Motto einer zukunftsfähigen Wirtschaftsweise ist, einer Wirtschaft,
die keine Abfälle mehr produziert. Das hat übrigens die EU schon vor Jahren als Vision für 2050 formuliert – eine sehr schöne Vision.

Kreislaufwirtschaft ist als Thema ganz eng mit vielen anderen zentralen Themen auf unserem Planeten wie etwa Klimaschutz und Biodiversität verwoben.
Nur wenn es gelingt, den Ressourcenverbrauch inklusive des Bodenverbrauchs massiv zu reduzieren, werden wir die ökologischen Überlebensfragen in
den Bereichen Klimaschutz und Biodiversität auch meistern können.

Da können jetzt viele Maßnahmen von Betrieben gefördert werden, von der Herstellung von hochwertigen schadstoffarmen Sekundärrohstoffen
über die Umsetzung ressourceneffizienter Produktionssysteme, die Entwicklung neuer Verfahren, die Umstellung der Produktion bis hin zur Ausbildung
von Personen für die Kreislaufwirtschaft, weil man ja Fachkräfte dafür braucht.


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Es ist wirklich sehr erfreulich. Danke dafür, dass das jetzt auf die Schiene gebracht wurde, mit viel, viel Vorarbeit. Da sind viele Jahre hineingeflossen, und im nächsten Jahr werden 83 Millionen Euro dafür zur Verfügung gestellt
werden.

Die Mehrwertsteuerbefreiung für PV ist angesprochen worden.

Im Tagesordnungspunkt 3 geht es, und das kann ich wirklich nicht auslassen, mit dem nächsten Superlativ weiter, nämlich mit dem Budget für den Bahn­ausbau. Das sind 21,1 Milliarden Euro für Neuinvestitionen im Bereich Bahnaus­bau 2024 bis 2029. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Das hat es noch nie gegeben, und es zeigt, dass wir ernst machen mit dem Aus­bau der Schiene und überhaupt mit dem öffentlichen Verkehr. Es gilt, auch
im Verkehr Klimaneutralität zu erreichen, und da ist beim Verkehr noch sehr viel Arbeit. Es gilt auch, ihn sozial gerechter zu machen, und dafür braucht es
auch Infrastrukturen.

Schienenausbauprojekte sind über ganz Österreich breit verteilt. (Der Redner hält eine Tafel mit der Überschrift „ÖBB Rahmenplan: 21,1 Mrd € 2024–2029“ und
einer Landkarte Österreichs, auf welcher Bahnausbauprojekte dargestellt sind, in die Höhe.)
Das kann man auf oebb.at downloaden, da sind die ganzen Projekte eingezeichnet. Da geht es um ganz, ganz viele Verbesserungen auf Hauptstre­cken, um viele Nebenbahnprojekte, Güterterminals und so weiter.

Ich habe kurz recherchiert, wie viel in anderen Ländern für den Bahnausbau ausgegeben wird. Ich habe eine Übersicht für ganz Europa gefunden,
und da zeigt sich, dass wir in den Jahren 2021 und 2022, und das wird sich fortsetzen, mit rund 300 Euro pro Person und Jahr an Investitionen in
den Bahnausbau an vierter Stelle in ganz Europa liegen.

Ich habe mich dafür interessiert, was die Deutschen investieren. Ich habe Pres­semeldungen dazu gefunden, und da ist gestanden, bis 2030 sollen in Deutschland 40 Milliarden Euro in das Schienennetz investiert werden. Wir in


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Österreich investieren in diesen Bereich, wie ich gerade gesagt habe, 21,1 Milliarden Euro. Dabei ist Deutschland doch eine Spur größer. Also ich denke, das kann sich schon sehen lassen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Auf den Schienen soll natürlich auch möglichst viel und möglichst günstig ge­fahren werden, und um das sicherzustellen, werden beim Tagesordnungs­punkt 4 für die nächsten Jahre nicht weniger als 15,4 Milliarden Euro für die Unterstützung der Verkehrsdiensteverträge gesichert. Das hilft vor
allem Menschen in den Regionen. Ich möchte das betonen, weil damit ein leistbares Grundangebot geschaffen werden kann. Wenn man die Regionenerschließung nach rein marktwirtschaftlichen Kriterien tarifieren würde, sähe es natürlich anders aus.

Auch da sieht man: Wir machen ernst mit den Zielsetzungen der österreichi­schen Mobilitätsstrategie, die ich Ihnen übrigens als Lektüre empfehle.
Dieser zufolge sollen bis 2040 40 Prozent aller zurückgelegten Personenkilo­meter mit Öffis zurückgelegt werden. Derzeit sind es 27 Prozent oder
ein bisschen mehr, es ist also keine geringe Herausforderung.

Vor allem in Richtung der Vertreter:innen der kleinen Männer und Frauen, die den motorisierten Individualverkehr favorisieren und sich besonders für
den raschen Ausbau von Straßen einsetzen, möchte ich auch den sozialpoliti­schen Aspekt der Mobilität betonen. Schauen Sie sich einmal die Statistik
an: Fast die Hälfte der Haushalte mit niedrigem Einkommen hat gar kein Auto. Demgegenüber hat fast die Hälfte der Haushalte mit höherem Einkommen mindestens zwei Autos. Das ist so, weil ein eigenes Auto die teuerste Option ist. Mobilität ist aber ein Grundbedürfnis; und damit alle mobil sein können, brauchen wir die Bahn, brauchen wir den ÖV, denn der ist für alle leistbar und nicht nur für die privilegierte Schicht. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desrät:innen der ÖVP.)

Da wurde mit dem Klimaticket wirklich ein Meilenstein gesetzt (Zwischenruf des Bundesrates Spanring), nämlich mit 1 095 Euro für das ganze Jahr. Wissen


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Sie, wie weit Sie mit 1 095 Euro mit dem Auto fahren können? – Wenn es hoch hergeht, 2 000 Kilometer, eher weniger, wenn das Auto ein bisschen grö­ßer ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Bundesrat Spanring: Nur mit den
E-Autos!)
Diese 15 Milliarden Euro dienen also unmittelbar der Daseinsvorsorge, damit eben alle Menschen überall mobil sein können.

Ein kleines Beispiel mit Lokalstolz – ich bringe den ohnehin selten ein –, Vorarl­berger Lokalstolz: Im Bregenzerwald – das ist keine Metropolenregion,
aber eine sehr schöne Region – gibt es 21 Buslinien. 21 Buslinien! (Beifall bei den Grünen.) Auf den Hauptachsen fahren diese im Halbstundentakt. (Zwi­schenruf des Bundesrates Spanring.) Es geht also schon, wenn man will. Am bes­ten geht so etwas natürlich mit den Grünen in der Regierung. Das ist
einmal klar. (Beifall bei den Grünen.)

Was ich zum Schluss noch einmal kurz erwähnen möchte, weil es so wichtig ist: Die Energiepreishausse in den letzten zwei Jahren war krisengetrieben, getrieben von geopolitischen Verschiebungen, natürlich vor allem von der ein­seitigen Aggression Russlands gegen die Ukraine, die Millionen Menschen vertrieben hat. Wir erleben gerade eine geopolitische Komplettverschiebung; es ordnet sich alles neu. Europa muss auch einen neuen Platz finden. Eine Aus­wirkung davon ist, dass wir jetzt schmerzvoll merken, dass wir in vielen Bereichen, bei ganz wichtigen Rohstoffen sehr, sehr abhängig sind, aber auch bei Fertigprodukten wie Computerchips, die, wie gesagt worden ist, überall drinstecken und für einen gesunden Wirtschaftsraum unverzichtbar sind. Und dieser Wirtschaftsraum ist Europa! Ich möchte es betonen. Gerade jetzt,
in diesen Zeiten ist es wichtig, den europäischen Raum zu stärken. Gerade auch eine Versorgung mit Computerchips kann ein Staat alleine nicht leisten.
Da brauchen wir ganz Europa dafür, wiewohl auch die einzelnen Mitgliedstaaten gefordert sind. Das ist ganz klar.

Die Unterstützung mit 2,8 Milliarden Euro für Produktionskapazitäten ist schon erwähnt worden. Nicht zu erwähnen versäumen möchte ich die Festlegung
von 90 Millionen Euro für Entwicklungstätigkeiten, also F&E, quasi vom Labor in


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die Fabrik, weil das auch wichtig ist, denn auch die Chipwelt bleibt ja nicht stehen, auch die dreht sich weiter.

Mit einem Blick auf die Themen, die ich jetzt skizziert habe, kann, so finde ich, Zukunftsoptimismus vermittelt werden, und den können wir vielleicht
gerade auch in der Vorweihnachtszeit alle gut gebrauchen.
(Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

11.52


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.


11.52.18

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frauen Staatssekretärin­nen! Herr Staatssekretär! In dieser Debatte haben wir nicht nur sieben Tagesord­nungspunkte zusammengefasst, sieben Gesetze, sondern eines davon ist
auch noch ein Sammelgesetz, über das man hier nicht einmal in einer zweiten Lesung getrennt abstimmen, sondern zu dem man nur am Schluss Pro
oder Contra geben kann. Ich möchte trotzdem ein bisschen differenzierter auf das Sammelgesetz, das Budgetbegleitgesetz, eingehen und drei Punkte hervorheben, bei denen wir NEOS dafür wären, wenn sie separat abgestimmt werden würden, bei denen wir auch im Nationalrat bei der zweiten
Lesung pro abgestimmt haben.

Der eine Punkt sind die finanziellen Mittel für die Rehabilitierung und Entschä­digung von Personen, die in der Zweiten Republik wegen einvernehmli­cher gleichgeschlechtlicher Sexualkontakte strafrechtlich verfolgt beziehungs­weise verurteilt worden sind. Der zweite Punkt sind die finanziellen Mittel und die rechtliche Absicherung für die Sanierung und Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Gusen. Der dritte Punkt ist die Ausfuhrförderung für
die Ukraine. Da wären wir dafür; dem Sammelgesetz können wir aber nicht zustimmen.


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TOP 2, das Progressionsabgeltungsgesetz: Der Herr Finanzminister hat vorhin davon gesprochen, dass es sich um eine Entlastung handeln würde. Das
ist natürlich nicht richtig, weil eine Entlastung bedeuten würde, dass man weni­ger Steuern als vorher zahlt, dass die Abgabenquote gesenkt würde. Das
ist bei der teilweisen Abschaffung der kalten Progression aber nicht der Fall. Die Lohnsteuereinnahmen steigen trotzdem um 5,2 Prozent, wenn ich die
Zahlen richtig im Kopf habe. In Wirklichkeit ist es einfach nur eine geringere zusätzliche Belastung. Das muss man auch anerkennen, also ein Teil­erfolg zu zwei Dritteln. Bei der Abschaffung der kalten Progression, die wir seit unserer Gründung gefordert haben, muss man dem Finanzminister einen Teilerfolg anrechnen, den er erzielt hat. Wir sind aber noch nicht am Schluss: Wir wünschen uns natürlich eine komplette Abschaffung der kalten Progression.

Den einzelnen Maßnahmen, die im Rahmen des Progressionsabgeltungsgesetzes vorgeschlagen werden, was zum Beispiel die Überstunden oder die Kinder­betreuung betrifft, stimmen wir zu, aber wir hätten sie gern zusätzlich
zur kompletten Abschaffung der kalten Progression.

Zu den zwei Tagesordnungspunkten mit Bezug zur ÖBB: Der erste betrifft die Vorbelastungen für ÖBB-Investitionen. Wir anerkennen grundsätzlich,
dass der Netzausbau der öffentlichen Finanzierung bedarf, vor allem auch unter Berücksichtigung der Notwendigkeiten, die sich aus einer zeitgemäßen Klimapolitik ergeben. Unsere Kritik ist nicht, dass da öffentlich finanziert wird, sondern wie und wofür.

Basis für den ÖBB-Rahmenplan 2024–2029 ist das Zielnetz 2025 plus, das im Wesentlichen aus dem Jahr 2011 stammt und immer nur provisorische Fortschreibungen erfahren hat. Diese Planungsgrundlage ist als Instrument einer qualifizierten Verkehrsplanung fachlich und inhaltlich überholt. Jetzt soll
es das Zielnetz 2040 geben, das eigentlich schon seit 2022 angekündigt wird. Letzter Stand ist, dass es Anfang nächsten Jahres in Begutachtung geht.


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Da bleibt zu überprüfen, inwiefern die Umsetzung der europarechtlichen Ent­wicklungen des Ausbaus der transeuropäischen Netze für Verkehr
gewährleistet wird.

Da dieses Gesetz aber immer noch auf dem alten Zielnetz basiert, gelten unsere Kritikpunkte aus dem Vorjahr weiterhin. Die Kritikpunkte sind im Wesentli­chen: Der Rahmenplan schmückt sich angesichts der großen Summen, um die es geht, wieder nicht mit allzu konkreten Zielen. Es gibt nur drei übergeordnete Zielsetzungen. Der Rahmenplan basiert nach wie vor auf stückhaften Planungen, die oft auf Zuruf von Interessenten insbesondere der Landespolitik, das
muss ich hier im Bundesrat leider sagen, aufgenommen werden, ohne dass es eine aktuelle integrierte Schienennetzstrategie auf nationaler Ebene
und die erforderlichen Abstimmungen auf der internationalen Ebene gibt.

Die Situation der Bahn wird insgesamt, obwohl sie eine nationale Verkehrsinfra­struktur ist, viel zu sehr von partikulären Länderinteressen gestaltet. Da
würden wir uns wünschen, dass es flankierend zum Rahmenplan weitere Maß­nahmen gibt, nämlich die Konzentration der Zuständigkeit für alle ver­netzten Eisenbahnen beim BMK, die Schaffung klarer und langfristiger Raum­planungsinstrumente des Bundes für Infrastruktur von nationaler und internationaler Bedeutung analog zu den regional wirksamen Landesraumplänen und die Vollkonzentration der UVP für vernetzte Eisenbahnen und Bundes­straßen bei einer Bundesbehörde, die auch für erforderliche strategi­sche Umweltprüfungen und Naturverträglichkeitsprüfungen zuständig sein soll.

Weil die Planungsgrundlagen die gleichen sind, gilt natürlich auch die Rechnungshofkritik aus 2021 nach wie vor. Schlagworte dafür: Die ÖBB hält nicht, was sie verspricht; es hat sich über die Jahre über 1 Milliarde Euro angesammelt, die der ÖBB ab 2015 zu viel zugeschlagen wurde; und es gibt eine lange Mängelliste, die der Rechnungshof erstellt hat. Ein Kritikpunkt des Rechnungshofes betrifft auch die Rahmenpläne, die für sechs Jahre gelten, die selten zeitgerecht erstellt und in Kraft gesetzt worden sind, ebenso wie
die dazugehörigen Zuschussverträge.


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Das bringt mich auch gleich zum nächsten Tagesordnungspunkt, nämlich TOP 4: weitere Vorbelastungen auf der Grundlage der Verkehrsdiensteverträge, die
die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH im Auftrag des BMK mit den verschiedenen Eisenbahnverkehrsunternehmen abschließt. Grund­lage dafür ist eine europäische Verordnung, die PSO-Verordnung, die ja für diese Verkehrsdiensteverträge eine Wahlmöglichkeit zulassen würde, eine Wahl­möglichkeit zwischen Direktvergaben und einer wettbewerblichen Ausschreibung.

In Österreich wird aber der Wettbewerb auf diesem Gebiet sehr kleingeschrie­ben, also geht es da im Wesentlichen um Direktvergaben. Was sich aber
ändert oder in Wirklichkeit schon geändert hat, ist, dass die EU-Kommission Guidelines zu dieser PSO-Verordnung veröffentlicht – die aktuelle Version
ist vom Juni 2023 – und diese Guidelines eigentlich die Direktvergabe erschweren beziehungsweise nur mehr in Ausnahmefällen zulassen. Hier in Österreich merkt man davon nichts. Wir sind der Meinung, dass auch
auf dem Gebiet der Verkehrsdiensteverträge eine wettbewerbliche Ausschrei­bung oder mehr wettbewerbliche Ausschreibungen als bisher statt aus­schließlicher Direktvergaben besser für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und auch besser für die Konsumentinnen und Konsumenten des Bahnver­kehrs wären.

Zum TOP 5, dem Chip-Gesetz-Begleitmaßnahmengesetz: Dem stimmen wir zwar zu, aber nicht kritiklos. Wir stimmen zu, weil es wichtig ist, dass
wir in diesem Bereich investieren. Allerdings sieht man da wieder einen An­wendungsfall dafür, dass Geld auf Probleme geworfen wird. Das allein
kann nicht die Lösung sein. Es werden teure Anreize geschaffen, aber die be­stehenden Probleme des Industriestandorts ignoriert, bestehende Probleme wie zum Beispiel die hohe Steuerlast auf Arbeit, die hohen Energiekosten
oder der Facharbeiterinnen- und Facharbeitermangel.
Das ganze Geld könnte also langfristig verpuffen, wenn nicht begleitend Reformen zur Stärkung


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der Wettbewerbssicherheit, wie sie auch vom Produktivitätsrat empfohlen wor­den sind, gesetzt werden.

Symptomatisch ist auch, dass wieder viel Geld im Wege eines Initiativantrages verteilt wird. Die erwünschte Transparenz mit einer Wirkungsfolgenab­schätzung, die man zum Beispiel bei Regierungsvorlagen hätte, wird von den Re­gierungsparteien, wie man es leider schon gewöhnt ist, wieder umgangen.
Es fehlen daher die Kennzahlen für den erwünschten Erfolg dieser
doch substanziellen Investition komplett. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Zu TOP 6, zum AUA-Betriebspensions-Änderungsgesetz: Wir sehen es
positiv, dass bei den Austrian Airlines eine Auslagerung an eine Pensionskasse erfolgt, fragen uns aber, warum das bei der OeNB nicht passiert. Unsere Kritikpunkte sind, dass es eine Übergangszeit gibt, die bis 2046 normiert wird, dass der Durchrechnungszeitraum aber nur auf 18 Jahre, und zwar
bis 2039, ausgedehnt wird und dass völlig offen ist, wie viel es die Austrian Airlines kostet, die Pensionen auf einmal auszulagern. Auch ist fraglich,
wieso die Rechnungsparameter für die Pensionskassen andere sind als die von der FMA festgelegten. (Vizepräsidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Zum Schluss noch zu TOP 7, zur Bundesrechenzentrum GmbH – nur dass Sie sich nicht wundern –: Wir haben im Nationalrat dagegen gestimmt; ich
werde heute dafür stimmen, weil die zum Zeitpunkt der Nationalratssitzung noch offenen Fragen in der Zwischenzeit beantwortet worden sind. –
Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

12.01


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemel­det hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.



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12.01.53

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Frau Präsidentin! Werte Bundes­rät:innen! Ich darf die Gelegenheit nutzen, mich zu diesem Tagesordnungspunkt zu äußern, nachdem ja die Themen meines Ressorts jetzt schon vielfach angesprochen worden sind. Ich beginne mit dem Verkehrsbereich, mit dem Bun­desrat Arlamovsky vorhin auch geendet hat.

Im Verkehrsbereich, aber auch im Umwelt-, im Klimabereich zeigt dieses Budget und zeigen die Budgetbegleitgesetze eines: Wir werden Klimaschutz, wir
werden Mobilitätswende und Energiewende nicht mit schönen Worten errei­chen, wir werden sie nur mit ganz konkreten Taten erreichen, und die
gießen wir in diesem Budget in ganz solide schwarze Zahlen, und zwar in Rekordzahlen für den Klimaschutz. Das ist wirklich das Schöne an diesem Budget und an diesem Budgetbegleitgesetz. (Beifall bei den Grünen und bei Bundes­rät:innen der ÖVP.)

Im Verkehrsbereich geht es – das habe ich auch an dieser Stelle schon mehrfach erwähnt – immer um alle drei Säulen: um die Infrastruktur, um das Angebot
und um das Tarifangebot. Damit wir, wie Bundesrat Gross gesagt hat,
die Menschen für den öffentlichen Verkehr wirklich begeistern können und zum öffentlichen Verkehr bringen können, brauchen wir alle drei.

Infrastruktur: Da liegt Ihnen heute ein Vorbelastungsgesetz für den ÖBB-Rah­menplan vor. Die 21,1 Milliarden Euro, die heute schon erwähnt worden
sind, sind tatsächlich historisch. Das ermöglicht, dass wir das größte Bahnausbauprogramm dieser Republik auch in wirtschaftlich angespannten und anspruchsvollen Zeiten weiterführen können, und zwar mit voller Kraft weiterführen können, und das ist wirklich gut. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Wir haben im Budget – ich erwähne es, weil das ÖBB-Budget natürlich bei Weitem der größte Posten ist – auch die Mittel für Privatbahnen, für


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die Mitfinanzierung bei Stadt- und Regionalbahnen, auch für den U-Bahnausbau gesichert. Wir gehen das wirklich in der Fläche, konsequent und auch
mit Plan an.

Betreffend den Rahmenplan möchte ich kurz Kollegen Arlamovsky antworten: Es stimmt, es geht einerseits bei der Infrastruktur einfach immer um
große Zeiträume, das werden wir nicht ändern können. Von der Planung bis zur Umsetzung ist ein Infrastrukturbau sehr aufwendig. Ich weiß, einige von
Ihnen – ich glaube, Herr Kollege Bernard war auch dabei, das ist noch nicht so lange her – waren die Baustelle des Semmeringbasistunnels kurz besich­tigen: Da zeigt sich das auch aus der Historie heraus sehr deutlich. Wir wollen aber andererseits mit Zielnetz 2040 auch bei dieser Planung neue Stan­dards schaffen, wollen damit auch bis Anfang des nächsten Jahres fertig sein, also präsentierfähig sein. Das ist ein sehr umfangreicher Prozess, bei dem
man wirklich neue Standards setzt. Die Umsetzung in den einzelnen Rahmenplä­nen wird dann halt wieder eine Zeit dauern, das ist im Infrastrukturbau notgedrungen so. Ich möchte aber für die Rahmenpläne wirklich eine Lanze brechen. Das ist ein System, um das wir europaweit beneidet werden.
Die Deutsche Bahn wäre sehr, sehr glücklich, wenn sie ein ähnliches Planungs­instrument wie die ÖBB hätte, weil das eine langfristige Planung, eine
Stabilität im Budget und damit auch eine bessere Baustellenabwicklung ermög­licht, weil da natürlich im Netz ordentlich hingegriffen wird.

Die zweite Säule ist das Angebot. Das haben wir heute mit einem Vorbelas­tungsgesetz für die neuen Verkehrsdiensteverträge auf der Tagesord­nung. Dieses ermöglicht eine deutliche Qualitätssteigerung im Fahrplanangebot. Ich möchte mich auch wirklich bei den Bundesländern, mit denen wir da verhandelt haben, um dieses Verkehrsangebot zu generieren, bedanken. Es wa­ren wirklich sehr konstruktive, am Kunden-, Kundinnennutzen orientierte Verhandlungen. Es steht jetzt insgesamt im Budget für 2024 – und dann über die VDV perspektivisch natürlich , aber ich sage es jetzt für 2024 – mehr als


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1 Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung. Damit stellen wir auf der Angebots­seite sicher, dass wir den zusätzlichen Zuspruch zum öffentlichen Ver­kehr abdecken können. 10. Dezember ist – Sie wissen es alle, die Bahn fahren – Bahnneujahr: Sie werden am Fahrplan neue Verbindungen, sowohl regio­nale als auch internationale, sehen. Mit diesem Fahrplanangebot geht auch die Ausrollung neuer Züge einher. Für alle Vorarlberger sei es jetzt extra er­wähnt: Ab Frühjahr kommt der Nachtzug nach Vorarlberg im neuen Design. Ich weiß, gerade auf dieser Strecke ist er schon sehr, sehr gefragt. (Beifall bei
den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Ganz kurz fünf Sätze zum restlichen Mobilitätsbudget: Wir stabilisieren und wei­ten die Förderungen im Schienengüterverkehr aus. Das Klimaticket Öster­reich bleibt preisstabil, wir sorgen mit zusätzlichen Mitteln aber auch
für die Wertsicherung der Regionaltickets und des Angebots. Wir forcieren massiv den Ausbau der aktiven Mobilität – das ist einfach für viele
Wege die gesündeste, die gescheiteste, die kostengünstigste Form der Mobi­lität –: Da haben wir rund 108 Millionen Euro in diesem Budget; als ich begonnen habe, war das Budget für aktive Mobilität einstellig, möchte ich dazu nur erwähnen. Die Förderungen für Elektromobilität gehen natürlich
weiter, über alle Kategorien hinweg, vom Zweirad über den Pkw bis zu Bus und Nutzfahrzeugen, und da stehen im nächsten Jahr auch zusätzliche Mittel
zur Verfügung; wir sind dann auf 342 Millionen Euro für diesen Bereich. – So weit zu einem wirklich schönen Verkehrsteil dieses Budgets, inklusive
der Vorbelastungen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich darf noch ganz kurz auf den Bereich Umwelt- und Klimaschutz eingehen, weil auch da in diesem Budget, in den Begleitgesetzen, die Ihnen vorlie­gen, zahlreiche Maßnahmen und neue Maßstäbe gesetzt werden. Ein mir sehr, sehr wichtiger Bereich ist die Kreislaufwirtschaft. Bundesrat Gross hat es
vorhin schon angesprochen: Wir schaffen im Umweltförderungsgesetz erstmals eine eigene Priorität, einen eigenen Förderschwerpunkt für die Kreislauf­wirtschaft mit einem budgetären Zusagerahmen von 267 Millionen Euro über


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die Bundesfinanzrahmenperiode bis 2027. Das ist wirklich ein Budget,
das auch und insbesondere die in Österreich vor allem klein- und mittelbetrieb­lich strukturierte Wirtschaft in dem Sektor sehr gut unterstützt, Wert­schöpfung schafft, Ressourcenverbrauch senkt und damit wirklich auf vielerlei Ebenen wirken wird. Es freut mich sehr, dass das gelungen ist, weil wir
damit die Kreislaufwirtschaftsstrategie einen weiteren Schritt in die Umsetzung bringen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Zweite Priorität in diesem Budgetbegleitgesetz ist natürlich die Förderkompo­nente aus dem Erneuerbaren-Wärme-Paket, mit einer deutlichen Aus­weitung sowohl der Förderhöhen als auch der Förderintensität im Bestand. Mit der Ausweitung der Sanierungsoffensive für die Jahre 2024 bis 2026
gibt es neben den 2,5 Milliarden Euro, die wir schon gehabt haben, noch einmal 1 Milliarde an zusätzlichem Boost für diesen Bereich. Das heißt, es steht nächstes Jahr rund 1 Milliarde Euro für Heizkesseltausch, für Sanierung zur Ver­fügung. Es gibt also einen zusätzlichen Bonus für die thermische Sanierung,
und auch das Programm Sauber heizen für alle sichern wir mit diesem Budget­begleitgesetz mit 1,6 Milliarden Euro perspektivisch bis 2030 ab. Und ich möchte das wirklich unterstreichen: Solch ein Programm hat kein anderes Land. Wir zeigen damit: Wir machen Klimaschutz für alle, für die vielen, nicht
für die wenigen, für die vielen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrat Spanring: In erster Linie macht ihr es für die Fisch’! Für die
Fisch’ macht ihr es!)

Ein Heizungstausch soll nicht am Geldbörsel scheitern. Deswegen
gibt es 100 Prozent Förderung für einkommensschwache Haushalte. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Spanring: Sie zerstören unsere Wirtschaft! Sie
zerstören unseren Wohlstand!)

Kollege Gross hat eine Werbeeinschaltung für die Förderungen gemacht, und ich darf auch Sie darum ersuchen, gerade für die Aktion Sauber heizen für alle.
Es ist mir ein Anliegen, dass die Förderungen an den Mann, an die Frau kommen.


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Auch der oberösterreichischen Biomassekesselindustrie zum Beispiel, der Wärmepumpenindustrie, den vielen Weltmarktführern, die wir im Be­reich erneuerbare Heizsysteme haben – dafür sind wir nämlich international bekannt ‑, ist es ein Anliegen, dass man heimische Technologien verwendet und nicht an Despoten Geld überweist. (Beifall bei den Grünen und bei Bundes­rät:innen der ÖVP.)

Letzter Punkt, und dann komme ich zum Schluss: Wir haben in den Budgetbe­gleitgesetzen zwei Punkte drinnen, die Dinge nachholen, die überfällig
waren, möchte ich sagen. Der eine betrifft die Novelle des Altlastensanierungs­gesetzes. Wir bringen es auf die Höhe der Zeit, auch mit den Beitrags­sätzen, damit wir in der Sanierung von Altlasten und gefährlichen Altlasten wei­terkommen. Der zweite betrifft das Umweltbundesamt. Das Umweltbun­desamt ist 1999 gegründet worden, hat seit damals keine Budgetanpassung im Basisbudget gehabt, keine Inflationsanpassung, keine Erhöhung, nada,
null, gar nichts, und deswegen gibt es jetzt mit diesem Budgetbegleitgesetz ei­nen Sprung von 10 Millionen Euro Basisfinanzierung auf 25 Millionen
Euro Basisfinanzierung. Das hat die – wirklich – Flagshipinstitution der österrei­chischen Umweltinstitutionen schon längst verdient, deswegen freue ich
mich sehr, dass wir das heute auf den Weg bringen können. (Beifall bei den Grü­nen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Damit komme ich zum Schluss: Ich darf mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit bedanken, darf aber vor allem ersuchen, die umfangreichen Investitionen in eine gute Zukunft, die diese heute auf der Tagesordnung stehenden Budgetbe­gleitgesetze mit sich bringen, im Sinne der Mobilitäts-, im Sinne der Klimawende mit zu unterstützen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desrät:innen der ÖVP.)

12.12


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Vielen Dank für die Stellungnahme.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Ferdinand Tiefnig. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundesrat Schennach: Jetzt wird’s tiefnig!)



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12.12.37

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Minister! Werte Staatssekretär:innen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im
Saal! Werte Damen und Herren zu Hause! In den Bundesländern werden auch die Budgets beschlossen, zum Beispiel auch bei uns in Oberösterreich. Ich
gehe mit den Worten voran, die unser Landeshauptmann Thomas Stelzer sagt: Wir sind das Land der Möglichkeiten. (Rufe bei der SPÖ: Oje! – Bundesrätin Schumann: Aber nicht in der Kinderbetreuung!) Ich glaube, mit diesem Budget, das diese Bundesregierung beschließt, eröffnen sich viele Möglichkeiten für
unser wunderschönes Österreich. Wir tragen dazu bei, dass die Familien und die Kinder dementsprechend entlastet werden (Bundesrat Schennach: Schön!), Bildung und Ausbildung werden unterstützt, die Wirtschaft gestärkt, die Land­wirtschaft unterstützt. Besonders wichtig ist auch, glaube ich, dass der
Zugang zur Sozialhilfe, zur Ausgleichszulage, zum Arbeitslosengeld und zur Not­standshilfe vereinfacht wird – ein riesiger Schritt, der Entbürokratisierung darstellt. (Bundesrat Schennach: Der Eingang ins Paradies!)

Trotz der Maßnahmen, die diese Bundesregierung mit einem Minus von 20 Mil­liarden Euro setzt, ist es uns wichtig, die Inflation zu dämpfen, den steigen­den Zinsen entgegenzuwirken, um den Menschen in Österreich durch
die Absenkung der kalten Progression mit 3,6 Milliarden Euro mehr Geld in den Taschen zu lassen.

Genauso wichtig ist es aber, die Resilienz und die Krisensicherheit in den Rettungs- und Zivilorganisationen zu stärken – durch laufende Modernisierung der Schutzausrüstungen, der Einsatztechnik, der Ausstattung – und die Digitalisierung durch Investitionen voranzutreiben.

Die Österreichische Volkspartei ist als Familienpartei (Heiterkeit bei der SPÖ) besonders daran interessiert (Rufe bei der SPÖ: Das haben wir gesehen! Super! So was von ...!), dass Frauen leichter den Arbeitsmarkt erreichen können. (Bun­desrat Spanring: Damit sich jeder einen Big Mac kaufen kann!) Daher ist es wichtig (Bundesrat Schennach: Also was ...?), dass Teilzeitarbeit leichter ermöglicht


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wird. (Bundesrätin Schumann: Die Teilzeit „leichter ermöglicht wird“?) Wir nehmen allein im Zeitraum bis zum Jahr 2030 4,5 Milliarden Euro in die Hand, um
den Menschen, den Frauen den Zugang zur Arbeit zu erleichtern. (Bundesrat Schennach: Ich glaube, so redet man im Villacher Fasching auch! Das heißt Büttenreden!)

Der Schulstartklar-Gutschein, ein wichtiger Punkt für den Einstieg in das Bildungsleben der jungen Menschen, wird von 120 auf 150 Euro erhöht, und es gibt ihn nun zweimal pro Jahr. Das ist auch ein wichtiger Punkt besonders
zu Schulbeginn, da wir wissen, dass die Kostensteigerung besonders in dieser Zeit sehr hoch ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Zudem ist es, glaube ich, wichtig, dass die Fachhochschulen und auch der Fachhochschulbereich durch die Bundesregierung finanziell unterstützt werden und der Finanzbedarf in der Höhe von über 20 Milliarden Euro gedeckt
wird.

Das Thema Handwerk und Ausbildung, die Meisterprüfung: Das ist auch für uns ein wichtiger Punkt, wie Vorredner Bernard es schon gesagt hat. Ich erin­nere mich noch an Diskussionen im Hohen Haus, als der Meister infrage gestellt worden ist. Jetzt ist der Meister aufgewertet worden und die Meister-
und die Prüfungsabschlüsse sind kostengünstiger oder von Prüfungsgebühren befreit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Ein kleiner Ausflug noch zum Finanzausgleich (Bundesrat Schennach: Einen Aus­flug macht er!): Ich glaube, beim Finanzausgleich wird uns allen erst in den nächsten Jahren bewusst werden, welche Mittel für die Länder und Gemeinden zur Verfügung gestellt werden (Ruf bei der SPÖ: Na bist du narrisch!), denn
Länder und Gemeinden tragen sehr viel dazu bei, dass die Pflege, die Gesundheit und viele andere Themen, auch im Bildungsbereich, bewältigt werden
können. (Ruf bei der SPÖ: Mensch und Komik – überall!)

Für unsere Landwirtschaft: Das Impulsprogramm wird sich auch in der Landwirtschaft besonders bei den Investitionen niederschlagen. Wir schaffen


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durch die Erhöhung des Investitionszuschusses auf 500 000 Euro einen dementsprechenden Mehrwert und Investitionen im ländlichen Raum. (Ruf bei der SPÖ: Der prackt di’ nieder!)

Genauso wichtig sind auch die Investitionen im Klimabereich. Wir wissen alle, ob das die Fotovoltaikstrategie ist, ob das der Ausbau im Bereich der thermi­schen Sanierung ist: Es werden Arbeitsplätze vor Ort geschaffen.

Lieber Kollege von der SPÖ (Rufe bei der SPÖ: Welcher?), Obrecht, weil Sie vorhin das Thema KTM angeschnitten haben: KTM hat im letzten Jahr 800 Arbeits­plätze geschaffen (Ruf bei der SPÖ: Jetzt sind es 380!), insgesamt sind 5 000 Beschäftigte bei der Firma KTM, und allein der Monatslohn, den die Firma KTM allein im Bezirk Braunau an die Menschen ausbezahlt, macht – nur überschlagen – 15 Millionen Euro aus. (Ruf bei der SPÖ: Ja, die müssen halt zahlen, wenn die Leute arbeiten! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat
Spanring: Und eine halbe Million Euro Spende für Sebastian Kurz! Bravo!)
Das ist eine wirtschaftliche Investition in KTM. Im Endeffekt muss man sagen:
Seien wir froh, dass wir dieses Unternehmen in Österreich haben! Man soll nicht immer Unternehmerbashing machen. (Bundesrat Spanring: 500 000 für
Sebastian Kurz!)

Ich komme aus dem Bezirk Braunau, wir hatten eine Arbeitslosigkeit von 19 Prozent, und erst mit Pierer, der Privatisierung der Amag und vieler anderer konnte der Arbeitsmarkt in Braunau wieder stabilisiert werden. Wir haben
eine der geringsten Arbeitslosenraten in Österreich und das ist, glaube
ich, wichtig. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

In diesem Zusammenhang kann ich nur sagen: Vergleicht man die Staatsver­schuldung – vorhin ist gesagt worden, dass Österreich mehr Geld ausgibt, als es einnimmt –, so haben wir eine Staatsverschuldung von 78 Prozent und
liegen damit im europäischen Durchschnitt. Schaut man sich Finnland, Griechen­land und andere Länder an, wie sich da die Staatsverschuldung gegenüber


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der Wirtschaftsleistung entwickelt, so haben wir in Österreich eine Wirtschafts­leistung, die sich sehen lassen kann. Wir sind Exportweltmeister, und ich
glaube, das ist schon dieser Bundesregierung geschuldet, dass in den vergange­nen Jahren Maßnahmen getroffen wurden, um den Wirtschaftsstandort
zu sichern, die Arbeitsplätze zu erhalten und auch die Lebensqualität für die Menschen zu verbessern.

In diesem Sinne ist das, glaube ich, ein gutes Budget, das zwar mit einem Defizit endet, aber eine positive Aussicht für die Menschen bringt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

12.19


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Grossmann. – Bitte schön.


12.19.23

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Werte Staatssekretärinnen! Werter Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Budget ist vor allem ein Budget der vertanen Chancen, würde ich einmal sagen, Herr Kollege
Tiefnig. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil Sie auch einen Ausflug – haben Sie gesagt – zum Finanzausgleich unter­nommen haben: Jetzt bereuen es auch schon sehr viele ÖVP-Bürger­meister. (Bundesrat Himmer: Na geh!) – Ja sicherlich, hören Sie sich an, was gesagt wird! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es wird schon der Wunsch
nach Nachverhandlung geäußert: Wir werden mit dem Bund noch über dieses oder jenes reden müssen; es wird an allen Ecken und Enden krachen! –
Auch das ist eine Vereinbarung der vertanen Chancen.

Dieses Budgetbegleitgesetz, das uns jetzt vorliegt, ist ja insgesamt ein buntes Sammelsurium an Novellen, die notwendig sind, um das vom Nationalrat beschlossene Budget der vertanen Chancen – ich sage es noch einmal – mit Rekorddefizit umzusetzen. Die Themenpalette, die wir heute hier vor


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uns liegen haben, ist entsprechend breit, deshalb erlauben Sie mir einige The­mensprünge, die notwendig sind. Es ist ja alles drinnen, angefangen vom Schulunterrichts-Digitalisierungs-Gesetz – wobei ich dazusagen muss, da geht es um die Bildung, um die Kostenbeiträge der Eltern zur digitalen Infrastruktur,
aber gerade die Bildung ist die große Verliererin des Budgets.
(Beifall bei der SPÖ.)

Es werden überhaupt keine Offensivmaßnahmen gesetzt, es werden
gerade einmal die Pflichtausgaben getätigt, um die Inflation einigermaßen abzu­decken. In Wahrheit ist es eine reelle Kürzung, und das, obwohl wir gerade
die aktuellen Pisa-Berichte bekommen haben, aus denen hervorgeht, dass Bil­dung in Österreich mehr denn je ein Erbgut ist. Der lang gehegte Wunsch
und das angestrebte Ziel, Aufstieg durch Bildung zu ermöglichen,
wird in Österreich mit dieser verantwortungslosen Politik immer mehr zu einem Märchen. (Bundesrätin Schumann: Ja! – Bundesrat Schennach: Aufwachen,
Kollege Tiefnig, aufwachen!)
Da hätte man sich wirklich mehr erwarten können. Das ist wirklich eine große vertane Chance, für die leider Generationen
nach uns bezahlen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie gesagt ist es ein Sammelgesetz. Wir haben ja leider im Bundesrat kein Teil­einspruchsrecht, sondern können hier nur in Bausch und Bogen zustimmen
oder ablehnen. Leider überwiegt das Negative, weshalb wir ablehnen
müssen. Allerdings sind auch positive Dinge darin – es ist schon angesprochen worden –: im Strafgesetzbuch, im Fachhochschulgesetz, im Gedenkstättengesetz beispielsweise, wie auch schon vom Kollegen angesprochen wurde, im Rechtspraktikantengesetz oder auch mit der Anhebung der Bundesjugendförde­rung – allerdings auch zu wenig stark, weil der Teuerung auch nicht Rech­nung getragen wird. Da wären durchaus ein paar Dinge – auch im Umweltbe­reich –, die zustimmungsfähig wären. Wie gesagt haben wir aber
kein Teileinspruchsrecht und können deshalb nicht differenziert abstimmen.

Was auch ein Tropfen auf den heißen Stein ist – das möchte ich auch kurz herausgreifen –, ist das Arzneimittelgesetz. Damit wird das Gesamtproblem, dass in Österreich an die 500 Medikamente nicht verfügbar sind, nicht gelöst.


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(Bundesrätin Grimling: 567! – Bundesrat Schennach: 567!) – 567, das haben wir in der gestrigen Sitzung des EU-Ausschusses erfahren, und das ist wirklich
fatal. Da braucht es wirklich mehr Maßnahmen, mehr Anstrengungen und eine Gesamtstrategie. Das bedeutet nämlich für viele, viele chronisch kranke Menschen – oder überhaupt für Menschen, die Medikamente brauchen, auf die sie dringend angewiesen sind – ein echtes gesundheitliches Risiko.

Erst unlängst hat mich eine Epilepsiepatientin aus meiner Region kontaktiert, die schon jahrelang auf ein bestimmtes Medikament eingestellt war. Jetzt ist
es plötzlich nicht mehr verfügbar, wird nicht mehr nach Österreich geliefert. Sie hat jetzt in immer kürzeren Intervallen Anfälle und alle möglichen Folge­probleme, Herzprobleme und so weiter. Da braucht es also wirklich ein umfas­sendes Konzept der Versorgungssicherheit mit Medikamenten. Das hat
natürlich eine europapolitische Komponente, aber es hat auch eine starke natio­nalstaatliche Komponente. Da rächt sich das Kaputtsparen im Gesund­heitssystem in den letzten Jahren, speziell bei der Gesundheitskasse, wirklich bitter. Diese Chance, da wirklich entsprechende Gesamtstrukturen zu
schaffen, haben Sie auch verpasst.

Nächster thematischer Sprung – wie gesagt, es geht wirklich quer durch die The­menbereiche –; jetzt springe ich weiter zu den Pferden in der Spanischen Hofreitschule (Heiterkeit der Bundesrät:innen Grimling und Gfrerer): Da
soll entsprechend einer Empfehlung des Rechnungshofes eine Basiszuwendung von 2,5 Millionen Euro jährlich erfolgen, was gut ist. Aber: Es gibt keine transparenten Regelungen, wie das Geld tatsächlich verwendet werden soll. Da appelliere ich als Steirerin massiv dafür, dass die Mittel auch in das Lipiz­zanergestüt Piber in der Weststeiermark fließen (Bundesrat Schennach: Ja! Unbe­dingt!), um auch dorthin ein Signal zu senden, dass dieser wichtige Stand­ort wertgeschätzt und nicht, wie unter Schwarz-Blau in den frühen 2000er-Jah­ren, infrage gestellt wird. Da wären die Investitionen dringendst geboten,
das wäre wirklich ein wichtiges Signal. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Da gibt es schon eine schöne Kirche dort!)


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Nächster thematischer Sprung, das Sozialrecht: Die Aushöhlung der Arbeitsmarktpolitik ist massiv abzulehnen, weil sie bedeutet, dass zahlreiche wichtige arbeitsmarktpolitische Projekte schlichtweg von der Einstel­lung bedroht sind. Das kann es wirklich nicht geben, weil es da um Projekte geht, die dringend notwendig sind, um die Chancen und Verdienstmöglichkeiten
von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen – unter anderem geht es um diese Projekte, und es geht natürlich noch um viel mehr. Das möchte ich aber besonders herausgreifen, weil wir ja sehen, welche Auswirkungen es hat, wenn Frauen nicht in entsprechende Berufe kommen, die ihnen ausreichend Erwerbsmöglichkeiten bieten, um vor Armut geschützt zu sein. Das wäre drin­gend notwendig, um auch einer entsprechenden Altersarmut vorzubeugen.
(Beifall bei der SPÖ.)

Gerade in diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass im Jahre 2023 die Eigenpension von Frauen immer noch um 40 Prozent niedriger ist als
die der Männer. Die durchschnittliche Bruttopension von Frauen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze. Es ist unglaublich, dass das im Jahre 2023 so
ist. Die Situation dürfte sich für viele weiter verschärfen, nämlich mit der stufen­weisen Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters auf 65 Jahre für alle,
die ab 1.1.1964 geboren sind. Schon jetzt können viele nicht direkt von einem Arbeitsplatz aus in Pension gehen, sondern müssen aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Pension gehen und entsprechende Abschläge
in Kauf nehmen – oder wie gesagt überhaupt aus der Arbeitslosigkeit in die Pension gehen. Der Arbeitsmarkt – viele Unternehmen – diskriminiert
nämlich immer noch ältere Personen massiv, und Menschen werden förmlich nach ihrem Geburtsdatum aus dem Unternehmen hinausselektiert, hinaussortiert.

Das sind die Situationen, denen sich gerade Frauen stellen müssen: Teilzeit, Versicherungslücken durch Kinderbetreuungszeiten. Dadurch müssen
Frauen mit beschämend niedrigen Pensionen leben, obwohl sie ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet haben. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 123

Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gute Absicherung für Frauen in der Pension und Schutz
vor Altersarmut“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Frauen eine gute Pension und Schutz vor Altersarmut zu gewährleisten, indem sie

- endlich geeignete Anreize setzen um das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen, insbesondere präventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen sind notwendig,

- die erforderlichen finanziellen Mittel für eine Personaloffensive in
den Bereichen Gesundheit, Kinderbildung und Pflege zur Verfügung stellt

- rasch Maßnahmenpakete umsetzt um Frauen, die derzeit in Teilzeit
sind zu ermöglichen, in einem höheren Stundenausmaß oder Vollzeit zu arbeiten

- eine verbesserte Anrechnung der Kindererziehungszeiten umsetzt und

- ein klares Bekenntnis gegen eine Erhöhung des derzeitigen
gesetzlichen Pensionsantrittsalters abgibt.“

*****

Wir werden Ihnen auch die Möglichkeit geben, sich heute hier klar zu deklarie­ren: für die Frauen, für mehr Pensionsgerechtigkeit. – Danke. (Beifall bei
der SPÖ.)

12.30



BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 124

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Mag.a Elisa­beth Grossman, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungs­antrag betreffend „Gute Absicherung für Frauen in der Pension und Schutz vor Altersarmut“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in
Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Mag.a Andrea Mayer. – Bitte schön.


12.30.30

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Frau Präsidentin! Liebe Mitglieder des Bundesrates! In einem Teil des Budgetbegleitgesetzes 2024 erhöhen wir neu­erlich die den österreichischen Bundesmuseen und den österreichi­schen Bundestheatern zur Verfügung stehenden Mittel. Die Basisabgeltung für Bundesmuseen und Bundestheater wird in zwei Schritten erhöht: um 12,4 Millionen Euro 2024 und um weitere 16,4 Millionen Euro im Jahr 2025 über den gesamten Finanzrahmen hinweg.

Damit die Einrichtungen trotz der Kostensteigerungen im Personal- und Sachaufwand ihrem kulturpolitischen Auftrag weiterhin umfassend nachkommen können, sind diese Erhöhungen notwendig. Im Bundesfinanzrahmen konnten
wir zudem weitere zentrale Vorhaben verankern.

Als Bundesregierung haben wir die Weiterentwicklung und einen klaren Fahrplan für das Haus der Geschichte beschlossen. Das Haus der Geschichte wird in attraktiver und zentraler Lage – im Museumsquartier – in Zukunft
über 3 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche erhalten (Beifall bei den Grünen), also genau so viel, wie die diversen Studien, die dazu gemacht wurden,
auch vorgeschrieben haben. Nach Jahrzehnten des Ringens, des Diskutierens, des Planens, des Verwerfens und Neuplanens, wie die Republik ihre Ge­schichte präsentieren, vermitteln und in der Gegenwart verorten möchte, wird es nun endlich ausreichende Ressourcen und Sichtbarkeit für diese wich­tige Arbeit der kulturellen und politischen Bildung geben.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 125

In den kommenden Jahren werden außerdem wichtige und lange anstehende Bau- und Sanierungsprojekte im Belvedere, im Kunsthistorischen und im Naturhistorischen Museum durchgeführt. Wir gehen dabei von
einer attraktiveren und endlich barrierefreien Eingangssituation bis hin zu einer modernisierten Infrastruktur und einer zeitgemäßen Besucherführung
aus, also die Häuser werden einfach offener, und wir schaffen damit völlig neue Besuchserlebnisse.

Für mich als zuständige Staatssekretärin ist es natürlich sehr erfreulich, dass die Angebote beim Publikum sehr gefragt sind. In den Bundesmuseen bedeu­ten 5 298 501 Besuche in den ersten drei Quartalen 2023 eine enorme Steige­rung gegenüber den Vorjahreswerten, aber – das ist das Interessante –
auch ein Überschreiten des Werts des bisherigen Rekordjahres 2019. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Auch bei den Bundestheatern entwickeln sich die Besuchszahlen 2023 im Ver­gleich zum Vorjahr sehr günstig. In der abgelaufenen Saison konnten mit
über 1,2 Millionen Besuchen bereits annähernd Werte wie vor der Pandemie erreicht werden – auch dort stellte die Saison vor der Pandemie einen Rekordwert dar.

Sie, sehr geehrte Damen und Herren, sehen also, das Budget und auch die Bud­geterhöhung sind bestens investiert. Der zentrale Erfolg des vorliegenden Budgets, das ein neuerliches Rekordbudget für den von mir zu verantwortenden Bereich darstellt, liegt für mich aber darin, dass wir die Kunst- und Kultur­landschaft in Österreich in ihrer Breite und in ihrer Vielfalt – das ist das, was uns in Österreich ausmacht – sichern, stärken und damit auch weiterentwickeln können. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.34


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Vielen Dank für die Stellungnahme.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr.in Maria Huber. – Bitte schön.



BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 126

12.34.41

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kollegin­nen und Kollegen und liebe Besucherinnen und Besucher hier im Saal und vor den Bildschirmen! Wir haben heute schon viel gehört, und ich möchte
mich meinem Vorredner Adi Gross und der Vorrednerin Frau Bundesministerin Gewessler gerne anschließen. Dieses Budget zeigt eines: Es ist tatsächlich
ein Zukunftsbudget und es ist ein Klimaschutzbudget.

Darüber hinaus ist auch eines für mich klar: Für Klimaschutz braucht es die Grünen in der Regierung (Bundesrätin Schumann: Na ja, ...!), und dieses
Budget zeigt auch sehr klar: Für eine starke, unabhängige Justiz braucht es ebenfalls die Grünen. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Seit Beginn unserer Regierungsbeteiligung gab es insgesamt rund 800 Millionen Euro mehr für die Justiz, und alleine in diesem Jahr wird die unabhängige
Justiz mit 135 zusätzlichen Planstellen für beispielsweise Richterinnen und Rich­ter oder Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gestärkt. Das ist ein wichti­ger Punkt, um ein effizientes Arbeiten der Justiz zu ermöglichen und um sicher­zustellen, dass Bürgerinnen und Bürger schneller zu ihrem Recht kommen. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Das vorliegende Budget bringt auch frauenpolitisch einige wichtige und längst überfällige Schritte voran. Seit Eintritt der Grünen in die Bundesregierung
wurde das Frauenbudget verdreifacht: Mittlerweile liegen wir da bei 33,6 Millio­nen Euro. Das ist wirklich ein sehr, sehr wichtiger Schritt, der uns da ge­lungen ist, vor allem wenn man bedenkt (Bundesrätin Schumann: Größter Rück­schritt in der Frauenpolitik, größter ... haben wir!), dass in den zehn Jahren
zuvor das Frauenministerium 10 Millionen Euro als Budget zur Verfügung hatte (Bundesrätin Schumann: Ja, ... Teilzeit! Größter Rückschritt in der Frauen­politik!) – egal ob mit roter oder blauer Regierungsbeteiligung. Das ist eine Tat­sache! (Beifall bei den Grünen.)


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Was da aber vor allem wichtig ist, ist: Mit diesem Budget bringen wir wichtige Maßnahmen zum Schutz von Frauen vor Gewalt in Österreich auf den
Weg. Leider haben wir nach wie vor noch immer ein sehr großes Problem mit Gewalt gegen Frauen in unserem Land (Bundesrat Steiner: Eine importierte! Importiert! Importiert!), und die Zahlen sind tatsächlich erschreckend: Jedes dritte Mädchen, jede dritte Frau hat bereits einmal in ihrem Leben eine Form
von Gewalt erfahren. (Bundesrätin Schumann: 70 Prozent sind Österreicher!) Umso wichtiger ist es, Geld in die Hand zu nehmen, um das zu ändern – und auch
das machen wir mit diesem Budget und den dazugehörigen Begleitgesetzen. Es geht uns dabei um die Gewaltprävention, aber auch um die Finanzierung
der Gewaltambulanzen.

Als Steirerin bin ich sehr froh darüber, dass auch in Graz eine solche Gewalt­ambulanz eingerichtet wird. (Ruf bei der SPÖ: ... gibt es ja schon lang!)
Warum ist das so wichtig? – In diesen speziellen Ambulanzen werden Opfer von Gewalt betreut und beraten. (Bundesrätin Schumann: ... ist ja das Muster­beispiel, genau!) Es werden Verletzungen dokumentiert und damit wesentliche Be­weise gesichert. Das ist für ein späteres Gerichtsverfahren entscheidend.

Frauenpolitik, das haben wir von Frau Kollegin Grossmann schon gehört, um­fasst selbstverständlich wesentlich mehr als nur den Schutz vor Gewalt.
Aktive Frauenpolitik, da gebe ich dir recht, schafft Verbesserungen für Frauen in allen Lebensbereichen – aber auch das machen wir (Bundesrätin Schumann:
Nein!)
mit diesem Budget.

Die Kinderbetreuung wird österreichweit ausgebaut. Bis 2030 werden
dafür 4,5 Milliarden Euro über den Finanzausgleich zur Verfügung gestellt. (Bun­desrätin Schumann: Stimmt ja nicht!) Gemeinsam mit den Verbesserungen
der Väterkarenz sind auch das wichtige Schritte in die richtige Richtung, gerade eben wenn es darum geht, Frauen zu unterstützen, die definitiv stärker
von Altersarmut betroffen sind – völlig richtig! –, weil sie noch immer den Lö­wenanteil in der Carearbeit leisten und daher sehr oft nur in Teilzeit ar­beiten können. Das wollen wir Grüne ändern, und deswegen setzen wir hier


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auch Maßnahmen. Deswegen arbeiten wir auch weiter an unserem Ziel,
nämlich einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr.

Jeder Mensch in Österreich hat auch das Recht auf eine bestmögliche Gesundheitsversorgung und auf ein Altern in Würde. Auch das ist ein Punkt, den wir bereits seit Jahrzehnten diskutieren und der jetzt mit Reformen im
Pflege- und Gesundheitssystem angepackt wird: Wir investieren über 1 Milliarde Euro in umfassende Strukturreformen. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desrät:innen der ÖVP.)

Auch das Budget für Kunst und Kultur, die Frau Staatssekretärin hat es soeben angesprochen, wird erneut erhöht und ausgebaut – auch das freut uns
natürlich sehr –, und mit insgesamt 670 Millionen Euro ist es wirk­lich ein weiteres Rekordbudget. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Man sieht, die schwarz-grüne Bundesregierung stellt in Österreich ein weiteres Mal die Weichen in Richtung Klimaschutz, Stärkung der Demokratie und
der Rechtsstaatlichkeit sowie der sozialen Sicherheit für alle Menschen in Öster­reich. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.39


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Klemens Kofler. Ich erteile ihm dieses.


12.40.02

Bundesrat Klemens Kofler (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretär Mayer! Sehr geehrte Frau Staatssekretär Kraus-Winkler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! – Jetzt sind wir alle durch. Sehr geehrte und liebe Kollegen im Bundesrat!
Liebe Freunde im Haus und liebe Freunde zu Hause! Grüß Gott! Der größte Schuldenberg aller Zeiten kommt auf uns zu. Ich glaube ja an dieses
Österreich, ich glaube aber nicht an dieses Budget.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 129

25 Milliarden Euro neue Schulden – einen Schuldenberg von nicht weniger als sage und schreibe 435 Milliarden Euro wird Österreich bis 2027 ange­häuft haben. Rekordeinnahmen nützen nichts, denn der Schuldenberg wird so groß sein, dass der Mount Everest im Vergleich dazu ein kleiner Hügel
in der Sandkiste ist. (Bundesrat Schreuder: Boah, das war jetzt der Vergleich des Jahrhunderts! – Bundesrat Himmer: Da hast du dir echt was überlegt!)
Dieses Budget wird die Geldentwertung weiter befeuern und von unseren Ersparnissen – sofern wir diese überhaupt noch haben – wird kaum noch etwas übrig bleiben. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Gross: Das ist echt ein Witz!)

Die Fehlentscheidungen aus der Coronapolitik werden immer noch weiterge­führt. Sie haben nichts, überhaupt nichts gegen die viel zu hohen Energie­preise  unternommen. Ganz im Gegenteil: Die Grünen feiern jeden
Cent, den Strom, Diesel oder Benzin teurer wird. (Bundesrätin Kittl: Das ist lächerlich!) Sie wollen einfach nicht verstehen, dass wir so nicht leben
wollen. Stellt euch vor: Wir wollen tatsächlich Auto fahren und wir wollen unsere Wohnungen heizen! Das wird ja wohl möglich sein. (Beifall und
Bravorufe bei der FPÖ.)

Ich habe ein Bild vor mir: So ein kleines grünes, giftiges, grantiges, übel gelaun­tes, depressives Mandl geht herum, den Kopf hat es Richtung Boden ge­neigt – das kommt vom vielen Klimakleben –, und hintennach am Gängelband, am Nasenring hängt ein Riesentrumm von einem schwarzen Ochsen. So
kommt ihr daher, und so macht ihr auch euer Budget. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

Zu den Grünen kann ich nur sagen: Schaut nicht nur auf den Boden, schaut nach vorne, schaut hinauf zum Himmel, der ist blau! So steigt die Stimmung, das
wäre hilfreich gegen eure Depressionen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu den Schwarzen: Muss ich euch wirklich den Unterschied zwischen einem Stier und einem Ochsen erklären? Aufklärungsunterricht möchte ich
heute keinen mehr machen. (Bundesrätin Schumann: Na geh!)


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 130

Wir können und wir wollen auf alle Fälle nicht so leben. Es kann ja nicht
sein, dass wir jeden Monat bangen und nachdenken müssen, wie wir überhaupt den nächsten Ersten erreichen, weil wir schon wieder pleite sind. So wollen
wir in Österreich nicht leben! (Heiterkeit des Bundesrates Himmer.)

Dann noch die Investitionen in die Zuwanderung: Ihr investiert Milliarden in die Zuwanderung und habt kein Geld für die eigenen Leute. Was ist denn das
wieder für ein Unsinn? (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube an dieses Österreich, aber ich glaube nicht an dieses Budget. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

12.43


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Bundesrätin Grossmann zu Wort gemeldet. – Bitte schön. (Bun­desrat Tiefnig: Eine tatsächliche Berichtigung, super!)


12.43.12

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Ja, genau, eine tatsächliche Berichtigung: Kollegin Huber hat gemeint, dass in Graz
eine Gewaltschutzambulanz entsteht.

Richtig ist vielmehr: So etwas, nämlich ein klinisch-forensisches Zentrum, gibt es schon seit längerer Zeit und soll beispielgebend für ganz Österreich sein.
(Beifall bei der SPÖ.)

12.43


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Franz Ebner. – Bitte schön.


12.43.48

Bundesrat Mag. Franz Ebner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Damen und Herren Minister und Staatssekretäre! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Nach diesem Ausflug in die Tierwelt möchte ich jetzt wieder zur Sache zurückkommen. (Heiterkeit des Bundesrates Tiefnig.)


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 131

Ein Budget ist in Zahlen gegossene Politik – das heißt es immer wieder und das stimmt auch so, denn durch ein Budget werden Schwerpunkte gesetzt.
Aktuell ist es besonders notwendig, Investitionen in die Zukunft zu tätigen – gerade in schwierigen Zeiten –, um dann wiederum die Früchte dieser Investitionen ernten zu können.

Eine Volksweisheit sagt: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not! – Das ist uns in den letzten Jahren zugutegekommen, deshalb konnten wir während der Pandemie, während der Teuerung auch entsprechend unterstützen. Jetzt heißt es investieren, und zwar mit dem Ziel, möglichst rasch wieder auf einen ausgeglichenen Budgetpfad zurückzukommen.

Kollege Bernard hat in seinem Redebeitrag gesagt, die Schuldenquote in Öster­reich würde steigen. – Herr Kollege, das stimmt einfach nicht, die Schulden­quote sinkt im nächsten Jahr sogar leicht auf 75,6 Prozent. Das sind die Fakten, das sind die Tatsachen. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine der größten strukturellen Entlastungen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist die Abschaffung der kalten Progression. Das ist immer noch ein historischer Beschluss und er wird es auch bleiben. 30 Jahre lang wurde
darüber diskutiert, diese Bundesregierung mit Bundeskanzler Karl Nehammer und Finanzminister Magnus Brunner hat die kalte Progression abge­schafft, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

Das sage nicht nur ich als Mitglied und Mandatar der Volkspartei (Bundes­rat Babler: Sondern als Bürger! – Bundesrätin Schumann: Ja genau!), sondern auch der Chef des Wifo, Gabriel Felbermayr, meint zur Abschaffung der kalten Progression – ich zitiere –: „Die Abschaffung der kalten Progression
ist ein Meilenstein in der österreichischen Fiskalpolitik. Man kann darüber streiten, ob der Zeitpunkt ideal gewählt war, aber es wurde ein Vorhaben umge­setzt, dass 30 Jahre lang versprochen wurde. Das Steuersystem ist dadurch besser geworden: gerechter und effizienter.“


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„Und er verweist auf einen weiteren Punkt: Ein Drittel des Entlastungsvolumens durch den Ausgleich der kalten Progression kann in Österreich politisch diskretionär vergeben werden. So ist es im Gesetz geregelt.“ Das Zitat geht weiter: „Das ist gut so, und damit lassen sich niedrige Einkommen
stärker entlasten.“ – Zitatende.

Ich habe auch das Gefühl, dass ganz viele Menschen nicht wissen oder es ihnen gar nicht bewusst ist, was die Abschaffung der kalten Progression im End­effekt für sie persönlich bedeutet. (Bundesrat Schennach: Ah, jetzt kommt der ...!) Was ist also die kalte Progression? – Die jährlichen Lohnerhöhungen, die
die Sozialpartner aushandeln, wurden teilweise automatisch wieder aufgefres­sen, weil die Grenzen der Steuerstufen bisher gleich geblieben sind und
dadurch jedes Jahr automatisch eine zusätzliche Steuerbelastung bei der Lohn­steuer entstanden ist. Das wirkt sich natürlich umso massiver aus, wenn
die Inflation hoch ist.

Dem ist aber seit Beginn dieses Jahres ein Ende gesetzt, und zwar in der Form, dass die Steuertarifstufen jährlich – und zwar in der Höhe von zwei
Dritteln – automatisch an die Inflation angepasst werden, das verbleibende Drittel kann auf Vorschlag des Finanzministers und der Regierung ver­teilt werden. Das ist sozial gerecht, fair und ausgewogen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

Heute beschließen wir unter anderem, wie diese Verteilung des letzten Drittels für das Jahr 2024 erfolgen soll. Die niedrigeren Tarifstufen eins und zwei werden am höchsten angehoben. Dadurch ist sichergestellt, dass insbesondere geringere Einkommen im Verhältnis stärker profitieren und so ein sozialer Ausgleich passiert.

Vereinfacht gesagt: Die Abschaffung der kalten Progression bedeutet nichts anderes als eine Nettolohnerhöhung für alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zusätzlich zu den Lohnerhöhungen in den Kollektivverträgen. (Bundesrätin


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Schumann: Die haben ja vorher die Steuern schon gezahlt! Das ist keine Lohnerhöhung!)

Ich möchte das an ein paar Beispielen festmachen. Erstes Beispiel: Eine allein­erziehende Angestellte hat zwei Kinder unter 18 Jahren und ein monatli­ches Bruttogehalt in Höhe von 1 650 Euro. Durch die Abschaffung der kalten Progression bleiben ihr im Jahr 2024 706 Euro netto mehr. Das ist eine monatliche Nettolohnerhöhung (Bundesrätin Schumann: Nicht „Nettolohnerhö­hung“ sagen, bitte!) um knapp 60 Euro. (Die Bundesrät:innen Schennach
und Schumann: Das ist keine Lohnerhöhung!)

Zweites Beispiel: Ein Pensionist erhält eine durchschnittliche monatliche Brut­topension von 1 825 Euro. Durch die Abschaffung der kalten Progression
bleiben ihm im Jahr 2024 664 Euro mehr. (Bundesrat Steiner: Das ist ... Lohnerhö­hung!) Das bedeutet eine zusätzliche Pension von rund 55 Euro netto pro
Monat. (Bundesrat Steiner: Es ist ja sonst alles teurer geworden, „netto“ stimmt ja nicht!)

Drittes Beispiel: Ein Arbeiter in einer Stahlfabrik hat ein monatliches Bruttoge­halt von 3 666 Euro und macht zusätzlich 20 Überstunden pro Monat. (Bundesrat Steiner: Wenn Sie den Lebensmittelpreisen ...! – Bundesrätin Schumann: 20 Überstunden? Okay!) Durch die Abschaffung der kalten Progression (die Bundesrät:innen Schennach und Schumann: Er kennt sich nicht aus!) bleiben ihm im Jahr 2024 1 208 Euro netto mehr, das ist eine Monatslohnerhöhung um
rund 100 Euro netto. (Bundesrätin Schumann: Nicht Lohnerhöhung! Um Himmels willen! – Bundesrat Schennach: Es ist keine Lohnerhöhung!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, kurz zusammengefasst (Bundesrätin Schumann: Das ist doch keine Lohnerhöhung! – Bundesrat Schennach: Google einmal,
was eine Lohnerhöhung ist!):
Die Abschaffung der kalten Progression bringt den Menschen mehr Geld in die Geldtasche (Beifall bei der ÖVP – Bundesrätin Schumann: Ja, aber keine Lohnerhöhung! Wie kann man sowas sagen? Der kennt sich ja gar nicht aus! – Bundesrat Schennach: Da ist gar nichts zusätzlich!), und


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auch das ist ein Grund, warum die Kaufkraft in Österreich, im Gegensatz zu an­deren europäischen Ländern, trotz der Teuerung stärker gewachsen ist.

Ja, wir haben große Herausforderungen zu bewältigen, aber dazu brauchen wir vor allem eines: Optimismus, Vertrauen und Zusammenhalt in der Politik
und in der Gesellschaft. Ich bin auch überzeugt: Wir leben in einem
tollen, zukunftsorientierten Land. Nicht alles ist perfekt, natürlich sind wir ständig gefordert, Dinge zu verbessern. Das Budget für das Jahr 2024
von Minister Brunner schafft die Voraussetzungen dafür. (Bundesrat Steiner: Nein!)

In diesem Zusammenhang möchte ich noch ein Beispiel anführen: Wir haben nach wie vor eines der besten Gesundheitssysteme weltweit (Bundesrat
Steiner: Nein!),
aber es gibt in der Nahversorgung mit niedergelassenen Ärzten in bestimmten Regionen Schwierigkeiten. Das Problem wurde erkannt. Eben­falls im Budget enthalten sind daher 100 zusätzliche Kassenstellen für Allgemeinmediziner und Fachärzte, insbesondere für Regionen, in denen es Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung gibt. Auch das ist ein wichtiges
Signal dafür, dass die Regierung Probleme erkennt, Herausforderungen annimmt und Lösungen anbietet. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich noch ein chinesisches Sprichwort erwähnen, das besagt (Bundesrat Schennach: Lohnerhöhung ist was anderes! – Bundesrätin Schumann: Lohnerhöhung! – Bundes­rat Schennach: Das wissen schon die Chinesen, was eine Lohnerhöhung ist! – Heiterkeit bei der SPÖ): Wo der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen. – Ich lade Sie ein, bauen wir ge­meinsam Windmühlen für die Zukunft unseres Landes und für die Zukunft un­serer Menschen in Österreich! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.53


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. – Herr Bundesrat, bitte.



BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 135

12.53.23

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem auch: Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Bevor ich auf das Thema eingehe, erlaube ich mir noch ein Wort zur Rede unseres Kollegen Tiefnig loszuwerden.

Herr Kollege, ich weiß nicht, in welchem Bundesland Sie leben, es kann aber auf keinen Fall Oberösterreich sein (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ), denn Oberösterreich ist bestimmt nicht „das Land der Möglichkeiten“, sondern das Land der vielen Abgangsgemeinden!

Das ist bestätigt, das bestätigte übrigens auch der Landesrechnungshof, und der Einzige, der vielleicht noch wenige Möglichkeiten hat – das stimmt –, ist
der Landeshauptmann, Landeshauptmann Stelzer, der sich nämlich sein Landes­budget mit Gemeindegeldern aufbessert und finanziert – auch das hat
der Landesrechnungshof bestätigt. Fast 500 Millionen Euro zahlen die Gemein­den an das Land Oberösterreich mehr, als sie zurückbekommen. (Bundes­rat Schennach: Ah! So schaut’s aus!) Das ist amtlich. Deshalb kann ich deine Rede als eher realitätsfremd einstufen, sie passt eher in die Rubrik Tiefnigs Märchenstunde. Das ist aber leider so. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit und Zwi­schenruf des Bundesrates Tiefnig.)

Zunächst ein paar allgemeine Feststellungen zum Budget für 2024, bevor ich dann als Kommunalsprecher der SPÖ wie schon erwähnt auf die Kommu­nalfinanzen, auf die Gemeindefinanzen eingehen werde, die ja gerade für uns Bürgermeisterinnen und Bürgermeister oder Gemeinderätinnen und Ge­meinderäte von besonderer Bedeutung sind.

Zusammenfassend darf man, muss man, kann man sagen, dass das Budget 2024 absolut kein großer Wurf ist, und das ist sehr höflich ausgedrückt. Wir
haben Rekordschulden, im westeuropäischen Vergleich die höchste Inflation und die schlechteste Wirtschaftsleistung. (Bundesrat Buchmann: Stimmt
zwar nicht! – Bundesrat Himmer: Was heißt „die schlechteste Wirtschaftsleistung“? –


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 136

Bundesrat Buchmann: Das ist gar nicht richtig!) Das ist also bei Gott alles
andere als eine Glanzleistung. Und ja, die Handschrift der ÖVP-dominierten Regierung ist ganz klar erkennbar (Bundesrat Himmer: Was ist die schlech­teste Wirtschaftsleistung? Wie misst du die schlechteste Wirtschaftsleistung?): Die Steuerstruktur ändert sich zu Ungunsten der Konsument:innen und der Arbeitnehmer:innen.

Ich darf noch einmal bekräftigen, was Kollege Sascha Obrecht schon erwähnt hat: Es steigt die Einkommensteuer um rund 43 Prozent, es steigt die Lohn­steuer um rund 5 Prozent und es steigt die Umsatzsteuer um rund 8 Prozent. Was aber nicht steigt, ist die Körperschaftsteuer, also die Steuer auf Unternehmensgewinne, sie fällt laut Budget um 7,4 Prozent. – Diese Zahlen sprechen für sich, das muss man an und für sich nicht näher erläutern.
Die ÖVP bedient hier ganz klar ihre Klientel. Das sind Steuergeschenke an Großunternehmen und an die Industrie! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei
der ÖVP: Hast nicht zugehört beim Finanzminister? Dann hättest du hören können, dass die meisten Unternehmen, die davon betroffen sind, Klein- und Mittel­unternehmen sind!)

An die Kollegen der ÖVP, die heute von einem „Unternehmerbashing“ ge­sprochen haben: Das ist bei Weitem kein Unternehmerbashing, das
ist berechtigte Regierungskritik.

Die Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosigkeit steigt – auch das ist belegt –, und bei der Teuerung schauen Sie seit Monaten leider untätig zu, während die Menschen weiter leiden. Das Einzige, was Ihnen eingefallen ist, ist ein Schmäh-Mietpreisdeckel, der die Mieten um bis zu weitere 5 Prozent ansteigen
lässt. Wo bleibt da also die Unterstützung für die Mieterinnen und Mieter?

Von Ihrer 4,5-Milliarden-Euro-Ankündigung für die Kinderbetreuung ist im Bud­get nichts zu finden, und das Gesundheitssystem fahren Sie ohnehin mit
Vollgas gegen die Wand. Ein Beispiel: Die ÖGK, die Österreichische Gesund­heitskasse, hat 2023 einen Bilanzverlust von sage und schreibe 386 Mil­lionen Euro. Was macht der Herr Finanzminister, was macht diese Regierung? –


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 137

Sie stocken das Budget um 300 Millionen Euro auf. Na diese Rechnung,
wie sich das ausgehen soll, müssen Sie den Patientinnen und Patienten auch einmal erklären!

Jetzt zu meinem Thema, zu den Gemeinden und Städten: Dort steigt Verant­wortung, dort steigen Ausgaben und Aufgaben. Die Einnahmen sinken
leider. So werden die Gemeinden ausgehungert, das bestätigen an und für sich alle Experten. Und wer es noch immer nicht glaubt, soll sich bitte die
Budgets der Gemeinden anschauen! Wir sind dieser Tage jetzt alle gerade dabei, die Budgets zu erstellen.

Ein Beispiel, ein anschauliches Beispiel aus unserer Gemeinde: Alleine die Ausgabenerhöhung für die Pflege, für die Sozialhilfe, die rund 17 Prozent für das nächste Jahr betragen wird, frisst die Erhöhung der Ertragsanteile bis auf
den letzten Euro weg.

Das bedeutet, die Not der Gemeinden und Städte wird immer größer und die Anzahl der Härteausgleichsgemeinden steigt dramatisch an. In Oberöster­reich  und da bin ich wieder beim Land der vielen Abgangsgemeinden – wird 2024 unglaublicherweise fast die Hälfte aller Gemeinden – genau kann
man es noch nicht sagen –, und das sind immerhin über 400, ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen können.

Überdies – auch das habe ich schon mehrmals erwähnt – fehlen die finanziellen Spielräume für die so wichtigen Investitionen in die Zukunft: für Klima­maßnahmen, für die Kinderbildung und Kinderbetreuung. Das schadet natürlich bei uns zu Hause am Land der regionalen Wirtschaft und gefährdet auch
die dortigen Arbeitsplätze.

Und der Wahnsinn, der eigentliche Wahnsinn ist, dass das alles nicht unangemeldet, nicht überraschend kommt. Seit Jahren – nicht Monaten, seit Jahren! – weisen wir als SPÖ auf diese dramatische Entwicklung hin,
aber ÖVP und Grüne machen Augen und Ohren leider zu.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 138

Jetzt blicken wir einige Wochen zurück. Ich habe das Bild noch sehr gut in Er­innerung, als der Finanzminister und auch der Bundeskanzler die Eini­gung beim Finanzausgleich mit einem Strahlen verkündet haben. Die Realität sieht leider völlig anders aus: Das versprochene Geld kommt bei den
Gemeinden nicht an.

An dieser Stelle muss ich auch den ÖVP-dominierten Gemeindebund, der ei­gentlich unsere Interessenvertretung sein soll, kritisieren, der bei diesem
so tollen Ergebnis mitgejubelt hat. Wir kennen alle diese Schriftstücke, die wir in der Gemeindepost hatten. Aber siehe da: Bei seiner Bundesvorstandssit­zung vorige Woche ist er auf einmal ganz überraschend – also ich rede jetzt vom Gemeindebund – zur Erkenntnis gekommen, dass die Gemeinden und Städte doch massive Schwierigkeiten mit ihren Finanzen hätten. – Na welch Geistesblitz!

Und jetzt kommt es ganz dick: Nach monatelangen Verhandlungen zwischen den Interessenvertretern und dieser Regierung und den Ländern werden jetzt
vom Gemeindebund, wenige Wochen – ich glaube, es sind zwei Wochen – nach der Einigung, neue Gespräche mit dem Bund gefordert. Also bei aller Wertschätzung: Bei diesem Dilettantismus fehlen mir wirklich die Worte.

Weil es für mich und uns als SPÖ so nicht weitergehen darf und kann, bringe ich abschließend folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrätinnen und Bundesräte Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden im
neuen Finanzausgleich“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, vor dem Hintergrund einer nachhaltigeren Finanzierung der Städte


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 139

und Gemeinden im Rahmen des neuen Finanzausgleiches, dafür zu sorgen,
dass die Einnahmensituation durch die Rücknahme der Senkung der Körperschaftsteuer, eine angemessene steuerliche Erfassung der Umwidmungs­gewinne und die Nichtrückzahlung des Sondervorschusses sowie zusätz­liche Finanzmittel für die Städte und Gemeinden verbessert wird,
und die Finanzmittelzuweisung durch den neu geschaffenen Zukunftsfonds für Städte und Gemeinden, auch direkt und in voller Höhe bei den Kommunen ankommt“.

*****

Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.02


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Dominik Rei­singer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag
betreffend „finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden im neuen Fi­nanzausgleich“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in
Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Stotter. – Bitte, Herr Bundesrat.


13.03.03

Bundesrat Markus Stotter, BA (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Staatssekretärinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, es ist das alte Sprichwort: Es wurde bereits vieles gesagt, aber halt eben noch nicht von mir. Deswegen versu­che ich jetzt noch einmal in den nächsten Minuten - - (Bundesrat Schennach: Das ist aber nicht aus China! – Bundesrat Schreuder: Das ist aus Osttirol!) – Okay,
dann ist es aus Osttirol, wenn es nicht aus China kommt. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich möchte schon noch ein paar Themen herausstreichen, auch für Herrn Kollegen Steiner.


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Die Kaufkraft in unserem Land hat sich verbessert, wir sind von Rang neun auf Rang sieben vorgerückt. Das Medianeinkommen ist gestiegen und die
Inflation hat sich Gott sei Dank halbiert.

Ich möchte schon noch einmal sagen, dass es niemandem hilft, alles schlechtzu­reden und dauernd zu nörgeln, sondern ich glaube, dass wir vielmehr opti­mistisch in die Zukunft gehen müssen und auch den Zusammenhalt in
der Gesellschaft wieder viel mehr stärken müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Schennach: Immer die Schlecht­redner!) Ich glaube auch, dass uns das mit diesen Maßnahmen und dem Budget­begleitgesetz ganz gut gelingen wird.

Der Finanzminister hat es davor auch schon gesagt: Trotz Herausforderungen wie weltweit schwächelnder Konjunktur, hoher Zinsen oder Budgetbelas­tungen aufgrund von Hilfsmaßnahmen oder der abgeschafften kalten Progres­sion halten wir die 3‑Prozent-Maastrichtgrenze ein. Wir investieren in Sicherheit, Kinderbetreuung, Gesundheitsvorsorge, Pflege, Wissenschaft, For­schung und vor allem in die Transformation unserer Wirtschaft.

Geschätzter Kollege Reisner, vielleicht können Sie mir dann noch einmal bilateral - - (Rufe bei der SPÖ: Reisinger! Reisinger!) – Reisinger, Entschuldigung, mein Fehler. Vielleicht können Sie mir danach bilateral noch einmal erklären, wie Sie genau die „schlechteste Wirtschaftsleistung“ gemessen haben, denn das haben, glaube ich, viele im Raum nicht ganz verstanden. (Bundesrat
Reisinger: Alles nachzulesen!)

Es ist auch wichtig, positive Leistungsanreize zu schaffen. Generell muss sich Leistung viel mehr lohnen. Wir erhalten unseren Wohlstand halt nur,
wenn wir fleißig sind und auch Leistungsbereitschaft an den Tag legen. (Beifall bei der ÖVP.)

Für mich persönlich ein sehr wichtiges Thema, das ich noch herausgreifen möchte, ist das Thema Wald und damit verbunden der Waldfonds. Wir stocken


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ja den Waldfonds von 350 Millionen Euro um circa 100 Millionen in den nächsten zwei Jahren auf. Damit stehen uns zusätzlich 47 Millionen Euro pro Jahr für Förderungen weiter zur Verfügung.

Ich erlebe es leider im Moment regelmäßig bei mir zu Hause: Wenn Menschen von auswärts nach Osttirol kommen, dann sind sie beim Anblick des
Waldes erschüttert – des fehlenden Waldes, muss man ja eigentlich schon sagen. Die Schadereignisse, die uns vier Jahre hintereinander getroffen haben – von Sturmschäden über Starkregenereignisse bis zu mehrmaligen Schnee­bruchereignissen und dem daraus resultierenden übermäßigen Borkenkäferbefall beziehungsweise der Massenvermehrung des Borkenkäfers –, sind mittler­weile verheerend.

Im Landwirtschaftsausschuss ist dazu von einer Kollegin oder einem Kollegen von der SPÖ – mir ist leider entfallen, wer das damals war; das war eine
Sitzung vorher – die Frage aufgetaucht, was denn der soziale Mehrwert von die­sem Waldfonds ist. Da darf ich all jene, die das nicht wissen, Sie alle recht herzlich zu uns in die Gemeinde einladen, einen Tag lang die Wälder wieder auf­zuforsten. Ich glaube, danach wissen alle ganz genau, was der soziale
Mehrwert für die Gesellschaft ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen
der Grünen.)

Ich glaube, es ist aber ganz wichtig, an dieser Stelle allen Land- und Forstwirten zu danken, weil den Einsatz, den sie die letzten Jahre an den Tag gelegt
haben, leider noch immer viel zu viele unterschätzen.

Zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 möchte ich auch noch kurz ein paar Worte verlieren. Die budgetären Vorbelastungen im Hinblick auf den langfristigen Bahnausbau, die Bahninfrastrukturförderung, den Personennah- und -fernverkehr sind wichtige Schritte im Bereich des Klimaschutzes.

Dazu ein Beispiel meinerseits: Wenn ich momentan circa 6 Stunden mit dem Zug nach Wien brauche oder mit dem Auto 4,5 bis 5 Stunden und ich das


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zukünftig nach dem Ausbau des Semmeringbasistunnels und des Koralmtunnels in 4 Stunden 20 Minuten voraussichtlich schaffe, dann glaube ich kaum,
dass noch jemand mit dem privaten Auto nach Wien fährt, weil es mit der Bahn einfach viel komfortabler und bequemer ist. Man muss da für die Men­schen einen Anreiz setzen und ihnen sagen, worum es geht, und ich glaube, das schaffen wir mit der weiteren Finanzierung dieser Projekte sehr gut.

Damit bin ich schon beim Ende. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.07


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Christoph Steiner. Ich erteile dieses.


13.08.04

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Ein Kollege von der ÖVP hat gesagt, das Budget ist die in Zahlen gegossene Politik. Ich weiß jetzt nicht mehr,
wer das war. – Ja, es sind die Zahlen schlecht und es ist auch die Politik dazu schlecht, Herr Kollege Ebner; jetzt weiß ich wieder, wer es gesagt hat.
(Beifall bei der FPÖ.)

Nur kurz, ihr wisst das ja alle: Ich war die letzten vier Tage, also vom 3. Dezem­ber bis zum 6. Dezember, dem eigentlichen Nikolaustag, als Nikolaus unter­wegs. Wir nehmen da freiwillige Spenden entgegen und spenden das Geld dann weiter. Man kann sich bei unserem Verein melden, wenn man eine Spende benötigt, die wir dann weitergeben.

Wir haben mit dieser Aktion vor zwölf Jahren begonnen. Damals haben wir uns oft schwergetan, denn im Zillertal ist das Thema, eine Spende anzuneh­men, natürlich ein schwieriges, und es ist gar nicht so leicht, überhaupt jemanden zu finden. Heuer haben wir 14 Anfragen – 14 Anfragen! – von einheimi­schen Familien, die sich das Leben einfach nicht mehr leisten können. Jetzt muss man sagen, es geht uns im Zillertal durch den Tourismus eigentlich wahn­sinnig gut, aber da seht ihr jetzt einmal, was ihr mit eurer Politik aufgeführt habt: Eine Familie mit zwei Kindern, die nicht weit auf dem Berg oben wohnt,


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überhaupt nicht, kann sich nicht einmal mehr das Benzin für das Auto leisten, um die Kinder, weil es dort keinen öffentlichen Verkehr gibt – jetzt sitzt sie
nicht mehr da, die Gewessler, die immer gescheit vom öffentlichen Verkehr re­det –, zur Schule bringen zu können.

So weit habt ihr es mit eurer Politik gebracht. Das Budget ist in Zahlen gegosse­ne Politik. Ein Wahnsinn ist das, was ihr da aufführt! (Beifall bei der FPÖ.)

Teuerungen, wohin man schaut – und dann stellt man sich hierher und redet davon, dass man nicht alles schlechtreden soll – das sagte Herr Kollege
Stotter – und dass man optimistisch in die Zukunft gehen soll. Ja erklärt das ein­mal diesen Familien, wie sie mit dieser Regierung optimistisch in die
Zukunft gehen sollen! Wie soll das funktionieren? Erklären Sie das einmal! – Da sagt ihr nichts dazu, kein Wort. (Bundesrat Himmer: Nein, wir kennen die
Familie nicht, von der du redest!)
Eine Floskel raushauen – optimistisch in die Zukunft gehen –, nette Worte finden, und das war es dann.

Und dann – es ist immer dasselbe – stellt ihr euch her und redet von: Wir neh­men – wir, wir, die Regierung – so viele Milliarden in die Hand, um euch
da draußen zu helfen! – So: Erstens ist das nicht das Geld dieser Regierung, und zweitens ist das das Steuergeld, das gefälligst wieder zurück muss zu den
Leuten, denen es nicht gut geht, anstatt dass man es ihnen andauernd aus der Tasche rauszieht und dann hier den heiligen Samariter spielt: Wir geben
euch das Geld! – Ihr gebt gar nichts her! Ihr verwaltet das Geld höchstens, denn das ist nicht euer Geld. (Bundesrat Schreuder: Das hat auch keiner behauptet!
Das hat wirklich keiner behauptet!) –
Natürlich behauptet ihr das andauernd: Wir, wir geben das aus! (Bundesrat Schreuder: Geh, Blödsinn! Kein Mensch hat das gesagt!) – Geh, beruhig’ dich, Schreuder! Beruhig dich, bevor du noch einen Herz­infarkt kriegst da drüben! Ganz ruhig, ganz ruhig! (Bundesrat Schreuder:
Mach dir keine Sorgen um meine Gesundheit!) –
Nein, mache ich mir eh nicht, aber es käme dann halt zu einer Sitzungsunterbrechung und dann dauert es
noch länger.


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Auf jeden Fall stellt sich dann die SPÖ hierher – damit sich der Grüne und
die ÖVP wieder beruhigen können, können wir zur SPÖ kommen –, ein Kollege von der SPÖ hat sich hierhergestellt und, was ganz interessant ist, sich
darüber beschwert, dass das ein Wahnsinn ist mit dem Benko und wie die ÖVP – was ja stimmt – mit dem Steuergeld der Österreicher umgegangen ist,
mit den Coronamilliarden und, und, und. Ich will nur in Erinnerung rufen: Euer Gusi, euer Gusenbauer sitzt da überall drin! Euer Gusenbauer sitzt überall
drin: bei Wiener Wohnen, auch bei Benko sitzt er drin. Der hat nämlich schon verstanden, wie das System funktioniert: Krähen tut die SPÖ und tun die Sozialisten immer vom Umverteilen. – Ja, nach außen hin. Wenn ihr
dann irgendwo drinnen seid, dann verteilt ihr schon um, aber von unten nach oben, so wie es Gusenbauer, euer tolles Vorbild, macht. (Beifall bei
der FPÖ.)

Lieber Herr Kollege Babler, da nützt dir das ganze Marxismus-Lesen nichts, wenn ihr es dann genau anders macht. Das nützt dir dann alles nichts.

So viel zur SPÖ. Ihr macht ja heute auch noch eine Dringliche Anfrage zum Thema Wohnen, und da weiß ich noch nicht, ob ich als Redner hier herausgehe, deswegen bringe ich es gleich jetzt noch unter: Ihr seid nämlich sowieso
die Genialsten. Ihr stellt euch hierher und sagt, das Wohnen in Österreich ist viel zu teuer. Da habt ihr ja recht, die Mieten steigen viel zu schnell, aber: Was
macht ihr in Wien? (Bundesrätin Schumann: Die Mieten im Gemeindebau zwei Jahre aussetzen!) – In Wien, wo ihr den Bürgermeister stellt, mit ein bisschen
einem NEOS-Beiwagerle, schießen die Mieten in die Höhe, dass einem ganz schwindlig wird! (Bundesrätin Schumann: Die Mieten im Gemeindebau aus­setzen zwei Jahre! Die Mieten im Gemeindebau zwei Jahre aussetzen!) Ihr seid um nichts besser als die ÖVP und die Grünen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundes­rätin Grimling: Im Gemeindebau ist sie zwei Jahre eingefroren!)

So, jetzt ist die Ruhephase bei der ÖVP wieder vorbei, jetzt ist der Blutdruck wieder unten, und wir können wieder zur ÖVP zurückkommen. – Ihr
sagt da heute vom Rednerpult aus: Das ist ein gutes Budget, das zwar mit einem


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Minus endet, aber dennoch gut ist. – Jetzt frage ich mich ganz im Ernst:
Wenn das Budget gut ist, dann redet man von einem guten Wirtschaftsstandort in Österreich. Habt ihr euch die Wirtschaftszahlen angeschaut, was da pas­siert ist in den letzten Jahren, seit ihr in der Regierung seid? – Es gibt bei uns kei­ne Neuansiedlungen mehr. Die meisten Betriebe müssen zusperren, die
kleinen Familienbetriebe müssen zusperren. Es kommt zu Abwanderungen. Wir sind in Österreich als Wirtschaftsstandort nicht mehr attraktiv!

Die Zahlen kommen nicht von mir, sondern die kommen von euren Wirtschafts­instituten. Die sind nicht FPÖ-nah, das sind eure Institute, die das sagen!
Und dann setzt ihr euch hierher und sagt: Nein, nein, nein, das stimmt
alles nicht! - Ich weiß nicht, wer euch dann noch besser helfen soll. Wir können es leider Gottes nur mit Anträgen machen, die ihr dann eh schubladisiert
oder runterschmeißt, aber ihr wurstelt euch noch durch, das wissen wir, egal wo es kracht. Wo kracht es überall? – Unterricht, Bildung: massivste Probleme.
Was passiert? – Weniger für die Bildung.

Gesundheit, Pflege: Man stellt sich hierher und sagt, wir machen jetzt zusätzliche Kassenstellen. – Ja, wir können schon zusätzliche Kassenstellen machen,
nur: Wenn die Kassenstelle so unattraktiv ist, dass sie kein Arzt haben will und natürlich lieber den Weg in eine Wahlarztpraxis nimmt, dann nützen uns
auch die zusätzlichen Kassenstellen nichts. Bei mir im Zillertal gibt es
seit Längerem sieben offene Kassenstellen, die keiner haben will. Es hilft gegen den Notstand an Ärzten nichts, wenn man zusätzliche Kassenstellen schafft. Man muss die Bedingungen ändern, damit die Kassenstelle für einen jungen Arzt wieder attraktiv wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Zuwanderung, Asyl: Wir tragen heute zu Recht alle den Button „Stoppt Gewalt an Frauen“, und wir haben uns diese Gewalt an Frauen zu großen Teilen im­portiert – ob ihr das hören wollt oder nicht, es ist so! (Beifall bei der FPÖ.)

2015 sind all diejenigen, die jede Gewalt an Frauen jetzt schon zu Recht mit verurteilen, am Bahnhof gestanden und haben diese Herrschaften im


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jungen Alter mit Teddybären empfangen. Nur damit wir einmal geraderücken, was in Österreich Sache ist! Da nützt dann hinterher das ganze Heucheln
nichts mehr.

Dann stellt man sich hierher und feiert sich ab: Wir haben die kalte Progression abgeschafft!, und dann kommen Rechenbeispiele. Der Herr Kollege von
der ÖVP hat dann Rechenbeispiele gebracht, was einem Pensionisten mehr bleibt, was einer Familie mehr bleibt. Das Rechenbeispiel stimmt an und
für sich schon, nur: Was nützt es mir, dass mir aufgrund der Abschaffung der kalten Progression um diesen Betrag mehr bleibt, wenn die Miete sich
erhöht, die Lebensmittelpreise sich verdoppeln, der Spritpreis sich durch eure Steuern – wie CO2-Steuer, wie NoVA, wie Kfz-Steuer – erhöht? Ihr
macht ja immer dasselbe Taschenspielerspiel –: Links raus und rechts ein biss­chen hinein, nur damit es so ausschaut, dass ihr das eh ordentlich macht.
Das ist die Falschheit und die Verlogenheit der ÖVP, und das muss man ganz offen und ehrlich ansprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt ist sie nicht mehr da, die Klimaschutzministerin, aber ich hätte mir das angeschaut, wie das funktioniert, wenn das elektrobetriebene Schnee­räumfahrzeug in Wien unterwegs ist, wie lange das mit der Schneeräumung funktioniert, wenn die Solaranlage am Dach dann eingeschneit ist.
Auch darüber spricht aber niemand. Darüber redet niemand! Da braucht es Motoren, die mit Sprit betrieben sind, denn das würde ich mir anschauen bei uns am Berg, wie es da dann ausschaut mit dem lässigen Elektro-Schneeräum­fahrzeug, wie lange das wohl Schnee räumen würde. Auch das gehört angesprochen!

Ihr betreibt momentan leider Gottes Politik zulasten der österreichischen Bevöl­kerung. Und weil die ÖVP halt solche Angst vor Neuwahlen hat und
Gewessler das natürlich immer als Druckmittel gegen euch in der Hand hat, müsst ihr leider Gottes überall, bei jeder Irrsinnigkeit, die diese Ministerin auf die Welt bringt, mithüpfen. – Auch das müsst ihr euch gefallen lassen, denn es
ist nichts anderes als die Wahrheit.


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Was hält euch noch? Ich frage mich wirklich, was euch noch hält. Jetzt ist die Frau Staatssekretärin dahin, jetzt muss die Frau Staatssekretärin für
Tourismus herhalten. Frau Staatssekretärin, sagen Sie mir einmal, was Sie noch in dieser Regierung hält! Sie haben ja wahrscheinlich einen Ruf zu verlieren, Sie sind ja eine Unternehmerin, haben Sie vorhin zu mir gesagt, eine große Unternehmerin. Was hält Sie noch in dieser Regierung? Was treibt Sie an, hier noch länger zu sitzen? – Anscheinend ist das der gute Kontakt zu den Klimaklebern, denn da kriegen Sie den Klebstoff her, der Sie an die Regierungssessel pickt. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Genau! Das ist es!)

Ansonsten, Frau Tourismusstaatssekretärin, kann Sie ja nichts halten, denn mir geht es wahrscheinlich nicht anders als vielen Millionen Österreichern:
Man kennt Sie kaum. Man weiß nicht, was Sie im Tourismusministerium als Staatssekretärin tun.

Wenn Sie dann nach mir aufstehen und sagen, was Sie im Ministerium als Staatssekretärin für Tourismus alles gemacht haben, bitte gerne, ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, aber ich glaube, wenn wir eine kleine
Umfrage machen würden, würden wir nicht viele Touristiker finden, die diese Staatssekretärin auch kennen.

Leider Gottes muss man zu eurer allgemeinen Lage, zu eurer allgemeinen Situation einfach sagen, genau wie eure Kampagnen mit: Ich glaube an dieses Österreich!, nicht aufgehen und nicht funktionieren, funktioniert in die­ser Regierung nichts, funktioniert für den Bürger draußen nichts. (Bundesrat Schennach: Und in Salzburg ist auch nichts ...?) Hoffentlich traut ihr euch
noch raus, denn Nehammer sieht man bei den Leuten seit dem Burger-Gschichtl überhaupt nicht mehr, der scheint untergetaucht zu sein. Hoffentlich
reden die Bürger schon noch mit euch und sagen euch, dass es immer, immer schwieriger wird.

Denken wir einmal daran! Gehen wir eineinhalb Generationen zurück! Da war es noch möglich, dass man sich mit seiner Leistung etwas erarbeiten konnte,


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dass sich ein Arbeitnehmer, dass sich ein kleiner Unternehmer eine Wohnung kaufen, ein Häusl bauen konnte, vielleicht mit einem kleinen Grundstück.
Redet einmal mit den jungen Menschen, die vor drei, vier, fünf, sechs Jahren die Lehre gemacht haben, jetzt Gesellen sind, redet einmal mit ihnen und
fragt sie, wie viel sie sich in dieser Zeit an Erspartem auf die Seite legen konnten! Da wird jeder sagen: Es reicht gerade, dass ich durchkomme. – Das war
es! Da reden wir nicht mehr von Wohnung kaufen, von Familie gründen, Eigen­heim, Häusl bauen, Garten – von dem reden wir schon seit Jahren nicht
mehr, aber auch das ist dieser angeblichen Familienpartei ÖVP völlig wurscht. Ihr wurstelt euch durch bis zum bitteren Ende.

Das bittere Ende für euch wird kommen. Für Österreich wird es ein gutes Ende haben, allerspätestens im Herbst 2024. Wisst ihr, warum es dann ein
gutes Ende haben wird? (Bundesrat Schennach: Bitte, sag es uns!) – Weil wir hoffentlich nächstes Jahr im Herbst endlich einen Kanzler mit einem Herz für die Bevölkerung in Österreich (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP), mit Ver­stand und vor allen Dingen mit Hausverstand haben.

Wissen Sie, wen ich mir da wünsche? – Nämlich einen Volkskanzler Herbert Kickl, der dieses Österreich von euch allen befreien wird. (Anhaltender Beifall bei
der FPÖ.)

13.23


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staatssekretärin Mag.a Susanne Kraus-Winkler zu Wort gemeldet. –
Bitte, Frau Staatssekretärin.


13.23.27

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und
Herren Kollegen! Sehr geehrter Herr Steiner! (Bundesrat Steiner: Das freut mich jetzt!) – Genau, das habe ich mir gedacht, deswegen habe ich es gesagt.
Ich kann das natürlich so nicht stehen lassen. Dass Sie mich nicht kennen, das


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habe ich jetzt eineinhalb Jahre mitbekommen, jedes Mal, wenn ich in
diesem Haus meinen Minister vertreten oder über den Tourismusbetrieb be­richten durfte. Dass Sie mich im touristischen Bereich nicht kennen, tut
mir leid für Sie, denn ich bin seit über 25 Jahren sehr aktiv im Tourismus tätig. Im touristischen Bereich kennen mich so gut wie alle Kollegen. Ich würde Ihnen raten: Fragen Sie einmal die einen oder anderen!

Aber die Frage, die Sie beantwortet haben wollten, war: Was machen wir denn eigentlich im Staatssekretariat für Tourismus? Ich möchte das jetzt nicht
so lange ausführen, aber ich möchte Ihnen Folgendes sagen: Wir haben gerade in den letzten eineinhalb Jahren extrem viel weitergebracht, was man auf Bundesebene machen kann. Es gibt den Masterplan Tourismus, in dem Ziele festgeschrieben sind. Wir haben den Aktionsplan zu diesen Zielen ge­macht. In den Zielen steht auch, dass wir nicht nur ein erfolgreiches Tourismus­land sein müssen, sondern auch ein nachhaltiges, in allen drei Dimen­sionen. Wir haben dazu eine Viersäulenstrategie aufgestellt, die wir alle mitt­lerweile umgesetzt haben, wo es jetzt nur darum geht, dass sie sich
Schritt für Schritt auch in diversen Aktionen wiederfinden.

Das ist der ESG-Data-Hub. Das ist die neue Tourismuszertifizierungsstrategie in Vorbereitung auf die EU-Strategie. Das ist die neue gewerbliche Touris­musförderung, die wir völlig neu aufgestellt haben, wofür wir auch das Budget sichern konnten. Zusätzlich haben wir noch das ganze Thema rund um
die Nachhaltigkeitsstrategie auf die Reihe gebracht.

Wir haben betreffend Arbeitsmarkt gerade das Saisonnierskontingent dreimal erhöht und mit den Betrieben gearbeitet. Wir haben versucht, das Image
der Arbeit im Tourismus über Awarenesskampagnen und runde Tische zu heben.

Wir schreiben auch das Thema Digitalisierung ganz groß. Wir sind in Vor­bereitung der Short-Term-Rental-Verordnung der EU, die wahrscheinlich im Februar erlassen wird, dabei, ein Beherbergungsregister für ganz Öster­reich zu erstellen, das wir gerade mit den Ländern verhandeln. Auf dieser Basis


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sollte es – das werde ich nicht mehr erleben – dann ein digitales Gästeblatt geben.

Ich könnte jetzt eine Stunde lang erzählen, wie viele Projekte wir haben – das tue ich Ihnen allen nicht an. Wir haben das Budget verabschiedet, das erfolg­reich ist. Wir haben die Österreich-Werbung neu aufgestellt, haben die
neuen Statuten gestern beschlossen. Es wird einen Aufsichtsrat statt eines Prä­sidiums geben.

Also wir haben extrem viel Arbeit für den Tourismus geleistet, denn der Tourismus ist ein ganz wichtiger Teil der österreichischen Wirtschaft und bringt sehr viel Wohlstand auch in jene Regionen, wo wir sonst weder Arbeits­plätze noch Wirtschaftstätigkeit hätten. Ich möchte gar nicht darüber reden, dass es auch sehr, sehr viele Zusatzbereiche in Industrie und Gewerbe gibt, die in vielen Regionen – und gerade das Zillertal ist ein gutes Beispiel – durch
den Tourismus leben; das heißt, den Tourismus zu pflegen und für die Branche die richtigen Weichen zu stellen, ist ganz, ganz wichtig. – Danke vielmals.
(Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen.)

13.26


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Eine weitere Wortmeldung liegt von Herrn Bundesrat Sascha Obrecht vor. – Bitte, Herr Bundesrat.


13.26.51

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Ich gratuliere zu Ihrer Replik. Ich glaube, das war jetzt eigentlich ganz ordentlich als Antwort. Das kann man auch einmal sagen, sonst lobe ich ja nicht zu viel. Das gebe ich zu. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Beifall
bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich bin deswegen hier herausgekommen, weil Kollege Steiner gefragt hat, was wir in Wien gegen hohe Mieten und was wir generell im Wohnungsbe­reich so machen. Es ist vermutlich an ihm vorbeigegangen: Wir haben erst kürzlich einen Mietpreisstopp für Gemeindewohnungen beschlossen,


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der bis 2025 reichen wird. (Bundesrat Steiner hält ein Blatt Papier in die Höhe.) Das betrifft 185 000 Gemeindewohnungen, eine unvorstellbare Summe. Es
sind 370 000 Menschen, die davon profitieren werden. Wir haben die Wohnbei­hilfe neu gestaltet, es gibt mehr Bezugsberechtigte. Wir haben höhere För­derungen in Wien eingeführt. Und wir haben eine Widmungskategorie für den sozialen Wohnbau, die es in keinem anderen Bundesland gibt, auch in kei­nem, in dem die FPÖ dabei ist, auch in keinem, in dem die FPÖ für den sozialen Wohnbau zuständig ist (Zwischenruf des Bundesrates Steiner), die nämlich
eines sichert: dass mit Boden dort, wo sozialer Wohnbau errichtet werden soll, nicht spekuliert wird. Das ist vorbildlich, das muss man auch sagen. Das Wienbashing ist einfach unberechtigt in dieser Frage. (Beifall bei der SPÖ. – Bun­desrat Schennach: Das weiß er nicht!)

Wo er allerdings recht hat, ist – da hat er mich am Anfang seiner Rede ganz kurz verloren, als er gesagt hat, er war als Nikolaus unterwegs (Heiterkeit bei Bun­desrät:innen der SPÖ), denn das Bild an und für sich ist, glaube ich, ein gutes; das würde ich gerne sehen –, dass es den Menschen im Land zunehmend
schlechter geht und dass Optimismusappelle alleine nicht reichen werden. Das ist eine Sache, die erlebt man im Zillertal, die erlebt man aber auch beson­ders in Favoriten, dem Bezirk in Wien, aus dem ich komme.

Man muss nur einen Tag bei der Volkshilfe Favoriten mit dabei sein, um zu wissen, dass die Armut in Österreich im Steigen begriffen ist, dass das ein reales Thema ist und dass man nicht nur mit den Apellen arbeiten muss, sondern
den Leuten auch tatsächlich helfen sollte.

Jetzt sagen Sie immer, ich werfe pauschal vor, diese Bundesregierung mache nichts. Nein, das tue ich nicht, das habe ich auch in der Vergangenheit
so in der Form nicht getan, aber es ist zu wenig. Es ist einfach zu wenig, und das merken die Leute. Wenn die Armut steigt, ist es zu wenig. Ein Land wie Österreich kann es sich im Jahr 2023 nicht leisten, dass die Armut wieder steigt. Das ist wirklich nicht zufriedenstellend und das ist dann auch im vorgeleg­ten Budget zu wenig.


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Wir haben deswegen auch einen Entschließungsantrag vorbereitet, der dieses Thema behandelt und tatsächlich auch Maßnahmen beinhaltet, die wir
uns im Budget gewünscht hätten.

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rettung der österreichischen Wirtschaft durch Preiseingriffe“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird aufgefordert, ein umfas­sendes Inflationsbegrenzungsgesetz vorzulegen, das zumindest folgende Sofortmaßnahmen umfasst:

1. Einfrieren aller Mieten bis Ende 2025. Danach Begrenzung des Mietanstiegs mit dem EZB-Leitzinssatz, maximal aber 2 % pro Jahr.

2. Sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs.

3. Einsetzung einer schlagkräftigen Anti-Teuerungskommission, die u.a. sicherstellt, dass milliardenschwere Hilfszahlungen an Unternehmen in Form von sinkenden Preisen an die Menschen weitergegeben werden. Bei Nicht-Weitergabe von Hilfen bzw. von allen Mehrwertsteuersenkungen in Form von sinkenden Preisen soll es harte Sanktionen bis hin zur Rückzahlung
der Energiehilfen geben.

4. Eine entschlossene Regulierung des Energiemarkts, sodass Energiekonzerne keine Übergewinne machen, sondern die Energiepreise sich an den Pro­duktionskosten orientieren.

5. Die Einführung einer befristeten zielgerichteten Übergewinnbesteuerung für all jene Konzerne, die sich aufgrund der aktuellen Teuerung zu Lasten der Menschen in Österreich bereichern.“

*****


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Von diesen Konzernen gibt es genug, meine Damen und Herren, da gibt es genug; wir erleben es, wir haben es bei den Coronahilfen gesehen. Tat­sächlich ist eine der vordringlichsten Aufgaben, das auch aufzuklären, deswegen gibt es dazu auch einen Untersuchungsausschuss.

Ich will auch eines richtigstellen, Kollegen Buchmann und Tiefnig – sehen Sie, ich kann Ihren Namen richtig aussprechen; vielleicht lernen Sie das auch, das
ist ein Mindestmaß an Respekt, dass man, wenn man jemanden adressiert, den Namen richtig ausspricht –: Konkret haben Sie gemeint, ich betreibe im
Grunde undifferenziertes „Unternehmerbashing“. – Das mache ich nicht. Viele meiner Bekannten sind Unternehmer, sind Selbstständige. Das ist ein
extrem bewundernswerter Schritt, da geht extrem viel Risiko, persönliches Risiko mit rein, und das respektiere ich, dafür habe ich auch Be­wunderung. (Bundesrat Himmer: Haben welche davon auch eine GmbH?)

Was ich tatsächlich nicht toleriere, ist, wenn Personen sich unlauterer Praktiken bedienen. Das Beispiel, das ich gebracht habe – sehr konkret, nicht pau­schal, wie Sie es mir unterstellen, sondern sehr konkret –, war Herr Pierer. Und ich wiederhole es noch einmal: 11 Millionen Euro Coronaförderung auf
der einen Seite und auf der anderen Seite 7 Millionen Euro an die Aktionäre ausgeschüttet. Von der Tasche der Steuerzahler in die der Aktionäre:
Das ist unredlich, das ist absolut unredlich, und das muss man artikulieren dür­fen. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Tiefnig hat die Kennzahlen der Pierer Mobility AG richtig schön darge­legt. Nur, was bringt das den 300 Arbeitnehmern in Mattighofen, die
ihren Job verlieren? (Beifall bei der SPÖ.) Was bringen ihnen diese Zahlen? Das wird natürlich auch in Ihrer Region - - (Bundesrat Tiefnig: Arbeitskräfte ... in Transformation! Wir haben einen Arbeitskräftebedarf in Braunau, wir haben zu wenig Arbeitskräfte!) – Und die 300 Personen, die dann keinen Job mehr haben,
welche Auswirkungen wird das auf die Region haben? Können Sie das sagen? – Da wird es weniger Konsum geben, da werden andere Unternehmen auch


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zusperren. Und warum schließt er das? – Weil er seine Produktion nach China verlagert.

Das sind die Vorbilder?! Sie haben gesagt, Unternehmer sind Vorbilder. Das sind die Vorbilder, die wir lobpreisen sollen? Ich mache das sicher nicht. Ich halte dieses Vorgehen für schändlich, und ich werde das auch hier sagen, wenn ich es für schändlich halte. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Pierer ist ja nicht das erste Mal in den Nachrichten. Er hat am 2. Februar 2017 in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ gesagt, er könne es sich
leisten, seit 30 Jahren die Arbeitszeitgrenze massivst zu überschreiten, und er mache das mit Freude. – Zitatende.

Das sind die Vorbilder der österreichischen Wirtschaft? Solchen Menschen wollen wir huldigen? – Ich nicht, aber ich weiß, warum ihm die ÖVP
huldigt. 2017 hat er 436 000 Euro im Wahlkampf an die ÖVP spendiert. (Rufe bei der SPÖ: Aber!) Das ist dann irgendwie schon eine klare Begründung, warum
man ihn lobpreist.

436 000 Euro sind an die ÖVP gegangen (Bundesrat Buchmann: Das ist ein Bettel gegenüber dem, was der Gusi kriegt!), und deswegen habe ich auch dem Finanzminister gesagt, er solle sich das KTM-Pickerl hierher picken (mit der rech­ten Hand auf das linke Revers seines Jacketts deutend), weil es ganz klar ist,
für wen er Politik macht.

Er sagt nämlich – und da hat er keine Unwahrheit gesagt –, von der KöSt-Sen­kung profitieren 180 000 Unternehmen. Das ist aber ein perfektes Bei­spiel dafür, wie man mit Zahlen tricksen kann, denn was er nicht gesagt hat, ist, dass 3 000 Unternehmen – also 2 Prozent aller Unternehmen – 75 Prozent
aller Mittel aus dieser KöSt-Senkung beziehen. Das ist die Realität: 2 Prozent der Unternehmen nehmen 75 Prozent dieses Vorteils weg. Da kann er hundert­mal sagen, dass es 180 000 Unternehmen zugutekommt – es ist ein Steuerge­schenk an die 3 000 Unternehmer in Österreich, die 75 Prozent dieser Steuersenkung mitnehmen.


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Das macht 750 Millionen Euro, die man diesen 3 000 Unternehmen schenkt, und warum? In Zeiten der Krise macht man das nicht. Das macht man nicht. Das
ist unethisch, das ist unmoralisch, es ist unverantwortlich, in so einer Situation so etwas zu machen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Abschließend noch zur Nettolohnerhöhung durch die Abschaffung der kalten Progression: Lohnpolitik machen die Sozialpartner. Nettolohnerhöhungen schauen nicht so aus, dass Leute Steuern zahlen und einen Teil dieser Steuern wieder zurückbekommen. Das ist keine Nettolohnerhöhung, das ist das
Geld, das sie sich selbst erwirtschaftet haben, wofür sie fleißig gearbeitet ha­ben – und dass sich die Regierung dafür lobpreisen lässt, das geht sich
einfach nicht aus. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Himmer: Nur wenn es eine
SPÖ-Regierungsbeteiligung gibt, dann ist es erlaubt!)

Insofern möchte ich mit zwei Zitaten, die beide vorgekommen sind, schließen:

Einerseits gab es Kollegen Ebner mit: „Wo der Wind der Veränderung
weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ – Wir haben also da einmal den Wind.

Andererseits gab es den Finanzminister, der seine Budgetrede folgendermaßen begonnen hat: „Wir können zwar den Wind nicht ändern, aber wir können
die Segel richtig setzen.“
 – Scheinbar hat sich die ÖVP Marcus Wadsak für ein Rhetorikseminar geholt.

Bleiben wir aber vielleicht beim Sprachbild! Ich hoffe, der Sturm wird Sie im nächsten Herbst davonwehen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

13.35


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Rettung der österreichischen Wirtschaft durch Preiseingriffe“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.


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Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Himmer. (Präsidentin Arpa übernimmt den Vorsitz.)


13.35.41

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weil wir vom Unterneh­mertum sprechen und hier das Unternehmerbashing angesprochen worden ist: Das heißt natürlich, dass das sehr wohl stattgefunden hat, und es hat
natürlich auch durch Kollegen Obrecht stattgefunden, indem hier undifferenziert auf Unternehmer hingeschnalzt wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das bedeutet aber natürlich nicht, dass man es verteidigt, wenn Unternehmer vielleicht zu viele Förderungen bekommen (Bundesrat Steiner: Ja, sicher
bedeutet es das!)
oder wenn Unternehmer den Standort aus Österreich rausver­lagern. Niemand will das. (Bundesrat Steiner: Aber ihr unterstützt es!)

Man muss aber die Kirche im Dorf lassen, denn woher kommen denn die Steu­ern? (Bundesrätin Schumann: 80 Prozent von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Konsument:innen!) Wer zahlt denn die Steuern und woher kommt denn der Großteil des Steueraufkommens, damit wir überhaupt
etwas verteilen können? – Das kommt eben aus den Steuern der arbeitenden
Menschen, das kommt eben aus den Unternehmenssteuern und aus den Steuern der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, daher könnte man natürlich da
immer wieder Rechnungen aufmachen.

Jetzt bin ich wirklich nicht der Verteidiger von KTM und nicht der Verteidiger des Herrn Pierer, aber man kann sich sicher einmal – sportlich – die Zah­len anschauen, was gerade Unternehmen wie KTM insgesamt an Arbeitsplätzen schaffen, insgesamt an Steuern zahlen, insgesamt an struktureller Bedeu­tung für einzelne Regionen haben. (Bundesrat Schennach: Das geht sich gut aus!)

Dann kann man sich auch noch jene Themen anschauen, die Kollege Obrecht angesprochen hat. Darum geht es uns, wenn wir hier sagen, wir wollen
kein Unternehmerbashing. (Beifall bei der ÖVP.)

13.37


13.37.42


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 157

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die
Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgt.

Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein. – Das ist erfolgt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Budgetbegleitgesetz 2024.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen.

Ich ersuche die Schriftführung um Unterstützung bei der Feststellung der Mehr­heit beziehungsweise Minderheit. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag,
keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag.a Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Gute Absicherung
für Frauen in der Pension und Schutz vor Altersarmut“ vor.

Hierzu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesrät:innen gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte um eine deutliche Äußerung.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 158

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte und Bun­desrätinnen in alphabetischer Reihenfolge. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Doppler geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Ja“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche kurz zur Auszählung der Stimmen die Sitzung.

13.43.35*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 13.43 Uhr unterbrochen und um 13.45 Uhr wieder aufgenommen.)

13.45.36*****


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 56 ab­gegebenen Stimmen 25 „Ja“-Stimmen und 31-„Nein“-Stimmen. Der Ent­schließungsantrag ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:

Arpa;

Babler, Bernard;

Doppler;


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 159

Fischer;

Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn;

Kofler;

Lancaster, Leinfellner;

Mertel;

Obrecht;

Pröller;

Reisinger;

Schartel, Schennach, Schmid, Schumann, Spanring, Steiner;

Theuermann;

Wanner.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:

Arlamovsky;

Böhmwalder, Buchmann;

Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;

Geieregger, Gfrerer, Göll, Gross;

Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;

Jagl;

Kaltenegger, Kittl, Kohl;

Lassnig;


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 160

Neurauter;

Platzer, Prügl;

Ruprecht;

Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stillebacher, Stotter;

Tiefnig;

Wolff;

Zauner.

*****


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dominik Rei­singer, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betref­fend „finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden im neuen Finanzausgleich“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschlie­ßungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit
abgelehnt.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kol­legen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Rettung der österrei­chischen Wirtschaft durch Preiseingriffe“ vor. Ich lasse über diesen Entschlie­ßungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates
vom 21. No
vember 2023 betreffend ein Progressionsabgeltungsgesetz 2024.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 161

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt,
Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (2270 d.B. und 2293 d.B. sowie 11343/BR d.B.).

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister/die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (2269 d.B. und 2294 d.B. sowie 11344/BR d.B.).

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft ge­nehmigt und mit dem das Chip-Gesetz-Begleitmaßnahmengesetz erlassen wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 162

zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist einstimmig, somit ist der Antrag angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Pen­sionsordnungen der Oesterreichischen Nationalbank geändert und das AUA-Betriebspensions-Änderungsgesetz erlassen wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, und der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist einstimmig, und somit ist der Antrag angenommen.

13.50.418. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und das Bundesgesetz über
die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Öster­reich geändert werden (3537/A und 2301 d.B. sowie 11339/BR d.B. und 11350/BR d.B.)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Rückgabe von


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 163

Kunstgegenständen und sonstigem beweglichem Kulturgut aus den österrei­chischen Bundesmuseen und Sammlungen und aus dem sonstigen Bundeseigentum (Kunstrückgabegesetz –KRG) geändert wird (2302 d.B. sowie 11340/BR d.B. und 11351/BR d.B.)


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 8 und 9, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu Punkt 8 ist Frau Bundesrätin Sandra Böhmwalder, Berichterstatter zu Punkt 9 ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Ich bitte um die Berichte. Bitte sehr.


13.51.30

Berichterstatterin Sandra Böhmwalder: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates
vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesge­setz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Natio­nalsozialismus und das Bundesgesetz über die Einrichtung des Fonds
zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss
des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Vielen Dank.


13.52.20

Berichterstatter Marco Schreuder: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz über die Rück­gabe von Kunstgegenständen und sonstigem beweglichem Kulturgut aus den österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen und aus dem
sonstigen Bundeseigentum (Kunstrückgabegesetz –KRG).


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 164

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vor­lage am 5. Dezember 2023 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther Ruprecht. Ich erteile ihm dieses. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


13.53.18

Bundesrat Günther Ruprecht (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Präsidium! (Der Redner stellt die Höhe des Redner:innenpultes auf seine
Größe ein.)
Da das meine erste Rede hier ist, habe ich mich erst damit zurechtfinden müssen, wie die technischen Mittel funktionieren, aber es hat funktioniert.

Ich darf heute über die Reform des Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus reden. Es sei mir gestattet, dass ich dazu demokratiepolitisch etwas aushole. Als stolzer Steirer darf ich sagen, dass wir in der Steiermark
ein besonderes Miteinander über alle Fraktionen hinweg pflegen. Demokratie­politisch ist das sehr wichtig. Wir sind in einer guten Landesregierung mit
der Sozialdemokratie, aber auch über alle Parteigrenzen hinweg haben wir trotz mancher Unterschiedlichkeit ein gutes Miteinander. Das ist demokratie­politisch sehr, sehr wichtig: dass man sich gegenseitig respektiert, Meinungen zulässt, anderen zuhört und vielleicht auch Dinge herausnimmt. (Beifall
bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Jagl.)

In den Dreißiger- und Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts war das nicht immer der Fall. Es hing ein brauner Schleier über Österreich und


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fast über ganz Europa. Die Demokratie wurde ausgehebelt, demokratische Kräfte – Sozialdemokraten, Kommunisten, Christdemokraten – wur­den weggesperrt, und es kam riesiges Unheil über unsere Mitbürgerinnen
und Mitbürger jüdischen Glaubens.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Gegenwart zeigt auch eines: Auf den Straßen Österreichs und halb Europas ist der Antisemitismus wieder zurück­gekehrt. Das ist erschreckend. Das darf bei uns keinen Platz mehr
haben, dagegen müssen wir entschieden auftreten, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Ich darf hier auch ein großes Dankeschön an unseren Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka aussprechen, der die Initiative ergriffen und über Jahre
die Reform des Nationalfonds begleitet hat. Ein großes Dankeschön richte ich an dieser Stelle auch an alle, die überparteilich mitgewirkt haben. Es herrscht ja
zu diesem Thema Einigkeit, und dafür bin ich sehr, sehr dankbar.

Was sind die Eckpunkte dieser Reform? – Es geht um die Unterstützung der Gedenkdiener – davon gibt es sehr viele im Ausland; da gibt es unterschiedliche Ausgaben, die auf die Gedenkdiener zukommen; das hat man reformiert –,
ein umfassendes Schüler- und Jugendaustauschprogramm – das ist
sehr, sehr wichtig; da wird gebildet –, die Erweiterung des Komitees des Nationalfonds und eine bessere Nutzung des Archivs.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es hat Sinn gemacht, diesen Nationalfonds 1995 zu gründen. Die Reform ist sehr, sehr gut gelaufen. Ich bitte um
breite Zustimmung, um das auch zu transportieren. – Vielen Dank, liebe Kol­leginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen von SPÖ
und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

13.56


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Mag.a Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr dieses. – Bitte sehr.



BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 166

13.56.56

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher!
Wir behandeln bei diesen Tagesordnungspunkten zwei Gesetzesvorlagen. Es geht einerseits darum, das Kunstrückgabegesetz zu reformieren. Da geht
es relativ einfach, aber sehr wirksam um die Restitution von Raubkunst. Damals, zur Zeit der Nationalsozialist:innen, haben diese nämlich Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich Kunstgegenstände geraubt, und diese sollen wieder an die rechtmäßigen Besitzer:innen oder inzwischen auch an deren Erb:innen zurückgeführt werden. Um die Suche nach diesen Erb:innen auch datenschutz­konform zu ermöglichen, muss es Anpassungen im Sinne des Datenschutzes geben. Es ist also eine sehr sinnvolle Maßnahme, die da ergriffen wird.

Der zweite Teil behandelt, wie mein Vorredner schon gesagt hat, den National­fonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus.
1995 gegründet, wurden seither über 30 000 sogenannte Gestezahlungen ge­tätigt. Es wurden also Zahlungen an Opfer oder auch Nachkommen von
Opfern des Nationalsozialismus getätigt, wissend, dass das Leid, das erfahren wurde, niemals mit Geld aufgewogen werden kann. Es ist aber ein
Teil unserer Verantwortung und ein Zeichen, eine Geste, diese Verantwortung wahrzunehmen.

Ziele des Nationalfonds sind seit jeher die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus, die Dokumentation, aber auch die Bewusstseinsbildung und eben die Entschädigung.

Neben den Aufgaben, die mein Kollege schon genannt hat, ist ein Punkt, dass Gedenkdienern, die den Zivildienstersatzdienst in diesem Bereich leisten, 400 Euro im Monat zuerkannt werden. Auch das ist eine sehr wesentliche Maß­nahme. Uns Sozialdemokrat:innen ist es nämlich sehr wichtig, alle Opfer­gruppen gleichermaßen in den Fokus zu nehmen.


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Eine Sache ist da besonders wichtig, nämlich dass auch Grabgebühren von Überlebenden aus den Reihen der Sinti und Roma ab jetzt übernommen werden und auch in den Blick genommen wird, den Opfern aus der Gruppe der
Sinti und Roma eine nationale Gedenkstätte – möglichst in der Bundeshaupt­stadt – einzurichten.

Das ist ein dringender Wunsch dieser Gruppe, der Roma und Sinti selber, und ich finde, es ist höchst an der Zeit, dass diesem Wunsch nach einer Opferge­denkstätte für Sinti und Roma in der Bundeshauptstadt nachgekommen wird. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Es geht auch um eine Adaption in der Ausgestaltung, in der Struktur des Na­tionalfonds, darum, wie das Kuratorium und der Vorstand mit dem Hauptausschuss hier im Parlament zusammenspielen. Es ist uns sehr wichtig, dass das Parlament in die Struktur des Nationalfonds gut und wichtig eingebunden wird.

Was mir als Pädagogin natürlich extrem wichtig ist, sind alle Maßnahmen die ge­troffen werden, um bei Kindern und Jugendlichen Bewusstseinsbildung
zu diesem Thema zu machen. Für Schüler:innen und Lehrlinge werden Aus­tauschprogramme zu diesem Thema gefördert und es werden auch
Projekte gefördert, die Schüler:innen und Lehrlinge zu diesem Thema erarbeiten.

Warum ist das alles so wichtig? – Die Zeitzeug:innen aus der Zeit des Nationalsozialismus sterben langsam aus. Es werden immer weniger, nur mehr einzelne Zeitzeug:innen aus der Zeit des Nationalsozialismus stehen zur Verfügung. Das wertvolle direkte Aufeinandertreffen von Menschen, die diese Zeit erleben mussten, und uns, die das hören können, wird immer weniger.
Und der Antisemitismus in Österreich wächst.

Das ist nicht nur ein Phänomen, das irgendwo stattfindet, es ist auch ein Phänomen, das uns in der Politik, als Politiker:innen zu denken geben muss. Ich denke daran, dass wir Landesregierungen haben, in denen Politiker:innen


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Platz finden, die sich immer noch nicht vom Nationalsozialismus distanziert ha­ben und die mit Codes und Begrifflichkeiten des Nationalsozialismus agieren.

Wir haben solche Kollegen und Kolleginnen auch hier im Saal, die nach wie vor von einem Volkskanzler reden, wie auch Adolf Hitler genannt wurde. (Bun­desrat Spanring: Geh bitte, und beim Kreisky war’s nicht so?! Beim Kreisky war es wurscht, oder? – Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner. – Bundesrat
Spanring – stehend und mit dem Finger auf die Rednerin zeigend –:
Schämt euch, schämt euch! Furchtbar! Also so was Mieses hab ich überhaupt noch nicht
erlebt!)

All das ist hier möglich. Sie haben heute, zu Beginn dieser Plenardiskussion ihre Befürchtungen oder ihre Bedenken zum Thema Verweichlichung der
Sprache geäußert. (Bundesrat Spanring: Leopold Figl: Volkskanzler, Kreisky: Volks­kanzler, aber bei Kickl macht ihr den Vergleich zu Hitler! Unter aller Kritik,
Frau Kollegin! –
Zwischenruf des Bundesrates Bernard.)

Meine Befürchtung, meine Angst gilt der Verrohung der Sprache, was wir auch bei vielen Reden hier im Haus gegenüber Minister:innen, gegenüber Kol­leg:innen hören müssen (Bundesrat Spanring: Unpackbar!); wir müssen die Ver­rohung der Sprache in fast jeder Sitzung hören.

Auch Verhetzung gegenüber bestimmten Gruppen hören wir in jeder Plenarsit­zung. (Bundesrat Spanring: Von der SPÖ zum Beispiel gerade jetzt!) Heute
war das wieder gegenüber Zuwander:innen, Flüchtlingen der Fall.

Sie wissen ganz genau – alle von uns wissen es –, dass Gewalt an Frauen zu 70 Prozent im häuslichen Umfeld und durch österreichische Täter pas­siert. (Bundesrätin Schumann: Genau! Ja, stimmt!) Und Sie wissen ganz genau, dass die Flüchtlinge deswegen nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen,
weil diese nicht arbeiten dürfen, solange sie im Asylverfahren sind. – Da wird ganz bewusst Verhetzung betrieben, die ich auf das Schärfste zurückweise. (Bundesrat Spanring: Und so was ist Pädagogin, das ist das Schlimme!)


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Die Angst muss dort sein, wo Gewalt in der Sprache passiert, denn die Frage ist: Was passiert nach der Gewalt in der Sprache? Was ist das nächste Aus­drucksmittel, wenn die Artikulation durch die Sprache fehlt? (Die Bundesrät:innen Schreuder und Schumann: Genau! Das stimmt!)

Ich komme jetzt noch einmal zum Thema Bewusstseinsbildung bei jungen Menschen: Das Wichtigste bei der Arbeit mit jungen Menschen ist, einen Bezug zu ihrer aktuellen Lebensrealität herzustellen. Es ist oft zu wenig, im Ge­schichtsunterricht zu hören, wie viele Tausend Menschen Opfer waren. Es geht darum, einen Bezug zur Lebenswelt herzustellen.

Da möchte ich die jüdischen Friedhöfe ins Spiel bringen. Im Nationalfonds wird nämlich auch ein Fonds für die Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe ausgebaut und diese jüdischen Friedhöfe bieten eine gute Möglichkeit, einen Bezug herzustellen.

Wir haben in Österreich 71 registrierte jüdische Friedhöfe, und weil wir im Bundesrat sind, möchte ich auch kurz erwähnen, was das pro Bundes­land bedeutet: Wir haben 18 jüdische Friedhöfe im Burgenland, einen in Kärnten, 31 in Niederösterreich, vier in Oberösterreich, einen in Salzburg, sieben in der Steiermark, zwei in Tirol, einen in Vorarlberg und sechs in Wien.

Es ist eine gute Möglichkeit, anhand der bestehenden Friedhöfe, aber auch an­hand anderer konkreter Orte – ehemaliger Lebensräume oder Orte, wo die
Opfer gelebt haben – einen Bezug zur Lebenswelt herzustellen.

Ich möchte auch auf drei aktuelle Gedenkprojekte verweisen, die man in Öster­reich finden kann und mit denen es auch möglich ist, mit jungen Leuten Be­wusstseinsbildung zu machen:

Eines ist das großartige Projekt der Stolpersteine. In Wien gibt es mittlerweile viele, viele Hunderte dieser Stolpersteine, es gibt sie aber auch in vielen
anderen Städten. Man kann damit ganz konkret anhand der Biografie einzelner Opfer nachverfolgen, wie Antisemitismus entsteht, wie Rassismus entsteht
und was das am Schluss für Folgen hat.


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Ich möchte auch auf ein ganz tolles Projekt in Bregenz hinweisen: den Ge­denkweg, der dort eingerichtet wurde und auf dem anhand der Lebensbiografien einzelner Bürger:innen veranschaulicht wird, wie es passieren konnte, dass
sie plötzlich verschwunden sind, und was dazu geführt hat.

Noch ganz kurz: Ein drittes Projekt ist der Stollen der Erinnerung vom Museum Arbeitswelt in Steyr, der dort mitten in der Stadt zeigt, was es bedeutet hat, mitten in Steyr im Nationalsozialismus mit diesen vielen, vielen Opfern zu leben.

Wir stimmen beiden Gesetzesbeschlüssen natürlich und sehr gerne zu. Wir So­zialdemokrat:innen sind immer auf der richtigen Seite der Geschichte
gestanden. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Spanring: Ja genau, genau! Es heißt Nationalsozialisten! Sozialisten! – Bundesrätin Schumann: Absolut! Nie auf
der Seite des Faschismus!)

Es war uns immer wichtig, gegen Antisemitismus, gegen die Anfänge aufzutre­ten, und wir sind immer gute Partner:innen in diesem Bereich gewesen. –
Besten Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrä­tin Schumann: Die Sozialdemokratie ist nie auf der Seite des Faschismus gestanden! – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Da gibt’s gar nichts! Da gibt’s überhaupt nichts!)

14.07


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Mag. Isabella Theuermann. Ich erteile ihr dieses. – Bitte, Frau Bundesrätin.


14.07.10

Bundesrätin Mag. Isabella Theuermann (FPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg darf ich gleich festhalten, dass beide vorliegenden Gegenstände unsere Zustimmung finden werden.

Gerade beim Kunstrückgabegesetz beinhaltet die Änderung nur kleine Ergän­zungen und Regelungen zur Datenverarbeitung, die so im Nationalfonds­gesetz vorgesehen waren, aber dort nicht richtig angesiedelt gewesen wären.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 171

Bezüglich der Änderung beim Nationalfondsgesetz darf erwähnt werden, dass nicht alle unsere Kritikpunkte aufgegriffen wurden. Einerseits werden die Verwaltungskosten durch den Zweiervorstand deutlich erhöht, und diese Mittel hätten sinnvolleren Zwecken im Sinne des Fonds zufließen sollen. Aus un­serer Sicht hat das bisherige System seinen Zweck erfüllt und könnte auch so fortgesetzt werden, statt es aufzublasen.

Weiters sehen wir vor dem Hintergrund der zusätzlichen Förderung von Zivil­dienern, die mit dem Gedenkdienst im Ausland sind, eine gewisse Art
der Ungleichbehandlung. Verglichen mit allen anderen Zivildienern liegen schlichtweg eine Doppelförderung und natürlich auch ein Ungleichgewicht im Vergleich mit dem Sold von Grundwehrdienern vor. Das ist aus
unserer Sicht ein gewisser Wermutstropfen bei der gegenständlichen Änderung.

Wie aber eingangs erwähnt, werden wir beiden Punkten dennoch
zustimmen, wenn auch aktuell nicht alle Verbesserungsvorschläge unsererseits berücksichtigt wurden, ganz einfach, weil wir es für zielführend erachten,
dass diese Maßnahmen weiterhin umgesetzt werden. Insbesondere die Instand­haltung der jüdischen Friedhöfe wird von uns unterstützt.

Gerade vor dem Hintergrund des importierten Antisemitismus, der nun immer stärker sichtbar wird und den es leider auch in Österreich zuletzt wieder
auf die Straßen gezogen hat, ist es besonders wichtig, in dieser Angelegenheit weiterhin aktiv zu sein. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.09


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm dieses. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


14.09.24

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt niemand auf der Regierungsbank, und das hat einen guten Grund, denn der Nationalfonds liegt bei uns im Parlament.
Es ist eine parlamentarische Institution, deswegen ist es für uns als


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Parlamentarier und Parlamentarierinnen auch ganz besonders von Interesse,
wie wir mit diesem Fonds umgehen.

Seit 1995 leistet der Fonds ja wirklich wertvolle Arbeit und hat einerseits dafür gesorgt, dass sehr viele Restitutionsfälle auch tatsächlich geprüft und durchgeführt worden sind – meine Vorrednerinnen und Vorredner haben das eigentlich sehr, sehr gut erklärt –, es sind aber andererseits auch der Nationalsozialismus und das Schicksal von Opfern wissenschaftlich erforscht worden. In all den Jahren ist über die Zeit das Bewusstsein über die
furchtbare Zeit damals in wirklich ganz enormer Weise geschärft worden. Ich möchte mich auch ganz besonders und ausdrücklich bei Generalsekretärin Hannah Miriam Lessing und bei dem gesamten Team des Nationalfonds für die Arbeit herzlich bedanken. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Es ist ja seit 1995 auch sehr, sehr viel im Bewusstsein – wie wir damit umgehen – und auch in der Art und Weise passiert, wie wir darüber sprechen, wenn man vergleicht, wie wir 1995 darüber gesprochen haben und wie
wir heute darüber sprechen. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass zum Beispiel homosexuelle Opfer der NS-Zeit 1995 noch keine anerkannten
Opfer waren, sondern dass diese erst seit 2005 anerkannte Opfer sind. Das hat bedeutet, dass einem KZ-Wärter, der zu der Zeit in einem Konzentrations­lager gearbeitet hat, die Zeiten für seine Pension anerkannt worden sind, aber bei einem Homosexuellen, der in der Zeit in einem KZ gesessen ist, diese
Zeit nicht anerkannt war. Das war bis 2005 so, das ist noch nicht so lange her.

Daran sieht man ja auch, was sich in diesen Jahren auch im Bewusstsein geändert hat. Ich glaube, da hat der Nationalfonds einen ganz entscheidenden Beitrag geleistet – sicher nicht nur er, aber er hat einen ganz wesentlichen
Anteil daran.

Meine Vorrednerin Daniela Gruber-Pruner hat das auch sehr schön gesagt: Es gibt einen großen Unterschied zwischen 1995 und heute, nämlich dass es damals noch sehr, sehr viele Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gegeben hat und es


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jetzt wirklich nicht mehr sehr viele gibt. Wir haben ja gerade – es ist noch
gar nicht so lange her –gemeinsam eine Gedenkveranstaltung im Nationalrats­sitzungssaal erlebt, in der wir noch Zeitzeugen hören konnten. Die, die
wir heute noch einladen, sind mittlerweile diejenigen, die es als Kind erlebt ha­ben, weil das die Letzten sind, die das jetzt noch erzählen können.

Es ist aber auch wichtig, zu sagen, dass in all diesen Restitutionsfragen, die beim Nationalfonds liegen, natürlich auch die Erbinnen und Erben einen An­spruch haben, und es ist ganz wichtig, das hier zu erwähnen. Dadurch dass wir auch historisch sozusagen immer weiter entfernt von dieser Zeit werden,
liegt der Fokus mittlerweile natürlich ganz stark auf dieser Bewusstseinsbildung, auf Erinnerungskultur und auf Wissenschaft.

Im Nationalfonds wird es jetzt insofern Veränderungen geben, als zukünftig der Vorstand aus zwei Personen bestehen wird, die aus diesem Bereich der Erforschung sehr viel Erfahrung mitbringen müssen. Das steht ja auch ausdrück­lich so drinnen. Es wird auch dadurch mehr Transparenz geschaffen,
dass vierteljährlich obligatorische Berichte über die geplanten Tätigkeiten an
das Kuratorium des Fonds gerichtet werden müssen.

Was ich auch besonders begrüße – das finde ich einen sehr schönen Schritt für den Nationalfonds –, ist, dass es einen ehrenamtlichen wissenschaftlich-künstlerischen Beirat geben wird, der ihm zur Seite gestellt wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ihr wisst alle, wie sehr ich seit 2006 für den jüdischen Friedhof in Währing gekämpft habe, der ja eigentlich in Döbling
liegt. Zu erklären, warum der Währinger Friedhof in Döbling liegt, ist aber eine sehr lange und komplizierte Geschichte.

Das hat mich damals sehr gefreut. Ich habe auch viele Kolleginnen und Kollegen eingeladen. Vielleicht sollte ich das nächsten Sommer wieder einmal ma­chen. Ich lade Sie dann gerne wieder einmal zu einer Runde durch den jüdischen Friedhof in Währing ein. Ich mache das ja seit 2006 auch in dem Verein


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dort. Als wir damals diesen Friedhof zeigen wollten, war er vergessen, wirklich dem absoluten Verfall preisgegeben, und es hat sich niemand dafür
interessiert.

Das Bohren harter Bretter und das immer Lästigsein gehören manchmal auch zur Politik. Ich glaube, wir kennen es alle in allen möglichen Rollen. Umso erfreulicher ist es, dass es doch auch zu einem Erfolg führt und dass jüdische Friedhöfe saniert werden. Man darf auch diese wunderbare Kultur nicht vergessen. Das Merkwürdige, wenn man auf einem solchen Friedhof ist, ist ja, dass man so viel über das Leben von damals mitbekommt. Das klingt
jetzt quasi wie ein Widerspruch, aber es ist wirklich so.

Das Palais Epstein nebenan gehört ja jetzt zum Parlament, und die Grabstelle von den Epsteins ist in Währing am jüdischen Friedhof. Es hat also auch sehr viel mit unserer parlamentarischen Arbeit zu tun, und wir haben sozusagen
einen direkten Bezug dazu.

Der Anteil, den wir damals besprochen haben, war für die IKG ja ein relativ ho­her. Man darf nicht vergessen: Die Israelitische Kultusgemeinde hat jetzt
knapp unter 8 000 Mitglieder. Wenn man bedenkt, dass 1938 250 000 Juden in Österreich gelebt haben, muss man sich diese Größenverhältnisse noch
einmal bewusst machen. Die Wiener Israelitische Kultusgemeinde war damals nur für die Wiener Friedhöfe zuständig und ist es mittlerweile für ganz Ostösterreich. Du (in Richtung Bundesrätin Gruber-Pruner) hast eh die Zahlen eindrucksvoll genannt: Die vielen Friedhöfe in Niederösterreich und
im Burgenland gehören mittlerweile alle zur Wiener Kultusgemeinde dazu. Das ist natürlich de facto für eine Kultusgemeinde allein nicht stemmbar.
Dafür brauchte es diese Lösung, dass Bund und Länder mithelfen, und das ist auch gut so.

Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass es eben mehr Opfergruppen gab. Jüdinnen und Juden sind in der Geschichte durch die Schoah natürlich
ganz besonders hervorzuheben. Das ist auch heute noch wichtig, übrigens nicht


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 175

nur bei einem importierten Antisemitismus, den es zweifelsfrei gibt, den
muss man auch ansprechen, aber es gibt auch immer noch einen Antisemitismus, der hier in Österreich entstanden ist, damals in brutaler Form gewütet
hat, der immer noch existiert und auch manchmal in manchen Gesangsbüchern zu finden ist.

Mir ist es aber schon auch wichtig, zu sagen: Es gab aber auch andere Verfolgte. Ich denke zum Beispiel an die Zeugen Jehovas, ich denke zum Beispiel
an die genannten Homosexuellen, ich denke an die politisch Verfolgten und vie­le, viele mehr. Meine Vorrednerin Daniela Gruber-Pruner hat es schon
gesagt: Dass es jetzt für die Sintize und die Romnia ein Denkmal geben wird, ist wirklich ein ganz wichtiges Zeichen für diese Gruppe, die immer noch
unter uns lebt, die auch – wir erinnern uns an die schrecklichen Attentate in Oberwart – immer noch Opfer von Attentaten und von Hass ist.

Umso wichtiger ist es, dass wir hier gemeinsam einstimmig ganz klar ein Signal setzen: Nein, wir sind dagegen! Wir stehen an eurer Seite! Wir sind
gegen Antiziganismus und wir werden auch ganz, ganz stark dagegen auftreten.

Ein weiteres Gesetz, das wir hier beschließen, ist schon angesprochen worden. Da geht es um das Kunstrückgabegesetz, da geht es um notwendige Datenschutzbestimmungen, die wir ändern müssen, damit im Rahmen der Provenienzforschung die Rechtsnachfolger auch nach dem Tod von
den Erben und Erbinnen gefunden werden können. Ich glaube, wir können alle sehr begrüßen, dass dem so ist. Ich freue mich sehr über die Einstim­migkeit, ich halte sie für ganz wichtig.

Vielleicht sehen wir uns dann im Sommer. Ich mache die Führungen dort immer noch. Sie können gerne einmal vorbeikommen. – Vielen Dank. (Beifall bei
Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

14.18



BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 176

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile es ihm. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


14.18.27

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich an die Vorrede anschlie­ßen: Der Jüdische Friedhof Währing liegt im Währinger Park, aber genau jener Teil des Währinger Parks, in dem der jüdische Friedhof liegt, liegt schon
in Döbling. Die Bezirksgrenze ist genau am Rand. Der Rest des Währinger Parks war übrigens früher auch ein Friedhof, der allgemeine Friedhof. Das war
der jüdische Teil.

Zu dem Friedhof habe ich besondere Beziehungen: erstens einmal, weil ich in der Gegend aufgewachsen bin und immer noch dort lebe, auf der anderen
Seite, weil dort auch drei Vorfahren von mir begraben liegen und weil ich jetzt in dem Verein mitwirke, der sich um die Erhaltung dieses jüdischen Fried­hofs kümmert. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

Der Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe, der ja strukturell zum Nationalfonds gehört – strukturell insofern, als er die gleichen Gremien
hat –, hat anlässlich der Zehnjahresfeier seines Bestehens dieses Jahr ein schö­nes Buch herausgegeben (das Buch „Häuser der Ewigkeit“ in die Höhe hal­tend), das ich sehr empfehlen kann. Das ist nicht nur kunstgeschichtlich inter­essant, sondern auch allgemein geschichtlich. Wie gesagt, dieses Buch
ist sehr zu empfehlen.

Ich glaube, es steht außer Frage, dass wir diesem Gesetzentwurf, dem wir bereits im Nationalrat zugestimmt haben, auch im Bundesrat zustimmen werden.
Es gibt natürlich einen Kritikpunkt an der Vorgangsweise: dass die Opposition leider zu spät eingebunden worden ist. Normalerweise wird – bei allem,
was den Nationalfonds betrifft – bereits vor der Einbringung des Gesetzesvor­schlags versucht, das Einvernehmen herzustellen.


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Einvernehmen ist auch dieses Mal hergestellt worden, allerdings erst, nachdem der Gesetzesvorschlag eingebracht worden ist. Es sind dann auch noch
im parlamentarischen Prozess Änderungen eingearbeitet worden, unter anderem beim Friedhofsfonds – da ist die Dotation um 20 Prozent erhöht worden,
von 1 Million auf 1,2 Millionen Euro im Jahr, das ist noch immer nicht besonders viel, der Fonds wurde auf 40 Jahre verlängert und die Kofinanzierung ist
in der Zwischenzeit auch so, dass von den Kultusgemeinden nicht mehr 50 Pro­zent, sondern nur noch 25 Prozent der jeweiligen Projektkosten getragen werden müssen.

Es gibt auch, ich würde sagen, technische Änderungen beim Nationalfonds: Die Leitung wird nicht mehr von einer Generalsekretärin, sondern von einem Zweiervorstand geführt werden, wobei die bisherige Generalsekretärin automa­tisch diesem Vorstand angehören wird. Das begrüßen wir alles sehr. Wir konnten in den Verhandlungen auch andere Verbesserungen des Gesetzentwurfs erreichen.

Ich freue mich, dass dieses Gesetz und auch der TOP 9, das Kunstrück­gabegesetz, heute einstimmig beschlossen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

14.21


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gelangt Bundesrätin Klara Neurauter. Ich erteile ihr dieses. – Bitte sehr, Frau Bundesrätin.


14.21.57

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer und Zuseher! Wie meine Vorredner bereits im Detail ausgeführt haben, leistet der Nationalfonds
seit 25 Jahren hervorragende Arbeit. Es gibt aber leider immer weniger Überle­bende, immer weniger Zeitzeugen, und auch viele Großprojekte sind be­reits abgeschlossen. In diesem Gesetz geht es aber darum, den Nationalfonds für die Zukunft auszurichten. Seit mehreren Jahren wurde unter Einbindung


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aller Fraktionen und der Entscheidungsträger aus dem Kuratorium bereits darü­ber diskutiert.

Nun, es geht um eine Unterstützung der Gedenkdiener, wie wir schon gehört haben. Das ist ein tolles Projekt, bei dem wir aber immer vor der Heraus­forderung gestanden sind, dass die Entschädigungen für die Gedenkdiener bei Weitem nicht ausreichen, wenn sie in London, New York oder anderen
größeren Städten ihren Dienst verrichtet haben. In Zukunft wird es eben vom Nationalfonds eine individuelle Unterstützung geben. Das wird den Gedenkdienst sichtbarer machen und auch an den Nationalfonds binden, was diesem, glaube ich, sehr gut tut.

Es wird ein sehr umfassendes Schüler- und Jungendaustauschprogramm geben, das zum Beispiel in Deutschland schon seit Jahrzehnten erfolgreich
ist. Das ist in meinen Augen auch die beste Möglichkeit zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus, zur Bekämpfung des Antisemitismus und zur
Bekämpfung von Vorurteilen, was jetzt mehr denn je notwendig ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Bundesrät:innen Schumann und Arlamovsky.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist auch eine Erweiterung des Komitees des Nationalfonds, das die eingereichten Projekte und Anträge im National­fonds prüft, vorgesehen. Die Projekte und die Umsetzung werden ja immer kom­plexer und da geht es jetzt auch um eine zeitgemäße, wissenschaftliche
Prüfung der Projekte. Es wird dann auch ein Zweiervorstand eingerichtet, ein Vieraugenprinzip durchgeführt, was auch den Richtlinien für Public
Governance entspricht.

Die Besetzung des zweiten Vorstands wird sehr transparent durchgeführt werden. Die Bestellung erfolgt dann im Hauptausschuss des Nationalrates. An der Stelle möchte ich aber, wie schon mein Vorredner, ausdrücklich
Hannah Lessing für ihr schon bisher hervorragendes Wirken danken. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Bundesrät:innen Schumann und Arlamovsky.)


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Der Friedhofsfonds wird jetzt auf 1,2 Millionen Euro erhöht, was der Instandhaltung jüdischer Friedhöfe zugutekommt. Auch dass Roma und Sinti extra erwähnt werden, finde ich gut. Ich denke, dass mit diesem Geset­zesvorschlag ein guter Wurf gelungen ist. Dieses Gesetz ist, wie schon gesagt, notwendiger denn je. Es ist auch notwendiger denn je, da geeint zu
handeln.

Antisemitismus ist tief in der österreichischen Gesellschaft verwurzelt. Darüber brauchen wir leider nicht zu diskutieren. Die Zahl der Übergriffe hat mas­siv zugenommen. Diese sind auf das Schärfste zu verurteilen. Für mich ist jeder Angriff auf unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ein Angriff auf
uns alle. Gegen diese Angriffe müssen wir uns gemeinsam wehren.

Wir alle wissen, mit respektlosen, herabsetzenden Worten fängt es an, ihnen fol­gen leider sehr oft böse Taten. Darum bitte ich alle, dies auch in diesem
Haus zu bedenken. Ich bin dankbar, dass wir bei diesem Gesetz gemeinsam han­deln. Unsere Geschichte verlangt dies auch von uns. (Beifall bei ÖVP
und Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

14.26


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Ah, bitte sehr, Herr Kollege Spanring.

An dieser Stelle begrüße ich Herrn Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Bundes­rät:innen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Zu Wort gelangt Andreas Spanring. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


14.26.49

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Herr Minister! Kollegen Bundesräte! Heute bei diesem Tagesordnungspunkt
ist etwas passiert, da, muss ich wirklich sagen, kann man eigentlich nicht ruhig bleiben: Es geht um jüdische Friedhöfe, Frau Kollegin Gruber-Pruner stellt


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sich hierher und bringt dann allen Ernstes in ihrer Rede den Vergleich Volkskanzler Herbert Kickl, Volkskanzler Adolf Hitler. Also wo sind wir, meine Damen und Herren!? Ich frage auch Sie als Vorsitzende: Bei jeder Kleinig­keit, wenn irgendjemand von Heuchelei oder sonst was spricht, unterbrechen Sie. (Ruf bei der SPÖ: Er nennt sich ja so!) Wenn es aber um eine NS-Ver­harmlosung der Sonderklasse geht, dann hört man von Ihnen kein Wort. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Bundesrates Gross.) – Ja, da können Sie sich
schon lustig machen, Herr Adi Gross. (Bundesrat Gross: Ihr seid so unglaubwürdig, was das betrifft!)

Dann geht es weiter: Wer waren die großen Volkskanzler in Österreich? – Ich kann mich an einen Bruno Kreisky erinnern, der damals sogar in einer
Schweizer Zeitung als Volkskanzler bezeichnet wurde (Bundesrätin Schumann: Der jüdische Bruno Kreisky!), als Sonnenkönig und sogar Zauberer. Wen
hat es denn noch gegeben? – Leopold Figl, von dem man auch gesagt hat, er war ein Volkskanzler.

Jetzt, liebe SPÖ, hören Sie genau zu: Im Jahr 2007 (Bundesrätin Gruber-Pruner: Ihr macht es jetzt!) hat sich Alfred Gusenbauer als Volkskanzler bezeichnet (Zwischenruf der Bundesrätin Gruber-Pruner), da war es kein Problem, aber heute kommen Sie mit dem Vergleich mit Adolf Hitler. Ich sage Ihnen noch
etwas: Wenn Sie immer und überall Nazis sehen, dann gehen Sie zu einem Arzt, der kann Ihnen mit Sicherheit helfen, denn normal ist das nicht.
(Beifall bei der FPÖ. Bundesrätin Schumann: Bah!)

Frau Gruber-Pruner! Wenn Sie sich dann hierherstellen und sagen, Sie sind Pä­dagogin, dann ist mir klar, warum das Ergebnis der Pisa-Studie so aus­schaut, wie es ausschaut. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ.  Bun­desrätin Schumann: Bah!) Auch wenn Leopold Figl, ein großer Staatsmann,
und auch Bruno Kreisky, ein großer Staatsmann in der Vergangenheit, von der Partei her nichts gemeinsam hatten (Bundesrätin Schumann: Großer
jüdischer Staatsmann!),
hätten sie in der heutigen Zeit etwas gemeinsam: Beide


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würden FPÖ wählen. (Beifall bei der FPÖ. Ruf bei der SPÖ: Na geh! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

14.29


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm dieses. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


14.29.13

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich nur kurz zu diesem Begriff des Volkskanzlers noch einmal zu Wort melden. Ich glaube, wir müssen da doch faktisch arbeiten, denn der Begriff ist selbstverständlich auf das
Jahr 1933 zurückzuführen. Er ist übrigens eine Erfindung von Goebbels gewesen.

Innerhalb dieses ganzen Wahlkampfes 1933 wurde der Begriff Volkskanzler verwendet, um Adolf Hitler an die Macht zu bringen – das ist damals ja
auch gelungen. Man muss allerdings auch dazusagen – das ist auch wichtig zu sagen, ich möchte nämlich einfach nur faktisch sein –, dass der Begriff Volkskanzler auch sehr schnell aus dem NS-Jargon wieder verschwunden ist, weil dann statt Volkskanzler das Wort Reichskanzler und später der Aus­druck Führer verwendet worden ist.

Nun mag es so sein, dass auch andere den Begriff Volkskanzler für sich verwen­det haben, und man kann das auch kritisieren, das finde ich auch, da gebe
ich Ihnen sogar recht.

Aber man kann zumindest 2023 die historische Verantwortung übernehmen und sagen: Dieses Wort Volkskanzler wurde von Goebbels und von der NSDAP erfunden, um NS-Propaganda zu machen. Leider wurde es danach auch noch benützt, aber wenn man historisch verantwortungsvoll ist, dann benützt
man im Jahre 2023 keinesfalls mehr den Ausdruck Volkskanzler. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

14.30



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Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster ist Kollege Steiner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.


14.31.04

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Ich weiß jetzt nicht, warum es so eine große Aufregung gibt. Wahrscheinlich ist die Angst so groß (Bundesrat
Gfrerer: Nein, die Aufregung ist bei euch!),
die Macht zu verlieren, und plötzlich haben wir einen Kanzler, der für das Volk arbeitet. (Ruf: Ja, ja! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) – Na, es soll uns doch nichts Schlechte­res passieren in Österreich als ein Volkskanzler Herbert Kickl, der für das
Volk da ist und sich für das Volk einsetzt!

Und glaube es mir, Schreuder, dann ist es dem Volk relativ wurscht, wie man den betitelt, denn wenn jemand endlich einmal fürs Volk arbeitet, dann werden
die Leute froh sein, wenn sie wieder den Kühlschrank aufmachen und der voll ist und wenn endlich einmal dem Selbstbedienungsladen ÖVP, dem tiefen
Staat im Staat, ein Ende gesetzt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir aber schon über Begrifflichkeiten streiten, wie machen wir es dann jetzt mit eurer Koalitionspartei? Wie heißt die? – Österreichische Volks­partei. (Bundesrat Schennach: Die ist schon mehr ...! – Ruf: Was?) Jetzt müssen wir diskutieren. Jetzt müssen wir diskutieren, ob wir das Wort Volk dann hi­nausstreichen wollen.

Mir ist das bewusst: Deine linkslinke verschwurbelte Ideologie will das Volk ab­schaffen. (Ruf: Geh, komm!) Es soll eine Meschugge werden (Ruf: Nein, nein!)
aus bunten, tollen Leuten aus aller Herren Ländern und das österreichische Volk soll abgeschafft werden. (Ruf: Um Gottes Willen!) Aber mit uns nicht, Herr
Kollege von den Grünen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei
SPÖ und Grünen. – Bundesrat Schreuder: Wir wollen das Volk abschaffen? Entschuldigung!)

Eines kann ich dir nämlich versprechen: Bei einem Volkskanzler Kickl wird mit Sicherheit nicht so wie unter Grün-Schwarz und Rot und Pink das Volk


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ausgetauscht (Boah-Rufe bei ÖVP, SPÖ und Grünen – Bundesrat Schreuder: Das ist Nazijargon!), denn eines ist klar: Wenn jemand was austauscht, dann ist es
das Volk, das euch endlich austauscht! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Das ist Nazijargon! – Bundesrätin Hahn: Das ist Nazisprech! – Weitere Zwischen­rufe bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

14.33


14.33.13

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP,
SPÖ und Grünen. – Bundesrätin Hahn: Das ist Nazisprech! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Also nicht bös sein, Nazisprech im Bundesrat ...! – Bundesrat Spanring:
Frau Vizepräsidentin, den Vogel zeigen, ...! – Bundesrätin Hahn: Euer wahres Gesicht sieht man da! – Bundesrat Spanring: Du bist auch eine Pädagogin und zeigst
mir den Vogel! Das ist in Ordnung, ja? – Rufe bei der SPÖ: „Volksaustausch“! Nazi­sprech im Bundesrat! Eine Offenbarung war das jetzt! Stehpräsidiale!)

Ich wiederhole: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein. (Bundesrätin Schumann: Das war jetzt eine Offenbarung! – Bundesrat Schreuder: Wurscht! – Bundesrätin Hahn: Nazisprech im Bundesrat! – Ruf bei der FPÖ: Geh zum Doktor, du Narrische!)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des National­sozialismus und das Bundesgesetz über die Einrichtung des Fonds zur Instand­setzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich geändert werden.


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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist einstimmig. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunst­rückgabegesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch hiezu herrscht Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.35.1910. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz zur Unterstützung von Rettungs- und Zivilschutzorganisationen (Rettungs- und Zivilschutzorganisationen-Unterstützungsgesetz)
(2177 d.B. und 2287 d.B. sowie 11353/BR d.B.)


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat - - (Bundesrätin Schumann: Zur Ge­schäftsordnung! – Bundesrat Schreuder: Zur Geschäftsordnung!) – Entschuldi­gung. – Bitte.


14.35.37Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung


14.35.40

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich kann im Namen der sozialdemokratischen Fraktion nur sagen, dass ich mich
gegen jede Äußerung, die in die Richtung „Volksaustausch“ geht, grundsätzlich


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verwahre. Das kann nicht gesagt werden, schon gar nicht im Bundesrat!
Das lehnen wir grundsätzlich ab!

So denken wir nicht über Menschen. So gehen wir nicht mit Menschen um, die in unserem Land arbeiten, die ihre Leistungen erbringen, die ihren Weg gehen. (Bundesrat Spanring: Von dem redet ja keiner!) Diese Begrifflichkeit des Volksaustausches lehnen wir grundsätzlich ab, weil es nicht unserer Linie ent­spricht! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.36


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster hat sich Herr Marco Schreuder zu Wort gemeldet. – Bitte sehr. (Bundesrat Spanring: Jetzt kommt der nächste ...!)


14.36.25

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ich möchte mich natürlich den Worten von Frau Kollegin Schumann anschließen und auch namens der grünen Fraktion hier ganz klar sagen,
dass ich sehr schockiert bin, einen ganz klaren Nazijargon (Bundesrätin Hahn: Ja!) – Nazijargon! – hier im Bundesrat hören zu müssen. (Die Bundesrätinnen
Hahn und Grimling: Vor Gästen! Vor jungen Leuten!)

Wir haben hier auch Gäste im Saal, und ich erwarte mir jetzt vom Präsidium
einen ganz klaren Ordnungsruf. Ich kann es als Bundesrat nicht akzeptieren, das hier in diesem Haus gehört haben zu müssen! (Beifall bei Grünen, ÖVP und
SPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

14.37


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Dr. Eder-Gitschthaler. – Bitte.


14.37.13

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Auch meine Kollegen und ich waren zuerst einmal fassungslos, starr. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen
der FPÖ.)
Wir haben gedacht: Haben wir das richtig gehört? Wir hätten uns sonst das Protokoll holen lassen.


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Auch wir empfinden das als massivste Grenzüberschreitung, die von uns nur zu­rückgewiesen werden kann. Es ist der Würde des Hauses bei Weitem
nicht angemessen. Auch ich ersuche um einen entsprechenden Ordnungsruf oder was auch immer (Bundesrat Leinfellner: Wegen was?), aber ich bin
einfach nach wie vor sprachlos. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Ruf: „Oder was auch immer“ – was auch immer das heißt! – Bundesrat Spanring: Wunderbar, wunderbar! Ihr seid so verlogen!)

14.37


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Ich erteile noch Herrn Christoph Steiner das Wort. – Bitte sehr. (Bundesrat Schreuder: Du kannst dich jetzt entschuldigen!)


14.38.01

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Jetzt haben wir die Heuchelei wieder mitgekriegt (Boah-Rufe bei SPÖ und Grünen – Bun­desrat Schreuder: Ja!), die brutale Empörung aller, und wie schlimm das ist. (Ruf bei der SPÖ: Zu Recht, ...!)

Ich sage es euch ganz ehrlich: Mir ist es lieber, wir tauschen die Politiker aus, als dass ihr unser österreichisches Volk austauscht. – Danke. (Anhaltender Bei­fall bei der FPÖ. – Ruf: Das wird nicht passieren, ...! – Zwischenrufe bei
SPÖ und Grünen.)

14.38


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa (das Glockenzeichen gebend): Ich hätte bitte gerne eine Stehpräsidiale. Ich unterbreche die Sitzung, bis die Präsidiale abgehalten worden ist.

*****

14.38.44

(Die Sitzung wird um 14.38 Uhr unterbrochen und um 14.51 Uhr
wieder aufgenommen.)

*****



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14.51.07Fortsetzung der Tagesordnung


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich lasse mir das Protokoll kommen, und dann werden wir weiter
entscheiden.

Wir gelangen nun noch einmal zum 10. Punkt der Tagesordnung, weil wir da unterbrochen worden sind beziehungsweise ich eine Stehpräsidiale
einberufen habe.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Christoph Stillebacher, und ich bitte um den Bericht. – Bitte, Herr Bundesrat.


14.51.49

Berichterstatter Christoph Stillebacher: Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über
den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein
Bundesgesetz zur Unterstützung von Rettungs- und Zivilschutzorganisationen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich
zur Antragstellung:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist laut meiner elektronischen Vorbereitung Herr Silvester Gfrerer. Ich erteile ihm das Wort.


14.52.41

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Besucherinnen und Besucher bei unserer Sitzung! Werte Damen und Herren zu Hause vor


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den Bildschirmen! Ja, dieser Tagesordnungspunkt ist wirklich sehr positiv und erfreulich. Wir verabschieden heute im Bundesrat das Rettungs- und Zivilschutzorganisationen-Unterstützungsgesetz, sehr positiv, wichtig und zukunftsweisend – positiv auch deshalb, weil in den Diskussionen im
Ausschuss für Inneres sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat von allen Parlamentsfraktionen eine klare Position für dieses Unterstützungsge­setz bekundet wurde. Es konnte das Einvernehmen aller im Parlament vertre­tenen Fraktionen hergestellt werden.

Werfen wir einen Blick auf den Alltag der letzten zwei Wochen – alle sind wir immer auf dem aktuellen Stand, wir werden über die vielen Medien im­mer aktuell informiert –: Es gab in Österreich einen massiven Wintereinbruch, rutschige Straßen, Kälte, Unfälle, zum Teil natürlich auch Chaos, Freizeit-, Sportunfälle, verursacht auch durch Unwissenheit oder verantwortungsloses Verhalten – das erste Lawinenopfer ist zu beklagen –, Arbeitsunfälle auf Baustellen, bei der Forstarbeit im Wald, einer sehr gefährlichen Arbeit, ist ein Todesopfer zu beklagen und vieles, vieles mehr.

Was auch auffällt, ist, dass Katastropheneinsätze, verursacht durch Unwetterereignisse oder auch Feuer und Waldbrände, sowohl der Anzahl als auch der Intensität nach stark zunehmen. Dies stellt uns natürlich vor große Herausforderungen. Man sieht ja im Verlauf eines Jahres, was alles passiert oder passieren kann. Was jedoch schon erfreulich ist und worauf wir stolz sein können, ist, dass man sieht, wie viele Menschen es in jeder Gemeinde gibt, die selbstlos und freiwillig aktiv Mitglied in einer Rettungsorganisation sind, um jenen zu helfen, die schnell Hilfe brauchen.

Ich habe vorgestern während der Zugfahrt von Salzburg nach Wien zufällig die Nachrichten von Radio Salzburg gehört. Es wurde berichtet, dass am
Dienstag der Tag des Ehrenamtes begangen wird. Jetzt ein paar Zahlen aus Salzburg – ich bin mir sicher, dass es in anderen Bundesländern ähnlich ausschaut –: Es wurde berichtet, dass in Salzburg 60 Prozent der Bevölkerung in irgendeiner Weise ehrenamtlich tätig sind, ob bei der Feuerwehr, der


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Rettung, der Bergrettung, im Sozialbereich, in Sportvereinen, bei Traditions­vereinen, bei der Musik, im Gesundheitsbereich und vielem mehr.
Die Liste könnte man beliebig fortsetzen. Weiters ist berichtet worden, dass 20 000 Menschen in der Erzdiözese ehrenamtliche Dienste verrich­ten, Dienste, die für die Gesellschaft sehr, sehr wichtig und wesentlich sind.

Und was noch berichtet wurde: 300 000 Salzburger, Männer und Frauen, auch die Jugend üben ehrenamtliche Tätigkeiten aus, die nicht in Rechnung ge­stellt werden. Wenn wir diese Zahlen kennen, wird uns erst richtig bewusst, was für eine starke Zivilgesellschaft wir haben, auf die wir alle stolz sein können
und auf die man sich verlassen kann.

Mir ist auch ganz wichtig, jene Menschen zu erwähnen, die im Stillen so viel Gutes tun. Da geht es um die sogenannte Nachbarschaftshilfe und die
Hilfe jener, die wirklich auch im Hintergrund ihre Dienste tun. Da denke ich sehr viel an das Zusammenleben verschiedener Generationen in den Familien.
Da geht es vor allem auch um ältere Personen, die zu Hause leben wollen, aber doch gewisse Unterstützung brauchen, die notwendig ist. Zum Beispiel
beim Einkaufen, beim Arztbesuch, bei Behördenwegen helfen, zuhören und die Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen lassen, das und vieles
mehr ist ehrenamtliches Tun am Nächsten.

Wichtig ist auch: Die Rettungsorganisationen wurden in die Vorbereitung, die Ausarbeitung dieses Gesetzes sehr stark eingebunden. Die Aufteilung der finanziellen Mittel basiert auf ihrem Vorschlag. So stehen 18 Millionen Euro für die Länderorganisationen zur Verfügung, auf Basis und anhand von Um­satz, der Zahl von freiwilligen Ehrenamtlichen und Zahlen zu deren Einsätzen, 2 Millionen Euro stehen für die Dachorganisationen zur Verfügung und 2 Millionen Euro für den Österreichischen Zivilschutzverband – auch eine sehr, sehr wichtige Institution.

Was ist unsere Aufgabe? – Unsere Aufgabe ist es, das Rettungswesen und das Ehrenamt gemeinsam weiterzuentwickeln, zu stärken, damit es auch


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in Zukunft für Menschen, die helfen wollen, und für die Bevölkerung attraktiv bleibt.

Ich komme schon zum Schluss: Ich bin überzeugt, dass wir mit dem Rettungs- und Zivilschutzorganisationen-Unterstützungsgesetz unser Rettungs­wesen und das Ehrenamt stärken können. Viele, viele Menschen haben das Bedürfnis, uneigennützig zu helfen. Das ist sehr positiv und eine wesentliche und wichtige Säule in unserer Gesellschaft, auf die niemand verzichten kann.

Stellen wir uns vor, man sei irgendwo und wüsste nicht, wo man anrufen könnte, wenn man schnell Hilfe braucht! Das fällt einem zum Beispiel auf, wenn
man im Gelände unterwegs ist und keinen Handyempfang hat. Da wird einem so richtig bewusst: Was macht man da? (Vizepräsidentin Göll übernimmt
den Vorsitz.)

Deshalb allen ein aufrichtiges Danke für den Einsatz in einer Rettungsorganisa­tion und im Ehrenamt. (Allgemeiner Beifall.)

Wie wertvoll es ist, Hilfe zu bekommen, spürt man, wenn man selbst Hilfe braucht. Das kann wirklich jedem und jeder schneller passieren, als man glaubt. Es lebe das Rettungswesen, es lebe das Ehrenamt! – Vielen Dank. (Beifall
bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen von SPÖ und FPÖ.)

15.00


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster. – Bitte.


15.00.47

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bun­desrat! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor Ort und vor den Bildschirmen zu Hause! Der vorliegende Gesetzesbeschluss ist wesentlich für die Stärkung
der Widerstandsfähigkeit im Katastrophen- und Krisenfall. Die techni­sche Aufrüstung der ehrenamtlichen Rettungsorganisationen und die Sensibili­sierung der Zivilbevölkerung stehen im Fokus.


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Der Krisen- und Katastrophenschutz des Rettungswesens wird aus der Spenden- und Sponsorenwelt geholt und in Richtung geregelte Finanzierung gebracht. Die Finanzierung des Zivilschutzes wird von einem unsicheren, jährlich abzuwickelnden Fördermodell zu einem Modell mit mehr Planungssicherheit für die Handelnden umgebaut. Zweckzuschüsse, das haben wir schon gehört,
in der Höhe von 18 Millionen Euro jährlich sollen bis 2028 über die Bundeslän­der an Rettungsorganisationen ausgezahlt werden. Zusätzlich gehen 2 Millionen Euro jährlich an die Dachorganisationen anerkannter Rettungs­organisationen und weitere 2 Millionen Euro werden an den Öster­reichischen Zivilschutzverband gehen. Die geordnete Finanzierung, die zur notwendigen Leistungserbringung im Krisen- und Katastrophenfall befähigt, ist alternativlos. Die Krisentauglichkeit für den Ernstfall zur Sicherheit der
vielen und auch zur Sicherheit der ehrenamtlich Tätigen wird gestärkt. Das ist alles wichtig und richtig, und die Sozialdemokratie wird diesem Gesetzes­vorschlag natürlich die Zustimmung geben.

Die Rettungsorganisationen und der Zivilschutzverband sind wichtige Partner der Gemeinden. Gemeinsam ziehen wir an einem Strang, denn es ist wichtig, im Notfall rasch einsatzfähig zu sein und strukturiert vor­zugehen. Das gibt in Ausnahmesituationen Sicherheit und ordnet Chaos.

Eine gut vorbereitete und informierte Zivilbevölkerung, die verantwortungsvoll Selbstschutzmaßnahmen gesetzt hat, um störende Unruhe zu vermeiden,
ist ein wesentlicher Baustein im Krisenmanagement. In den Gemeinden – als Oberösterreicherin beziehe ich mich da natürlich auf Oberösterreich –
werden gemeinsam mit den freiwilligen Feuerwehren Notfallpläne für die un­terschiedlichsten Katastrophen- und Krisenszenarien ausgearbeitet. Es
gibt Ablaufpläne, die dann im eingerichteten Stab systematisch abgearbeitet werden. Der Einsatz von Rettungsorganisationen sowie die unterschied­lichen Zuständigkeiten für die Entscheidungen sind dort gelistet.

In meiner Gemeinde gehen aber auch jedes Jahr Unterstützungsansuchen der regionalen Stützpunkte der Rettungsorganisationen wie Bergrettung,


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Flugrettung, Wasserrettung und so weiter ein – Ansuchen, denen die Vorstands­mitglieder meiner Gemeinde parteiübergreifend immer gerne nachge­kommen sind. Die gespendeten Gelder laufen im Gemeindehaushalt unter freiwillige Ausgaben. 2023 wird wahrscheinlich das erste Jahr sein,
in dem die angespannte Finanzlage der Gemeinden dies verunmöglicht, was
den Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertretern wehtut.

Noch ein kurzer Ausflug in meinen Heimatbezirk Kirchdorf: Nach Auskunft der Bezirksstelle des Roten Kreuzes wurden die Anschaffungen für den Katastrophenschutz bis jetzt rein durch Spenden und Sponsoren finanziert. 96 Prozent der im Katastrophenfall bei uns eingesetzten Personen
sind Freiwillige. Mein Bezirk hat sich aufgrund der geografischen Lage auf die Versorgung in Skigebieten, aber auch die Stauversorgung auf der A 9
mit ihren 22 Tunneln im Einzugsbereich spezialisiert. Ausrüstung und Qualifi­kation der ehrenamtlichen Einsatzkräfte sind dabei dringend notwendig,
um den betroffenen Menschen im Notfall Hilfe anbieten zu können.

Die Logistik, das richtige Material und die richtig qualifizierten Ehrenamtlichen an den Ort des Einsatzes zu bringen ist eine Herausforderung. Aufgrund
der Kraft der Freiwilligkeit im Bezirk ist diese aber gut zu bewältigen. Ich möchte auch die Chance ergreifen, mich ganz innig bei allen Freiwilligen, die im
Krisen- und Katastrophenfall bereitstehen, herzlich zu bedanken. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und FPÖ.)

Zum Schluss, Herr Minister, komme ich noch auf einen Punkt, der mich als Bürgermeisterin sehr interessiert: Wo werden die angeschafften Logis­tikfahrzeuge, Notstromaggregate, Rollcontainer, Einsatzmittel und so weiter gelagert, wenn in den bestehenden Einsatzzentralen kein Platz dafür
ist? Ist in der Passage zum Zweckzuschuss, § 2, mit „Härtung und Absicherung der Infrastruktur wie beispielsweise Leitstellen gegen Einflüsse von außen
oder Versorgungsausfälle“ auch die Finanzierung von notwendigen Grundankäu­fen beziehungsweise Errichtungskosten von Zubauten für die ordnungsge­mäße Lagerung der Neuanschaffungen gemeint? Falls ja, ist alles gut durchdacht


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und alles in Ordnung. Falls nein: Herr Minister, wer finanziert diese Infra­struktur für die Unterbringung der angeschafften Logistikfahrzeuge und so wei­ter? Wie schaut so ein Finanzierungsplan aus? Wer zahlt mit? Wird es als Aufgabe der Standortgemeinde und der Einzugsgemeinden definiert?

Herr Minister, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir darauf eine konkrete Antwort geben können. Man kann keine Anschaffung tätigen, wenn man
nicht weiß, wohin damit, und genau diese Frage ist auch aufgetaucht, als ich in meinem Bezirk die Einsatzleiter befragt habe, wie sie dazu stehen. Deshalb
ist es mir wichtig, dass ich eine konkrete Antwort darauf bekomme (Bundesminis­ter Karner nickt), denn, das möchte ich jedenfalls festhalten, die finanzielle Belastungsgrenze der Gemeinden wurde bereits überschritten, da ist nichts mehr drinnen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.08


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat
Günter Pröller und ich erteile ihm dieses. – Bitte.


15.08.39

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Ich halte es für richtig und notwendig,
dass wir mit diesem Gesetz die Rettungs- und Zivilschutzorganisationen besser und stärker unterstützen. Wie bereits erwähnt erhalten sie in den nächs­ten Jahren Zweckzuschüsse und Zuwendungen von insgesamt 22 Millionen Euro jährlich, um den steigenden Anforderungen an das Rettungswesen und
den Zivilschutz gerecht werden zu können.

Wir haben am 5. Dezember den Internationalen Tag des Ehrenamtes begangen. In Österreich sind 3,7 Millionen Menschen in der Freiwilligkeit und im
Ehrenamt tätig, und das spricht für unsere Österreicher. Ich möchte mich daher im Namen der FPÖ-Fraktion bei allen Freiwilligen und Ehrenamtlichen in Österreich, die sich tagtäglich mit großer Freude, mit unglaublich viel Herz und


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auch mit Engagement dafür einsetzen, dass wir uns in diesem Land, im wunderschönen Österreich, sicher fühlen können, herzlich bedanken. (Beifall bei der FPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass sich Männer und Frauen freiwillig einem Amt stellen, in dem sie große Verantwortung tragen müssen, für das sie
eine gute Ausbildung haben müssen und für das sie vor allem viel Freizeit opfern und auch den Familien zu Hause abgehen. Trotzdem sind sie es, die für
uns da sind. Ohne Freiwilligkeit würde Österreich nicht so gut dastehen, wie es heute dasteht.

Neben dem Bundesheer, der Polizei und der Feuerwehr tragen viele andere Or­ganisationen wie das Rote Kreuz, der Samariterbund, die Bergrettung und
die Wasserrettung viel zur Sicherheit bei. Ich sehe, dass sich gerade die vielen kleinen Organisationen auch schwertun, Spenden zu sammeln oder über­haupt Feste zu organisieren. Deswegen ist es notwendig, dass wir auch diese Vereine und Hilfsorganisationen unterstützen.

Zum Abschluss möchte ich noch einmal einen großen Dank an alle Freiwilligen ausdrücken. Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, dass wir zustim­men. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Tiefnig.)

15.10


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl. – Bitte.


15.11.11

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher:in­nen, willkommen hier bei uns im Hohen Haus! Es freut mich besonders, dass ich heute zu diesem ganz wichtigen Punkt sprechen kann, denn ich denke,
dass uns mit diesem Gesetzesvorschlag für Rettungs- und Zivilschutzorganisa­tionen wirklich etwas ganz Gutes gelungen ist.


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Beinahe die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher ist in unterschied­lichsten Bereichen ehrenamtlich aktiv. In einer Einsatzorganisation ist
circa die Hälfte dieser Personen aktiv. Auch ich möchte mich an dieser Stelle bei den vielen, vielen Menschen in Österreich bedanken, bei den Ehrenamt­lichen, bei den Helferinnen und Helfern, die sich wirklich dem Dienst
am Nächsten verschrieben haben. Den Begriff Dienst am Nächsten habe ich besonders bewusst ausgewählt, denn laut Statistik Austria tut ein über­wältigender Teil, der Großteil der ehrenamtlich Tätigen, nämlich
weit über 90 Prozent, dies aus uneigennützigen Gründen. – Also danke allen Ehrenamtlichen für den Mut, das Engagement und den unermüdlichen
Einsatz! (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin­nen Hahn und Schumann.)

Die Organisationen selbst sind – Kollegin Lancaster hat es schon erwähnt – von Spenden abhängig. Ihr Beispiel mit den Ansuchen an die Gemeinden zeigt,
wie kreativ die Organisationen teilweise sein müssen. Ein anderes Beispiel dafür ist, dass ich alleine heute am Weg hierher ins Parlament zwei Mitarbeitern
von den Maltesern begegnet bin, die mit ihren Spendendosen um
Spenden geworben haben. – Das ist die eine Sache.

Die andere Sache ist, dass die Organisationen neben den Spenden natürlich von den freiwilligen Mitarbeiter:innen abhängig sind – das ist ein wesentlicher
Teil ihrer Arbeit –, nämlich den ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen, die
das unentgeltlich machen. Zusätzlich zu der Zeit, die diese Menschen aufwen­den, ist es bisher auch oft so, dass sie wirklich hohe finanzielle Eigenleis­tungen erbringen. Teilweise werden Kosten für Ausrüstungen, aber auch Aus- und Weiterbildungskosten von den ehrenamtlich Tätigen selber getragen.

Gleichzeitig sehen sich die Organisationen immer neuen und extre­meren Herausforderungen gegenüber. Ich habe heute schon vom Zusam­menhang zwischen der Klimakrise und Frieden gesprochen. Für Rettungs- und Zivilschutzorganisationen werden die Auswirkungen der Klimakrise mittler­weile täglich ganz real spürbar. Das haben besonders die Extremwetterereignisse


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des vergangenen Jahres – die Murenabgänge, die Starkregenereignisse im Sommer, aber auch die extremen Schneefälle vor eineinhalb Wochen – wieder einmal besonders deutlich gezeigt, aber auch potenzielle Versorgungsstö­rungen oder die Ausbreitung übertragbarer Krankheiten sind zusehends wach­sende Herausforderungen für die Organisationen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf stärken wir die Resilienz der Rettungsorganisationen, damit sie die eben erwähnten Herausforderungen besser meistern können: die Neuanschaffung von Gerätschaften und Fahrzeugen, aber auch die Aus- und Weiterbildung der ehrenamtlichen Helfer:innen.

Es wurde schon erwähnt, und ich möchte es noch einmal erwähnen:
Die Zweckzuschüsse über die Länder an die Rettungsorganisationen werden 18 Millionen Euro jährlich betragen. Weitere 2 Millionen Euro pro Jahr
gehen an die Dachorganisationen. Wir tragen mit diesem Gesetzentwurf auch zu einer wesentlichen Verbesserung des Informationsangebotes über die Zivil­schutzorganisationen bei.

Wie wichtig das ist, zeigt besonders das in den letzten Monaten und Jahren ver­stärkt diskutierte Thema der Blackoutvorsorge. Wahrscheinlich haben
viele Gemeinden in vielen Bezirken in ganz Österreich, auch in meinem Heimat­bezirk, im Bezirk Mödling, in der Vergangenheit – in den vergangenen
Monaten und Jahren – schon verstärkt Blackoutkonzepte erarbeitet oder sind dabei, sie zu erarbeiten. Nicht nur bei der Ausarbeitung dieser Konzepte
sind die Zivilschutzorganisationen mit ihrer Expertise eine wichtige Unterstüt­zung für die Gemeinden und Institutionen, sondern auch bei den glück­licherweise immer regelmäßiger und häufiger stattfindenden Informationsveran­staltungen. Der Zivilschutzverband bekommt auch noch einmal 2 Millionen
Euro jährlich an Zuwendung.

Was mich besonders freut, ist, dass der Gesetzentwurf von allen Organisationen begrüßt wird. Insgesamt werden also innerhalb der nächsten fünf Jahre


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110 Millionen Euro eingesetzt. Somit tragen wir wirklich ganz wesentlich und aktiv zum Schutz und zur Unterstützung unserer österreichischen Bevöl­kerung bei. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Schumann.)

15.16


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Gerhard Karner. – Bitte.


15.16.57

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Bundesräte! Es sei auch mir gestattet, einige Worte
zu diesem Gesetzesvorschlag zu sagen, weil es auch mir ein großes Anliegen ist, mich im Namen der Bundesregierung bei allen zu bedanken, die ehrenamt­lich tätig sind.

Wir sind – ich behaupte das so – wahrscheinlich Weltmeister im Ehrenamt. Das sieht man, wenn man sich unsere Organisationen ansieht: die Feuerwehren,
das Rote Kreuz, den Samariterbund, alle Rettungsorganisationen, viele andere Vereine. Wahrscheinlich sind auch Sie alle in irgendeinem Verein tätig.
Wir sind die klassischen Vereinsmeier im positiven Sinn und dafür allen Freiwil­ligen, allen Ehrenamtlichen – jeder und jedem Einzelnen – ein großes Dan­keschön. Vielen Dank dafür! (Beifall bei ÖVP, FPÖ und Grünen.)

Dieser Gesetzentwurf, der in der Entstehung durchaus auch seine Zeit gebraucht hat, weil es letztendlich einen komplizierten Schlüssel gibt und weil es viele Organisationen betrifft, hat in Wahrheit seinen Ursprung in dem Extrapaket für die freiwilligen Feuerwehren im letzten Jahr, im Jahr 2022, in dem es zu­sätzlich über 20 Millionen Euro für die freiwilligen Feuerwehren gab. Das ist klarerweise auch nicht aus Jux und Tollerei passiert, sondern – es wurde
auch von einigen Rednerinnen und Rednern angesprochen – aufgrund der zu­sätzlichen Aufgaben, die für die Feuerwehren entstanden sind. Daher
hat man sich zu diesem Schritt entschlossen. Die Rettungsorganisationen haben


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zu Recht gesagt: Auch in unserem Bereich gibt es einen Mehraufwand,
auch wir haben herausfordernde Einsätze, Waldbrände oder ähnliche, bei denen es viel zu tun gibt!

Die Summen sind genannt worden: Es ist neben dem wörtlichen Danke auch das sichtbare Danke, nämlich in fünf Jahren 110 Millionen Euro zusätzlich für
Rotes Kreuz, Samariterbund, Johanniter, Malteser, Bergrettung, Höhlenrettung und Wasserrettung. Warum in den nächsten fünf Jahren? – Weil das ein Planungshorizont ist, der sinnvoll ist, und 2028 findet dann die Evaluierung statt.

Frau Bürgermeisterin (in Richtung Bundesrätin Lancaster) – aus Steinbach, glaube ich –, Sie wissen wahrscheinlich, dass ich auch selber Bürgermeister war,
sechs Jahre lang. Natürlich kosten die Vereine – gerade die Feuerwehr, das Rote Kreuz, die Musi – immer einiges an Geld, weil sie so aktiv sind, aber ich
bin darüber sehr beruhigt, weil die Gemeinden in diesen Fragen beim Land einen exzellenten Ansprechpartner haben. Der überwiegende Teil des Geldes,
nämlich 18 Millionen Euro von den 22 Millionen Euro jährlich, geht an die Län­der, die dann wiederum mit den betroffenen Organisationen herausar­beiten, für welche Projekte, für welche Anschaffungen das Geld verwendet wird.

In Wahrheit ist dies also das prototypische Gesetz für den Bundesrat,
nämlich ein wirkliches Ländergesetz, weil 18 Millionen Euro eben zusätzlich für die Länder zur Verfügung stehen, die ja letztendlich noch viel näher bei
den Vereinen, bei den Freiwilligen sind, und dann in Abstimmung mit den Bür­germeistern abschätzen können: Wie gehen wir das denn an?

Sie werden das auch so machen. – Ich habe in meiner Gemeinde zwei Feuerweh­ren gehabt. Klar ist: Da kauft man nicht gleichzeitig das Auto und baut das
neue Feuerwehrhaus, sondern man versucht, das in Etappen zu ma­chen. Da plant man mittel- und langfristig, und ich glaube, auch in diesem Fall wird das so stattfinden. Ich bin davon überzeugt, dass die Gemeinden
das mit den Ländern exzellent im Sinne unserer Freiwilligen organisieren werden.


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Also nochmals: Vielen herzlichen Dank! – Wenn ich die Reden richtig verstanden habe, so wird dieses Gesetz einstimmig verabschiedet. Das ist eine Freude. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.20


15.20.49

Vizepräsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte
ist somit geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Es ist dies der Beschluss des Nationalrates vom 24. - - (Rufe: 11! 11! – Bundesmi­nister Karner: Meldegesetz!) – Sorry! In meinem Croquis steht 12. (Ruf bei
der FPÖ: Nach 10 kommt 11! – Bundesminister Karner: TOP 11, Meldegesetz! – Ruf: Aber wir passen eh alle miteinander auf!)

15.22.0911. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, das Personenstandsgesetz 2013 und das Namensänderungsgesetz geändert werden (2202 d.B. und 2288 d.B. sowie 11356/BR d.B. und 11354/BR d.B.)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Christoph Stillebacher. – Ich bitte
um den


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Bericht.


15.22.37

Berichterstatter Christoph Stillebacher: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldege­setz 1991, das Personenstandsgesetz 2013 und das Namensänderungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des
Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Margit Göll: Vielen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. – Bitte.


15.23.21

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Minister! Er wäre zu begrüßen, aber der Herr Minister ist hinaus­gegangen. Wunderbar ist aber, dass unser ehemaliger Bundesratskollege und jetziger Nationalrat David Stögmüller im Saal ist. (Erheitert:) Ich
darf dich ganz herzlich in unserer Runde begrüßen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nun zum Gesetzentwurf – ich rede jetzt einfach aus zeitökonomischen Gründen weiter, obwohl der Herr Minister nicht im Saal ist –: Das ist leider wieder
ein Beispiel für ein Husch-Pfusch-Gesetz, das in letzter Sekunde, kann man fast sagen, daherkommt, um mitbeschlossene EU-Vorgaben umzusetzen und
um ein Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden. Es geht hier um einen ein­heitlichen digitalen Zugang im Bereich des Meldewesens.

Die Onlineabwicklung von Meldeangelegenheiten soll wie gesagt durch Um­setzung einer EU-Verordnung auch in Österreich ermöglicht werden:


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Adressänderungen, Wohnsitzbestätigungen et cetera sollen ab 12.12.2023 mit einem elektronischen Identitätsnachweis – einer sogenannten E-ID –
möglich sein. – So weit, so gut.

Die Redner beziehungsweise Rednerinnen der Regierungsfraktionen werden das Gesetz sicherlich noch sehr detailreich erläutern, wie es auch ihr Auftrag
ist, deshalb möchte ich Ihnen jetzt Wiederholungen, die zu erwarten wären, er­sparen, ich möchte nur darlegen, warum wir diesem Gesetz so nicht die Zustimmung geben können. Ziel war ja eine Verwaltungsvereinfachung, und dieses Ziel dürfte deutlich verfehlt werden und besonders auch die Stan­desbeamtinnen und Standesbeamten vor Probleme stellen, weil es nach wie vor Rechtsunsicherheiten gibt, wer dann letztendlich von diesem Gesetz um­fasst ist und welche Personenstandsdaten unter welchen Voraussetzungen ein­getragen werden sollen.

Im Nationalrat ist zwar dann im letzten Moment noch ein Abänderungsantrag hereingekommen, aber der konnte die Bedenken betreffend den Mehr­aufwand und die Rechtsunsicherheit auch nicht entkräften und stellt gerade die Stadt Wien, so ist anzunehmen, vor größere Probleme. Deshalb stehen
wir diesem Gesetzentwurf skeptisch gegenüber, obwohl die Intention natürlich begrüßenswert wäre. Wie gesagt, es geht um die rasche Umsetzung
eines EU-Vorhabens. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.26


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Chris­tine Schwarz-Fuchs. – Bitte.


15.26.42

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher bei uns im Raum! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer
vor den Bildschirmen! Der Umzug in eine neue Wohnung, vielleicht sogar in ein neues Land, ist ein großes Ereignis und ist meist mit sehr viel Aufwand ver­bunden. Bisher musste man in so einer Situation auch noch daran


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denken, während der Öffnungszeiten, die meist mit einem Vollzeitjob schwer vereinbar sind, zum Meldeamt zu gehen, um sich anzumelden.

Mit dieser geplanten Gesetzesänderung gehört dies nicht nur für die Österreicherinnen und Österreicher, sondern nun auch für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger bald der Vergangenheit an, denn die Anmeldung kann dann
ganz gemütlich vom neuen Zuhause aus online erledigt werden, genauso wie natürlich Ummeldungen oder Abmeldungen. Die einzige Voraussetzung
ist, dass man Inhaber eines elektronischen Identitätsnachweises beziehungs­weise E-ID ist oder auch eines anderen anerkannten elektronischen Identifizierungsmittels. Wir setzen damit, wie die Vorrednerin bereits erwähnt hat, die EU Single-Digital-Gateway-Verordnung um.

Dieser weitere Digitalisierungsschritt entlastet nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, auch die Behörden haben aufgrund der effizienteren Arbeits­weise mit bereits digitalisierten Daten weniger Aufwand mit den An-, Ab- und Ummeldungen. Eine Ummeldung im melderechtlichen Sinn ist übrigens
nur eine Ummeldung von einem weiteren Wohnsitz zum Hauptwohnsitz, nicht aber, wie man umgangssprachlich oft sagt, eine Verlegung des Hauptwohn­sitzes. Dieser Begriff der Ummeldung wird in der vorliegenden Geset­zesänderung auch klar definiert, nämlich dass es nur eine Änderung der Wohn­sitzqualität ist, damit aber kein Ortswechsel gemeint ist. Wenn man den Wohnsitz verlegt, spricht man richtigerweise von einer Anmeldung.

Weiters sollen mit der gegenständlichen Gesetzesvorlage auch im Personen­standsgesetz Änderungen beschlossen werden. So sollen Eltern zukünf­tig von den Behörden eindeutig den jeweiligen Kindern zugeordnet werden können, was bisher nicht möglich war. Das erleichtert beispielsweise
die Auszahlung der Familienbeihilfe.

Eine weitere Erleichterung soll außerdem für Bezieher von Pensionen aus dem Ausland geschaffen werden. Das betrifft auch viele Pensionisten aus mei­nem Heimatbundesland Vorarlberg, die als Grenzgänger im Ausland gearbeitet


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haben. Es soll nun die gesetzliche Grundlage für die Ausstellung einer sogenannten Lebensbestätigung geschaffen werden. Bezieher ausländischer Pensionen müssen oftmals jährlich eine solche Bestätigung vorlegen – als
Beweis, dass sie noch am Leben sind –, damit sie weiterhin die Pension erhalten.

Eine weitere geplante Änderung im Personenstandsgesetz betrifft Menschen, die geflüchtet sind: Im Ausland eingetretene Personenstandsfälle sollen
in Zukunft nicht mehr nur anerkannte Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flücht­lingskonvention im sogenannten ZPR, dem Zentralen Personenstands­register, eintragen können, diese Möglichkeit soll auch jenen Personen offen­stehen, deren Beziehung zu ihrem Heimatland aus anderen schwerwie­genden Gründen abgebrochen wurde und die über einen gewöhnlichen Aufent­halt in Österreich verfügen.

Damit man sich das in der Praxis besser vorstellen kann, nenne ich gerne zwei Beispiele für solche möglichen, im Ausland eingetretenen Personenstands­fälle: Das wäre zum Beispiel die Geburt oder aber auch eine Eheschließung im Ausland. Gerade Flüchtlinge kommen oft ohne diese Dokumente zu uns
nach Österreich, benötigen aber beispielsweise immer wieder eine Geburtsur­kunde für verschiedene Behördengänge.

Mit der vorliegenden Gesetzesvorlage soll außerdem auch das Namensände­rungsgesetz überarbeitet werden. Stellen Sie sich vor, Sie kommen in
ein fremdes Land, dessen Namenssystem anders funktioniert als unseres – in manchen Ländern dieser Welt wird nämlich nicht zwischen Vornamen
und Nachnamen unterschieden –, Sie wollen sich nun im neuen Land gerne so schnell wie möglich integrieren, doch um Ihren Namen an das neue Sys­tem anpassen zu können, sind drei unterschiedliche Behördengänge notwen­dig. – So ist es im aktuellen österreichischen Recht, wo Vornamen
beim Standesamt, Familiennamen beim Landeshauptmann und sonstige Na­mensänderungen, zum Beispiel der Wegfall weiterer Namensteile,
bei der Bezirksverwaltungsbehörde beantragt werden müssen. Diese geplante


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Gesetzesänderung schafft nun Abhilfe, da man bald alle Namensänderun­gen mit einem einmaligen Behördengang, nämlich zum Standesamt, durchführen lassen kann.

Ich verstehe daher die Argumente meiner Vorrednerin Bundesrätin Grossmann nicht wirklich, dass das keine Entlastung sein soll, denn jetzt muss man
wirklich nur noch zu einem Amt, zu einer Behörde gehen, nämlich zum Standes­amt. Das ist doch eine Entlastung für die Landeshauptleute und auch für
die Bezirksverwaltungsbehörden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zusammengefasst beinhaltet die gegenständliche Gesetzesvorlage sowohl Er­leichterungen für die Bürgerinnen und Bürger als auch eine zeitliche
und finanzielle Entlastung für unsere Verwaltung. Aus diesem Grund bitte ich Sie alle um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.33


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröl­ler. – Bitte.


15.33.17

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauer hier im Saal und vor den Bildschirmen! Meine Vorrednerin Kollegin Schwarz-Fuchs
hat das eh schon sehr genau erläutert, ganz kurz noch einmal: Dieser Gesetz­entwurf hat einerseits die Zielsetzung, wieder einmal einer EU-Vorgabe
im Bereich der Digitalisierung Rechnung zu tragen, auf der anderen Seite sollte er eine Verwaltungsvereinfachung bringen.

Die Digitalisierung bringt in der Verwaltung sicherlich Vereinfachungen. Die heute zu diskutierenden Änderungen im Meldegesetz und im Namens­änderungsgesetz sollen bei den Behörden und bei den Menschen zu Vereinfa­chungen führen. Es geht darum, dass sich EU-Bürger bei einem Wohnort­wechsel online ab- und anmelden können, es geht um eine Verbes­serung der Zuordnung von Kindern – das ist bei der Familienbeihilfe besonders


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wichtig – und auch um eine Bestätigung für ausländische Pensionisten,
damit diese ihre Pensionen erhalten.

Geschätzte Damen und Herren, im ersten Moment hört sich das sinnvoll an, ich stehe diesem Gesetzentwurf aber sehr skeptisch und kritisch gegenüber.
Diese Änderung bringt auch eine erweiterte Möglichkeit von subsidiär und an­deren Schutzberechtigten zum Zugang zur Nachbeurkundung. Dabei geht
es zum Beispiel um die Ausstellung einer Geburtsurkunde über in Afghanistan, in Somalia oder im Irak erfolgte Geburten. Nach diesem Gesetz könnten die Betroffenen in Zukunft so eine Bestätigung und damit Anträge auf Familienbei­hilfe bei einem Standesamt in Österreich beantragen. Ob das wirklich
eine Verbesserung auch im Sinne der österreichischen Bevölkerung ist, wird sich weisen.

Eine Verbesserung wäre es, wenn das Ergebnis eine bessere und rasche Prüfung ist, insbesondere bei der Vergabe der Familienbeihilfe, und künftig eine
raschere eindeutige Zuordnung der Kinder zu ihren Eltern ermöglicht wird. Dass es tatsächlich zu einer Verbesserung oder zu einer Verwaltungsvereinfa­chung kommen wird, sehe ich derzeit nicht.

Die größte Herausforderung und Belastung, dieses Gesetz umzusetzen, hat na­türlich die Stadt Wien, weil Wien die meisten Schutzberechtigten unter­bringt. Daher ist der Aufwand für Wien sehr groß. Es ist interessant – weil wir heute dazu schon Diskussionen gehabt haben –: Wien hat zwei Millio­nen Einwohner, 66 Prozent sind österreichische Staatsbürger, der Rest sind EU-Bürger und Menschen aus Drittstaaten (Bundesrätin Schumann: Studen­ten! Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland, ja, genau!), daher ist es für mich nachvollziehbar, dass sich die SPÖ Wien und auch SPÖ-Bundesparteiob­mann Babler für ein Wahlrecht für Nichtösterreicher aussprechen. Mit der FPÖ wird es das sicher nicht geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, zum Antrag: Die Weiterentwicklung und der Ausbau elektronischer Meldeverfahren tragen grundsätzlich zur Verbes­serung bei, aber ob es wirklich zu einer Aufwandsersparnis für den Bürger als


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auch für die Behörden kommen wird, bezweifle ich sehr. Ein klares Nein
gibt es für die Neugestaltung betreffend Flüchtlinge gemäß Personenstandsge­setz, und daher gibt es von uns auch keine Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

15.36


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. Ich erteile ihm das Wort.


15.36.25

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! In den vorliegenden Materien Meldegesetz, Personenstands- und Namensänderungsgesetz geht es um ge­nerelle Vereinfachungen im Zeichen der Digitalisierung und um Erleich­terungen von Abläufen. Damit ist das natürlich auch ein Beitrag zur Verwal­tungsvereinfachung.

Da gibt es eine Reihe von Detailaspekten. Kollegin Schwarz-Fuchs hat
vieles dazu schon sehr genau ausgeführt, ich greife deswegen nur noch zwei Aspekte, die mir sehr wichtig erscheinen, kurz heraus: Vereinfacht wird –
ich sage es noch einmal –, dass Wohnsitzänderungen künftig digital
mittels elektronischer ID durchgeführt werden können; ich nehme an, viele von Ihnen haben sie schon installiert, das ist wirklich sehr praktisch. Das wird –
das wurde noch nicht gesagt – künftig auch, weil es auf eine EU-Richt­linie zurückgeht, für sämtliche Bürger:innen der Europäischen Union möglich sein. Es ist also für alle Europäerinnen und Europäer kein Behördengang
mehr notwendig, wenn sie sich irgendwo niederlassen, was sie ja dürfen, und in­folgedessen ummelden müssen.

Ein wichtiger Aspekt ist die Verbesserung beziehungsweise Ermöglichung
des Zugangs zur Nachbeurkundung, da bin ich – no na – ganz anderer Meinung als die FPÖ. Das konnten bisher Staatsbürger, Staatenlose und Flüchtlinge
im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, das wird nun eben um Personen, die ihre Beziehungen zum Heimatstaat aus schwerwiegenden Gründen abge-


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brochen haben, erweitert. Das ist wirklich sehr wichtig, da bei vielen Behörden­gängen – die Kollegin hat es gesagt – zum Beispiel eine Geburtsurkunde
verlangt wird. Das ist vor allem für geflüchtete Menschen oft ein Problem, da diese oft nie eine hatten und auch nicht auf funktionierende Behörden
im Herkunftsland zurückgreifen können oder sie auch gar nicht ausgestellt be­kommen würden, weil sie geflohen sind oder fliehen mussten.

Diese Personengruppen – also anerkannte Flüchtlinge, Personen, die aus schwerwiegenden Gründen ihre Beziehung zum Heimatstaat abgebrochen ha­ben – sind auch nicht mehr verpflichtet, im Ausland eingetretene Perso­nenstandsfälle bei der Behörde zu melden – das ist auch ganz wichtig –, sie sind aber berechtigt, so eine Eintragung zu verlangen, wenn sie dies möchten.

Ich möchte nur ein Beispiel herausarbeiten: Einer der schwerwiegenden Gründe, die Beziehung zum Herkunftsland abzubrechen, betrifft etwa die sexuelle Orientierung beziehungsweise allgemein LGBTIQ-Personen, die in ihrem Heimat­staat aus diesem Grund verfolgt oder systematisch diskriminiert werden.
Es ist traurig, dass es das immer noch gibt, und wir sehen ja, dass das leider ein aktuelles, ein sehr trauriges Thema ist. In vielen Staaten nehmen Repres­sionen gegen solche Menschen zu, sogar innerhalb der EU, in Ungarn zum Bei­spiel, oder natürlich in Russland, das, und das ist ganz aktuell, versucht,
seine innenpolitischen Probleme auf diese Menschen umzulenken und Minder­heiten für seine Zwecke zu instrumentalisieren, was wirklich ganz übel ist.
Leider ist hier auch die FPÖ eine Partei, die genau dieses Handwerk gut versteht. (Bundesrätin Doppler: Das ist aber jetzt auch wieder ...!)

Alles in allem auf jeden Fall (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Doppler): Es sind kleine Verbesserungen, aber, wie das Beispiel zeigt, auch kleine Ver­besserungen sind wichtig und können Menschen sehr real helfen. –
Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

15.40


15.40.17

Vizepräsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.


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Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Somit ist
die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

15.40.5912. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend eine Verein­barung zwischen dem Bund und dem Land Wien gemäß Artikel 15a B-VG,
mit der die Verrechnung der Differenzbeträge zwischen den Kosten­höchstsätzen der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG und den tatsächlich entstandenen Kosten für sämtliche in organisierten Unter­künften untergebrachten Personen inklusive der Unterbringung, Versorgung und Betreuung von vulnerablen Personengruppen ermöglicht werden
soll (Realkostenverrechnungsvereinbarung Bund – Wien) (2272 d.B. und 2289 d.B. sowie 11355/BR d.B.)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tages­ordnung.

Ich darf den Berichterstatter, Herrn Bundesrat Christoph Stillebacher, um seinen Bericht bitten.


15.41.20

Berichterstatter Christoph Stillebacher: Ich bringe den Bericht über den Be­schluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend eine Ver­einbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Verrechnung der Differenzbeträge zwischen den Kostenhöchst­sätzen der Grundversorgungsvereinbarung – Artikel 15a B-VG und


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den tatsächlich entstandenen Kosten für sämtliche in organisierten Unterkünf­ten untergebrachten Personen inklusive der Unterbringung, Versor­gung und Betreuung von vulnerablen Personengruppen ermöglicht werden soll.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Margit Göll: Vielen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte.


15.42.21

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Herr Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuschauer zu Hause
und hier im Saal! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um eine 15a-Verein­barung, eine Ländervereinbarung, mit der die Stadt Wien zusätzliche
Millionen Euro für die Versorgung von Asylwerbern bekommen soll. Insgesamt handelt es sich um Mehrkosten in der Höhe von 75 Millionen Euro.

Österreich hat grundsätzlich eine gute Tradition, wenn es um Hilfe für geflüch­tete Menschen geht. Egal ob das Ungarn war, 1976, mit 170 000 geflüch­teten Menschen – Österreich hat geholfen. (Bundesrat Himmer: Das war nicht 1976! 1956!) – 1956, richtig. 1991: Krieg in Ex-Jugoslawien, 27 000 Men­schen sind vor dem Krieg zu uns geflohen – Österreich hat geholfen. Und auch vor eineinhalb Jahren hat Österreich mehr als 80 000 Menschen aus der
Ukraine Zuflucht geboten – Österreich hat geholfen.

Viele dieser von mir aufgezählten Menschen sind später wieder in ihre Heimat zurückgekehrt und haben dort am Aufbau mitgewirkt. Viele von diesen


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Menschen sind auch bei uns geblieben, waren fleißig und haben unser Land mit aufgebaut. Viele davon sind heute Österreicher und haben hier bei uns
Kinder zur Welt gebracht.

Es war damals selten notwendig, von Dingen wie Integration zu sprechen, denn für die meisten war klar: Integration ist eine Bringschuld und keine Hol­schuld. Die Sprache zu lernen war eine Selbstverständlichkeit. Diese Menschen wollten ja etwas erreichen, sie wollten etwas leisten. Diese Menschen
hatten von jeher ähnliche Werte und Einstellungen. Ein friktionsfreies Leben miteinander war meist möglich – nicht immer, aber meist.

Das, was wir aber seit jetzt gut zwei Jahrzehnten erleben, ist etwas ganz ande­res. Da ist eine Völkerwanderung im Gange, die 2015 ihren ersten negati­ven Höhepunkt und 2022, also voriges Jahr, den zweiten, noch traurigeren Hö­hepunkt hatte; eine Völkerwanderung, die ihresgleichen sucht, übrigens
alles unter ÖVP-Innenministern.

Es sind Menschen, die sich – und das kann ich nachvollziehen – in ihrer Lebens­situation verbessern wollen. Diese Menschen kommen aber in einer sehr
großen Anzahl in unser Land und auf unseren Kontinent, aus dem Nahen Osten, der in Wahrheit ganz und gar nicht nah ist, weder geografisch noch kulturell,
und auch aus Afrika. Fakt ist aber: Weder Österreich noch Europa wer­den all diesen Menschen helfen können, und schon gar nicht wird man all diese Menschen aufnehmen können. Unsere Sozialsysteme sind jetzt oft bereits
am Rande des Kollapses. Unsere Aufgabe als gewählte Vertreter der Österrei­cher ist es, diesen Kollaps des Sozialsystems zu verhindern und im Inter­esse unserer Landsleute zu agieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wofür unser Sozialsystem derzeit missbraucht wird – und ich sage es so drastisch: missbraucht wird –, dafür war es de facto nie ausgelegt und war es de facto auch nie gedacht. Mit vielen dieser Flüchtlinge kommen Menschen
in unser Land, deren Traditionen, deren Einstellungen, deren Weltbild, deren re­ligiöser Fanatismus, deren Frauenbild, deren Werte und vieles mehr mit


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unseren Werten ganz und gar unvereinbar sind. Die Folgen sind Parallelgesell­schaften, Städte, in denen wir No-go-Areas haben, Islamismus, Anti­semitismus, Sittenwächter, Gewalt an Schulen und in Schulklassen, in denen Österreicher oftmals schon die Minderheit sind, und, und, und.

Weit mehr als 50 Prozent der Insassen in unseren Gefängnissen sind Ausländer. Auch wenn Sie das nicht hören wollen: Das ist Fakt. Zählt man dann noch
jene Insassen mit österreichischer Staatsbürgerschaft dazu, die unmittelbaren Migrationshintergrund haben, dann ist die Zahl in Wahrheit noch drasti­scher, und – der Herr Innenminister wird es vielleicht bestätigen – die Kriminal­statistik spricht dieselbe Sprache.

Ja, meine Damen und Herren, besonders von links, Sie haben recht, wenn Sie sagen: Es sind nicht alle so! – Das wissen wir. Aber auch wir haben recht,
wenn wir sagen, viele sind leider so und viele sind de facto unintegrierbar. Das zeigt auch ganz klar die aktuelle Situation auf den Straßen in Europa. Wir
hatten es vor Kurzem aber auch in Österreich. Das wird man dann doch wohl noch ansprechen dürfen, ohne dass man deswegen von den Linken
gleich als Rassist, als Hetzer oder als Nazi verteufelt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Offiziell haben Herr und Frau Österreicher im Jahr 2022 2,5 Milliarden Euro Steuergeld für das Asylwesen bezahlt. Die tatsächlichen Kosten sind
aber viel, viel höher, weil da ja bei Weitem nicht alles miteingerechnet ist. Nimmt man einen realistischen 1:10-Schlüssel zu Deutschland, wie es heute der
Herr Finanzminister in einem anderen Fall schon gemacht hat, dann kann man von etwa 4 Milliarden Euro reden.

Da schließt sich dann der Kreis zur heutigen 15a-Vereinbarung: Wien war und ist ein Paradebeispiel ungezügelter und unkontrollierter Zuwanderung. (Bundesrätin Schumann: Die lebenswerteste Stadt!) Da ist Wien dann sogar auch noch stolz darauf, dass es die Quote mit 200 Prozent übererfüllt.

Natürlich habe ich Ihnen auch ein Beispiel mitgebracht, damit Sie nicht sagen, ich hätte keine Zahlen: Wien hat im aktuellen Budget 1 Milliarde Euro für die


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Mindestsicherung veranschlagt. Davon gehen 60 Prozent an Nichtösterreicher, und von diesen 60 Prozent geht circa die Hälfte an Asylberechtigte und
subsidiär Schutzberechtigte. Das sind Menschen, die arbeiten könnten und dürften.

All das muss natürlich finanziert werden – durch Gebührenerhöhungen, durch Steuererhöhungen und dergleichen (Bundesrätin Schumann – erheitert –:
Ja!),
welche natürlich einerseits die Wiener, andererseits alle Österreicher in gerade dieser schwierigen Zeit noch mehr belasten. Und jetzt soll vom
Bund auch noch ein Zuschuss in Millionenhöhe dazukommen.

Erstaunlicherweise habe ich, seit ich in der Politik bin, noch nie gehört, dass für den Bereich Asylwerber einmal nicht genug Geld in der Staatskasse zur Verfügung war. Erstaunlicherweise fehlt das Geld immer dann in Österreich, wenn wir Geld für unser Gesundheitssystem brauchen. Das Geld fehlt,
wenn wir mehr Geld für unsere Sicherheit brauchen oder für Planstellen bei der Polizei, beim Bundesheer, bei der Justiz. Das Geld fehlt, wenn es um die Pensionen geht, Stichwort Hacklerregelung oder, wie wir es heute auch schon in der Diskussion mit dem Finanzminister gehört haben, Erhöhung des Pensionsantrittsalters.

Zusammengefasst: Das Geld fehlt immer dann in Österreich in der Staatskasse, wenn es um jene Menschen geht, die dieses Land mit ihren Steuern, mit
ihren Leistungen am Laufen halten, nämlich unsere Landsleute.
(Beifall bei der FPÖ.)

Nur all das darf man natürlich nicht ansprechen, denn dann ist man wieder ein böser Hetzer, wir hatten ja heute die Diskussion schon, aber ich lasse
mir den Mund nicht verbieten, meine Damen und Herren, und die Wahrheit ist zumutbar! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Doppler: Bravo!)

Apropos Wahrheit oder besser gesagt Unwahrheit: Herr Bundesrat Babler ist ja der angeblich neue Chef der SPÖ – er ist jetzt leider gerade nicht da


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(Ruf bei der FPÖ: Wieder einmal! – Bundesrätin Schumann: Wo war der Herr Steiner heute Vormittag?) – und spricht jetzt auch von einem härteren Asylkurs,
die ÖVP macht das sowieso, aber erstaunlicherweise machen Sie in Ihrer täg­lichen Politik genau das Gegenteil: Sie fördern die Zuwanderung und
im Besonderen die Zuwanderung in unser Sozialsystem.

Und wir Freiheitliche sind auch heute wieder die Einzigen, die gegen diesen Geldregen für Menschen aus aller Herren Länder stimmen. Die FPÖ ist
die einzige Partei, die nicht nur weiß, wie man diesen Magneten der Zuwan­derung in unser Sozialsystem entmagnetisiert, wir Freiheitliche sind
vor allem die Einzigen, die ernsthaft gewillt sind, genau diese Maßnahmen auch umzusetzen (Beifall bei der FPÖ), nämlich mit Sachleistungen statt Geld­leistungen. Dann kommen auch nur mehr jene, die unsere Hilfe tatsächlich in Anspruch nehmen. Das sind übrigens auch jene, die jetzt in Wahrheit
zu kurz kommen.

Sachleistungen statt Geldleistungen, das ist ein richtiger Schritt von vielen, vielen weiteren Schritten, die dann folgen müssen. Dann haben wir wieder genug
Geld in unserem Sozialsystem, von dem die Österreicher profitieren können. Un­ser Sozialsystem – und das muss auch einmal so klar gesagt werden – ist
keine Entwicklungshilfe für die ganze Welt, auch wenn es von der Einheitspartei, von Rot, Grün, Schwarz und Pink, derzeit so gelebt wird. Und spätestens
mit einem Volkskanzler Herbert Kickl werden wir diese richtigen und notwendi­gen Schritte einleiten – ganz nach dem Motto: Österreich zuerst! (Beifall bei
der FPÖ.)

15.53


15.53.08*****

Vizepräsidentin Margit Göll: Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundes­räte! Das vorläufige Stenographische Protokoll liegt nun vor. Herr Bundes­rat Steiner wurde ja in der Stehpräsidiale ersucht, den Ausdruck „Volk ausge­tauscht“ zurückzunehmen. Da er diesem Ersuchen nicht nachgekommen


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ist, erteile ich Herrn Bundesrat Steiner einen Ordnungsruf. (Beifall bei Bundes­rät:innen von SPÖ und Grünen. – Bundesrat Steiner: Was steht denn drinnen? Lesen Sie es vor! – Zur Geschäftsordnung!)

*****

Bitte, Herr Bundesrat Steiner, zur Geschäftsbehandlung.


15.53.48

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Vizepräsidentin, Sie werden halt schon vorlesen müssen, was ich gesagt habe, wenn Sie mir einen Ordnungsruf erteilen, nämlich auch, in welchem Zusam­menhang. (Bundesrat Himmer: Muss sie nicht!) – Natürlich muss sie es. (Bundesrat Buchmann: Na, wirklich nicht!) Ja, sicher, es weiß ja niemand, worum es
geht, oder? (Bundesrat Buchmann: Du warst eh dabei!)

15.54


*****

Vizepräsidentin Margit Göll: Ich darf nun Herrn Bundesminister Mag. Gerhard Karner das Wort erteilen. – Bitte.


15.54.13

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Bundesräte! (Bundesrat Steiner: Das ist ein
Witz, so etwas!)
Ich bin sehr froh, dass ich in einem Land Verantwortung tragen darf, in dem jeder und jede Gott sei Dank seine und ihre politische Mei­nung äußern darf (Bundesrat Steiner: Gott sei Dank!), und ich glaube, das ist auch sehr wichtig und gut so, Herr Bundesrat. Das möchte ich an dieser Stelle
noch einmal mehr als deutlich sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Steiner: Ist es jetzt so, dass ich die Erlaubnis des
Ministers haben muss? Perfekt! Danke, dass der Innenminister mir erlaubt, das Wort zu verwenden in diesem Fall! Sie sind hier Gast, Herr Minister! – Wow-Rufe


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bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Du bist aber ein schlechter Gastgeber! – Wei­terer Zwischenruf der Bundesrätin Doppler.) – Geht es jetzt wieder? – Okay,
danke schön. Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Das Pilotprojekt zwischen dem Bund, dem Innenministerium, und Wien hat fol­genden Hintergrund, warum es letztendlich dazu kam: Es gab im Novem­ber 2022 einen einstimmigen Beschluss der Flüchtlingsreferent:innenkonferenz, weil alle Parteien dieses Hauses, bis auf die NEOS, glaube ich, diesen einstimmigen Beschluss gefasst haben, nämlich dass das Innenministerium ein transparentes Realkostenmodell entwickeln soll. Das ist der erste Grund.

Der zweite Grund für die Entwicklung dieses Pilotprojektes war ein Bericht des Rechnungshofes im Jahr 2020, der die pauschale Abgeltung von Kosten
kritisiert hat, der kritisiert hat, dass die Kostensätze gerade im Bereich der un­begleiteten minderjährigen Flüchtlinge seit Jahren unverändert sind, und
er hat die Empfehlung ausgesprochen, dies zu ändern. Daher kam es eben dazu, dass wir uns mit der Stadt Wien entschieden haben, dieses transparente Realkostenmodell zu entwickeln, mit dem es weniger Bürokratie geben wird und die realen Kosten, die tatsächlich anfallen, verrechnet werden.

Ich möchte an dieser Stelle sagen, und das ist uns wichtig: Da geht es um vulne­rable Gruppen, da geht es um behinderte Menschen, da geht es um Junge,
da geht es um Kinder, da geht es um Minderjährige. Und es geht auch darum, auch das sei an dieser Stelle sehr klar gesagt, und über das kann man völ­lig ohne Schaum vor dem Mund diskutieren: Wenn 16-, 17-Jährige wo unterge­bracht sind, dann haben die viel Blödsinn im Kopf, gerade wenn sie aus bestimmten Kulturkreisen kommen. Das muss man auch offen und ehrlich an­sprechen. Und da ist es doch wichtig, dass man diesen auch eine entspre­chende Struktur gibt, sie auch betreut, begleitet und, wenn es notwendig ist, auch einen Sicherheitsdienst einsetzt. Aber das fällt nicht vom Himmel,
das sind Dinge, die auch finanziert werden müssen. Vielfach wird auf diese Kos­ten verzichtet, weil es nicht kostendeckend ist – daher eben dieses Pilotpro­jekt zur Entwicklung dieses Realkostenmodells.


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Bei uns in Niederösterreich oder im Mostviertel heißt es: Was es wiegt, das hat’s!, und das stand auch klar im Mittelpunkt dieses Projektes oder
dieses Gesetzes, das wir hier entwickelt haben. Wir haben auch heute wieder eine Flürk gehabt, eine Flüchtlingsreferent:innenkonferenz, bei der auch
den anderen Bundesländern klar gesagt wurde, dass man auch mit ihnen – die anderen Bundesländer sind da mit Wien nicht vergleichbar, weil Wien eine völlig andere Situation als die Flächenbundesländer hat – in Gespräche über ein derartiges transparentes Realkostenmodell eintreten wird, damit das sicher­gestellt wird, was ich bereits gesagt habe.

Zwei oder drei Zahlen, die ich noch zum Schluss meiner kurzen Stellungnahme sagen will, und das auch völlig wertfrei: Im Jahr 2019 wurden im Innen­ressort Auszahlungen für die UG 18 – UG 18 ist der Flüchtlingsbereich – in der Höhe von 646,4 Millionen Euro getätigt. Im Jahr 2022, also letztes Jahr,
waren es 582 Millionen Euro für den Flüchtlingsbereich, also weniger als im Jahr 2019 – nur dass man auch sieht, welche Kosten anfallen.

Und was auch noch wichtig ist und ich an dieser Stelle sagen will: Natürlich ist Geld für die so wichtige Arbeit der Polizei vorhanden. Wir haben für
nächstes Jahr über 4 Milliarden Euro alleine im Bereich Innere Sicherheit budgetiert. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist das größte Sicherheitsbudget
in der Zweiten Republik. Und das haben wir nicht aus Jux und Tollerei getan, nein, sondern weil es einfach notwendig ist.

Herr Bundesrat Spanring, Sie haben diese Punkte zu Recht angesprochen, völlig richtig. 90 Prozent Ihrer Sachen kann ich jederzeit unterschreiben, ja, wirk­lich (Bundesrat Schennach: Tatsächlich?), weil es eben so ist. (Bundesrätin Schumann: Na dann! Man liebt sich ja in Niederösterreich so sehr!) Daher: Machen Sie Werbung für den Beruf der Polizistin, des Polizisten! Sie kommen ja
aus dem Bereich, glaube ich, wenn ich richtig informiert bin. Wir brauchen junge Kolleginnen und Kollegen, daher haben wir eine massive Personaloffensive gestartet, wodurch wir jetzt im Herbst, im September und Dezember, Rekord­aufnahmen gehabt haben, und das wollen wir auch so fortsetzen. Das


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Geld ist da, wir brauchen es, aber wir brauchen auch das Personal dazu, und das suchen wir jetzt.

Ich bitte alle in diesem Saal, für diesen so wunderbaren Beruf – ich glaube, meine Kollegin, die Verteidigungsministerin, tut das auch immer, ich tue das hier
auch – Werbung zu machen. Wir brauchen junge Kolleginnen und Kollegen für diesen Bereich. Das Geld ist da, das Budget ist da, weil es einfach notwendig
ist.

Und im anderen Fall, was das Thema Pilotprojekt mit Wien betrifft, ist es eine Frage des Pragmatismus und der Vernunft, auch diesen Schritt zu gehen.
So ist es! – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

16.00


Vizepräsidentin Margit Göll: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung.

16.00.16Dringliche Anfrage

der Bundesrät:innen Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundeskanzler betreffend „umfassendes Reformpaket für leistbares
Wohnen“ (4134/J-BR/2023)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Christian Fischer, Kolleginnen und
Kollegen an den Herrn Bundeskanzler.

Da die Dringliche Anfrage allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Christian Fischer als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.


16.00.46

Bundesrat Christian Fischer (SPÖ, Niederösterreich): Herr Minister! Frau Staats­sekretärin! Geschätzte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im


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Bundesrat! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Im Jahr 2020 legte die Regie­rung ihr Programm „Aus Verantwortung für Österreich. Regierungspro­gramm 2020–2024“ vor. Auf drei Seiten wurden insgesamt 34 Forderungen im Bereich des Wohnens aufgelistet. Von diesen über 30 Forderungen ist
jedoch weniger als zwölf Monate vor den nächsten Nationalratswahlen wenig umgesetzt worden.

Die angekündigten Maßnahmen gegen Leerstand, die verfassungsrecht­liche Verankerung der Widmungskategorie sozialer Wohnbau, die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes und das gesamte Kapitel Schaffung von leist­barem Wohnraum sind unter anderem weiterhin offen. Es gab bislang weder die angekündigte Wohnraum-Enquete noch Dialogforen unter Beteiligung von Bürger:innen, Expert:innen, Ländern und Gemeinden, der Zivilgesellschaft, den Interessenvertretungen, durch die eine Reform des Wohnrechts diskutiert werden sollte. Es gibt daher noch immer kein transparentes, nachvollziehbares neues Mietrecht, das Rechtssicherheit und Rechtsdurchsetzbarkeit schafft
und eine vor allem transparente Preisbildung vorsieht, die zu leistbarem Wohnen für die Mieterinnen und Mieter führt.

Auf die seit zwei Jahren galoppierende Inflation hat die lahmende Bundesregie­rung zwar mit Milliarden Euro an Förderungen für die Unternehmen, wie
zum Beispiel die Firma Signa, reagiert, auf die Millionen Mieterinnen und Mieter, die unter den ständig steigenden Wohnkosten leiden, hat sie jedoch gänz­lich vergessen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Juli 2023 lag die Inflation bei 7,1 Prozent, im August stieg sie wieder
auf 7,4 Prozent an. Nach 5,4 Prozent im Oktober bleibt sie laut Schnellschätzung auch im November bei 5,4 Prozent. Die von der lahmenden Bundesregie­rung gesetzten Maßnahmen führen also weiterhin nicht dazu, dass
die Inflationsrate auf ein akzeptables Niveau absinkt. Österreich liegt damit in Westeuropa bei der Inflationsentwicklung immer noch auf dem beschä­menden letzten Platz. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 219

Die Richtwertmieten sind im April 2022 um 5,85 Prozent gestiegen, im April 2023 erhöhten sie sich um 8,6 Prozent, weil die Regierung die Anträge der SPÖ auf ein Aussetzen der Mieterhöhung mehrmals abgelehnt hatte. Wenn
die Politik nicht eingreift, werden sich die Richtwertmieten angesichts der Infla­tionsprognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute bis April 2025 um
weitere 11 Prozent erhöhen. Sie werden dann seit 2022 um mehr als 25 Prozent gestiegen sein. – Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben richtig gehört:
um 25 Prozent.

Die Kategoriemieten stiegen in den letzten 15 Monaten um fast 24 Prozent. Der von der SPÖ bereits im Frühjahr geforderte Mietenstopp hätte dazu geführt,
dass sich die Inflation abgeschwächt hätte. Stattdessen legt die Regierung am 30. August dem Nationalrat einen sogenannten Mietpreisdeckel – Schmäh­preisdeckel – vor, der in den nächsten drei Jahren eine Begrenzung des Anstiegs bei den gesetzlich vorgegebenen Mieten auf 5 Prozent pro Jahr vorsieht.
Die rund 500 000 Wohnungen im freien, nicht preisregulierten Mietsektor wer­den von der Regierung überhaupt nicht berücksichtigt – Unwissenheit
oder Realitätsverweigerung?

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien! Die Menschen in rund zwei Millionen Haushalten in Österreich leben in einer Mietwohnung.
Bis zu 40 Prozent der Haushaltsausgaben werden für die Wohnungsmiete aufge­wendet. Viele Menschen kommen durch die anhaltend hohe Inflation in
eine prekäre finanzielle Situation, die durch das Nichthandeln der lahmenden Regierung weiter verschärft wird. Die Mieterhöhungen der letzten Mona­te haben die Inflation weiter befeuert. Das ist nicht nur ein Schaden für die be­troffenen Mieterinnen und Mieter, sondern auch für die gesamte Wirt­schaft; besonders das Baugewerbe und das Baunebengewerbe sind betroffen.

Nicht nur unsere Fraktion fordert eine Mietpreisbremse, auch zahlreiche Expertinnen und Experten, wie etwa Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, fordern im­mer wieder eine Mietpreisbremse oder eine Aussetzung der Mieterhöhun­gen, ein System mit klaren Mietobergrenzen sowie einen neuen Index für die


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 220

Mietpreisentwicklung, wie etwa die Orientierung am EZB-Leitzinssatz mit
einer Deckelung von 2 Prozent.

Dass es auch anders geht, beweisen zahlreiche EU-Staaten; aber auch die drei sozialdemokratisch geführten Bundesländer Burgenland, Kärnten und
Wien haben bei den Mietverhältnissen, wo sie die Möglichkeit haben, Eingriffe zum Schutz der Mieterinnen und Mieter vorgenommen. In Wien wurde
die Mietpreisbremse im Gemeindebau im November auf den Weg gebracht. Davon profitieren über 370 000 Menschen in der Bundeshauptstadt –
im Gegensatz zu den Maßnahmen der Bundesregierung, die hauptsächlich In­vestoren wie René Benko zugutekommen.

Ein weiterer wohnpolitischer Schwerpunkt zur Entlastung der Menschen ist die gezielte Errichtung von sozialem und gemeinnützigem Wohnbau. Dem
stehen jedoch auch diverse Hindernisse im Weg, vor allem weil die Ressource Boden nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Eine Lösung für dieses Pro­blem ist die Forcierung der Flächenwidmungskategorie sozialer Wohnbau. Mit ihr können die noch vorhandenen Bodenressourcen zum Vorteil der ge­samten Bevölkerung abgesichert werden, und der Spekulation kann ein Riegel vorgeschoben werden.

Nach dem Bauboom der letzten Jahre geht die Bauleistung vor allem bei groß­volumigen Bauten nun drastisch zurück, was eine hohe Arbeitslosigkeit
im Baugewerbe und Baunebengewerbe zur Folge hat. Statt zu investieren, stellt man in manchen Bundesländern den sozialen Wohnbau fast zur Gänze ein. Trauriger Spitzenreiter ist hierbei mein Heimatbundesland Niederösterreich. Der Stopp der Neubauförderung im Genossenschaftsbereich bedeutet in Nie­derösterreich, dass das leistbare Angebot an Wohnraum um bis zu 7 000 Wohn­einheiten reduziert wird. Das heißt, heuer werden nur 253 geförderte Woh­nungen freigegeben. Dies hat zur Folge, dass einkommensschwächere Haushalte auf den teureren privaten Mietbereich ausweichen müssen. Das verschärft natürlich die Teuerungskrise massiv.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 221

Die schwarz-blaue Mogelwohnbauförderungspackung in Niederösterreich hat in meinem Bezirk die Auswirkung, dass es zu einem 33-prozentigen Preissprung
im gemeinnützigen geförderten Wohnungsneubau kommen wird. Dieses Mogel­modell in Niederösterreich verteuert die Mieten drastisch und belastet
durch die Ausdehnung der Finanzierungsdauer auf 40 Jahre noch die Kinder der Geförderten. Eine verantwortungsvolle Politik schaut anders aus, liebe Kolle­ginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die schlechte Performance von Landeshauptfrau Mikl-Leitner überrascht
mich keinesfalls. Sie ist in Zeiten der massiven Teuerungswelle vollständig ab­getaucht. Nur kurz ist sie in Erscheinung getreten, als sie die Kindergar­tendirektor:innen erinnert hat, dass am 6.12. der Nikolaus in den Kindergärten kommen soll. Besonders wichtig ist ihr auch der unnötige dritte Auf­sichtsratsposten bei der EVN, anstatt dass sie gegen die hohen Strompreise ankämpft.

Auch der Klubobmann der niederösterreichischen Volkspartei - - Entschuldigung, natürlich der Landesparteigeschäftsführer der niederösterreichischen Volks­partei und der ÖVP Wiener Neustadt, wo er den Vorsitz als Klubobmann hat, Bundesratskollege Matthias Zauner, glänzt nicht unbedingt mit Expertise
in der Wohnbaupolitik. (Heiterkeit bei der ÖVP.) In seiner Heimatstadt Wiener Neustadt gibt es 2 000 Gemeindewohnungen. Von den 2 000 Gemein­dewohnungen gibt es aktuell 300 leer stehende Wohnungen (Zwischenruf des Bundesrates Zauner – Bundesrat Himmer: Aber lesen kann er mindestens
so gut wie du!) –
in Zeiten wie diesen sehr bedenklich, Kollege Zauner. (Bundesrat Zauner: Unfassbar!)

Der FPÖ Niederösterreich scheint die Teuerungswelle auch vollkommen egal zu sein. Ihr ist offensichtlich das Gendern wichtiger als die Sorgen unserer Bevölkerung. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 222

„Die wohnpolitischen Forderungen der SPÖ sind daher [...] das Einfrieren sämt­licher Mieten [...] bis Ende 2025“, „die Einführung eines einheitlichen, trans­parenten neuen Mietrechts“, „die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitions­bank“, „die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung“,
„die verfassungsrechtliche Absicherung der Widmungskategorie ‚sozialer Wohn­bau‘“, die „Erhöhung der Wohnbauförderung von 0,4 Prozent auf 1 Prozent
des“ Bruttoinlandsprodukts und die verfassungsrechtliche „Ermächtigung der Bundesländer zur Einführung von Leerstandsabgaben“.

Aus den oben genannten Gründen stellen die unterfertigten Bundesrät:innen folgende Dringliche Anfrage:

„Im Regierungsprogramm sind 28 von 34 Punkten und Maßnahmen im Kapitel ‚Wohnen‘ nicht umgesetzt. Werden Sie die geplante Enquete zum Wohn­recht noch vor Ende der Legislaturperiode zu Stande bringen?“

„Aus welchem Grund sind nach wie vor so viele Punkte zum Thema Wohnen im Regierungsprogramm unerledigt? Geben Sie die Gründe bitte pro Vorhaben
an.“

„Arbeitet die Regierung bzw. sind Arbeitsgruppen in den zuständigen Ministerien eingerichtet, die an einer Mietrechtsreform arbeiten, um ein einheitliches, transparentes Mietrecht endlich auf den Weg zu bringen? [...] Wenn ja: in wel­chem Ressort bzw. welchen Ressorts sind diese Maßnahmen in Vorbereitung und bis wann“ kann man „mit einer Realisierung der Maßnah­men [...] rechnen?“

Ist Bundeskanzler Nehammer, der bei so wichtigen Themen immer durch Ab­wesenheit im Bundesrat glänzt, eingebunden oder ist es ihm egal?

„Wird die verfassungsrechtliche Absicherung der Flächenwidmung ‚sozialer Wohnbau‘ noch in dieser Gesetzgebungsperiode umgesetzt werden? [...] Wenn nein, wieso nicht?“


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 223

„Sind in der von der“ lahmenden „Regierung vorgesehenen Mietpreisbremse“,
die nächste Woche im Bautenausschuss des Nationalrates „beschlossen werden soll, nun auch die privaten Mieten vorgesehen“ oder wurden diese wieder vergessen? „Wie hoch sind die von Ihnen berechneten Effekte auf die Inflations­entwicklung?“

„Einige Bundesländer und Gemeinden haben von sich aus einen Mietpreisstopp verfügt“, wie zum Beispiel Linz, St. Pölten oder Traiskirchen. (Ruf bei der
ÖVP: Ah!)
„Ist vom Bund beabsichtigt, den Einnahmenausfall der sich durch diese Maßnahme ergibt, zu ersetzen? [...] Wenn ja, bis wann werden die Gemein­den bzw. Bundesländer diese finanziellen Mittel erhalten?“ (Bundesrat Tiefnig: Zufällig die SPÖ ...?) „Werden die eingesetzten Mittel den Gemeinden bzw. Ländern zur Gänze oder nur teilweise ersetzt?“

„Die Wohnbauinvestitionsbank [...] wurde nach langwierigen Verhandlungen mit der Europäischen Kommission schlussendlich von dieser genehmigt und
dann als eine der ersten Amtshandlungen der damaligen“ unglücklich agierenden ÖVP-FPÖ-„Regierung wieder liquidiert. Werden Sie sich dafür einsetzen,
dass die WBIB wieder eingeführt wird bzw. gibt es Bestrebungen innerhalb der Regierung, diese Wohnbaubank wiederzubeleben?“

„Welche Maßnahmen setzen Sie, bzw. Ihre Regierung, um den Einbruch bei den Aufträgen im Bereich der Bauwirtschaft abzufedern bzw. zu beenden?“

„Angesichts der stark steigenden Arbeitslosenzahlen im Bereich der Baubranche wären jetzt dringend Maßnahmen erforderlich, um Investitionen anzustoßen
und die Baubranche zu neuen Aufträgen zu stimulieren. Sind hier
durch Ihre Regierung Maßnahmen geplant und wenn ja, welche bzw. bis wann?“

„Liegen Ihnen Daten vor, wie viele Unternehmen im Bereich der Baubranche und nachgelagerter Bereiche Insolvenz angemeldet haben und wie viele Arbeits­plätze sind dadurch in diesem Jahr verloren gegangen oder gefährdet?“ Wenn ja, in welchen Ressorts sind die Maßnahmen in Vorbereitung und bis
wann ist mit einer Realisierung der Maßnahmen zu rechnen?


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 224

Ist der Regierungschef in die Planungen eingebunden, da mehrere Ressorts in der Thematik zuständig sind, und wenn nicht, wäre es aufgrund fehlen­der Ergebnisse nicht sinnvoll, dass der Herr Bundeskanzler dies zur Chefsache machen würde?

Abschließend noch eine persönliche Frage, bitte Bundeskanzler Nehammer aus­zurichten: Weiß der Herr Bundeskanzler tatsächlich nicht mehr, wo sich
der Bundesratssaal befindet?

Ich ersuche Sie um Beantwortung meiner gestellten Fragen unter dem Motto: Handeln statt Schönreden! – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

16.15


Vizepräsidentin Margit Göll: Zur Beantwortung hat sich Frau Staatssekretärin Claudia Plakolm zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.15.53

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Österreich ist definitiv ein Land, in dem jeder, der arbeiten geht und bereit ist, seinen Beitrag zu leisten,
auch ein ordentliches Dach über dem Kopf haben kann – auch weil wir so viele fleißige Menschen in unserem Land haben, die durch Arbeitengehen,
durch Steuernzahlen ermöglichen, dass wir auch denjenigen helfen können, die nicht auf die Butterseite im Leben gefallen sind, sodass es auch denen mög­lich ist, durch finanzielle und soziale Unterstützung eine beheizte Unterkunft zu haben. (Bundesrätin Schumann: Wer hat den Text geschrieben, bitte?)

Wer andere Länder der Welt kennt und wer dort auch gesehen hat, auf welche Probleme man stößt, wenn die Anzahl der Menschen deutlich zu hoch für
den verfügbaren Wohnraum ist, der weiß, dass wir froh sein können, in einem Land wie Österreich zu wohnen, in einem Land, in dem es in den unter­schiedlichsten Mietformen (Bundesrätin Schumann: Was heißt das? Seid froh, dass ihr da wohnt ... oder was?), egal ob in der Stadt oder am Land, auch möglich
ist, gut zu leben und gut zu wohnen. (Rufe bei der SPÖ: Na dann!)


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 225

Mit dem Regierungsprogramm, das Sie ausführlich erwähnt und geschildert haben, setzen wir auch viele nachhaltige Maßnahmen, um genau im
Wohnen viele Akzente zu setzen, und wir verpflichten uns zu diesen nachhaltigen Maßnahmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Das tun wir beispielsweise im Bereich des Sanierens, in dem es deutlich attrakti­ver wird, bestehenden Wohnraum nach den eigenen Vorstellungen her­zurichten und beispielsweise auch die erneuerbaren Energien voranzutreiben.

Auch junge Menschen unterstützen wir auf dem Weg in die erste Wohnung, bei­spielsweise mit dem Bestellerprinzip bei Maklergebühren, das seit Mitte
dieses Jahres endlich in Kraft ist. (Bundesrätin Schumann: Das wird ihnen helfen!)

Selbstverständlich bekenne gerade ich als Jugendstaatssekretärin mich dazu, dass es weitere Maßnahmen braucht, um Wohnen leistbar zu machen,
um Schwerpunkte im Bereich Wohnen politisch übergreifend zu setzen (Zwi­schenruf der Bundesrätin Hahn), gerade dann, wenn es darum geht, dass
junge Menschen auch zutiefst den Wunsch verspüren, dass sie sich früher oder später einmal eigene vier Wände schaffen wollen. (Zwischenruf der Bundes­rätin Hahn.)

Das kommt nicht nur aus dem Bericht zur Lage der Jugend heraus, in dem jeder zweite junge Mensch das als langfristige Perspektive, als langfristigen
Traum angibt, auch laut der Ö3-Jugendstudie – dort noch einmal deutlicher – wünschen sich 93 Prozent der jungen Menschen eigene vier Wände
und möchten sich früher oder später Eigentum leisten können. (Ruf bei der
SPÖ: Wünschen kann man sich viel!)

Mir ist durchaus klar, dass das in den letzten Jahren für unglaublich viele in un­erreichbare Entfernung gerückt ist, und für viele wird es leider nur dieser
Traum bleiben. Wir wollen aber gerade jungen Menschen, die bereit sind, mit ihrem Fleiß etwas zu leisten, die Möglichkeit geben, dass sie das schaffen (Zwischenrufe bei der SPÖ), auch wenn wir aktuell einen unglaublich gefährlichen


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 226

Dreiklang erleben: einen Dreiklang aus massiv gestiegenen Baukosten, sehr hohen Zinsen, die wir in den letzten Jahren ganz einfach nicht erlebt haben, und Kreditrichtlinien, die es fast unmöglich machen, nicht nur Eigentum, sondern überhaupt eine Kreditzusage zu bekommen.

Wenn bei einem Pärchen, bei dem beide Vollzeit arbeiten, nicht einmal
die Chance darauf besteht, eine positive Kreditzusage zu bekommen, dann läuft etwas falsch in diesem System. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Deswegen mache ich mich dafür stark, dass wir insbesondere bei den staatlichen Nebenkosten, bei den Steuern, die zu bezahlen sind, Erleichterungen für
junge Menschen, für junge Familien finden, damit dieser Traum irgendwie doch erreichbar ist und junge Menschen es mit viel Einsatz auch schaffen können,
und dass wir beziehungsweise die Finanzmarktaufsicht die Kreditregeln endlich entschärfen, weil das einfach vielen jungen Menschen diese Perspektive
nimmt. Ich bin schon der Überzeugung, dass die Perspektive auf eigene vier Wände ein zentraler Motivator am Arbeitsmarkt und gleichzeitig ganz ent­scheidend in der persönlichen Vorsorge ist.

In Vertretung unseres Bundeskanzlers darf ich nun auf die von Ihnen gestellten Fragen eingehen. Vielen lieben Dank auch für die Zusatzaufgabe, dass Sie
die Anfrage noch einmal verlesen haben.

Zu den Fragen 1 und 2:

Das Regierungsprogramm wurde in einer Zeit erstellt, in der wir noch nichts von den vielen Krisen – Corona, Krieg, Pandemie – und den unterschiedlichs­ten Herausforderungen, mit denen wir seither konfrontiert sind, gewusst haben. (Bundesrätin Schumann: Das heißt ...!) Deswegen war es notwendig, dass
wir auch einen neuen Blickwinkel bei der Betrachtung dieser Herausforderungen einnehmen: mit einem Fokus auf schnelle Entlastungsmaßnahmen wie beispielsweise die ökosoziale Steuerreform, mit Steuersenkungen und dem Kli­mabonus oder mit der Abschaffung der kalten Progression.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 227

Ganz konkret ist im Bereich Wohnen trotz dieser notwendigen Maßnahmen viel passiert. Beispielhaft möchte ich ein paar Punkte erwähnen: die zusätzli­chen Förderungen für Kesseltausch und thermische Sanierung in Höhe von 1 Milliarde Euro bis 2026; die Erhöhung der Mittel für den Sanierungs­bonus um 200 Millionen Euro oder auch die Aussetzung der Umsatzsteuer auf Fotovoltaikanlagen für die nächsten zwei Jahre mit einem Volumen von 650 Millionen Euro. Das ist ein Thema, das Sie meines Wissens heute hier im Bundesrat schon intensiv behandelt haben.

Dazu kommen die deutlich gestiegenen Auszahlungen für Länder und Gemeinden über das neue Finanzausgleichsgesetz, das wir kürzlich auf den Weg gebracht haben und das einen wichtigen Teil zum Bauen und Wohnen ent­hält, oder auch vorgezogene Bauprojekte der öffentlichen Hand mit
einem Volumen von über 600 Millionen Euro im Jahr 2024.

Nun zur Frage 3:

Die Einführung eines einheitlichen Mietmodells wird bereits seit einiger Zeit diskutiert. Die Kompetenzen in dieser Thematik sind auf unterschiedli­che Ressorts aufgeteilt. Beispielsweise ist das Justizministerium für das WEG und auch für das Mietrechtsgesetz zuständig, das Wirtschaftsministerium für
das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz.

Sie sehen allein schon bei diesem Thema der Mietpreisbremse, zu dem viele, vie­le Vorschläge existieren und vor allem auch im Parlament vorliegen, dass
man damit nur einen kleinen Teil mietrechtlicher Themen adressieren kann, dass eine bundeseinheitliche Lösung nur schrittweise möglich ist und nur mit
Bedacht umgesetzt werden darf.

Es sei jedoch auch erwähnt, dass sich hinsichtlich der Bereiche der Haushalts­entwicklung, der Kosten und Preise für Mietverhältnisse und auch des Klimaschutzes das österreichische Wohnrecht sehr, sehr gut bewährt hat und für viele Länder beispielgebend ist.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 228

Zu den Fragen 4, 5 und 14:

Wir befinden uns in einem laufenden und guten Austausch mit dem Städte-
und dem Gemeindebund, wie zuletzt auch beim Abschluss des Finanz­ausgleiches. Zur Leerstandsabgabe ist festzuhalten, dass die Diskussion dazu viel zu vereinfacht geführt wird. Erstens ist ein gewisser Grundleerstand für Wohnungswechselfälle notwendig, und zweitens steht fest, dass es regional sehr unterschiedliche Gründe für Leerstände gibt. Wir sind uns einig, dass es einer treffsicheren Maßnahme bedarf. (Bundesrätin Schumann: Ah!)

Deswegen Treffsicherheit – da sind insbesondere die Bundesländer gefragt –: Da erscheinen landesspezifische Regelungen als geeigneter Hebel. Wir
sind als Bundesregierung offen für Gespräche, um die Möglichkeiten der Länder in diesem Bereich zu erweitern.

Zur Frage 6:

Viele Aspekte des sozialen Wohnbaus liegen grundsätzlich in der Kompetenz der Länder. Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass auch da die Zusammenar­beit aller Ressorts mit den Bundesländern sehr, sehr gut funktioniert.

Anhand von zwei Beispielen möchte ich das auch konkret zeigen: Erstens sind zumindest rund eine Million Wohnungen – 300 000 Gemeindewohnungen
und 700 000 gemeinnützige Wohnungen – bereits jetzt sozialen Gesichtspunk­ten zuzurechnen. Zweitens sorgen wir für die Zukunft vor, denn die Bun­desregierung stellt den Ländern im Rahmen des Finanzausgleichs rund 1 Milliar­de Euro für Wohnbauförderung zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Eine verfassungsrechtliche Verankerung von etwas, das schon täglich gut geleb­te Praxis ist, ist aus unserer Sicht deswegen nicht notwendig. (Bundesrätin Schumann: Ah!)


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Zur Frage 7:

Laut Berechnungen der Oesterreichischen Nationalbank beläuft sich der erfragte Inflationseffekt auf minus 0,3 Prozentpunkte im Zeitraum 24 bis 26, weil Mieten eine relativ kleine Gewichtung bei der Inflationsberechnung haben. (Bun­desrätin Schumann: 24 bis 26!)

Der Bundeskanzler hat bei der Präsentation der Mietpreisbremse bereits die rechtlichen Schwierigkeiten aufgezeigt, die es bei einem Eingriff insbe­sondere gibt. Eine Prüfung der Materie wurde angekündigt, die daraufhin durch­geführt wurde und bis dato noch keine durchführbare Lösung ergeben
hat. Von der Mietpreisbremse dennoch betroffen sind Genossenschaftswohnun­gen, Kategoriemieten und Richtwertmieten.

Zur Frage 8:

Die Auszahlungen für die Länder und in weiterer Folge auch für die Gemeinden und Städte werden durch den Finanzausgleich deutlich erhöht. Dafür wur­de eigens der neue Zukunftsfonds geschaffen, der sich unter anderem
sehr spezifisch mit dem Thema Wohnen beschäftigt. Zusätzliche Bundesmittel betreffend Ihre Frage sind nicht geplant.

Zur Frage 9:

Die grundlegende Idee der rein privatrechtlich organisierten Wohnbauinvesti­tionsbank war, dass günstige Kreditmittel der Europäischen Investitions­bank aufgenommen werden können und mit Bundeshaftung ausgestattet an gewerbliche und gemeinnützige Bauträger weitergeleitet werden können.

Vor allem der hohe Leitzins würde auch bei einer Wiedereinführung der WBIB ihren Zweck erschweren, günstig verzinste Fremdmittel mit Laufzeiten von 30 Jahren oder mehr zur Verfügung zu stellen. Folglich würde eine Wiederein­führung, sofern sie nach langen, schwierigen Verhandlungen mit der Euro-


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päischen Investitionsbank gelingen würde, keine Ad-hoc-Entlastung für die Men­schen bringen, anders als die Maßnahmen der Bundesregierung, die
schnell und im internationalen Vergleich sehr treffsicher ankommen. (Beifall
bei der ÖVP.)

Zur Frage 10:

Die Wohnbauförderung der Länder ist, wie der Name schon sagt, eine Sache der Bundesländer. Im Rahmen des Finanzausgleichs gibt es deutliche Erhöhun­gen der Auszahlungen im Bereich des Wohnbaus: rund 1 Milliarde
Euro verknüpft mit verbindlichen Zielen auch für die Bundesländer, an die sich diese zu halten haben. Zur Umsetzung dieser Ziele verweise ich auf die
einzelnen Bundesländer.

Zu den Fragen 11 und 15:

Die Bundesregierung stellt im Rahmen des Finanzausgleichs 300 Millionen Euro pro Jahr für den Bereich Wohnen und Sanierung zur Verfügung. Dieses
Geld aus dem Zukunftsfonds soll für den Ausbau leistbaren Wohnraums und für die Erhöhung der Zahl der Sanierungen verwendet werden, um den Bau­sektor konjunkturell zu unterstützen. Jedes Land muss in diesem Bereich zwei Ziele erreichen, unter anderem eine Renovierungsquote der öffentlichen Gebäude in Höhe von 3 Prozent.

Zur Frage 12:

Ich teile durchaus die Kritik an den verschärften Kreditvergaberichtlinien, wie sie in der Anfrage auch angeführt ist. Um sich Eigentum zu schaffen, sind die
Zeiten, wie ich eingangs in meinem Statement erwähnt habe, aufgrund von Teuerung und steigenden Zinsen deutlich schwieriger geworden, insbe­sondere für junge Familien. Das hat unterschiedliche Gründe, nicht zuletzt, aus meiner Sicht, die zu streng ausgestaltete KIM-Verordnung. Diese wird von
der Finanzmarktaufsicht und dem Finanzmarktstabilitätsgremium weisungsfrei und unabhängig erstellt.


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Nichtsdestotrotz versuchen insbesondere der Finanzminister und ich, in Gesprä­chen auf diese Probleme aufmerksam zu machen. Ich möchte auch betonen,
dass die Bundesregierung auf Entscheidungen weisungsfreier Behörden weder Einfluss nehmen kann noch nehmen wird.

Zur Frage 13:

Die Frage eines Zinspreisdeckels ist nicht so einfach, wie sich das manche vorstellen. Es gibt sowohl aus ökonomischer als auch aus rechtlicher
Sicht Argumente gegen einen solchen Deckel. Aus ökonomischer Sicht könnte ein Zinspreisdeckel den Kampf gegen die Inflation konterkarieren. Die Erhöhungen der Zinsen sind ja ein Mittel zur Inflationseindämmung. Ein Zins­preisdeckel würde den Konsum und damit die Preise und wiederum die
Inflation anheizen.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es auch problematisch, in bestehende Verträge zuungunsten einer Vertragspartei einzugreifen. Eine Kundengruppe zu bevorzugen bedeutet in diesem Fall nichts anderes, als einer anderen zu schaden. Zusätzlich gibt es Probleme mit dem europäischen Wettbewerbsrecht, das im Interesse sowohl der Verbraucher als auch der Unternehmen Kar­telle, im Rahmen derer Preisabsprachen getroffen werden, verbietet.

Zu den Fragen 16 und 17:

Im Bundeskanzleramt liegen dazu keine Daten auf. Ich verweise für diese Fragen auf die zuständigen Bundesministerien.

Zu den Fragen 18 und 19:

Die Bundesregierung hat den Bundesländern im Rahmen des Wohnschirms zuerst 50 Millionen Euro und in weiterer Folge 124 Millionen Euro für Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt, um ein Sicherheitsnetz gegen Delogierungen zu spannen. Damit werden Menschen vor einem Wohnungsverlust wegen Mietschulden geschützt und gleichzeitig bei der Begleichung hoher Energiekosten unterstützt.


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Zu den erwähnten Daten liegen im Bundeskanzleramt keine Zahlen auf. Ich verweise hier ebenso auf die zuständigen Bundesministerien.

Abschließend zur Frage 20:

Parteipolitische Fragen sind kein Gegenstand des Interpellationsrechts. Welche Handlungen Bundesländer setzen und welche nicht, das obliegt den Bun­desländern natürlich selbst. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­rät:innen der Grünen.)

16.29


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt
ist.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. – Bitte.


16.30.01

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zu­seherinnen und Zuseher! Es ist mehr als bedauerlich, dass der Kanzler der Re­publik es nicht für wert befindet, zur Beantwortung dieser Dringlichen
Anfrage in den Bundesrat zu kommen. (Rufe bei der SPÖ: Wieder einmal!) Das ist wirklich sehr, sehr bedauerlich, weil wir alle gemeinsam ja darum kämpfen,
für den Bundesrat eine möglichst hohe Wertschätzung zu erzielen.
Dass der Kanzler es nicht für wert befindet, herzukommen, ist sehr bedauer­lich. – Frau Staatssekretärin, Sie haben die Antworten wunderbar vorge­lesen, alles bestens. Man merkt richtig, dass Sie nur bei einzelnen Teilen wirklich mitleben. Das ist halt so, wenn man in der Materie nicht sattelfest ist,
aber da kann man nichts machen. (Vizepräsidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Das Problem der Bundesregierung ist, dass sie es nicht geschafft hat, die Inflation zu dämpfen. Das ist das Hauptproblem. Das ist das Problem in der


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Mietfrage und das ist das Problem in der Lohnfrage. Das ist auch das Problem in vielen Fragen der sozialen Leistungen. Ihr Scheitern bei der Inflationsbe­kämpfung fällt uns an allen Ecken und Enden auf den Kopf und macht die Situa­tion schwieriger und schwieriger (Beifall bei der SPÖ), im Besonderen was
das Thema Mieten betrifft. Die Mieten sind ein riesiges Problem für
die Menschen. Die Erhöhung der Mieten in den letzten Jahren – teilweise wurden sie in den letzten Jahren dreimal erhöht – bringt viele Menschen an den Rand ihrer Existenzmöglichkeiten. Wenn die Mieten einen so riesigen An­teil des monatlichen Einkommens einnehmen, dann haben die Menschen keine Chance, außer den lebensnotwendigen noch irgendwelche anderen Aus­gaben zu tätigen.

Für uns war es wichtig, von Anfang an zu sagen: Es braucht eine Mietpreis­bremse und keine Schmähpartie wie die, die jetzt voraussichtlich kom­men wird, die vor vier Monaten angekündigt wurde. Bis jetzt liegt noch immer nichts vor. Wir wissen nicht, was die Regierung vorhat. Wir wissen nicht,
was für einen Mietpreisdeckel sie machen wird. Anscheinend hat aber auch die Bundesregierung erkannt, dass wir ein Problem bei den Mieten haben.
Wir haben das schon wesentlich früher erkannt. Es wäre klug gewesen, bei den Mieten einzugreifen, und zwar äußerst klug und dringend notwendig, um
die Menschen zu entlasten. (Beifall bei der SPÖ.)

Die ÖVP vor allen Dingen interessiert das Thema nicht, das ist mir völlig klar, aber es ist ein Problem für 4,4 Millionen Menschen, die in einer Mietwoh­nung wohnen, und zwar ein riesiges Problem: Wie sollen wir das jetzt schultern? Wie sollen wir das jetzt machen? Mich hat neulich ein Kollege angesprochen
und gesagt: Meine Miete haben sie jetzt das dritte Mal erhöht, ich weiß
jetzt nicht, was für Packerl für meine Kinder unter dem Weihnachtsbaum liegen sollen, weil ich schauen muss, dass ich meine Fixkosten bei der Miete ab­decke. – So schaut es in der Realität aus.


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Hätte es nicht die Eingriffe in die Mietstrukturen besonders der sozialdemo­kratisch geführten Länder gegeben, dort, wo sie es können – bei den ge­förderten Mietwohnungen, bei den sozialen Mietwohnungen, – würde es in vielen Ländern noch viel schlechter aussehen. In den von der ÖVP ge­führten Ländern, auch gemeinsam mit der FPÖ, schaut das aber anders aus, dort gibt es keinen Deckel.

In Wahrheit geht es doch darum: Die ÖVP – und die Grünen haben da mitgespielt – wollte auf keinen Fall in den Markt eingreifen. So schaut es aus! Die Hausbesitzer und die Immobilienspekulanten haben sich unendlich
gefreut, dass man die Mieterhöhungen hat durchlaufen lassen und keine Miet­preisbremse eingesetzt hat, denn für sie heißt das Gewinne; ganz einfach,
ganz simpel Gewinne – und das auf Kosten der Menschen, die sich ihre Mieten nicht leisten können. (Beifall bei der SPÖ.) Ich meine, so kann man doch mit Leuten nicht umgehen, das ist ja unglaublich.

Ganz ehrlich – das muss man schon sagen –, wenn man an die Leute denkt und wenn einem wichtig ist, wie es ihnen geht, dann agiert man anders. Das ist
so in der Kinderbildung bei den rot geführten Ländern und das ist so
beim Mietpreisdeckel. Ich erinnere nur daran, dass das Burgenland die Mieten für 3 000 Genossenschaftswohnungen auf dem Niveau von Dezem­ber 2022 eingefroren hat, dass Kärnten die Mietsteigerung in gemeindeeigenen Wohnungen in Klagenfurt, Villach, St. Veit und Wolfsberg auf maximal 2,5 Prozent von 2023 bis 2025 herabsetzt. Davon profitieren 20 000 Menschen. In Wien werden jetzt die Mietpreisanpassungen für insgesamt 185 000 Gemeindewohnungen für 2024 und für 2025 eingefroren. Davon profitieren 370 000 Menschen. Außerdem gibt es in Wien noch er­höhte Wohnbeihilfen, weil der Stadt, der rot geführten Stadt, auch mit Unter­stützung der NEOS, völlig klar ist, dass es wichtig ist, die Menschen jetzt
bei den Mieten zu unterstützen. Die Mieten sind Inflationstreiber, ganz eindeu­tig. Hätten Sie früher gehandelt, hätten wir jetzt viele Probleme nicht.
(Beifall bei der SPÖ.)


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Ich hoffe, dass Sie, wenn Sie jetzt Ihr kleines Mietpreisbremserl umsetzen, dann bitte auch nicht auf die kleinen Geschäfte vergessen. Auch sie brauchen
eine Mietpreisbremse. Es ist klar, dass die Erhöhung der Geschäftsmieten für die Betreiber ein unglaubliches Problem ist. Sie werden diese Erhöhungen wie­der an die Kundinnen und Kunden weitergeben, und damit haben wir
wieder einen Inflationstreiber. Ich hoffe also, dass Sie nicht auf den Einzelhandel vergessen haben, denn das wäre ganz, ganz wichtig.

Die Bauwirtschaft im Gesamten liegt jetzt, ganz ehrlich, extrem darnieder. Wir haben ein riesiges Problem in der Bauwirtschaft insgesamt. Sie haben
schon richtig gesagt, junge Menschen können es sich nicht mehr leisten, ein Haus zu bauen. Wie bitte sollen sie das angesichts dieser unglaublichen Teuerungsraten finanzieren? Sie können es sich einfach nicht mehr leisten. Was haben Sie unternommen, als es darum ging, sie zu unterstützen? Die Kre­ditmöglichkeiten, diese vergünstigten Kreditmöglichkeiten, die man ganz müh­sam mit der Europäischen Union ausverhandelt hat, hat Kanzler Kurz bin­nen kürzester Zeit abgedreht, das wollte man nicht. Es wäre eine Chance für junge Menschen gewesen, einfach einen günstigeren Kredit zu bekom­men, damit sie sich Eigenheim schaffen können, aber das wollte man nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn das Baugewerbe jetzt nicht wirklich ordentlich stimuliert wird, haben wir ein riesiges Problem – nicht nur ein bisschen, sondern ordentlich. Klar
ist, wir haben ein Plus von 13 Prozent bei den Insolvenzen im Baubereich, und wir haben in diesem Monat einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um plus
14 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat des letzten Jahres. Wenn es im Baugewerbe mit der Arbeitslosigkeit losgeht, dann passiert das auch in
allen anderen Branchen. Das färbt auf alle anderen Branchen ab. Da muss man einen Rettungsschirm einziehen, und zwar ganz dringend, das ist ganz
wichtig.

Wir müssen den sozialen Wohnbau stärken. Jetzt, da wir wissen, dass Mietwohnungen sozusagen die einzige Möglichkeit für junge Menschen sind,


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sich alleine irgendwie eine eigene Existenz aufzubauen, es keine neuen Bauvorhaben gibt und der soziale Wohnbau zurückgefahren wird, siehe Beispiel Niederösterreich, ist natürlich der Druck auf die Mieten und die Mietpreise
noch einmal höher. Wo sollen sie denn anders unterkommen? Es bleibt nur, sich eine Mietwohnung zu nehmen und dann wieder abhängig zu sein. (Beifall
bei der SPÖ.)

Auch die Anzahl der Mieten, die befristet sind, ist, ganz ehrlich, unglaublich hoch, und befristete Miete heißt immer Abhängigkeit. Das heißt, wenn der Miet­vertrag ausläuft, muss man darum betteln, dass er wieder verlängert wird, und das bedeutet, die Mieten können wieder angehoben werden. So passiert
das am freien Mietmarkt. Wenn man nicht wirklich eingreift und sagt, es braucht auch bei den frei zu vergebenden Wohnungen einen Mietpreisdeckel, der wirklich wirkt, dann wird nichts passieren. Wenn Sie jetzt dieses kleine Deckel­chen mit 5 Prozent machen, dann hoffen Sie doch in Wahrheit darauf,
dass die Inflation doch noch so weit sinkt – wenn wir Glück haben, wenn das irgendwie geht –, dass es nicht mehr schlagend wird. Das ist ja keine Mietpreisbremse, das ist eine absolute Schmähpartie! So kann man mit den Men­schen nicht umgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu Ihrer Ausrede, Frau Staatssekretärin, ganz ehrlich – Sie haben sich da wirklich sehr bemüht –, eine Erhöhung der Leerstandsabgabe sei nicht möglich, das müssten die Länder regeln: Nein, die Länder – soweit es ihnen in ihrem gesetzli­chen Rahmen möglich ist –, jene, die besonders von Leerständen betroffen
sind, haben sie schon hinaufgesetzt. Jetzt braucht es eine Regelung auf Bundes­ebene, damit man wirklich eine Leerstandsabgabe machen kann, die weh­tut, damit die Wohnungen auf den Markt kommen und junge Men­schen die Chance haben, eine Wohnung zu mieten.

Ich weiß schon, auch da tut sich die FPÖ sehr schwer. Ich kann mich noch erin­nern, als wir den Antrag zu einer Erhöhung der Leerstandsabgabe gestellt
haben, ist die FPÖ damals nicht mitgegangen. Wir wissen, die FPÖ ist eine laute und eine sehr energische Partei, aber wenn es um Lösungen geht oder wenn


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es um die Frage geht, wo man in den Markt eingreifen kann, damit es
den Menschen besser geht, wenn es darum geht, dass die anderen, die viel haben, etwas abgeben könnten, na dann tut sich die FPÖ schon sehr
schwer. Dafür haben wir viele, viele Beispiele, keine Frage. (Beifall bei Bundes­rät:innen der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Man kann viel reden, aber man weiß, was passiert. Also auch das ist ganz klar: Wir sehen, da stehen Sie sicher nicht auf der Seite jener Menschen, die
wirklich Unterstützung brauchen. (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Doppler
und Spanring.)

Weil sehr viele von uns heute diesen Button gegen Gewalt an Frauen tragen: Das ist ein wichtiges Thema. Für Frauen stellt sich die Frage: Wie können
sie aus Beziehungen, die schlecht für die Frauen sind, hinauskommen? Das führt aber auch zur Frage: Kann sich eine Frau eine eigene Wohnung leisten? Kann
sie es sich leisten, ihren eigenen Weg zu gehen?

Ich habe jetzt mit vielen Frauen gesprochen, auch mit Frauen, die von Gewalt bedroht sind, und die haben mir gesagt: Ganz ehrlich, bei dieser Teuerung
und bei diesen Mieten kann ich nicht gehen, auch wenn ich es möchte, weil ich es mir nicht leisten kann!

Das ist schon bedrückend. Umso wichtiger ist es, zu schauen, dass man jetzt wirklich eine Mietpreisbremse einzieht, die den Menschen hilft, die entlastet und die den Menschen die Sorgen nimmt. Daher stellen wir den folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mietpreisstopp jetzt“

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage betreffend umfassen­des Reformpaket für leistbares Wohnen.

Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat sowie dem Bundesrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die notwendigen gesetzlichen Maß­nahmen für einen Mietpreisstopp enthalten, insbesondere“ – und darum geht es jetzt –

„- die Rücknahme der Indexierungen der Richtwertmieten vom 1. April 2023 so­wie der Kategoriemieten vom 1. Juli 2023

- das Einfrieren sämtlicher Mieten bis Ende 2025

- ab 2026 erfolgt die Indexierung nicht mehr nach VPI, sondern richtet sich am Leitzinssatz der EZB aus, maximal jedoch“ – und darum geht es jetzt –
„2% p.a.“

*****

So muss man das deckeln, um wirklich den Menschen zu helfen.

Ganz ehrlich: Wir können alle schön schwadronieren. Frau Staatssekretärin, Sie haben wunderbar geredet, aber der Punkt ist: Hätte man früher eingegrif­fen, hätte man wirklich eine Mietpreisbremse eingezogen, dann wären
viele Menschen von vielen Sorgen befreit und würden sich jetzt leichtertun. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir können alle nur hoffen, dass es nicht wieder – wie die große Ankündigungs­geschichte, es werde eine Mietpreisbremse geben; vier Monate haben Sie gebraucht, und noch immer liegt nichts da – so eine kleine Schmähpartie wird, sondern wirklich eine gescheite Mietpreisbremse, mit der man die Men­schen entlastet. Die Situation für die Menschen wird nämlich nicht leichter, auch nicht im nächsten Jahr. Wir haben jetzt gesehen, unter welchen Belastungen
die Menschen stehen.


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Wenn die Belastungen für sie noch größer werden, dann wird die Gefahr für die Demokratie größer, auch das muss einem klar sein. Menschen, die Probleme
mit ihrem Einkommen haben, die Probleme haben, ihren Alltag irgendwie auf die Reihe zu kriegen, haben kein Vertrauen in die Demokratie. Das ist leider die Schlussfolgerung, die man ziehen muss, das muss einem klar sein.

Darum braucht es keine Entlastungspakete für die Unternehmen, die großen Un­ternehmen, die eh schon wirklich sehr, sehr gut unterstützt wurden, son­dern es braucht jetzt ganz dringend Entlastungspakete für die Menschen, damit sie wieder Vertrauen und die Sicherheit haben, dass sie ein gutes Leben
führen können. Es braucht aber auch Entlastungspakete für die Kleingewerbe­treibenden, für all jene, die ein Geschäft haben, für all jene, die sich
bemühen. Auch da braucht es Entlastungspakete.

Die Großen sind von Ihnen übermäßig ausgestattet worden. Jetzt sind die Menschen dran, die es wirklich brauchen. Ich fürchte aber, bis zum Ende dieser Bundesregierung wird das nicht mehr geschafft werden, und dann braucht
es bei all der Schuldenlast, die Sie uns jetzt mitgeben, einfach einen neuen Auf­bruch. Das ist notwendig. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.43


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungs­antrag betreffend „Mietpreisstopp jetzt“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr.in Andrea Eder-Gitsch­thaler. – Bitte schön.


16.43.59

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus oder wo immer Sie uns zuhören und zusehen! Vorerst einmal ein großes Dankeschön an dich,


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liebe Frau Staatssekretärin, für die umfassende Beantwortung dieser Anfrage! (Bundesrat Schennach: Danke!) Du hast das wie immer sehr, sehr souverän gemacht, und ich finde es hervorragend, dass wir jungen Menschen, so wie die Frau Staatssekretärin einer ist, die Chance geben (Bundesrätin Grimling:
Jaaa!),
dass sie hier im Parlament ihre Meinung sagen und sich präsentieren. Vielen, vielen Dank, Frau Staatssekretärin! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Doppler. – Bundesrat Schennach: Auch danke an den Kanzler!)

Wenn ich jetzt der geschätzten Frau Fraktionsführerin – ich schätze sie wirklich – zugehört habe, dann habe ich den Eindruck, ich persönlich lebe in ei­nem anderen Land. (Bundesrat Schennach: Ja, das kann sein!) Ich gehe hi­naus: Der Christkindlmarkt draußen vor der Tür in Wien ist voller Leute. (Ruf bei der SPÖ: Das ist Tourismusgebiet!) Ich gehe bei mir in Salzburg hinaus: Der Christkindlmarkt in Salzburg ist voller Leute. (Zwischenruf der Bundesrätin Gerde­nitsch.) Ich versuche, einen Tisch in einem Restaurant zu bekommen: Ich bekomme ihn nicht wegen der vielen Leute. Die Menschen haben Gott sei Dank Freude am Leben, sie genießen das Leben, sie genießen den Urlaub in Tourismusregionen, und das ist gut. (Bundesrat Schennach: Das sind vor allem Italiener, Tschechen, Ungarn!) Ich will damit nur sagen: Die Frau Kollegin
hat für mich ein Bild von uns und von Österreich gezeichnet, das völlig anders ist, als sich die Realität darstellt.

Ich verhehle nicht, es gibt Menschen, die die Hilfe brauchen, aber diese Menschen haben die Hilfe bekommen. Wir haben (eine Broschüre mit dem Titel „Mit ganzer Kraft für die Menschen“ in die Höhe haltend) ein ganzes Maß­nahmenpaket geschnürt, und ich werde auch noch auf einige Punkte eingehen.

Es gibt ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses sogenannte Sora-Papier – ich glaube, ihr wisst es –, und da wurde als Strategie empfohlen, dass alles schlechtgeredet wird, dass man von Erschöpfung und Depression redet. Es kommt mir so vor, dass genau das jetzt wieder in diese Kategorie passt, dass Sie alles schlechtreden: Wir stehen so schlecht da! – Der Wahlkampf hat
begonnen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir in der Volkspartei haben einen anderen Zugang. Es ist Zeit für einen echten und ehrlichen Wettbewerb der besten Ideen und für den Glauben an unser
Land und unsere Menschen, denn die Menschen in unserem Land haben sich das verdient, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir als Volkspartei setzen unseren Kurs konsequent fort, wir entlasten die Men­schen in herausfordernden Zeiten, und es ist für uns klar, wir lassen die Men­schen mit der Teuerung nicht allein. Wir sind aktiv, diese Regierung ist aktiv und handelt.

Wir haben bereits wesentliche Unterstützungsmaßnahmen im Bereich Wohnen auf den Weg gebracht – die Frau Staatssekretärin hat es schon gesagt –:
das Bestellerprinzip im Maklergesetz. Wir haben im Jänner 2023 Wohn- und Heizkostenzuschüsse in der Höhe von 450 Millionen Euro als Zweckzu­schuss des Bundes an die Länder verteilt. Die Länder haben damit auch einiges gemacht, ich werde darauf auch noch zurückkommen. Zusätzliche Mittel
von 55 Millionen Euro sieht die Initiative für Wohnungs- und Energiesicherung vor. Im Rahmen der Novelle des Lebenshaltungs- und Wohnkosten-
Ausgleichs-Gesetzes fließen im Jahr 2023 zusätzliche 30 Millionen Euro und im Jahr 2024 zusätzlich 25 Millionen Euro. Ganz wesentlich – und das kann
ich als eine Vorsitzende eines Sozialvereins in Salzburg sagen – ist
der Wohnschirm, die 250 Millionen Euro. Daran erinnert sich leider keiner. Wir haben 250 Millionen Euro mit dem Wohnschirm auf den Weg gebracht,
und so können neben den Wohnkosten auch die Rückstände bei den Energie­kosten bezahlt werden. Das hat sich als ganz, ganz wesentlich erwiesen
und wird sehr, sehr gut angenommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie die Frau Staatssekretärin schon gesagt hat: Es gibt die Millionen Euro aus dem Zukunftsfonds. Nun hat unser Bundeskanzler Ende August diese Mietpreisbremse vorgestellt, und das ist auch schon wieder nichts: Das sind nur 5 Prozent und es wird schon wieder herumgemotzt. – Wenn es nicht so


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gewesen wäre, wenn wir nichts getan hätten, dann wären es zumin­dest 15 Prozent gewesen – Kollege Obrecht weiß das sicher –, um die die Mieten gestiegen wären.

Wir sind ja gerade in Ausverhandlung. Da lade ich gerade Sie, die SPÖ, aber auch die FPÖ ein, mitzutun und es nicht als Schmähpartie, wie Ihr Vorsitzender
Babler das abgetan hat, zu behandeln. Bringen Sie sich ein! Dann kann
auch etwas Gescheites daraus werden. Zu den Forderungen aber, die Sie so ultimativ stellen: Es muss alles verhandelt werden. Bringen Sie sich ein!
Wir würden das sehr notwendig brauchen. (Ruf bei der SPÖ: Haben wir gerade!)

Unabhängige Experten, wie – ich glaube, Kollege Obrecht hat das schon gesagt – Christoph Badelt und Gabriel Felbermayr begrüßen diese Maßnahmen der Bundesregierung.

Liebe Kolleg:innen von der SPÖ, Sie reden auch immer von Markteingriffen und davon, dass man das alles regulieren muss. Wir haben dazu natürlich einen anderen Zugang (Bundesrätin Schumann: Ja, aber ihr habt die Mieten zu hoch rauf­gehen lassen!), denn das kann auch in die andere Richtung gehen: Je mehr
man reguliert, desto mehr verknappt man den Wohnraum (Bundesrätin Schu­mann: Geh, geh, geh, doch nicht bei den Mieten!), und das verteuert diesen
dann wieder. So ist es eben in einer Marktwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf des Bundesrates Wanner.)

Auch die Vermieter müssen sich – besonders in Wien, mit dem hohen Anteil an Mietwohnungen – darauf verlassen können, dass ihre Mieten über den ge­setzlich vorgesehenen Mechanismus zumindest einigermaßen wertgesichert sind, denn da fallen ja auch Investitionen an. Ein Vermieter ist ja nicht prin­zipiell böse – das kommt mir bei dem, was Sie sagen, manchmal so
vor –, sondern der muss ja auch seine Wohnung instand halten (Die Bundes­rätinnen Grimling und Schumann: Dafür gibt es Rücklagen! Dafür zahlen wir Miete!), der muss ja auch dekarbonisieren et cetera. Es hat eben alles seine zwei
Seiten, liebe Kollegen von der SPÖ, so ist es halt.


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Ich kann nur sagen: Unter der ÖVP-Führung in Salzburg haben wir seit 2019 die strengste Bodenpolitik in Österreich. (Bundesrätin Grimling: Davon weiß der Kollege aber nichts!) Jede Umwidmung wird konsequent in die Widmungskate­gorie Förderbares Wohnen – das habt ihr ja gefordert: Förderbares Woh­nen – eingeführt. – Kollege Wanner, reg dich nicht zu viel auf, du kannst auch noch etwas sagen, wenn du willst! (Bundesrat Wanner: Dann überleg, was
du sagst! – Heiterkeit der Bundesrätin Schumann. – Bundesrat Wanner: Das gibt’s ja nicht, die glaubt das auch noch!)
Zudem sind bei Nachverdichtungen ab 300 Quadratmeter 75 Prozent im öffentlichen Interesse zu verwenden. Beides wurde mittels ROK-Vertrag abgesichert. Zum Vergleich: In Wien, liebe Kolleginnen und Kollegen, stehen für beides lediglich 66 Prozent zur Verfügung.

In der Stadt Salzburg hat unter der ÖVP-Führung die Baubehörde in den Jahren 2021 und 2022 jeweils so viele Baubewilligungen erteilt wie seit 2013 nicht mehr. Mit Anfang des Jahres 2023 wurden 1 223 Wohnungen
bewilligt. (Zwischenruf des Bundesrates Wanner.)

Wir haben in Salzburg eine Leerstands- und Zweitwohnsitzabgabe beschlossen, und – das verschweigt ihr auch immer, weil ihr nur von den drei tollen Bundesländern Kärnten, Burgenland und Wien redet (Bundesrätin Gerdenitsch: Endlich sprichst du es aus! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) – wir haben
die Mieterinnen und Mieter in Salzburg schon durch ein großes Mietensen­kungsprogramm entlastet. 2015 wurde die Wohnbauförderung geän­dert – damals hat sich auch die Regierung geändert und es gab keinen sozial­demokratischen Baulandesrat mehr – und wir haben in der neuen Wohn­bauförderung vorgesehen, dass es nur mehr – wir haben das schon einmal ausgetauscht, lieber Kollege Obrecht – 2 Prozent Erhöhung pro Jahr
für alle geförderten Wohnungen in Salzburg geben darf, und daran hält man
sich auch – no na net, ist eh klar. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt also auch andere Bundesländer, die in diesem Bereich viel machen.


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Wir haben in Salzburg auch Entlastungspakete in der Höhe 28,2 Millio­nen Euro gemacht. Der Zugang zur Wohnbauhilfe wurde erleichtert und umfasst ab 1. Mai 2023 Nettomieten bis 10,2 Euro pro Quadratmeter. Außerdem
gibt es die Ausweitung der Anspruchsberechtigten des Heizkostenzuschusses durch Erhöhung der Einkommensgrenze auf 1 300 Euro, 14-mal jährlich,
und für Einpersonenhaushalte mit Minderjährigen erhöht sich dieser Beitrag um 360 Euro. Wir haben den Heizkostenzuschuss von 300 auf 600 Euro erhöht,
und das wird auch so bleiben. Kollegin Doppler weiß das eh.

Es gibt ein neues Grundverkehrsgesetz – gemeinsam für einen sorgsamen Um­gang mit Grund und Boden , damit der Grunderwerb für heimische Land­wirte wieder möglich wird und das Investieren in Betongold, ganz bewusst, so­wie spekulativer Leerstand wirkungsvoll verhindert werden. Zweitwoh­nungen, die erstmals nach dem 1. März 1993 als solche genutzt wurden, können nur mehr an nahe Angehörige zur Zweitwohnungsnutzung übertragen
werden. Bei einer Übertragung an Personen außerhalb dieses Kreises ist eine Positiverklärung zur Nutzung als Hauptwohnsitz anzunehmen.

Kollegin Eder aus Vorarlberg hat mir auch gesagt: Vorarlberg bietet das attraktivste Wohnbauförderungsprogramm an. Ab 2024 können Familien einen Kredit bis 150 000 Euro zu einem Zinssatz von 1,25 Prozent bekommen. Zugleich werden die zulässigen Einkommensgrenzen um 10 Prozent angehoben, sodass ein Zweipersonenhaushalt bis zu einem Nettoeinkommen von
7 000 Euro eine Neubauförderung erhalten kann, und damit ist diese Förderung wirklich tief im Mittelstand der Bevölkerung angekommen. (Beifall bei
der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will damit nur sagen: Auch die anderen Bun­desländer haben schon sehr viel getan und wissen um die Notwendigkeit
dieser Aktivitäten, und es wird auch weiter etwas geschehen. (Bundesrätin Schu­mann: Dann macht einen gescheiten Mietpreisdeckel!)


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Darüber hinaus haben wir als Bundesregierung so viel gemacht. Das vergisst man immer und das will die Opposition auch bewusst nicht wahrhaben: Gebührenstopp auf mehreren Ebenen, Aussetzung der Bundesgebühren im kommenden Jahr, Klimaticket, Autobahnvignette, die Gemeinden haben
ein 150-Millionen-Euro-Paket bekommen, die Zufallsgewinne der Energiekon­zerne wurden abgeschöpft und, und, und. (Bundesrätin Schumann: Ein bis­serl, ein bisserl, ...!)

Wir haben dazu (die genannte Broschüre in die Höhe haltend) ein Büchlein, und ich könnte noch eine halbe Stunde erzählen, was alles passiert ist, aber ich
weiß, dass Sie davon nichts wissen wollen. Sie haben das Bild: Österreich geht es schlecht, uns geht es schlecht, die böse Bundesregierung! (Beifall bei der
ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Wir haben kein Bild, die Leute haben das Bild! – Wei­tere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist wirklich schade. Wir könnten gemeinsam so viel erreichen. Die Energien könnten wir positiv nützen, um dieses Land vorwärts zu bringen. (Bundes­rätin Schumann: Das heißt aber nicht, dass wir ruhig sind!)

Wir und der grüne Koalitionspartner machen das tagtäglich. Wir werden das auch weiterhin tun. (Bundesrätin Doppler: Aber nicht mehr lang!) Unser
Ziel ist, niemanden im Stich zu lassen, damit jeder in Österreich weiterhin gut leben kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.56


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. – Bitte schön.


16.56.39

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Frau Vizepräsi­dentin! – Frau Staatssekretär, bevor ich auf die Dringliche eingehe, möchte ich noch einmal Ihre Einleitung in Erinnerung rufen.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 246

Sie haben zu Beginn der Debatte gesagt, Sie sind sehr froh, dass wir in Österreich leben, dass Österreich ein Land ist, wo Menschen, die arbeiten, die etwas leisten, Gott sei Dank einen Wohnraum zur Verfügung haben, und
dass für jene Menschen, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind, in Österreich auch gesorgt wird.

Das hat für mich so geklungen, als ob Sie nicht wüssten, dass es bedauerlicher­weise noch sehr, sehr viele Menschen in Österreich gibt, die kein Dach
über dem Kopf haben und die gerade jetzt in der kalten Jahreszeit, wenn sie sich nicht früh genug anmelden, nicht einmal in einer Schlafstelle einen Unter­schlupf finden.

Es ist also in Österreich nicht so, dass wirklich jeder bei uns wohnversorgt
ist. Aufgrund der Politik, die Sie in den letzten Monaten gemacht haben, gibt es sehr, sehr viele Familien, die in der jetzigen Zeit keinen warmen Wohnraum
zur Verfügung haben, so wie Sie das annehmen. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.) Dazu passt ganz gut, dass Frau Eder-Gitschthaler nach dem leiden­schaftlichen Plädoyer von Kollegin Schumann, die darauf hinweist, dass es bei uns wirklich arme Menschen gibt, sagt: Die Christkindlmärkte sind ja
voll und die Leute gehen dorthin und dahin! (Rufe bei der SPÖ: Ja! Natürlich!)

Wissen Sie, warum die Christkindlmärkte so gut besucht sind? – Weil
alle anderen Länder in Europa das mit der Inflation in den Griff gekriegt haben und wir deshalb Gott sei Dank wieder so viel Tourismus in Wien, in Salz­burg und in Graz haben. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Ja, es ist richtig: Nach wie vor haben wir in Österreich die hohe Inflation und die Teuerungswelle, die viele Österreicher wirklich dazu zwingt, täglich nach
wie vor einen wahren Überlebenskampf zu bestreiten, und wenn ich daran den­ke, dass jetzt Weihnachten vor der Tür steht, so bin ich davon überzeugt,
dass es in sehr vielen Familien entweder leere Gabentische oder sehr spärlich gedeckte Gabentische geben wird. Die jetzige Regierung hat, wie auch
in der Coronapandemie, einfach in allen Bereichen versagt, um die Lebenssi­tuation der Österreicher wirklich nachhaltig zu verbessern.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 247

Die explosionsartige Steigerung von Mieten und Betriebskosten ist aber nicht allein der Inflation geschuldet, sondern sie hat schon viel, viel früher ange­fangen. Wenn man jetzt ganz ehrlich ist, muss man sagen: Die Ursachen liegen in erster Linie in der unkontrollierten Asyl- und Zuwanderungspolitik, die
seit Jahren ideologisch betrieben wird, und im systemischen Aushungern des ländlichen Raums.

Wenn man nämlich, vor allem in jenen Ländern, in denen SPÖ und ÖVP
die Verantwortung haben, nichts anderes macht, als Spitäler zuzusperren, Schu­len zusammenzulegen, Kindergärten einfach zu schließen, die Infrastruk­tur auszuhöhlen, na was werden junge Familien und junge Menschen dann ma­chen? – Sie strömen in den urbanen Raum. Das wiederum übt auf die
jetzige Wohnsituation einen noch größeren Druck aus, und das erhöht natürlich auch die Mietkosten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich meine, man sieht es am Beispiel Wien. Das muss einem doch bitte zu denken geben, wenn die Bevölkerungszahl in Wien stetig steigt, aber der Anteil
jener, die wählen dürfen, andauernd sinkt. Da kann ja irgendwo etwas nicht zu­sammenpassen. Deshalb: Wenn ich schon eine knappe Ressource Wohn­raum habe, darf ich mich halt nicht immer ideologisch dazu verpflichtet fühlen, dass jeder, der österreichischen Boden betritt und: Asyl!, schreit, sofort
einmal in erster Linie wohnversorgt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Man sieht, dass bedauerlicherweise eine linke Ideologie halt auch nicht immer das Beste anregt. Wir haben jetzt in Graz eine Regierung aus Kommunis­ten, Grünen und den Roten noch dazu. Was machen die? – Das Erste, das sie in ihrer Verantwortung machen, ist: Sie verändern einmal die Vergabericht­linien von Gemeindewohnungen, die eigentlich Menschen zur Verfügung stehen sollten, die tatsächlich schwache finanzielle Situationen haben, wieder so,
dass natürlich in erster Linie die Ausländer wieder einmal bevorzugt werden und das eigene Volk wieder durch die Finger schaut. (Zwischenruf bei der FPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 248

Obwohl das Wohnungsressort jetzt unter einer kommunistischen Bürgermeiste­rin geführt wird, wurde in den letzten drei Jahren weder ein Sozialwohn­bau umgesetzt noch irgendwo leistbarer Wohnraum geschaffen, sondern nein, im Gegenteil: Bei uns in Graz ist eine wahre Blütezeit für Spekulanten-
und Anlegerwohnungen. Wertvoller Grünraum wird verbaut, aber nicht um Menschen leistbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen, sondern
nein, um denen – wie Sie alle zu Recht erwähnen –, die eh schon viel Geld ha­ben, die eh schon viel Reibach machen, noch mehr Möglichkeiten zu geben:
siehe Benko und Konsorten. (Bundesrat Tiefnig: Das gibt es mit den Kommunisten!)

Das mit dem Aushungern des ländlichen Raums habe ich erwähnt, das ist
auch wesentlich.

Die SPÖ weist in ihrer Dringlichen besonders darauf hin, dass es Städte gibt, die in ihrem eigenen Wirkungsbereich die Mieten nicht erhöht haben. Graz
hat das auch nicht gemacht, da hat die kommunistische Bürgermeisterin maximal um 2 Prozent erhöht. Ihr Parteigenosse aber, Herr Bürgermeister Ludwig,
hat, soweit ich mich erinnern kann, am Anfang alles maximal erhöht, was nur ge­gangen ist: die Mieten, die Kanalgebühren, die Müllgebühren.

Jetzt frage ich mich: Warum hat er das gemacht? Es könnte ja sein, dass er nicht mehr ideologisch sozialdemokratisch denkt, sondern vielleicht doch ein biss­chen kapital- und gewinnorientiert. (Bundesrätin Grimling: Für die Stadt!)
Wie kann man sonst erklären, dass heute in der „Wiener Zeitung“ – jetzt zitiere ich – steht: „Umgewidmet. Wie in Wien rote Bauträgerinnen profitieren.
SPÖ-nahe Bauträgerinnen kaufen in der Donaustadt günstig Grünland. Kurz da­nach verliert es den Schutzstatus. Jetzt wird es zu Bauland.“ – Wie ist das
zu verstehen? (Bundesrat Spanring: So ein Zufall! – Bundesrat Tiefnig: Oho! – Bun­desrätin Schumann: Wir brauchen einen sozialen Wohnbau in Wien! So ist
das zu verstehen! Ganz einfach!)
Wie kann so etwas passieren? (Bundesrat Span­ring: Reiner Zufall!)


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Was auch ein wesentlicher Faktor ist: Da wird von der AK Wien eine Studie präsentiert. Diese Studie hat als Titel „Das Geschäft mit Wohnen, Ge­sundheit und Pflege“. „Bestehende Ansätze zum Schutz kritischer Infrastruk­turen [...] greifen zu kurz.“ Wichtig ist nur, woher ein Investor kommt,
aber bedauerlicherweise schaut man nicht darauf, was er damit tut. Oder: „Fi­nanzinvestoren drängen verstärkt in Bereiche wie Medizinische Versor­gungszentren, Pflege- und Studierendenheime sowie in den sozialen Wohn­bau.“ – Da ist die Regierung mehr als gefragt, endlich diese Rahmenbedingungen so abzustecken, dass solche Spekulationen nicht mehr möglich sind.

Liebe SPÖ, ich verstehe, dass ihr diese Forderungen stellt, aber man soll immer nur jene Dinge fordern, bei denen man auch selbst bereit ist, sie umzusetzen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Das machen wir!)

17.04


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bun­desrätin MMag.a Elisabeth Kittl. – Bitte, Frau Bundesrätin.


17.04.37

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher hier und Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ja, ich bin ganz erfreut, dass Kollegin Schartel von der FPÖ die „Wiener
Zeitung“ zitiert. Ich dachte, wir haben sie abgeschafft. Anscheinend wird sie hochaktuell gelesen. (Bundesrat Leinfellner: Nein, ihr habt sie abge­schafft! – Bundesrätin Schumann: Na, geh!) – Ja, ja. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrätin Schumann: Kollegin Kittl, auf Wien hinhauen! Das ist jetzt
der zweite Satz!)

Trotzdem muss ich Frau Schartel ein bisschen recht geben, ich gehe auch gleich darauf ein. Ich wundere mich ein bisschen, dass die SPÖ diese Dringliche
gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt einbringt, denn Sie wissen ganz genau, dass


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nächste Woche das Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflations­folgen (Bundesrätin Schumann: Mit 5 Prozent Deckelung, ja!) bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnüt­zigkeitsgesetz geändert werden, im Bautenausschuss des Nationalrates einge­bracht wird.

Es grenzt für mich ein bisschen an Hohn, dass Sie sagen, das ist ein Schmäh oder ein Deckelchen. (Bundesrätin Schumann: Ja, ist es ja! 5 Prozent!) 2,5 Millio­nen Österreicher:innen werden in den nächsten drei Jahren nachhaltig entlastet. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Ja, bei 5 Prozent Deckel!)

Ich kann an meine Vorrednerin anschließen, denn auch ich finde es nicht sehr glaubwürdig, gerade aus Wien heraus gemeinsam mit anderen Bundesrät:in­nen diese Dringliche und diese Forderungen einzubringen. Erst nachdem
die Bundesregierung entsprechende Maßnahmen wie eben den Wohnschirm gesetzt hat (Bundesrätin Schumann: Sie wollen nicht in den Markt eingreifen!
Die Grünen genauso wenig wie die ÖVP! So schaut es aus!)
 – wir haben es heute schon gehört, mit 250 Millionen Euro –, mit dem Wohn- und Heizkosten­zuschuss, oder nachdem wir in Wien schon monatelang eine große Kampagne „Zu Hause zu teuer“ mit großer medialer Aufmerksamkeit gefahren haben,
bei der wir eine Deckelung der Gemeindebaumieten gefordert haben, kommt diese: nicht einmal jetzt, sondern 2024 (Bundesrätin Schumann: Und 25!),
also auch nicht sofort und auch nicht schon längst umgesetzt, obwohl es im Ge­meindebau, bei dem die Stadt Wien selbst Vermieterin ist, so einfach wäre. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Und 25! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Ich bin trotzdem froh, dass Wien das macht, ich verweise jedoch auch darauf, dass es Graz schon zu Beginn der Teuerung gemacht hat, und Innsbruck
hat auch schon vor Längerem einen Mietzinsdeckel eingeführt – überall dort, wo Grüne mit in der Stadtregierung waren. (Bundesrätin Schumann: Wienbashing
ohne Ende!)
Ich danke aber trotzdem allen anderen Gemeinden und Ländern, die


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das gemacht haben. (Bundesrätin Grimling: Wie lange waren in Wien die Grü­nen in der Regierung?)

Aber zurück zu den Forderungen: Sie fordern auch, Leerstand zu bekämpfen. (Bun­desrätin Schumann: Schauen wir, wo Frau Kittl das nächste Mal ist!) Auch
das – die Staatssekretärin hat es angesprochen oder angedeutet – können aber die Länder machen. Sie können es auch effektiv und empfindlicher machen, sodass es ein bisschen mehr wehtut und die Vermieter:innen auch dazu gebracht werden, zu vermieten.

Sie könnten auch in Wien zum Beispiel Tausende Wohnungen auf den Markt bringen, die diesem durch Airbnb entzogen werden – eine gewerbliche touristische Vermietung –, indem sie zum Beispiel die Wohnzonen ausdehnen und es verbieten, damit Wohnraum eben Wohnraum bleibt und nicht zweckentfremdet wird. (Bundesrat Spanring: Die Grünen stehen für Enteignung! Super!)

Sie könnten genauso in Wien stadteigene Grundstücke nehmen und mehr Gemeindewohnungen schaffen. Sie könnten nachverdichten, Sie könnten dort verbessern, Sie könnten Dachböden ausbauen et cetera, et cetera. Es ist
also tatsächlich so – ich muss mich leider anschließen –: Man sollte zuerst vor seiner eigenen Haustür kehren. (Bundesrätin Schumann: Genau! Immer
sich der FPÖ anschließen! Das ist gescheit!)

Sie wissen aber auch – das hat Kollegin Gitschthaler schon angeführt –, dass die Regierung viele Maßnahmen gesetzt hat, um einerseits die Inflation zu bekämpfen, aber andererseits auch die Menschen eben sozial gerecht mit dem Fokus auf Menschen mit weniger Einkommen zu entlasten. Das haben
auch der Budgetdienst und der Rechnungshof bestätigt. 2022 gingen an das untere Drittel der Einkommen mehr Leistungen, als Ausgaben getätigt
werden müssen, weil es eben Direktzahlungen gab, die sofort gewirkt haben, wie zum Beispiel Klima- und Energiebonus. Es gab die Entlastungspakete, die
ich erwähne, weil für Mieten und Energie in den Ländern 700 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wurden. Das ist nicht nichts.


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Die Regierung hat aber auch langfristige Maßnahmen gesetzt, wie zum Beispiel die Abschaffung der kalten Progression oder nach langen Verhandlungen
auch die Abschaffung der Maklerprovision für Mieter:innen. Das ist ein Riesen­erfolg und das ist eine Riesenerleichterung für Mieter:innen. (Beifall bei
Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Dafür habt ihr den Klimaplan bei der
EU abgesagt! Der Klimaplan ist beendet! Bravo!)

Auch da frage ich mich aber: Warum, liebe SPÖ, haben Sie das nicht schon vorher gemacht? Sie waren lange genug in Regierungsverantwortung,
Sie könnten solche sozialen Steuerreformen schon längst gemacht haben. (Rufe bei der SPÖ: Wie geht es dem Klima...? – ... Regierungsverantwortung!)

Ich muss dem Kollegen – ich glaube, es war ein Kollege von der SPÖ – recht geben, der gesagt hat, es geht nicht um Leistungen, die sozusagen von
der Regierung gegeben werden, sondern es geht tatsächlich um Steuerumver­teilung. Das ist total wichtig.

Ein anderer Punkt ist die Kaufkraft. Ich glaube, die Kaufkraft ist total wichtig, besonders wenn wir von Inflation sprechen. Auch 2023 ist die Kaufkraft
gerade für das untere Einkommensfünftel höher als 2019 (Bundesrätin Schu­mann: Weil die Gewerkschaft so gut verhandelt!), als vor der Krise. 2024 –
das wurde berechnet – steigt die Kaufkraft wieder für alle. Das ist wichtig. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Bundesrätin Schumann: Aber nur, wenn
die Verhandlungen gscheit gehen!)

Das Finanzausgleichsgesetz, das eben beschlossen wurde, reserviert für
die nächsten Jahre 1,5 Milliarden Euro für Bauen und Sanieren. Das
ist gleichzeitig auch eine Investition, die die Baubranche stärken wird. Das sind vor allem auch Maßnahmen, die leistbaren Wohnraum und den gemein­nützigen Wohnbau fördern. Das ist das Wichtige.

Das ist ein Punkt, der vielleicht Wien nicht so stark betrifft, weil Wien sehr viele Mieter:innen hat (Bundesrätin Schumann: Vor allen Dingen sehr sozialen Wohn-


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bau!), der aber vor allem die Länder betrifft, wenn es darum geht, Eigen­tum aufzubauen. Eine Genossenschaftswohnung mit einem Baukostenbeitrag – vor allem wenn es dann auch in Eigentum umgewidmet wird – kann man
sich wesentlich leichter leisten. Also ich finde, das ist ein sehr wichtiges und sehr spannendes Instrument für die Länder.

Genauso ist es wichtig – ich habe es vorhin angesprochen –, dass man, wenn man gemeinnützig baut oder Gemeindewohnungen baut, eben die vorhandenen Flächen nützt und nicht auf der grünen Erde weiter verbaut. (Bundesrätin Schumann: Ja, genau! ...!)

Jetzt komme ich noch zum Punkt Flächenwidmungskategorie sozialer Wohnbau, die Sie fördern. In Wien wurde eine solche – und das freut uns immer wie­der in Wien – auf Betreiben der Grünen in der Wiener Landesregierung gemein­sam mit der SPÖ schon 2017 umgesetzt. Das nennt sich Widmungskate­gorie „Gebiete für geförderten Wohnbau“, bei denen ab 5 000 Quadratmeter Wohnnutzfläche zwei Drittel dem geförderten Wohnbau zur Verfü­gung gestellt werden müssen, damit leistbare Wohnungen geschaffen werden.

Warum sage ich das? – Weil wir uns soeben – Sie wissen, ich bin auch Bezirksrätin im 20. Bezirk (Bundesrätin Schumann: Das merkt man nicht! Das merkt man nicht!) – wahnsinnig geärgert haben: Es gibt das Stadtentwicklungs­gebiet Nordwestbahnhof (Bundesrätin Schumann: Das merkt man nicht!), dort werden in den nächsten Jahren Tausende Wohnungen gebaut, aber dort werden dem geförderten Wohnbau nur 60 Prozent (Bundesrätin Schumann: Das
merkt man nicht!)
anstatt zwei Drittel zur Verfügung gestellt, obwohl wir leist­baren Wohnraum brauchen. Das finde ich sehr schade. Das heißt, ich un­terstreiche es: Beginnen Sie dort, wo Sie regieren, so zu handeln, wie Sie es von anderen fordern! (Bundesrätin Schumann: Ich merke mir das alles, ich habe
ein Gedächtnis wie ein Elefant!)

Ich appelliere am Schluss auch noch einmal, dass Sie nächste Woche im Bau­tenausschuss das 3. Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz mit uns


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abstimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. Bundesrätin Schumann: Leider habe ich ein Gedächtnis wie ein
Elefant!)

17.13


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Bevor wir zum nächsten Redebeitrag kommen, darf ich an dieser Stelle ein ehemaliges Mitglied unseres Hau­ses bei uns im Bundesratssaal sehr herzlich begrüßen, nämlich Herrn Bundesrat außer Dienst Andreas Lackner. – Herzlich willkommen bei uns! (Allgemeiner Beifall.)

Bereits am Rednerpult befindet sich Herr Bundesrat Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte schön.


17.13.52

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema, das sich die SPÖ ausgesucht hat, ist eigentlich eines, gegen das niemand etwas haben kann: leistbaren Wohnraum zu schaffen, ein Reformpaket für leistbares Wohnen umzusetzen.

Mit den Methoden, die die SPÖ vorschlägt, muss man halt nicht unbedingt ein­verstanden sein. (Bundesrat Schennach: ... aber die Zielsetzung ist ...!) Die Zielsetzung, leistbares Wohnen zu ermöglichen (Bundesrat Schennach: Sehr gut!), das wird, glaube ich, jeder, der in der Politik ist, unterstützen.

Wenn man sich jetzt die Maßnahmen anschaut, die die SPÖ fordert, sieht man, dass das meiner Meinung nach teilweise fehlgeleitete Maßnahmen sind (Bundesrätin Schumann: Das glaube ich, aus NEOS Sicht ist mir das klar!), teilweise greifen sie auch zu kurz. Alles, was da drinnen steht, betrifft eigentlich
Wohnen zur Miete. Wenn man sich aber anschaut, wie viele Personen in Öster­reich tatsächlich zur Miete wohnen, dann sieht man, dass das nur die Min­derheit ist.


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Ich habe mir gerade die aktuellen Zahlen der Statistik Austria noch einmal angeschaut: Der Großteil der Personen wohnt nicht zur Miete, sondern wohnt im Eigentum, und zwar überwiegend sogar nicht im Wohnungseigentum, sondern im Hauseigentum. 36,7 Prozent der Unterkünfte, in denen Hauptwohn­sitze oder Hauptwohnsitzunterkünfte, wie das dort genannt wird, bestehen,
sind Hauseigentum, wobei es eine große Diskrepanz zwischen den Bun­desländern gibt. Also die Bundesländer – außer Wien – haben 33,5 Prozent der Unterkünfte – bis zu 67,8 Prozent im Burgenland – im Hauseigentum, in
Wien sind es nur 5,4 Prozent. (Bundesrat Schennach: Das ist die Grund-und-Bo­den-Frage!)

Im Bundesdurchschnitt kommen noch 11,5 Prozent im Wohnungseigentum da­zu, da unterscheiden sich die Bundesländer nicht besonders, während hin­gegen insgesamt nur ungefähr 42 Prozent der Wohnverhältnisse zur
Miete bestehen, von denen aber auch wieder der Großteil nicht in einer privaten Hauptmiete ist, sondern in Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen.

Da schlägt halt Wien bei den Zahlen nach oben aus. Gemeindewohnungs- und Genossenschaftsmieten zusammen schwanken in den Bundesländern außerhalb von Wien zwischen 12,8 Prozent in Vorarlberg und 22,5 Pro­zent in Kärnten; in Wien sind 42,6 Prozent der Wohnverhältnisse Gemeindewohnungs- und Genossenschaftsmieten.

Die private Hauptmiete betrifft bundesweit nur 18,7 Prozent der Wohnsitze, Wien ist da mit 33,3 Prozent wieder überdurchschnittlich.

Der Vollständigkeit halber: 9,6 Prozent der Wohnverhältnisse sind andere. Das betrifft zum Beispiel Untermiete oder Wohnungen aufgrund eines Ver­wandtschaftsverhältnisses, wenn einem erwachsenen Kind eine Wohnung über­lassen wird, die den Eltern oder den Großeltern gehört, denn das ist ja auch
kein Mietverhältnis, wenn man nichts bezahlt.

Insofern wäre das eine gewisse Ungleichbehandlung, ein gewisses Ungleichge­wicht, das man da schaffen würde, wenn die einzigen Maßnahmen, die


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man vorschlägt, wenn man über leistbares Wohnen spricht, solche sind, die die Miete betreffen.

Zu den separaten Maßnahmen spezifisch für die Miete, die von der SPÖ vorgeschlagen werden: Es sind teilweise auch gute Ideen dabei, es ist nicht alles schlecht, was da drinnen steht. (Ruf bei der SPÖ: Danke!) Ich möchte der
Reihe nach, wie sie in den Entschließungsanträgen genannt werden, darauf eingehen.

Das Erste, das gefordert wird und für das es den separaten Entschließungsantrag gibt, ist die Wertsicherungsklausel. Also wenn die SPÖ findet, zum leist­baren Wohnen würde beitragen, wenn Wertsicherungsklauseln zumindest über einen bestimmten Zeitraum verboten werden beziehungsweise maxi­mal 2 Prozent ausmachen dürfen: Wem hilft so etwas und wem schadet das?

Letztlich würde das auch den Mietern schaden, denn wenn sozusagen
den Vermietern, die eine oder zwei Vorsorgewohnungen haben und die vermie­ten, oder den Vermietern, die ein Zinshaus haben – also quasi die KMUs,
nicht die großen Wohnbaukonzerne, nicht die großen Spekulanten –, die Rendite genommen wird, können die es sich auf diesem Markt nicht mehr leisten,
als Vermieterinnen und Vermieter tätig zu sein. Wem würde das we­niger schaden? – Genau den Spekulanten oder Wohnbaukonzernen, gegen die die SPÖ vorgibt aufzutreten. (Bundesrat Schennach: Was heißt vorgibt?)

Das heißt: Es würden weniger Mietverhältnisse zwischen Mietern und quasi KMU-Vermietern bestehen als gegenüber großen Vermietern, das Ver­hältnis  zwischen Mietern und Vermietern wäre dann ein anderes. Ich glaube nicht, dass es dann auf Augenhöhe sein kann, und letztlich würden sol­che Maßnahmen auch den Mieterinnen und Mietern schaden. (Bundesrätin Schumann: Schützen wir das Kapital ohne Ende!)

Zum nächsten Punkt beziehungsweise den Punkten, die im anderen Ent­schließungsantrag, der noch nicht eingebracht worden ist, und in


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der Begründung der Dringlichen Anfrage drinnen sind, stehen, zum Universal­mietrecht: Jetzt ist natürlich die Frage, was versteht man unter einem Universalmietrecht?

Ich teile natürlich den Kritikpunkt, dass das momentane Mietrecht viel zu ka­suistisch und zersplittert ist. Die Frage, auf welche Mietverhältnisse jetzt welche Rechtslage anzuwenden ist, ist teilweise überhaupt nicht nachvollziehbar
und enthält Wertungswidersprüche. (Bundesrat Schennach: Man muss ein Experte sein!)

Insofern wäre es ganz gut, wenn man das Mietrecht einmal einer grundlegenden Reform unterziehen würde. Das Problem ist aber: Ich nehme einmal an,
die SPÖ versteht unter einem Universalmietrecht ungefähr so etwas, wie dass alle Mietverhältnisse ungefähr dem Vollanwendungsbereich des MRG un­terstellt würden – mit sehr vielen Beschränkungen, mit allen Kündi­gungsbeschränkungen, die da drinnen sind, mit all den weitgehenden Ein­trittsrechten, die drinnen stehen, und vor allem mit all den Mietzinsobergrenzen, die dort drinnen stehen. – Das wollen wir nicht.

Zur Wohnbauinvestitionsbank, wann das überhaupt schlagend würde, gibt es nicht besonders viel zu sagen.

Ein guter Punkt, der angesprochen wurde, ist die Zweckwidmung der Wohnbau­förderung. So, wie das momentan ausgestaltet ist, ist es natürlich die schlechteste aller Möglichkeiten, nämlich dass es einen Wohnbauförderungsbei­trag gibt, dass aber die Einnahmen aus diesem Wohnbauförderungsbeitrag
nicht zweckgewidmet sind. Da können dann teilweise solche Dinge, wie sie in Niederösterreich unter dem derzeitigen Nationalratspräsidenten Sobotka geschehen sind, passieren, nämlich dass diese Wohnbauförderungsgelder ver­spekuliert werden. (Ruf bei der FPÖ: Genau!)

Die Lösung des Umstandes, dass momentan der unbefriedigende Zustand gege­ben ist, dass der Wohnbauförderungsbeitrag und die Einnahmen daraus


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nicht zweckgewidmet sind, muss aber nicht unbedingt so sein, dass man wieder den Wohnbauförderungsbeitrag zweckwidmet, sondern es könnte genauso
sein, dass man es beibehält, dass die Ausgaben für die Wohnbauförderung aus den Landesbudgets bestritten werden, aber dass man den Wohnbauför­derungsbeitrag, der zu den Lohnnebenkosten zählt und Arbeit teurer macht, auch im internationalen Vergleich teurer macht, einfach streicht – mehr
Netto vom Brutto.

Zur Widmungskategorie sozialer Wohnbau: Ich halte die Widmungskategorie, die in Wien besteht, für eine gute Idee, ich wüsste aber nicht, wel­che verfassungsrechtlichen Probleme bereits irgendjemand aufgeworfen hat.

Zu den Leerstandsabgaben: Das ist natürlich auch ein bisschen ein Etikettenschwindel, weil Leerstand ja nicht gratis ist und Leerstand für Vermie­terinnen und Vermieter keine Einkünfte generiert. Wenn eine Wohnung
oder ein vermietbares Objekt leer steht, hat man auf der einen Seite tatsächlich Ausgaben, die damit in Verbindung stehen, dass ja die Betriebskosten für
dieses Objekt anfallen – aktuell sind das ungefähr 2 Euro pro Quadratmeter und Monat –, auf der anderen Seite hat man natürlich die Opportunitätskosten,
denn wenn man es vermieten würde, würde man ja Einkünfte erzielen.

Die Annahme, mit der Einführung von Leerstandsabgaben eine noch größere Motivation für Vermieterinnen und Vermieter schaffen zu können, diese Wohnungen zu vermieten, ist, glaube ich, eine Fehlmeinung, da sie die­se intrinsische Motivation schon haben, weil sie einen Verlust machen, wenn sie einen Leerstand haben.

Außerdem ist Leerstand auf der einen Seite teilweise notwendig, weil es eine Immobilie braucht, wenn Personen ihren Wohnsitz ändern wollen, auf
der anderen Seite ist Leerstand erforderlich, wenn man eine Wohnung zwischen zwei Mietverhältnissen umbauen möchte. Manchmal muss man eine Woh­nung leer stehen lassen, weil man sie mit einer benachbarten Wohnung, die noch nicht leer ist, zusammenlegen will.


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Die Frage ist also: Wie definiert man den unerwünschten Leerstand, wie hält man ihn auseinander von einem Leerstand, der sozial nicht unerwünscht ist?

Ich verspreche mir von einer Leerstandsabgabe weder einen Lenkungseffekt in Richtung Bereitstellung von mehr Wohnraum noch eine legistisch einfache Lösung.

Ich teile quasi das Ziel, das da vorgegeben wird und das durch eine Leerstands­abgabe erreicht werden soll, nämlich mehr Wohnraum zu schaffen, ich glaube aber eher, dass mehr Wohnraum geschaffen werden kann, wenn die Bau­tätigkeit nicht bürokratisiert wird, wenn die gesetzlichen und die finanziel­len Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden können, dass mehr Wohnraum hergestellt werden kann. Weil: Je mehr Wohnraum es gibt, je mehr sich das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungs­markt beziehungsweise auf diesem Teilgebiet des Wohnungsmarktes verschiebt, desto mehr werden Marktmechanismen dazu beitragen, dass das Wohnen
in diesen Wohnungen auch leistbarer wird.

Zum letzten Punkt noch, zum Zinsregulierungsgesetz: Ein Mindestzinssatz
für Spareinlagen und ein Höchstzinssatz für Wohn- und Überziehungskredite – also ich weiß nicht, wem das eingefallen ist, denn es hätte auf jeden Fall
sehr, sehr viele unbeabsichtigte Konsequenzen. Es gäbe viele Mitnahmeeffekte und es würde überhaupt nichts dazu beitragen, dass das Ziel, das wir
eigentlich alle verfolgen, nämlich mehr leistbaren Wohnraum zu schaffen, er­reicht wird. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

17.25


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Matthias Zauner zu Wort. – Bitte.


17.25.10

Bundesrat Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen


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und Herren! Kollege Arlamovsky, ich halte es wie Sie: Es wird wohl nie­manden hier in diesem Raum geben, der für die Österreicherinnen und Öster­reicher nicht leistbaren Wohnraum möchte, aber ich möchte es weiter
fassen. Es wird niemanden in diesem Raum geben, der für die Österreicherinnen und Österreicher nicht ganz allgemein ein leistbares Leben möchte.

Wenn wir uns die aktuelle Situation vergegenwärtigen, dann müssen wir aner­kennen und zugestehen: Ja, auf der einen Seite ist das Leben teurer ge­worden, aber auf der anderen Seite sind auch die Löhne und die Gehälter ge­stiegen, die Sozialleistungen sind gestiegen und die Steuern sind gesun­ken. Somit leben wir in einem Land, in dem das Leben zwar teurer geworden ist, in dem das Leben aber dennoch leistbar ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Nach drei wunderbaren Vorrednerinnen kann ich nur all das wiederholen, was die Frau Staatssekretärin ausgeführt hat, was Kollegin Eder-Gitschthaler ausgeführt hat und was Frau Kollegin Kittl ausgeführt hat, nämlich all die Maß­nahmen, die diese Bundesregierung durchgesetzt hat und die wir hier im
Hohen Haus auch beschlossen haben: die Begrenzung der Erhöhung
der Mietzinse auf 5 Prozent, den Gebührenstopp, die Abschöpfung der Überge­winne von Energiekonzernen, die Einführung des Bestellerprinzips im Mak­lergesetz, den Wohn- und Heizkostenzuschuss in der Größenordnung
von 675 Millionen Euro, den Wohnschirm in der Größenordnung von 164 Millio­nen Euro, die Steuerreform, die Abschaffung der kalten Progression. – All
das führt ja dazu, dass das Leben leistbar bleibt.

In dieser Debatte wurde auch wieder das Thema Armutsgefährdung in Öster­reich aufgeworfen, daher müssen wir uns auch da die Zahlen vergegen­wärtigen, und ich beziehe mich auf Eurostat, auf die Rate der erheblichen ma­teriellen und sozialen Deprivation in einem Land: Da weist die Republik Österreich 2,3 Prozent aus. Diese 2,3 Prozent sind der sechstbeste Wert in der Europäischen Union, und diese 2,3 Prozent sind dreimal besser als der Durchschnitt der EU-Staaten. Das heißt, ja, es gibt Armut in diesem Land, jeder arme Mensch ist einer zu viel, aber die Statistik zeigt uns, dass wir als


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sechstbestes Land in der Eurozone auch durchaus sagen können, dass die Maßnahmen dieser Bundesregierung wirken. (Beifall bei der ÖVP und
bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Das eine ist die Armutsgefährdung, und ein anderer, ganz wesentlicher Indika­tor – Kollegin Kittl hat es angesprochen – ist die Kaufkraft: Auch da bezie­he ich mich auf eine Studie, nämlich auf die GfK-Kaufkraftstudie für
Europa 2023. Da steigt Österreich vom siebenten auf den neunten Platz. Die Kaufkraft in Österreich ist um 50 Prozent höher als im europäischen
Mittel. Auch das zeigt wieder, dass die Maßnahmen der Bundesregierung greifen, sie entlasten die Menschen und führen dazu, dass das Leben in diesem Land auch leistbar ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der
Grünen. – Zwischenruf der Bundesrätin Gerdenitsch.)

Wenn hier die Sozialdemokratie das Thema Inflation in den Mund nimmt, dann ist schon spannend, dass es konkret die Sozialdemokratie Niederösterreich
ist, die ja unbedingt eine Lkw-Maut einführen möchte, was natürlich auch wieder zu einem Anstieg der Inflation führen würde, dass die Stadt Wien die Ge­bühren sehr wohl erhöht oder dass der burgenländische Landeshauptmann die ORF-Abgaben im Burgenland drastisch erhöht, während andere Bun­desländer wie Niederösterreich diese abgeschafft haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit, meine Damen und Herren, Kollege Fischer, sind wir in Niederösterreich angelangt. (Ah-Rufe bei der SPÖ.) Es wird halt nicht wahrer, auch wenn es
Gegen-alles-Landesrat Hergovich jeden Tag behauptet, aber: Es gibt
in Niederösterreich keinen Wohnbaustopp! Aktuell sind 2 000 Wohneinheiten in Fertigstellung, und wir werden mit der neuen niederösterreichischen Wohn­bauförderung jährlich 1 800 Wohnungen bauen. Gleichzeitig gibt es zahl­reiche leer stehende Wohnungen im geförderten Wohnbau.

Parallel dazu setzen wir ganz bewusst auch auf die Wohnraumsanierung, weil ja auch das ein ganz ein wesentlicher Faktor im Hinblick darauf ist, dass man


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zuerst einmal den Wohnraum, der schon vorhanden ist, entsprechend adaptiert, bevor man irgendwo neu versiegelt.

Auch dazu noch eine Zahl für Niederösterreich: In 520 unserer 537 Gemeinden gibt es geförderten Wohnbau, und wir setzen mit der neuen Wohnbauför­derung eben nicht nur auf den Neubau, nicht nur auf die Sanierung, sondern, Frau Staatssekretärin, ganz speziell auch auf das Thema Junges Wohnen
und natürlich auch ganz bewusst darauf, sozial Schwächere mit der Subjektför­derung konkret zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir geben als Bundesland Niederösterreich auch weit mehr für den geförderten Wohnbau aus, als uns der Bund im Rahmen des FAGs zur Verfügung stellt.
Das heißt, diese Forderung nach der Zweckbindung der Wohnbaufördermittel wäre in Niederösterreich dementsprechend kein Problem.

Damit, Herr Bundesrat Fischer, kommen wir – und ich bin Ihnen so dankbar, dass Sie das angesprochen haben – in meine Heimatstadt Wiener Neustadt.
(Oh-Rufe bei der SPÖ.) Ich lasse mir von keinem einzigen Sozialdemokraten irgend­etwas über Wiener Neustadt erklären. Wir haben diese Stadt 2015 in einer Situation übernommen, in der die Stadt bankrott war. Ein Jahr später hätten wir die Löhne und Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr auszahlen können, weil wir nicht einmal mehr Haushaltsdarlehen bekommen hätten – so viel zur sozialdemokratischen Politik in Wiener Neustadt, die
uns in den vergangenen acht Jahren intensiv damit beschäftigt hat, alles das, was dagelegen ist, zu verbessern und besser zu machen.

Ja, es ist uns gemeinsam mit den Freiheitlichen, gemeinsam mit den Bürgerlisten in der ersten Regierungsperiode gelungen, die Stadt finanziell zu sanieren
und diese Stadt im Rahmen der Landesausstellung weiterzuentwickeln. Der ein­zige Punkt, der noch nicht gelöst ist, bei dem wir den Rucksack der Sozial­demokratie in Wiener Neustadt noch tragen, ist der des Wohnbaus. Mittlerweile – und das sollte Sie wieder freuen – arbeiten aber in Wiener Neu­stadt Freiheitliche, Sozialdemokratie und Volkspartei zusammen, und ich


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gehe davon aus, dass wir auch diesen Rucksack aus der Vergangenheit gemein­sam noch stemmen werden.

Damit, meine Damen und Herren, bin ich in Wahrheit am Ende meiner Ausfüh­rungen, ich darf aber eines noch ins Treffen führen, weil ich für wichtig
halte, was die Staatssekretärin gesagt hat: Es geht auch darum, Eigentum wieder möglich zu machen. Wir haben in Niederösterreich eine Eigentumsquote
von 60 Prozent. Wir wollen diese wieder steigern. Ja, da sind wir als Niederös­terreich auch Partner, wenn es darum geht, auf die Finanzmarktsaufsicht zuzugehen, diese KIM-Verordnung wegzubringen. Ich begrüße auch, was die Frau Staatssekretärin gesagt hat, nämlich dass es natürlich noch viel zu
tun gibt. Sehen wir aber auch die Dinge, die gut laufen, zum Beispiel die Stei­gerung der Kaufkraft in dieser Republik, die dafür spricht, dass diese Bundesregierung die Maßnahmen richtig gesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

17.33


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste gelangt Frau Bundes­rätin Mag.a Isabella Theuermann zu Wort . – Bitte schön.


17.33.18

Bundesrätin Mag. Isabella Theuermann (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank an die Kollegen von der SPÖ für die Auswahl
dieses Themas, das uns heute die Möglichkeit gibt, ein weiteres Kapitel des nicht enden wollenden schwarz-grünen Albtraums genauer unter die Lupe zu
nehmen.

Gerade für die ÖVP ist ja leistbares Wohnen sowieso nur ein Begriff, mit dem man die Immobilienspekulationen der eigenen Parteifreunde schönredet.
Gibt es Herrn Riedl eigentlich noch? Schon beachtenswert: 8 Hektar frisch um­gewidmetes Bauland hat der Herr Nochgemeindebundpräsident um rund 1,6 Millionen Euro an einen Bauträger verkauft. (Rufe bei der FPÖ: Ah geh!) Das ist sicher auch leistbares Wohnen, oder wie sieht das die ÖVP? – Für irgend­wen wird es schon so sein.


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Wobei man sagen muss, dass Herr Riedl eigentlich im Vergleich zu dem, was sich ein paar seiner ÖVP-Freunde in Kärnten leisten, ein kleiner Fisch ist. In
einer kleinen Gemeinde in Pörtschach hat ÖVP-Vizebürgermeister Köfer 1 Hek­tar frisch umgewidmetes Bauland um rund 1,1 Millionen Euro verkauft –
noch dazu an die Gemeinde selbst, die es ihm zuvor noch umgewidmet hat, und das Ganze natürlich mit einer absoluten Mehrheit der ÖVP. (Beifall bei der
FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Unglaublich!)

Riedl: 1,6 Millionen Euro für 8 Hektar, und Köfer: 1,1 Millionen Euro für 1 Hek­tar – da kann also selbst die ÖVP Niederösterreich in puncto Freunderl­wirtschaft noch etwas lernen, und das will schon was heißen. – So viel zum Ver­ständnis der ÖVP von leistbarem Wohnen.

Aber zurück zum Thema: Gerade bei der Mietpreisbremse erleben wir ja wieder eine schwarz-grüne Mogelpackung. Leider sehen wir nämlich, dass das
Modell schlichtweg nicht durchdacht ist, obwohl es eh schon zu lange gedauert hat, bis es überhaupt einmal auf dem Tisch liegt. Als Beispiel darf ich
hier nennen, dass es aus unserer Sicht dringend notwendig wäre, die Wohnbau­genossenschaften mit den Mindereinnahmen infolge der Mietpreisbremse
nicht alleinzulassen, sondern diese mit einem Bundeszuschuss abzugelten. Ande­renfalls wird es in diesem Sektor noch größere Probleme geben, als wir sie
ja eh schon haben.

Das ist nur ein Beispiel, aber wir Freiheitliche haben ja schon viele Vorschläge gemacht, wie man die Situation verbessern kann. Unser FPÖ-Sofort­maßnahmenpaket für leistbares Wohnen liegt ja schon seit einiger Zeit auf dem Tisch. Da darf ich die Bundesregierung auffordern, diese Vorschläge auf­zugreifen und auch umzusetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch wenn ich die Themenauswahl seitens der SPÖ als positiv erachte, kann ich sie dennoch nicht ganz auslassen, denn gerade in den Bundesländern,
in denen die SPÖ regiert, sieht man doch auch tagtäglich das rote Versagen.


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In meinem Heimatbundesland Kärnten ist die Wohnbauförderung zu einem poli­tischen Spielball der SPÖ verkommen und man vergisst darauf, dass eigent­lich leistbarer Wohnraum geschaffen werden sollte. Wir haben in Kärnten die Si­tuation, dass Hunderte geplante und zugesagte Wohnungen nicht gebaut
wurden. Die Förderungen sind zwar reserviert, aber es wird einfach nicht ge­baut, und das war auch schon vor den Baukostensteigerungen der Fall.
Genau diese Wohnungen fehlen und führen zu einem massiven
Druck am Wohnungsmarkt und dadurch auch zu steigenden Mieten – mit
oder ohne Mietpreisbremse.

Die falsche Politik kommt von unterschiedlichen Stellen: im Bund von der ÖVP und den Grünen, in Kärnten kommt sie von der SPÖ, aber die Leidtragen­den, das sind halt immer wieder die Bürger, und genau für diese setzen wir Freiheitliche uns ein. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.37


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bun­desrat Mag. Sascha Obrecht. – Bitte, Herr Bundesrat.


17.38.03

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werte
Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da unsere Bundeshauptstadt gleich mehrfach angegriffen wurde – und da waren sich
dann natürlich alle im Raum einig –, habe ich mir gedacht, ich melde
mich auch noch einmal zu Wort.

Ich will in diesem Zuge auch gleich ein paar Dinge richtigstellen, die in der Debatte aufgekommen sind. Bemerkenswert fand ich vor allem eines:
dass die Staatssekretärin damit begonnen hat, eine Frage dazu zu beantworten, wie es denn mit den Vorhaben des Regierungsprogrammes ausschaue
und dass so wenig davon umgesetzt worden sei. Sie hat gesagt, die Situation habe sich verändert, das werde sich wohl nicht mehr ausgehen. – Ich
stelle also fest: Schwarz-Grün wird ihr Regierungsprogramm nicht abarbeiten.


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(Zwischenruf des Bundesrates Zauner.) Das war die Aussage in anderen
Worten.

Wir haben zusätzlich gehört, dass die Einführung eines einheitlichen Mietrechts eine Maßnahme ist, die bundeseinheitlich nur schrittweise erfolgen
kann. – Warum? Warum ist das so? Ich verstehe es nämlich nicht. Wir haben im Grunde eine Trias, wir haben drei Gesetze, die das betrifft: das Mietrechts­gesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Wohnungseigentumsge­setz – drei Gesetze. Warum kann man die nicht auf einmal zu einem univer­salen Mietrecht zusammenführen?

Dann muss ich Kollegen Arlamovsky natürlich widersprechen: Klarerweise wollen wir als SPÖ ein starkes Mietrecht. Kollegin Eder-Gitschthaler
hat gemeint, es gibt immer zwei Sichtweisen bei diesem Thema. Das ist völlig richtig. Wir stehen auf der Seite der Mieter, so einfach ist das. (Beifall
bei der SPÖ.)

Alle, die sich dagegen verwehren, dass man ein bundeseinheitliches Mietrecht machen muss, in dem es einen starken Mieterschutz gibt, tun das nicht.
Das ist die andere Seite, ganz klar.

Es ist manchmal so einfach. Manchmal gibt es einfach einen Widerspruch: Es gibt Leute, die sich vor Vermieter und Vermieterinnen stellen, und es gibt
Leute, die sich für Mieterinnen und Mieter einsetzen. Die Rollenverteilung ist in dieser Republik ganz klar. Die SPÖ ist für Mieter:innen, die ÖVP für Ver­mieter – so schaut es aus.

Bei der Leerstandsabgabe mag ich die Frau Staatssekretärin darauf hinweisen, dass sie in Vertretung des Bundeskanzlers hier ist und eine Erklärung ge­geben hat, die konträr zu den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes steht. Der Verfassungsgerichtshof hat gesagt, eine Leerstandsabgabe kann gera­de nicht landesgesetzlich eingeführt werden. Eine Leerstandsabgabe, die nämlich mobilisierenden Charakter hat, ist eine Sache, die in Bundeskompetenz


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fällt. Wenn Sie also hier eine Anfrage beantworten und sagen, für die Leer­standsabgabeneinführung sei die landesgesetzliche Regelung das geeig­nete Mittel, der geeignete Hebel, dann ist das schlicht unwahr. Das ist rechtlich falsch. Das steht völlig entgegen unserem Höchstgericht, das über die Verfassung wacht. Insofern bitte ich Sie darum, die Daten, die Sie bekommen und vorgelesen haben, zu korrigieren, weil das schlicht rechtlich falsch
ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist übrigens auch der Grund – weil das oftmals angesprochen wird –, warum wir sie in Wien noch nicht eingeführt haben: weil es schlicht rechtlich nicht
geht. Wir könnten eine „Leerstandsabgabe“ – unter Anführungszeichen – einführen, so wie andere Bundesländer. Nur wissen wir, dass der VfGH sagt, sie darf keinen mobilisierenden Effekt haben. Das heißt, sie darf eben gerade
nicht so hoch sein, dass es tatsächlich eine spürbare Auswirkung gibt. Ja, da ist der Bund säumig. Das wissen wir und das müssen wir einfach auch so sagen.

Die Wohnbauinvestitionsbank, die auch Thema war, finde ich besonders span­nend, weil ich zu dieser Zeit im Kabinett tätig war und weiß, dass das
eines der Projekte war, das wir noch in großkoalitionärer Einigkeit tatsächlich fast auf den Weg gebracht hätten. Wir waren schon so weit, wir waren
bei der Europäischen Kommission, und die hat gesagt, das passe alles. Dann aber kam Sebastian Kurz, und Sebastian Kurz wollte das nicht. Sebastian Kurz
wollte den flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung nicht, und er wollte auch die Wohnbauinvestitionsbank nicht. Er hat Vizekanzler Mitterlehner
in dieser Frage kategorisch und strategisch torpediert, und er hat dieses Projekt abgeschossen. (Bundesrat Himmer: Das war die Zuständigkeit des Außenmi­nisters damals? Der Außenminister war damals für den Bereich zuständig, darum ist das nicht zustande gekommen?)

Was würde eine Wohnbauinvestitionsbank jetzt denn alles bringen? – Gemein­nützige Bauträger könnten zu dieser Wohnbauinvestitionsbank gehen und günstige Mittel mit fixem Zinssatz bekommen. Darunter leidet die gemeinnützige Bauwirtschaft gerade am meisten: variable Zinssätze, die sie aufgrund des


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Kostendeckungsprinzips eins zu eins weitergeben. Dadurch steigen die Mieten im gemeinnützigen Baubereich. Das ist nur deswegen der Fall, weil die gemeinnützigen Bauvereinigungen auf dem privaten Markt zu den Banken gehen und sich dort Geld abholen mussten. Hätten wir eine Wohnbauinves­titionsbank – und ich glaube nach wie vor, dass wir diese brauchen, auch die nächste Regierung sollte sie ins Auge fassen –, dann müssten die Gemein­nützigen nicht zu den Banken gehen, sondern könnten sich staatliches Geld mit klaren Zinssätzen holen. Dann wäre auch ein klarer, geregelter Bereich
der Gemeinnützigen da. Das würde die Mieten für alle senken.
(Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme nun zum Bundesland Wien, weil das ja so oft kritisiert wurde und Wien ja an und für sich scheinbar ganz, ganz, ganz, ganz furchtbar sei.
Ich frage mich nur, warum Wien dann regelmäßig zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt wird, wenn es in dieser Stadt doch so furchtbar sein soll. Ich verstehe es nicht. Ich verstehe nicht, warum man sagt, wir seien untätig, wenn wir einen Mietpreisstopp einführen – wir frieren sie für die nächsten zwei
Jahre ein –, wenn wir die Wohnbauförderung erhöhen, wenn wir in Wien einen durchschnittlichen Mietpreis von 9,1 Euro für den Quadratmeter haben.

Mir wurde das von Salzburgern und Tirolern entgegengehalten, aber in Salzburg liegt der durchschnittliche Mietpreis bei 10,4 Euro, also höher als in Wien, obwohl Wien die Bundeshauptstadt ist. Er ist höher, und das übrigens im gesam­ten Land Salzburg. In Salzburg Stadt bewegen wir uns in Dimensionen, da können wir im Vergleich zu Wien doppelt so hoch gehen. Da kann man dann Wien nicht vorwerfen, dass es untätig sei und dass alles so furchtbar sei.
In Tirol liegen wir natürlich auch weit über den Mieten in Wien.

Ich verstehe also die Kritik an Wien in dieser Frage überhaupt nicht. Sie können gerne viele Dinge aufmachen, aber gerade die Wohnungspolitik in Wien ist vorbildlich. – Also wirklich! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum „Wiener-Zeitung“-Onlinemediumsskandal, der heute in offensichtlicher Auftragstäterschaft – denn anders schaut das nicht aus, ganz ehrlich –


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aufgekommen ist: Was ist der Skandal daran? Vor über zehn Jahren haben sich zwei gemeinnützige rote Wohnbaugenossenschaften und ein gewerbli­cher Betreiber, der übrigens schwarz ist, Baugrund gesichert – vor über zehn Jahren! Jetzt hat sich die Stadt Wien dafür entschieden, in der Donau­stadt Wohnbauten zu errichten. Der Grund ist umgewidmet worden, damit man dort Wohnungen errichten kann. Erklären Sie mir den Skandal! Ich verste­he ihn nicht, ich werde ihn auch nicht verstehen. Nicht alles, was in der „Wiener Zeitung“ im Onlineportal steht, ist ein Skandal – tatsächlich, ist es nicht.

Zuletzt noch Folgendes: Der Kollege aus Niederösterreich hat gemeint, es gibt keinen Wohnbaustopp in Niederösterreich. Das ist ein gefinkelter Trick,
ein gefinkelter Schmäh. Er meint nämlich, es werden natürlich weiterhin Woh­nungen in Niederösterreich errichtet – das sagt er. Was er verschweigt, ist:
Wenn eine gemeinnützige Wohnbauvereinigung jetzt zum Land Nie­derösterreich gehen würde – Stand heute, an diesem Tag –, würde das Land Niederösterreich den Bau natürlich nicht fördern, weil es momentan keine Mittel gibt. Reden Sie einmal mit Ihrer Landesregierung: Die Wohnbauförderung
ist momentan gestoppt. Es gibt momentan eine Arbeitsgruppe mit der Donau-Universität , also natürlich mit der Uni. Da wird momentan keine Förde­rung preisgegeben. Bitte, reden Sie mit der Landesregierung! Das ist schlicht unwahr. (Nein-Rufe bei der ÖVP.) In Niederösterreich gibt es momentan
einen Stopp der Förderungen. Das ist so, das ist tatsächlich so. (Rufe bei der ÖVP: Nein! Das ist kein Stopp!)

Ein Letztes noch, und dabei will ich auch noch einmal zu den Ausführungen der Staatssekretärin zurückgehen: Sie hat auf eine Frage geantwortet, die Bundesregierung werde auf Entscheidungen weisungsfreier Behörden keinen Einfluss nehmen. – Das überrascht mich nicht. Dem Vernehmen nach
ist dafür der Nationalratspräsident zuständig. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

(Zum Redner:innenpult zurückkehrend und fortsetzend:) Jetzt war ich schon wieder zu schnell. Einen Antrag habe ich auch noch, damit es besser wird:


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 270

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Leistbares Wohnen jetzt endlich möglich machen!“

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat Gesetzesvorlagen zuzuleiten, mit der sie folgende Maßnahmen zur Um­setzung bringen wird:

„- die Einführung eines einheitlichen, transparenten Mietrechts mit klar definier­ten Zu- und Abschlägen (Universalmietrecht),

- die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank zur Sicherstellung der Fi­nanzierung des sozialen Wohnbaus und zur Abfederung der steigenden Kos­ten im sozialen Wohnbau,“ – Geben Sie sich einen Ruck, ÖVP, das wäre notwendig! –

„- die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung und die Er­höhung der selben von 0,4 auf 1 Prozent des BIP,

- die verfassungsrechtliche Absicherung der Widmungskategorie ‚sozialer Wohnbau‘,

- die verfassungsmäßige Absicherung der Bundesländer zur Einführung
von Leerstandsabgaben, die einen ausreichenden Lenkungseffekt versprechen und

- die Einführung eines Zinsregulierungsgesetzes, das für bestimmte Grundbeträge einen Mindestzinssatz für Spareinlagen und einen Höchstzins­satz für Wohn- und Überziehungskredite festlegt.“

*****

Wenn Sie tatsächlich etwas für die Österreicher und Österreicherinnen machen wollen, stimmen Sie da zu! (Beifall bei der SPÖ.)

17.46


17.46.46


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 271

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsan­trag betreffend „Leistbares Wohnen jetzt endlich möglich machen!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Es liegen mir dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und
Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Mietpreisstopp jetzt“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf
Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Es liegt ein weiterer Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Leistbares Wohnen
jetzt endlich möglich machen!“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. (Die Bundesrät:innen der SPÖ geben erst einige Sekun­den später ein Handzeichen. – Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP
und Grünen.) –
Es ist auch dies die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.


17.48.06Fortsetzung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich nehme somit die Verhandlungen zur Tagesordnung wieder auf und darf um entsprechende Ruhe im Saal bitten.

Zur Geschäftsordnung: Kollege Spanring. – Bitte.

*****



BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 272

17.48.28

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Vizepräsidentin! Wir haben eh noch ein bisschen Zeit. Ich weiß nicht: Kommt Herr Karner noch einmal? – Keine Ahnung.

Zu den Ordnungsrufen von heute möchte ich schon noch einmal das Wort er­greifen: Wir haben uns die Rede von Kollegen Leinfellner angeschaut. (Bundesrätin Schumann: Wir auch!) Wir haben sie bekommen und Ihre Kolle­ginnen konnten nicht begründen, warum es einen Ordnungsruf gab. Ich
muss schon sagen: Es gibt dort nichts. Der erste Ordnungsruf, okay, über den kann man diskutieren – soll so sein, aber beim zweiten gibt es keinen
Grund für einen Ordnungsruf und den lehnen wir auch kategorisch ab. Wenn das zukünftig so gehandhabt wird, dass man einfach pauschal sagt: Die Rede
war so schlimm, jetzt gibt es einen Ordnungsruf!, dann werden wir das zukünftig einfach wirklich ignorieren. Dann stellt sich aber die Frage, wie sinnvoll das Instrument eines Ordnungsrufes noch ist.

Das Zweite ist: Wir hatten heute eine lange Diskussion – ich glaube, sie hat auch mindestens eine Viertelstunde gedauert –, in der es um das Wort Bevölke­rungsaustausch, Volksaustausch, Volk austauschen ging. So, jetzt hat es von al­len moralinsaure Reden gegeben und es wurde gesagt, wie furchtbar das
ist und wie schockiert alle gewesen sind, weil das eine Nazidiktion ist. – Falsch! Es ist keine Nazidiktion. Wir haben im Internet alles dazu recherchiert,
was es gibt. Trotzdem sind alle sofort aufgesprungen und haben uns moralin­sauer erzählt, wie schlimm das Ganze ist. Auch dafür nehmen wir den Ordnungsruf an Christoph Steiner nicht zur Kenntnis. Das ist de facto kein Ord­nungsruf – wegen Volk austauschen.

Wenn das so weitergeht, meine Damen und Herren, dann werden wir zukünftig wirklich einen Katalog brauchen. Dann geben Sie den Rahmen vor, in
dem wir uns noch bewegen dürfen oder nicht. Ich kann Ihnen gleich sagen:


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 273

Daran werden wir uns nicht halten, da werden wir nicht mitspielen! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Der große Austausch!)

17.50

*****


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir setzen somit die Verhandlungen über Tagesordnungspunkt 12 betreffend Realkostenverrechnungsvereinbarung
fort.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Himmer. – Bitte, Herr Bundesrat.


17.50.47

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Präsidentin! (Bun­desrätin Schumann: Wo ist denn der Herr Bundesminister? – Bundesrätin
Grimling: Der ist gegangen! – Bundesrat Schennach: Vielleicht kann uns der Herr Himmer aufklären, wo der Herr Bundesminister ist! – Bundesrätin Schu­mann: Wo ist denn der Herr Bundesminister?)
Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen, hier im Saal und überall! Wir kommen wieder zur Tages­ordnung zurück. Jetzt habe ich wieder etwas über die Geschäftsordnung dazuge­lernt: dass man einen Ordnungsruf ablehnen kann. (Bundesrat Schreuder:
Nicht zur Kenntnis nehmen!)
 – Ah, nicht zur Kenntnis nehmen – wie auch immer. Ich glaube, man kann sich Dinge sparen, indem man einfach andere Wor­te verwendet, Worte die entsprechend unmissverständlich sind. (Bundesrat Span­ring: Das war unmissverständlich, es gibt eine Homepage ...!)

Wir waren bei der 15a-Vereinbarung. Es gab ja bereits, bevor wir die Unterbre­chung durch die Dringliche Anfrage gehabt haben, den Redebeitrag von
Kollegen Spanring und die Replik von Bundesminister Karner. Wir sind uns, glau­be ich, alle in dem Punkt einig, dass uns bewusst ist, dass wir Österreicher
bei spontan entstandenen Flüchtlingsbewegungen – egal ob das damals die Un­garnkrise war, ob das die Jugoslawienkrise war oder ob das eben jetzt,
in der jüngeren Vergangenheit, die Ukraine betroffen hat – als Land eine gute


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 274

Tradition haben, Flüchtlingen Unterkunft zu gewähren. Ich glaube, da
sind wir uns auch – das ist ja hervorgekommen – parteienübergreifend einig.

An diesem Punkt kann man natürlich wieder eine Grundsatzdiskussion
über Migration insgesamt führen. Davon hat meinem Gefühl nach Kollege Span­ring eine Spur Gebrauch gemacht, indem er darauf hingewiesen hat, dass
es beschränkte Aufnahmekapazitäten gibt – kurz gefasst –, was Migration be­trifft. Das ist ja völlig unbestritten, diesen Teil möchte ich hier nicht erörtern.

In der Sache selber, was den Tagesordnungspunkt betrifft, geht es eben um die­se 15a-Vereinbarung, nach der die Kosten zwischen Bund und Ländern
nach Realkosten abgegolten werden sollen und eben der Bund für jenes Bundes­land, das die höchsten Aufwendungen für die Unterbringungen hat, die entsprechende Abgeltung gibt, damit diese Unterbringungen auch ordentlich abgewickelt und finanziert werden können. Vor diesem Hintergrund wer­den wir auch die entsprechende Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

17.53


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Bundesrat.


17.54.02

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte
Frau Staatssekretärin! Ich habe jetzt schon eine Frage an Sie, Frau Staatssekretärin: Eigentlich sind Sie nicht Staatssekretärin im Innenministerium. Hat sich der Herr Bundesminister für Inneres abgemeldet, oder ist er
irgendwo in den Räumen des Hauses verhindert? (Bundesrätin Doppler: Gute Frage!) Ich meine, früher war Frau Edtstadler Staatssekretärin im Innenministerium, aber diese Zeit ist schon lange vorbei. Sie sind das nicht.


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gehen aufgrund der Tatsache, dass sich der Herr Innenminister bereits als Zweiter zu Wort gemeldet hat, da-


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 275

von aus, dass er sich inzwischen nicht mehr im Haus befindet, weil er seine Stel­lungnahme bereits abgegeben hat. (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler. – Zwischenbemerkung von Staatssekretärin Plakolm.) – Gut, ich höre gerade von der Frau Staatssekretärin, dass er am Weg ist.


17.54.55

Bundesrat Stefan Schennach (fortsetzend): Okay, dann sehen wir ihn ja heute noch einmal. Er hat schon ein paar Bemerkungen gemacht, die höchst
eigenartig sind: Er hat vor allem gemeint, er kann alle Äußerungen, die der Kol­lege von der FPÖ hier gemacht hat, unterschreiben. (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger: 90 Prozent! – Bundesrätin Doppler: Nicht alle!) – 90 Prozent, danke, danke, man soll – wie sagt man? – das Kalberl im Stall lassen. 90 Prozent
sind aber extrem viel. (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)

Diese 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und Wien – was du drinnen lassen willst, Kollege Tiefnig, ist etwas anderes und hat keine vier Beine – ist not­wendig und befristet abgeschlossen. Warum? – Weil Wien in Österreich bei der Unterbringung sogenannter Grundzuversorgender in die Bresche springt
und die Quote bis zu 180 bis 195 Prozent übererfüllt. Ohne diese Übererfül­lung – da nickt sogar Harry Himmer – würde die Aufteilung der Quo­ten zwischen den Bundesländern sehr, sehr schlecht ausschauen.

Insofern, worum geht es dabei? – Es gibt einen Differenzbetrag zwischen den realen Kosten und den Kostenhöchstsätzen bei der Erfüllung der Betreu­ungsquote. Was gehört da dazu? – Unterkunft, Einrichtung für Pflege und Be­treuung oder Behindertenhilfe oder die Unterbringung vulnerabler Perso­nen, die hilfs- und schutzbedürftig sind. Da gibt es eine Differenz. Über diese Differenz hat sich der Bund mit dem Land Wien geeinigt – man muss
bitte immer dazusagen, dass das Land Wien da in Vorlage getreten ist –, und zwar in einem Verhältnis von sechs zu vier: Sechs Anteile bezahlt der
Bund und vier die Stadt Wien.

Wenn es aber bei Übererfüllung der Quote Differenzbeträge gibt, dann trägt diese der Bund. Ich denke, das Ganze ist extrem fair, und Wien wird


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seine 40 Prozent an Unterbringungs- und Versorgungskosten der Bundesbetreu­ung leisten und damit auch einen ganz großen Beitrag dazu leisten.

Nun zu einigen Sätzen, die hier in der Diskussion gefallen sind: der Kollaps des Sozialsystems. Was heißt Kollaps des Sozialsystems? – Hätten wir nicht Migration und Zuwanderung, dann hätten wir einen Kollaps des Sozialsystems. Schaut euch doch die Spitäler an: Wer leistet dort die Pflege? Wer putzt
die Spitäler? – Das ist eine Verhinderung des Kollapses des Sozialsystems. Es ist auch eine Verhinderung des Kollapses der Wirtschaft, denn wer macht
denn die prekären Tätigkeiten? (Zwischenruf des Bundesrates Spanring. – Bundes­rätin Schumann: Die gesamte Gastronomie bricht zusammen!) Ohne
die Zuwanderung, ohne geflüchtete Menschen würde das überhaupt nicht funktionieren.

Weiters: Man kann ja manchmal Deutschland und Österreich vergleichen. In Deutschland hat man – es gibt auch österreichische Studien – eine
Studie darüber gemacht, wie viele Menschen mit Migrationshintergrund in das Sozialsystem einzahlen und wie viel weniger sie daraus bekommen.
In Deutschland sind das 3 000 Euro im Jahr. Das heißt, der Staat gewinnt 3 000 Euro an Einzahlungen von Menschen mit Migrationshintergrund, die jene, die einzahlen, nicht bekommen. Das ist in Deutschland insgesamt ein Über­schuss von 22 Millionen Euro.

Also: Der Kollaps des Sozialsystems, der Kollaps der Wirtschaft – das stimmt ja in dieser Form nicht.

Das Nächste – ich gehe jetzt einmal von den Geflüchteten weg –: Schauen wir uns doch die Migrationszahlen an! Wer ist die größte Gruppe der Migran­tinnen und Migranten in Österreich? (Rufe bei den Grünen: Deutsche!) –
Die Deutschen, richtig, und zwar 225 000. (Bundesrat Spanring: Die kann man aber ...!)


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Wenn der Kollege dann auch noch die Statistik des Innenministeriums anschaut, weiß er: Aus welcher Migrantengruppe kommen die meisten Tatverdäch­tigen in Österreich? Was haben wir dann, Herr Spanring? – Auch wieder die Deutschen, und zwar zu 50 Prozent. (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler.)
Ja, zu 50 Prozent! (Bundesrat Spanring: Aber keine Asyl- -!) Ich kann mich erinnern: Als ich zum ersten Mal diese Zahlen gebracht habe – und zwar waren das
damals (in Richtung Bundesrat Schmid:) Entschuldigung, Daniel, die Tiroler Zahlen, die ja noch weiter zurückreichen –, hat mich doch eine Kollegin der FPÖ
zur unmittelbaren Einweisung in die Psychiatrie empfohlen. Nur, mittlerweile bekommen wir vom Innenministerium seit zehn Jahren diese Zahlen je­des Mal auf den Tisch, und das verändert sich nicht, und ich bin trotzdem noch nicht in der Psychiatrie. (Präsidentin Arpa übernimmt den Vorsitz.)

Wo ich Ihnen betreffend den Flüchtlingsbereich allerdings recht gebe, ist Fol­gendes, und jetzt geht es auch um die Versorgung und Integration,
Herr Kollege – und das nur, weil Sie ja hier Herrn Babler und die Stadt Wien angegriffen haben –: Ja, wir müssen Menschen, die sich hier nieder­lassen, integrieren. Für Integrieren kann ich Ihnen ein anderes Wort sagen (Bun­desrat Spanring: Funktioniert ja sehr gut! Funktioniert ja sehr gut!), und das
heißt Teilhabe, Herr Kollege Spanring – Teilhabe –: Teilhabe an der demokrati­schen Entscheidung, Teilhabe am Arbeitsmarkt, Teilhabe am Bildungs­system. (Bundesrat Spanring: Aber mindestens ...!) Das sind alles wichtige Dinge, nur die vergessen Sie einfach.

Was bei der Migration übrigens interessant ist, liebe ÖVP – ihr verweigert ja Ru­mänien die Mitgliedschaft im Schengenraum –: Mit 147 000 liegen Rumä­nen und Rumäninnen an zweiter Stelle. Wisst ihr, wem ihr das hier verweigert? – Nämlich all jenen, die in der 24-Stunden-Pflege einen wirklich aufopfern­den Job machen. Für die macht ihr es noch viel schlimmer. (Beifall bei der SPÖ. – In Richtung Bundesrätin Hauschildt-Buschberger:) Frau Kollegin, du kannst
mich schon so anschauen: Es ist wahr! (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger: Ja, eh!) Ihr seid aber in der Koalition.


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Schauen wir dann noch weiter: Wie schaut das jetzt bei anderen aus? Wir haben Rumänen, Serben, Serbinnen, Türken, Türkinnen – übrigens ist die Türkei
erst an vierter Stelle, und Menschen von dort sind auch relativ unauffällig, was Straftaten betrifft; das ist auch interessant –, aus Syrien 82 000 und
Ukrainer 79 000. So ist es derzeit.

Bleiben wir aber beim Thema: Hier geht es um Grundversorgung, das sind ja zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe. (Bundesrat Spanring: Ja, eh!) Allerdings möchte ich zu Herrn Obrecht noch eine kleine Fußnote anbringen. Es ist nichts Böses, du brauchst nicht so zu schauen (Heiterkeit bei der SPÖ – Bundesrat Schreuder: Na ja, wart einmal!), aber es ist vielleicht auch für die Frau Staatssekre­tärin interessant, was ich jetzt sage: Österreich ist als einziges Land auf
Wunsch der ÖVP – (in Richtung Bundesrat Himmer:) Harry, du müsstest das wis­sen – nicht Mitglied der Bank des Europarates, einer der stabilsten Banken.

Edgar Mayer – ihr kennt ihn noch – und ich haben uns bemüht, bei verschiedensten eurer Finanzminister zu sagen: Bitte, das könnt ihr nicht ma­chen! – Was hat die Bank des Europarates Österreich angeboten? – Zwei Dinge: Wir finanzieren euch den sozialen Wohnbau im ganzen Land und wir finan­zieren euch die Flüchtlingsunterbringungen und -versorgungen. – Nichts war, nichts! Schelling hat sich sogar geweigert, Edgar Mayer, einen seriösen Menschen, und einen vielleicht weniger seriösen Menschen, mich, zu empfan­gen. Spindelegger hat gesagt: Wenn ihr wegen der Bank kommt, braucht
ihr gar nicht bei mir vorstellig zu werden! – Ich meine, so wurde euer
Edgar Mayer behandelt, sage ich nur, der auch Präsident dieses Hauses hier war.

In diesem Sinne: Wir sind eines der wenigen Länder, die nicht bei der Bank
des Europarates sind. Wenn wir dieser beitreten, dann gilt nach wie vor das Ver­sprechen der Bank, Österreich Konditionen wie einem Entwicklungsland
zu geben, nämlich eine langfristige und kleine Bezahlung, dafür große Teile zu übernehmen. So schaut es aus, aber Harry, vielleicht kannst du das ja


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intern ein bisschen weiter vorantreiben. (Bundesrat Himmer: Ich ruf den Edgar an!) – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Bevor ich Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger das Wort erteile, begrüße ich unseren Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch recht herz­lich. – Herzlich willkommen! (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Bundesrat Span­ring: Zur Geschäftsordnung!)

Es gibt eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

*****


18.05.28

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Wir haben vorhin gehört, dass der Herr Innenminister am Weg ist. Da Herr Schennach jetzt geredet hat, sollte man
es vom Innenministerium bis hierher fast sogar zu Fuß schaffen.

Es ist kein Problem: Wenn er nicht mehr kommt, dann das bitte einfach zu sagen und er soll sich entschuldigen, aber jetzt fühlen wir uns ein bisschen ge­pflanzt. Entweder er kommt oder er kommt nicht, aber dann wollen wir eine ehrliche Aussage, ansonsten muss ich jetzt nach § 37 Abs. 2 der Geschäfts­ordnung die Herbeischaffung des Herrn Ministers fordern. (Bundesrat Schennach: Oder die Umnominierung des Kollegen Rauch in den Innenminister! – Bundes­minister Rauch: Nein, danke! – Heiterkeit bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreu­der.) – Danke. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler hebt die Hand.)

18.06


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Frau Bundesrätin Eder-Gitschthaler, bitte.


18.06.07

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg) (zur Geschäftsbehandlung): Ich glaube, das war vorhin ein Übertragungsfehler: Es war


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immer davon die Rede, dass Herr Minister Rauch Herrn Minister Karner
vertritt. (Ah-Rufe bei der FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Nein, nein, nein!) Das hat, glaube ich, die Frau Vizepräsidentin vorhin falsch versprochen. Es wurde
immer so kommuniziert.

18.06


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank für die Richtigstellung.

*****

Dann fahren wir in der Debatte fort.

Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte sehr.


18.06.40

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist jetzt zwar schon etwas
länger her, aber ich muss immer wieder an die Situation denken, als mich vor einigen Jahren ein Anruf einer verzweifelten Kollegin erreicht hat, in
deren Sprechstunde eine Frau aus Syrien gewesen ist. Sie war auf der Suche nach ihrem kleinen Neffen, der auf der Flucht von einer anderen Fami­lie mitgenommen worden war, nachdem seine Eltern bei einem Bombenangriff ermordet worden waren. Damals ist der Junge nicht mehr auffindbar
gewesen, aber angeblich sollte er im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen sein.

Wir haben uns dann mit vereinten Kräften auf die Suche nach dem Kleinen gemacht, der sich nämlich tatsächlich im Erstaufnahmezentrum aufgehalten hat, aber zu diesem Zeitpunkt hatte sich von behördlicher Seite noch niemand
um ihn gekümmert.

Danach hat eine regelrechte Odyssee gestartet, um den Neunjährigen in die Obhut seiner Tante nach Oberösterreich zu bekommen. – Die Geschichte ist gut ausgegangen, es ist uns geglückt, aber nicht alle Kinder haben genau dieses


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Glück in ihrem Unglück auf der Flucht, und dann sind staatliche Stellen gefor­dert, um das Kindeswohl sicherzustellen.

Warum sage ich das genau jetzt? – Weil wir in diesem Halbjahr im Bundesrat als Schwerpunkte folgende Themen haben: Kindern Perspektiven geben und Kinderrechte. Diese Kinderrechte gelten tatsächlich für alle Kinder, also auch für Kinder, die sich auf der Flucht befinden. Kinderflüchtlinge erlebten und
erleben seit jeher eine Schlechterstellung in Bezug auf Versorgung und Chancen im Vergleich zu österreichischen Kindern in Fremdversorgung, und das widerspricht der Kinderrechtskonvention, wie wir alle wissen.

Warum ist das so? – Im Bereich der sich immer weiter verschlechternden Kos­tendeckung in der Grundversorgung für Kinder und Jugendliche auf der
Flucht und vulnerable Personen kommt zusätzlich dazu, dass es in den Bundes­ländern kaum noch Quartiere für Kinderflüchtlinge gibt, weil die NGOs
mit den bereitgestellten Tagsätzen einfach nicht mehr kostendeckend arbeiten können. Zum Beispiel gibt es in Oberösterreich kein einziges Quartier
mehr, in dem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht werden können.

Vielleicht ist das Folgende der interessante Teil, denn wenn ich jetzt die ganze Grundversorgung erklären würde, wäre das zu spezifisch, aber grundsätz­lich ist es so, dass die Länder in der Pflicht sind, geflüchtete Menschen nach Zu­lassung zum Asylverfahren aus der Bundesbetreuung gemäß einer Quote
in die Länderquartiere zu übernehmen.

Es ist tatsächlich so – ich habe mir die Zahlen rausgesucht –, dass kein Land außer Wien die Quote erfüllt. Das Burgenland ist mit 6 Prozent im Mi­nus, Kärnten mit 40 Prozent, Niederösterreich mit 20 Prozent, obwohl es dort das Erstaufnahmezentrum gibt, Oberösterreich mit 33 Prozent, Salzburg
mit 37 Prozent, die Steiermark mit 12 Prozent, Tirol mit 22 und Vorarlberg mit 8 Prozent. Nur Wien übererfüllt die Quote, nämlich mit 87 Prozent (Bun­desrätin Schumann: Dafür werden wir dann von euch geprügelt!), und das bedeutet


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faktisch, dass wir, wenn Wien die Quote nicht übererfüllen würde, noch mehr Menschen in Bundesbetreuung hätten.

Ich weiß nicht, wer von Ihnen einmal in einem Bundesquartier gewesen ist – dort sollten sich die Leute eigentlich nur sehr kurz aufhalten, nämlich während
des Zulassungszeitraums –: Das ist nicht schön. Ein Beispiel aus meinem Bezirk, aus Frankenburg: Dort waren zum Beispiel – sie ist jetzt Gott sei Dank
nicht mehr belegt – über 100 geflüchtete Menschen in einer großen Lagerhalle untergebracht. Sie hatten dort nur durch Decken, die sie selber hinge­hängt haben, ein bisschen Privatsphäre. Es war auch nicht möglich, dass die Leute dort besucht werden.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Leute, die zum Asylverfahren zugelassen sind, auch eine Perspektive haben, in Österreich zu bleiben. Insbesondere bei Kindern ist das der schlechteste Start in ein Leben in Öster­reich, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum in solchen Bundes­quartieren aufhalten müssen.

Ich habe heute noch einmal kurz die Zahlen hinterfragt. Bei Kinderflüchtlingen sind es sechs Monate bis zu einem Jahr, die essenziell sind und auch bei den ersten Integrationsschritten fehlen. Mich hat dann auch interessiert – weil diese Mär heute auch von Kollegen Spanring, glaube ich, erwähnt worden
ist –, ob es sich bei den Geflüchteten hauptsächlich um alleinstehende Männer handelt. Es ist tatsächlich eine Mär. Ich habe nachgeschaut, es sind in
den Bundesbetreuungseinrichtungen mit Stand von 20.12. an die 3 000, genauer gesagt 2 600 Menschen, die zum Asylverfahren zugelassen sind. Davon
sind lediglich 145 allein reisende Männer, 1 197 sind im Familienverband leben­de Menschen, 419 Kinderflüchtlinge, also unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, und 52 unbegleitete unmündige Flüchtlinge, auch Kinderflüchtlinge, 58 allein reisende Männer mit Kind, 164 allein reisende Frauen, 768 geflüch­tete Frauen mit Kind.


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Sie alle haben einen Anspruch, gemäß der Quote in die Ländergrundversorgung übernommen zu werden, und genau das passiert nicht. Das hat damit zu
tun, ich habe es schon erwähnt, dass die Tagsätze denkbar gering sind, zu gering, um die Kosten für die Unterbringung zu decken. Deshalb – und jetzt kom­me ich zum Punkt – wurde das Realkostenmodell entwickelt, das jetzt in Wien in die Pilotphase geht.

Es ist so – das wurde auch schon kurz erklärt –, dass die über dem Tagsatz lie­genden reellen Kosten, die es braucht, um Menschen auf der Flucht ge­mäß dem, was sie benötigen, unterzubringen und zu betreuen, also die Kosten­differenz, vom Bund übernommen wird. Da geht es nicht nur um ein adäquates Quartier, sondern auch um die sozialarbeiterische Betreuung. Es geht auch – das ist mir auch wichtig, zu erwähnen – um die Sicherheit für die Mitarbeiter:innen, denn je schlechter die Tagsätze sind, desto mehr müssen Sozialarbeiter:innen und andere betreuende Personen ihren Personenschlüssel hochfahren, und dann sind wir wieder im Defizit mit der Betreuung.

Ich finde das wirklich großartig von Wien, dass die Stadt als Pilotregion in das Realkostenmodell eingestiegen ist. Es wird ein Monitoring geben. Man
wird sehen, wie sich das darstellt. Andere Bundesländer sind aufgerufen, dem zu folgen, wobei ich natürlich aus der Praxis auch sagen muss, dass es in Wien besser umzusetzen ist, weil die hauptsächlichen Quartiergeber:innen NGOs sind, die auf Gemeinnützigkeit ausgerichtet sind. In den Flächenbundesländern
ist es oft so, dass wir es mit gewerblichen Quartiergebern zu tun haben, und dort gibt es natürlich Problematiken: Wie kann man ein Realkostenmodell abbil­den, wenn man nicht gemeinnützig arbeitet? – Es ist wichtig, dass wir irgendwo anfangen, und das ist in diesem Fall in Wien.

Ich bin schon sehr gespannt, aber von einem gehe ich ganz sicher aus, nämlich dass sich die Situation für die geflüchteten Menschen, für die vulnerablen Personen, insbesondere für die unbegleiteten Minderjährigen, für die Kinderflüchtlinge erheblich verbessern wird. Dadurch kommt es dann genau zu dem, was wir uns wünschen: dass die Menschen sich in unserer Mitte


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aufgenommen fühlen, dass sie sich vom ersten Tag an von den Erlebnissen, die sie auf der Flucht erfahren haben, abschotten können, und dass sie wer­tige Mitglieder und geschätzte Mitglieder unserer Gesellschaft sein können. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

18.15


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Herr Bundesrat, bitte sehr.


18.15.33

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich direkt an das anschließen, was Frau Kollegin Hauschildt-Busch­berger angesprochen hat. Das Realkostenmodell ist insbesondere zur Ge­währleistung einer adäquaten Unterbringung für vulnerable Personen und unbe­gleitete minderjährige Flüchtlinge wichtig.

Wir NEOS haben schon lange eine Erhöhung der Tagessätze in der Grundversor­gung für unbegleitete Minderjährige gefordert, weshalb wir diesen
Punkt der Vereinbarung besonders begrüßen. Jedoch sind weitere Maßnahmen zur adäquaten Versorgung und Unterbringung von Asylwerberinnen
und -werbern und vulnerablen Personen in der Grundversorgung längst überfäl­lig, zum Beispiel die Obsorge ab Tag eins für unbegleitete Minderjährige.

Weiters wäre es wichtig, ähnliche Vereinbarungen mit den anderen Bundeslän­dern zu treffen, allein aus integrationspolitischer Sicht, damit Asylwer­berinnen und Asylwerber auch vermehrt in den anderen Bundesländern unter­kommen. In diesem Zusammenhang ist es auch dringend notwendig,
säumige Bundesländer in die Pflicht zu nehmen. Wie bereits erwähnt worden ist, gibt es eine große Diskrepanz in der Erfüllung der Quote zwischen den Bun­desländern. Wien ist als einziges Bundesland über der Quote mit plus 87 Prozentpunkten – das sind die aktuellen Zahlen –, die anderen Bundesländer sind mit bis zu minus 40 Prozentpunkte, wie zum Beispiel im Fall Kärntens,
unter der Quote.


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Warum ist das relevant? – Es betrifft ja nicht nur die Kosten für die Grundver­sorgung an sich, die dieser Differenzbetrag in dieser 15a-Vereinbarung
regelt. Mit der Erfüllung der Quote betreffend Unterbringung von Asylwerbern stehen ja auch andere Sachen in Zusammenhang, teilweise problemati­sche Sachen wie zum Beispiel Herausforderungen im Bildungssystem, in der Ge­sundheitsversorgung und vor allem beim Thema Zusammenleben.

In diesem Fall wird Wien durch die anderen Bundesländer in die Situation ge­bracht, deren Versäumnisse zu erfüllen (Bundesrätin Schumann: Genau!),
deshalb fordern wir die Einführung von Pönalen für die Bundesländer, die ihre Quote bei der Unterbringung nicht erfüllen.

Im Sinne der Transparenz wäre die Schaffung eines Überblicks über die tatsäch­lichen Gesamtkosten der Grundversorgung notwendig, wie das auch be­reits der Rechnungshof empfohlen hat. Darüber hinaus sollten Ukrainerinnen und Ukrainer mit Asylberechtigten gleichgestellt werden, um eben nicht
mehr im System der Grundversorgung zu sein, das System nachhaltig zu entlas­ten und auch für diese Personengruppe eine bessere Versorgung zu er­möglichen. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: So ist es! – Bundesrat Babler: Ganz genau!)

18.17


18.18.01

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die De­batte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


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18.18.4113. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (3655/A und 2283 d.B. sowie 11348/BR d.B.)


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um den Bericht.


18.19.05

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Frau Präsidentin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Arbeits-
und Sozialgerichtsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Dezember 2023 den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: So eine schnelle Berichterstatterin habe ich noch nie erlebt. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen.) Herzlichen Dank noch einmal.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christian Fischer. – Ich bitte um den Re­debeitrag.



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18.19.48

Bundesrat Christian Fischer (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Wer­ter Herr Gesundheitsminister! Unsere Fraktion wird dem Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz ge­ändert werden, nicht zustimmen.

Warum stimmen wir diesem Gesetz nicht zu? – Durch das Fehlen des Begutach­tungsverfahrens müssen immer wieder Korrekturen durchgeführt werden.
Vieles davon hätte vermieden werden können, wenn man ein ordentliches vor­parlamentarisches Verfahren unter Einbeziehung von Expertinnen und
Experten durchführen würde.

Erstmals beantragt werden konnte dieser Bonus mit Juli 2023, ausbezahlt wer­den soll er in Zukunft ab 1. Dezember. Durch das fehlerhafte Agieren
der Regierung müssen wir uns heute bereits mit der zweiten Novellierung dieses Gesetzes beschäftigen.

Keine Frage, natürlich ist es zu begrüßen, dass der gemeinsame Haushalt als Voraussetzung für den Anspruch auf den Angehörigenbonus bei Pflege
eines nahen Angehörigen gestrichen wurde.

Diesen Angehörigenbonus bekommen pflegende Angehörige, die eine Person ab Pfleggeldstufe 4 pflegen und deren monatliches Nettoeinkommen 1 500 Euro
nicht übersteigt. Der Bonus beträgt aufs Jahr gerechnet 1 500 Euro,
das sind 4,10 Euro täglich. Meiner Meinung nach ist dieser Bonus nicht einmal eine symbolische Geste und definitiv nicht ausreichend. Ich glaube nicht,
dass pflegende Angehörige mit 120 Euro im Monat finanziell abgesichert sind. Will die Regierung pflegende Angehörige wirklich entlasten, empfehle
ich das burgenländische Modell von Landeshauptmann Doskozil, das die An­stellung pflegender Angehöriger sowie den massiven Ausbau der mobi­len Dienste, Tageszentren sowie Betreuungseinrichtungen vorsieht.

Der von uns geforderte Ausbau der Betreuungseinrichtungen ist natürlich nur möglich, wenn das entsprechende Betreuungspersonal vorhanden ist.


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Dies ist leider nicht der Fall. Derzeit sehen fünf von zehn Menschen in Öster­reich der eigenen Zukunft und jener ihrer Angehörigen in Bezug auf die
Pflege mit Sorge entgegen. Ebenfalls 50 Prozent der Bevölkerung haben hin­sichtlich der Attraktivität von Pflege- und Betreuungsberufen ein negati­ves Bild. Bis dato wurde diesbezüglich von unserer Regierung leider nichts unter­nommen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflege und Betreuung ist Schwerarbeit“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, die Schwerarbeitsverordnung so zu ändern, dass § 1
Abs. 3 Schwerarbeitsverordnung zu lauten hat: ,Als besonders belastende Be­rufstätigkeiten gelten jedenfalls Tätigkeiten der berufsbedingten Pflege
und Betreuung von kranken, pflege- und betreuungsbedürftigen sowie behin­derten Menschen, die nicht überwiegend in einer Leitungs- oder Auf­sichtsfunktion bestehen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, dieser Ver­ordnung gem. § 607 Abs. 14 ASVG bzw. § 4 Abs. 4 APG zuzustimmen.“

*****

Helfen Sie mit, den Pflegeberuf entsprechend wertzuschätzen, und stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.23


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Der von den Bundesräten Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend


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„Pflege und Betreuung ist Schwerarbeit“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Heike Eder. Ich erteile ihr dieses. – Bitte sehr, Frau Bundesrätin.


18.23.36

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Lieber Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher via Live­stream! Meine 90-jährige Oma hat das gemacht, was ganz viele Omas gemacht haben, sie hat einen großen Teil ihres Lebens der Pflege eines lieben Men­schen gewidmet. Solche Menschen wie meine Oma, die ihr Leben der Pflege des Ehepartners, der Eltern, Schwiegereltern oder der Geschwister gewidmet
haben oder nach wie vor widmen, gibt es viele. Die meisten von euch werden wahrscheinlich jemanden kennen oder selber pflegen. (Bundesrätin
Schumann: Frauen!)
 – Überwiegend Frauen, richtig.

Jedenfalls verdient ihr Einsatz oder ihre Fürsorge, die zahlreichen Stunden auch, die sie der Betreuung widmen, unseren Respekt, aber nicht nur unseren
Respekt, sondern natürlich auch unsere Anerkennung: Seit Juli 2023 erhalten pflegende Angehörige unter bestimmten Voraussetzungen, wir haben
es schon gehört, einen jährlichen Pflegebonus von 1 500 Euro.

Mit dem heutigen Beschluss werden nun ein paar legistische Klarstellungen zum Angehörigenbonus im Bundespflegegeldgesetz beschlossen. Mein Vorred­ner hat diese schon erwähnt, deshalb werde ich das jetzt nicht mehr machen. Wichtig ist aber: An den gesetzlichen Eckpunkten ändert sich eigentlich
nichts; und deshalb verstehe ich bei allem Verständnis, das ich für generelle Verbesserungsvorschläge in der Pflege habe, nicht, weshalb die Oppo­sition heute bei diesem Tagesordnungspunkt nicht mitstimmt, zumal es ja keine inhaltlichen Änderungen beim Pflegebonus gibt. (Bundesrätin Schumann:
O ja, Reparaturen sind es, ...!)


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Ich komme aber vom Sport, und da lässt man nichts unversucht, also mache ich das heute auch. Vielleicht geben Sie sich noch einen vorweihnachtlichen
Ruck – insbesondere die Freiheitliche Partei (Bundesrätin Schumann: Oh, das ist lieb! Das ist lieb!), diese hat nämlich beim Pflegebonus mitgestimmt – und stimmen auch dieser legislativen Veränderung zu (Bundesrätin Schumann: Das ist lieb, der Versuch – nein!), die nämlich nicht nur den Pflegebonus stärkt,
sondern auch jenen Menschen, wie zum Beispiel meiner Oma, die verdiente Wertschätzung entgegenbringt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und
Grünen.)

18.25


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Marlies Doppler. – Bitte, Frau Bundesrätin.


18.25.58

Bundesrätin Marlies Doppler (FPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Pflegende Angehörige sind ein ganz wich­tiger Teil unseres Pflegesystems, sie erhalten das Pflegesystem aufrecht. Derzeit gibt es leider zu wenig Unterstützung und zu wenig Wertschätzung für
die pflegenden Angehörigen, für die, die diesen wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten. Als Helden des Tages werden sie gefeiert und es
kommen halbherzige Lippenbekenntnisse, aber das ist leider Gottes zu wenig. 1 500 Euro pro Jahr ist viel zu niedrig angesetzt, das ist eigentlich nur
ein Tropfen auf den heißen Stein. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Der Beginn!)

Warum es diesen Pflegebonus erst ab der Pflegestufe 4 gibt, ist eigentlich
auch nicht erklärbar. Es gibt unzählige Fälle, in denen man ab der Stufe 1, 2 oder 3 genauso schon eine Unterstützung oder intensive Betreuung braucht. Die pflegenden Angehörigen dieser Patienten, sage ich einmal, erhalten aber nichts, gar nichts, obwohl sie täglich viele Stunden mit der Pflege und Betreuung beschäftigt sind. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Das ist eigentlich eine eklatante Ungerechtigkeit.


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Es ist klarerweise die Aufgabe der Politik, alles zu unternehmen, damit eine gute und qualitativ hochwertige Pflege für die Patienten gewährleistet ist – auch
im Sinne der Angehörigen. Und wir wissen es ja – wir haben ja schon öfters hier im Hohen Haus darüber gesprochen –: Das Thema Pflege gehört zu einem
der sozial dringendsten Themen, welche zu bewältigen sind.

Es ist egal, ob man von der häuslichen Pflege, von der mobilen Pflege oder von der stationären Pflege spricht, in allen Bereichen gibt es eklatante Defizite.
Die Aufgabe, ein Familienmitglied zu pflegen, verlangt den Angehörigen wirklich viel ab. Pflegende Angehörige leisten oft Übermenschliches, wirklich, wirk­lich Übermenschliches. Es wird unscheinbar im Hintergrund gearbeitet, und es kümmern sich viele, viele Menschen liebevoll um ihre Angehörigen, ihre
Eltern, Großeltern, Schwiegereltern, um ihnen ein Altern in Würde und vor allen Dingen ein Altern zu Hause zu ermöglichen.

Der Pflegekräftemangel in den stationären Einrichtungen hat die Belastung der pflegenden Angehörigen in den letzten Jahren darüber hinaus noch ver­schärft. Viele Betten in den Pflegeeinrichtungen mussten gesperrt werden. Die Tagesbetreuungsplätze fehlen. Die mobile Pflege kämpft genauso mit Personalmangel, sodass die pflegenden Angehörigen wiederum alles kompen­sieren müssen, was in den letzten Jahren von der Bundesregierung ver­absäumt wurde.

Darum sind 1 500 Euro im Jahr – das sind 4,10 Euro täglich; 4,10 Euro pro Tag! – bestenfalls eine Geste, aber mit Sicherheit nicht jene Wertschät­zung, welche sich pflegende Angehörige verdient hätten. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das ist ja ein Beginn!)

Wenn wir weiterhin pflegende Angehörige motivieren möchten, sich um die häusliche Pflege zu kümmern, dann ist die Politik gefordert, Anreize zu
schaffen. Mit 4,10 Euro pro Tag wird das aber sicherlich nicht gelingen. Als wir bei der ersten Novelle dabei waren, unsere freiheitliche Zustimmung
dazu gegeben haben, haben wir gesagt: Super, wir freuen uns, endlich kommt ein


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Stein ins Rollen! (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Genau!) Jetzt sehen wir,
dass das Ganze wiederum ein Flickwerk ist und nicht der große Sprung, um den pflegenden Angehörigen tatsächlich unter die Arme zu greifen. (Bundes­rätin Eder-Gitschthaler: ... auch weiter ...!) Also bitte, Herr Minister, bitte, Schwarz-Grün, geht eurer Aufgabe nach und setzt das um, was ihr den Menschen
auf der Straße versprecht! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.30


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses. – Bitte, Frau Bundesrätin.


18.30.08

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es war im Juni, als wir den Angehörigenbonus erstmals hier im Plenum beschlossen haben, und tatsächlich ist der Angehörigen­bonus ein zentrales Projekt der Pflegereform. Diese Zahl ist heute noch
nicht genannt worden: Es sind rund 800 000 Menschen in Österreich, die sich tagtäglich um die Pflege und Betreuung ihrer Angehörigen und naheste­hender Personen kümmern.

Ich will jetzt eher auf das eingehen, was noch nicht gesagt worden ist: Es wird legistisch sichergestellt, dass der Angehörigenbonus durch die PVA ausge­zahlt wird, wenn die gepflegte Person Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 4 hat. Es ist schon entscheidend, dass das das erste Mal ist, dass eine Entloh­nung für pflegende Angehörige stattfindet. Wir haben es im Ausschuss gehört: Es sind knapp 23 000 Menschen, für die der Pflegebonus jetzt zur Auszah­lung kommt, und ich denke, das ist ein guter Anfang. Es haben aber die ersten Monate gezeigt, dass wir noch Probleme haben, verschiedene Sachen festzustellen. Mit dem heutigen Beschluss beheben wir legistische Probleme.
Es wurde schon von der Kollegin gesagt: Inhaltlich kommt es zu keiner Änderung.


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Natürlich ist das jetzt nicht die Lösung, die sich so manch pflegender Angehöri­ger wünscht, aber es ist einmal der Start. Es ist das erste Mal, dass es über­haupt so etwas gibt. Große Reformen brauchen Zeit, wir haben damit begonnen, und es sind große Reformen, die große Wirkung zeigen werden. Ich glaube,
man muss auch erste Schritte honorieren, und deshalb bitte ich heute um breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der ÖVP.)

18.32


18.32.10

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die De­batte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. Da brauche ich jetzt bitte die Schriftführung zur Unterstützung. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Pflege und Betreuung
ist Schwerarbeit“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminder­heit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit ab­gelehnt.


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 294

18.33.3014. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert wird (3654/A und 2284 d.B. sowie 11349/BR d.B.)


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. –
Ich bitte um den Bericht.


18.33.50

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Frau Präsidentin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Dezember den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler. – Bitte.


18.34.21

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, wo immer Sie uns noch zuschauen und zuhören! (Ein Handyklingelton ist im Saal zu hören.) – Aha, Musik haben wir auch schon, schön. – Wir behandeln heute ein Gesetz, das eine Personen-


BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 295

gruppe betrifft, die überwiegend in der Zeit von 22 bis 6 Uhr in der Früh in Un­ternehmen tätig ist. Das sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die besonders belastet sind und für die der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin einen zusätzlichen Beitrag leisten muss, damit diese Damen und Herren, die Nachtschwerarbeit verrichten, früher in den Ruhestand gehen können. Sie be­kommen eine Sonderruhezeit und ein Sonderruhegeld. Dafür wird die­ser Nachtschwerarbeitsbeitrag einbehalten, der 75 Prozent der Kosten, die durch den früheren Ruhestandsantritt ausgelöst werden, decken soll.

Dieser Nachtschwerarbeitsbeitrag betrug letztes Jahr 3,8 Prozent und wäre nächstes Jahr auf 5,2 Prozent gestiegen. Wir frieren aber diesen Beitrag
von 3,8 Prozent ein. Das ist auch im Sinne der Absicherung der Arbeitsplätze, dass wir darauf schauen, dass die Lohnnebenkosten nicht noch weiter
steigen. Darum machen wir das. Das betrifft ungefähr – im Ausschuss habe ich das gehört – 26 220 Versicherte und kostet 22,1 Millionen Euro. Damit si­chern wir den Standort Österreich ab und entlasten die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber beim Gesamtbeitrag. Darum bitte ich Sie, da wir das im Aus­schuss einstimmig beschlossen haben, dass wir das auch hier einstimmig be­schließen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

18.36


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Korinna Schumann. Ich erteile es ihr. – Bitte sehr, Frau Bundesrätin.


18.36.24

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Ja, noch einmal. (Heiterkeit bei der ÖVP.) – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, wir wer­den diesem Gesetz, dieser nochmaligen Dämpfung der Beiträge, ebenfalls zustimmen. Ich darf nur zwei, drei Sätze zum Nachtschwerarbeitsgesetz verlie­ren, weil es da wirklich um Arbeitsplätze geht, die mit höchster Belastung verbunden sind. Dabei handelt es sich um Nachtarbeit, um Arbeit in größter Hitze, um Arbeit in der Kälte, in den Kühlhäusern, um Arbeit bei großer


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Lärmbelastung. Es handelt sich dabei um Menschen, die meistens für uns, weil das ja im Dienste von uns allen ist, ganz tolle Arbeit leisten. Umso wichti­ger ist es, dass sie im Nachtschwerarbeitsgesetz drinnen sind.

Ich darf nur sagen, es hat auch Missbrauchsfälle gegeben. Es hat zum Beispiel ei­nen Fall gegeben, in dem die Arbeiterkammer den Kollegen dann wunder­bar vertreten hat: Dieser hat zwar Nachtschwerarbeit geleistet, aber der Arbeit­geber hat ihn nicht gemeldet – er hätte ihn melden müssen – und hat auch
nicht die Beiträge gezahlt. Darum wäre meine Bitte: Wenn Sie jemanden kennen, der Nachtschwerarbeit leistet, machen Sie ihn oder sie darauf aufmerksam,
er oder sie möge bei Gelegenheit in den Sozialversicherungsdatenauszug hinein­schauen, da ist nämlich ersichtlich, ob er oder sie gemeldet ist. Es ist ganz wichtig, dass man da hineinschaut.

Noch eine Gruppe, die darum kämpft, in das Nachtschwerarbeitsgesetz hinein­zukommen, würde ich ganz gerne erwähnen, das ist jene der Sanitäterin­nen und Sanitäter und Notfallsanitäterinnen und -sanitäter. Die leisten für uns eine ganz, ganz wichtige Arbeit, weil sie da sind, wenn ein Unfall passiert
ist. Wenn wir wollen, dass Menschen wieder möglichst gut genesen, dann muss man schnell retten. Je schneller die Rettungskette funktioniert, je besser
dabei gehandelt wird, desto mehr Leben können vielleicht gerettet werden, aber desto mehr kann in der Folge auch eine bessere Genesung erreicht werden.

Das wäre ganz, ganz wichtig, dass man diese Gruppe auch in das Nacht­schwerarbeitsgesetz hineinbringt. Die Feuerwehr ist bereits seit 2013 drinnen, das ist auch gescheit und gut, aber es wäre halt günstig, auch diese Grup­pe hineinzunehmen. Es gibt eine Bürger:inneninitiative dazu, die auch vom ÖGB und den Gewerkschaften getragen wird. Es wäre also wirklich klug, diese Gruppe, die so Gutes und so Wichtiges für uns leistet, auch in diese Regelung mit hineinzunehmen. Mit dieser Bitte darf ich mich an Sie wenden, Herr Bundesminister. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen
der ÖVP.)

18.38



BundesratStenographisches Protokoll960. Sitzung, 960. Sitzung des Bundesrats vom 7. Dezember 2023 / Seite 297

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Günter Pröller. Ich erteile ihm dieses. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


18.38.56

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Es ist eh schon von meinen Vorrednern angesprochen worden: Es
geht bei diesem Gesetz um belastende Tätigkeiten, für die der Arbeitgeber einen zusätzlichen Beitrag leistet, damit diese Menschen früher in den Ruhe­stand gehen können. Von Kollegin Schumann ist es angesprochen worden: Das sind wirklich belastende Tätigkeiten vorwiegend in der Zeit von 22 bis
6 Uhr. Wenn man das einmal gemacht hat, dann weiß man, dass man es wirklich verdient hat, früher in den Ruhestand gehen zu können.

Selbstverständlich geben auch wir die Zustimmung zu dieser Novelle, weil der Beitrag, wie es auch schon angesprochen wurde, von 3,8 Prozent einge­froren wird und weil wir ohnehin eine hohe Steuerquote von 43 Prozent haben. Man sollte generell darüber nachdenken, wie man die Lohnnebenkosten
senken kann, weil mehr Netto vom Brutto rauskommen sollte. Es gibt viele Ideen, Anregungen, Ansätze, wie das gehen würde, nur müsste man
sie halt endlich einmal umsetzen. Es ist notwendig, weil – wir haben es schon angesprochen – die Menschen immer weniger zum Leben haben.

Wir brauchen einfach wieder mehr Geld in der Brieftasche, um den Wohlstand, den unsere Eltern, unsere Großeltern erarbeitet, aufgebaut haben – es
haben viele in den letzten Jahren, und das sage ich immer wieder, aufgrund der schlechten Politik dieser Bundesregierung von A wie Asyl über Corona­wahnsinn, Inflationsrekord, Migration, Sanktionen bis hin zur Teuerungswelle gelitten und es sind immer noch sehr viele Familien betroffen –, wieder aufzubauen und auch unsere Wirtschaft wieder anzukurbeln. Das hätten wir ganz dringend notwendig. (Beifall bei der FPÖ.)

Leistung muss sich lohnen, und da spreche ich auch an, dass, wenn Erwerbstä­tige tatsächlich 45 Jahre in das System eingezahlt haben, dieses System er-


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halten haben, sie auch das Recht haben sollten, wirklich abschlagsfrei in die Pen­sion zu gehen, denn 45 Jahre sind genug. Denken Sie noch einmal darüber
nach, ob man die Langzeitversicherung wieder einführen könnte.

Leider wird aber denjenigen, die fleißig arbeiten, immer mehr und mehr aufge­brummt, sie müssen schauen, dass das Radl rennt. Davon müssen wir end­lich wegkommen. Die Leistungsträger müssen tatsächlich entlastet werden, ihnen muss mehr am Konto bleiben, während jene, die auf das soziale
Netz angewiesen sind – und glücklicherweise haben wir das soziale Netz! –, wieder motiviert werden müssen, dort herauszukommen, damit sie auch wieder ihren Beitrag leisten können.

Dieser Novelle werden wir zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.41


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Dr.in Maria Huber.

Zuvor begrüße ich aber die Frau Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt Susanne Raab. Herzlich willkom­men bei uns! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Frau Bundesrätin, jetzt gelangen Sie zu Wort. Bitte.


18.41.46

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollegin Eder-Gitschthaler hat es schon sehr schön erklärt: Mit der vorliegenden Novelle sollen die Dienst­geberbeiträge für die Nachtschwerarbeit für das Jahr 2024 nicht erhöht werden.

Was sind das für Arbeitsplätze, in denen Nachtschwerarbeit geleistet wird? Wir haben dazu schon ein bisschen etwas gehört. Gerade in Industriebetrieben
wird Nachtschwerarbeit geleistet. Ich denke da beispielsweise an die Stahlin­dustrie in Donawitz oder auch in Linz. Einen Hochofen kann man nicht


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über Nacht herunterfahren. Es braucht Menschen, die bereit sind, die Nacht­schichten zu übernehmen und die Produktion aufrechtzuerhalten. Weil
diese Tätigkeit eben sehr belastend ist, wurde das Nachtschwerarbeitsgesetz bereits am 1. Juli 1981 in Österreich eingeführt.

Gleichzeitig ist es so, dass gerade die Industrie mit einer Exportquote von rund 66 Prozent auch sehr stark im internationalen Wettbewerb steht. Das Ein­frieren der Dienstgeberbeiträge, welches wir heute mit einer, wie ich sehe, sehr breiten Mehrheit beschließen werden, ist selbstverständlich ein Baustein,
um den Industriestandort Österreich wettbewerbsfähig zu halten.

Eines möchte ich aber an dieser Stelle schon auch festhalten, wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie geht: Unser gemein­sames Ziel in diesem Raum sollte es sein, die Dekarbonisierung der Industrie weiter voranzutreiben und die Industrie in Österreich klimaneutral zu
machen.

Die Weichen dafür hat die schwarz-grüne Bundesregierung mit dem Transfor­mationsfonds Gott sei Dank schon gestellt. Damit wird die Industrie in Österreich nachhaltiger, damit wird die Industrie in Österreich krisenfester und damit wird die Industrie in Österreich zukunftsfit. Genau das ist der Weg,
den wir gemeinsam weitergehen werden müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.43


18.43.49

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte
ist geschlossen.

Die Plätze wurden bereits eingenommen. Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch


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zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

18.44.2715. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2023 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung des qualitäts­vollen Journalismus in Medien des Print- und Online-Bereichs erlassen wird und das Presseförderungsgesetz 2004 sowie das KommAustria-Ge­setz geändert werden (3292/A und 2012 d.B. sowie 11338/BR d.B. und 11352/BR d.B.)


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gelangen nun zum 15. Punkt
der Tagesordnung.

Berichterstatterin dazu ist Frau Bundesrätin Viktoria Hutter. – Ich bitte um den Bericht.


18.45.06

Berichterstatterin Viktoria Hutter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vor­lage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Na­tionalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Doppler. Ich erteile ihr das Wort. – Bitte, Frau Bundesrätin.


18.45.41

Bundesrätin Marlies Doppler (FPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! In einer Zeit, in der Informationen in


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einem nie dagewesenen Ausmaß und Tempo auf uns einprasseln, sollte guter Journalismus von entscheidender Bedeutung sein, er sollte das Gewissen unserer Gesellschaft sein, der Wächter der Wahrheit und der Hüter der Demo­kratie.

Doch die Realität schaut leider oft ganz anders aus. Der Druck, damit man dieser schwarz-grünen Bundesregierung gerecht wird, ist für die Medien enorm
groß. Man muss nach deren Mund reden, man muss das schreiben, was Grün und Schwarz sich wünschen. Genau das führt dann oft und immer öfter
zur Verbreitung von oberflächlichen, ungenauen oder sogar falschen Informa­tionen. Von objektiver Berichterstattung ist man da weit entfernt. Die Oppositionsparteien können ein Lied davon singen.

Besonders krass ist es, wenn es um eine faire Berichterstattung über uns Frei­heitliche geht. Was man da oft lesen oder hören muss, ist haarsträu­bend. Sinnverzerrte, tatsachenverdrehte Geschichten werden da aufgetischt – ich habe heute eine Presseaussendung gelesen, die nicht den Tatsa­chen entspricht, aber gut, das wird sich alles ändern –, oft werden Sachverhalte verdreht oder Teile von Interviews weggelassen oder wir Freiheitliche
werden in Medienberichten gar nicht erwähnt, einfach verschwiegen, sind dort nicht existent. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn es aber darum geht, uns Freiheitliche anzupatzen, dann ist man nicht ge­rade zimperlich und verwendet dabei oft eigenartige, subtile Mittel. Mir
und vielen anderen ist immer noch in trauriger Erinnerung, wie mit uns Freiheit­lichen während Corona umgegangen wurde, nur weil wir eine andere Mei­nung vertreten haben. Da war ja der Ausdruck Aluhutträger eine Kosebezeich­nung, ein Kosename und noch das Freundlichste, was wir zu hören bekom­men haben.

Waren aber nicht die Medien die großen Profiteure während Corona? – Über manche Medien wurde doch mit der Coronasonderförderung ganz ordent­lich das Füllhorn ausgeschüttet. Ich sage in diesem Zusammenhang


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ganz bewusst: manche Medien. Nicht alle haben diese Förderung erhalten, aber genau jene, über die das Füllhorn ausgeschüttet wurde, denen großzügige Förderungen ausbezahlt wurden, berichteten dann sehr, sehr einseitig über die Coronapandemie. Es wurde einfach kein Raum für andere Meinungen zuge­lassen. Ja, das war Regierungspropaganda in Reinkultur.

Nur ganz, ganz wenige Medien haben den Mut gehabt, auch andere Meinungen zuzulassen (Beifall bei der FPÖ), eine Gegenüberstellung von verschiedenen Positionen zu machen und diese dann auch zu veröffentlichen. Wie aber bereits erwähnt, waren das ganz, ganz wenige Medien, welche den Mut aufbrach­ten und diese Gegenüberstellung machten.

Es wundert mich aber eigentlich nicht. Wie heißt es doch so schön? Wes Brot ich ess, des Lied ich sing! Oder: Wer zahlt, der schafft an! – Na ja, wer der­zeit im Land anschafft, das wissen wir ja, das liegt ja auf der Hand. Die schwarz-grüne Bundesregierung nutzt das ja leidlich aus: Alleine 210 Millionen
Euro Budget für PR-Maßnahmen, das ist ja ein Irrsinn, wirklich ein Wahnsinn.

Als Sahnehäubchen oben drauf bekommen die Bürger nun auch noch eine ORF-Zwangssteuer aufs Auge gedrückt. Ich kann nur immer wieder betonen:
Diese ORF-Zwangssteuer ist beschämend. Sie bedeutet eine weitere Belastung für die Bürger, aber auf der anderen Seite einen Mehrgewinn, Mehreinnah­men von über 70 Millionen Euro für den ORF.

Der ORF wird belohnt, obwohl sich immer mehr Menschen von der GIS abge­meldet haben, weil sie schlicht und ergreifend mit der angebotenen Leis­tung nicht zufrieden sind. Dies untergräbt nicht nur das Vertrauen der Öffent­lichkeit, sondern bedroht auch die Integrität und Glaubwürdigkeit des Journalismus. Es muss der Wert von Fakten und unabhängiger, objektiver Be­richterstattung endlich wieder in den Vordergrund gestellt werden. Das
wäre eigentlich eine Aufgabe des Presserates, aber da hört man
leider nur Schweigen im Walde. (Bundesrat Schreuder: Aber wir könnten
sie an Oligarchen verkaufen!)


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Die Medien werden ja seit über 200 Jahren als die vierte Gewalt im Staat be­zeichnet. Der französische Philosoph Montesquieu hat vor mehr als
200 Jahren erkannt, dass es neben den bekannten drei Gewalten eine weitere gibt. Das heißt: Wir haben die Exekutive, die Legislative und die Judika­tive – diese drei Gewalten sollten sich in einem demokratischen Staat gegensei­tig kontrollieren –, und dann haben wir auch noch die Medien als vierte Gewalt, welche einerseits über das Handeln des Staates und seiner Institutionen informieren, aber – ganz wichtig! – andererseits auch die Regierenden kontrollieren sollte.

Das heißt, die vierte Macht im Staat, die Medien, sollten die Regierenden, sprich in diesem Fall Schwarz-Grün, kontrollieren. Diese Kontrolle der Regieren­den durch die freien Medien ist ein wesentlicher Grundzug von demokratischen Gesellschaften. Genau dieses Kontrollieren der Regierenden tritt bei man­chen Medien immer mehr in den Hintergrund (Bundesrat Schreuder: Welche Zei­tungen liest du?); stattdessen werden gezielt Mittel zum Steuern und Mani­pulieren der Menschen eingesetzt. (Bundesrat Schreuder: Das ist unglaublich! Das ist ja unglaublich!) Nicht umsonst – oder vielleicht genau deshalb, aus die­sem Grund – sinkt das Vertrauen der Bevölkerung in die Medienlandschaft im­mer mehr. (Beifall bei der FPÖ.)

Clickbaiting, Sensationslust und polarisierende Schlagzeilen sind zum traurigen Standard geworden. (Bundesrat Schreuder: Ja, FPÖ-TV! FPÖ-TV! Nur so!
Nur so!)
Daneben erleben wir häufig eine regierungsgefällige Berichterstattung – natürlich gegen gute Bezahlung und teure Inserate, na eh klar. (Bun­desrätin Schumann: Ich kann mich noch an Schwarz-Blau erinnern! – Bundesrat Schreuder: Na ja, die hätten es verkauft, nicht?) Man braucht ja nur ins
ÖVP-geführte Kanzleramt zu schauen, wo permanent ÖVP-nahen Medien Inserate zugeschoben werden. Das kann und darf nicht sein.

In diesem Zusammenhang muss ich aber auch erwähnen, dass die Sozialisten nicht viel besser sind (Bundesrat Schreuder: Die Sozialisten? – Bundesrat
Babler: Die Revolutionären! – Heiterkeit des Bundesrates Schreuder):
Wie man dem


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Bericht des Landesrechnungshofes in Wien entnehmen darf, verbrauchen
der rote Bürgermeister Ludwig und seine Stadtregierung 194 Millionen Euro für Inseratenkampagnen. Das ist ein Betrag, an dem deutlich wird, dass alle Bundesländer zusammen nicht so viel Inseratenkampagnen führen wie das rot geführte Wien. (Bundesrätin Schumann: Wir sind Stadt und Bundesland in
einem, Gemeinde und Bundesland in einem!)

Die ORF-Gebühren werden aber auch noch erhöht (Bundesrat Schreuder: Das stimmt nicht!) – darauf möchte ich nur hinweisen, weil ihr heute die Dring­liche zum Thema Wohnungen gemacht habt. Das rot geführte Burgenland hat die Landesabgabe für die ORF-Gebühren um 30 Prozent erhöht; und über­all, wo die Roten in der Regierung sind – in Kärnten, in der Steiermark, in Tirol – gibt es eine ORF-Landesabgabe; dort, wo wir Freiheitlichen mitregieren
dürfen – in Oberösterreich, in Niederösterreich und jetzt neu in Salzburg – wurde die Landesabgabe zur Entlastung der Menschen abgeschafft. (Bundesrat Wanner: Für ein Jahr in Salzburg!) So schaut es aus, und so macht man bür­gernahe Politik! (Bundesrat Wanner: Für ein Jahr in Salzburg!)

Medienunternehmen sollten eigentlich Anreize schaffen und Qualität vor Quan­tität stellen. Wir brauchen Redaktionen, die den Mut haben, komplexe
Themen zu analysieren, Hintergrundinformationen zu liefern und auch verschie­dene Perspektiven darzustellen, auch wenn es mehr Zeit und vor allen
Dingen viel Mut kostet.

Es ist auch an der Zeit, die Art und Weise, wie Medien gefördert werden, kritisch zu hinterfragen. Wer kontrolliert denn die Vergabe dieser Mittel? Welche Agenda steht hinter der Finanzierung? Und noch wichtiger: Welchen Einfluss hat das auf die journalistische Integrität und die Vielfalt der Berichterstattung?

Nicht nur die staatlichen Unterstützungen, sondern auch die privaten Quellen der Medienförderung sollten hinterfragt werden. Unternehmen oder Interessengruppen, die Medien unterstützen, könnten ja bewusst oder unbe­wusst die Berichterstattung in eine Richtung lenken und ihnen vielleicht


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die eigenen Interessen aufs Auge drücken. Auch dies könnte zu einem Mangel an Vielfalt und zu einer Verzerrung der Realität führen.

Unsere Aufgabe als Gesellschaft ist es, diesen Balanceakt zu meistern: die Me­dien zu unterstützen, ohne ihre Unabhängigkeit zu gefährden. Wir müs­sen auf der anderen Seite aber auch sicherstellen, dass die Medienförderungen transparent sind, und klare Richtlinien für eine Unabhängigkeit und für
ethische Standards festlegen. Als Bürger sollen wir kritisch hinterfragen: Woher kommen denn die Nachrichten, die tagtäglich auf uns hereinprasseln,
und wer finanziert diese? Wir müssen unterstützen, was den Journalismus stärkt, aber immer kritisch hinterfragen, was potenziell seine Unabhängigkeit
gefährden kann – denn staatliche Unterstützung kann ja ein zweischneidiges Schwert sein: Einerseits soll sie die Pressefreiheit gewährleisten und den Zugang zu unabhängigen Nachrichtenquellen ermöglichen, andererseits besteht
aber die Gefahr, dass sie zu Abhängigkeiten führt und die Medien in eine Posi­tion der Beeinflussung und Selbstzensur führt.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, eine Medienlandschaft zu schaffen, die unabhängig, vielfältig und objektiv ist, eine Landschaft, die die Grund­lagen unserer Demokratie stärkt und uns als informierte Bürger vereint! Sollten Sie nicht dazu gewillt sein, kann man nur hoffen, dass es doch bald zu Neuwahlen kommt und diese schwarz-grüne Bundesregierung in die Wüste geschickt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

18.56


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Sandra Lassnig. Ich erteile es ihr. – Bitte sehr, Frau Bundesrätin.


18.56.48

Bundesrätin Sandra Lassnig (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen
und Zuseher! Wenn man sich ein bisschen genauer in dieses Gesetz einliest, dann weiß man, dass das eine sehr gute Sache ist, für die sich unsere


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Bundesministerin da mit großem Engagement eingesetzt hat. (Beifall bei
der ÖVP.)

Mit der neuen Qualitätsjournalismusförderung im Umfang von jährlich 20 Millio­nen Euro an zusätzlichen Geldern stärken wir den heimischen Medien­standort, denn unabhängiger und kritischer Journalismus ist für eine Demokratie unverzichtbar. Wir möchten eine vielfältige Medienlandschaft, denn wir
sind davon überzeugt, dass Qualitätsjournalismus einen Mehrwert für die Demo­kratie hat. Besonders auch bei Jugendlichen ist es uns wichtig, dass sie
nicht nur zu Social Media, zu Fakenews, zu Propaganda, zu diesen Medien grei­fen, sondern eben zu qualitätsvollen Medien, und deshalb müssen wir
diese auch sichern.

Es hat zwar ein bisschen gedauert, bis dieser Gesetzesbeschluss, wie er jetzt vorliegt, tatsächlich im Nationalrat gefasst werden konnte, aber es war
unserer Fraktion schon immer ein Anliegen, den Medienstandort zu stärken und die Medienvielfalt zu unterstützen.

Diese 20 Millionen Euro an Förderung werden auf verschiedene Förderbereiche verteilt. Ein zentraler Punkt des neuen Qualitätsjournalismusförderungsge­setzes ist, dass nicht nur Printmedien, sondern eben auch Online­medien gefördert werden. 15 Millionen Euro fließen an Journalismusförderung, die sich an der Anzahl der nach Kollektivvertrag angestellten Journalistin­nen und Journalisten oder auch der Anzahl von Auslandskorrespondenten be­misst. Zusätzliche Mittel fließen in diesen Bereich etwa für ein vorhan­denes Redaktionsstatut, für Fehlermanagement, ein Qualitätssicherungssystem sowie Frauenförderpläne. 2,5 Millionen Euro sind für die Förderung der inhaltlichen Vielfalt reserviert, und zwar für Medien, die zumindest 20 Prozent ihrer redaktionellen Berichterstattung regionalen beziehungsweise internationalen Themen widmen.


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Um sicherzustellen, dass demokratiefeindliche Medien keine Förderung erhalten, sind etwa Medien, die in der Vergangenheit wiederholt zu Hass oder Ge­walt gegen eine Gruppe aufgestachelt haben oder wegen bestimmter Delikte wie Verhetzung verurteilt wurden, von Förderungen ausdrücklich ausgeschlossen.

Weitere 1,5 Millionen Euro stehen für die Förderung der Aus- und Weiterbildung in Medienunternehmen bereit. Der Rest geht in die Bereiche Medienkompetenz, denn wir wollen, dass unsere Schülerinnen und Schüler einen kompetenten Umgang auch mit der Vielzahl an Medien erlernen, und es
sollen etwa auch Leseaktionen an Schulen gemacht werden. Auch bei der För­dersumme des Presserates gibt es eine über 50-prozentige Erhöhung.

Es freut mich, dass wir dazu auch die Notifikation von der Europäischen Kommission erhalten haben und dass es jetzt auch zeitnah gelingen konnte, diese Förderung im Nationalrat zu beschließen.

Ich hoffe auch heute auf eine Zustimmung hier im Bundesrat. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.00


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Klemens Kofler. – Bitte, Herr Bundesrat.


19.00.27

Bundesrat Klemens Kofler (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Kollegen aus dem Gemeinderat und im Bundesrat! Sehr ge­ehrte Freunde! Jetzt bin ich noch einmal hier heraußen. Qualitätsjournalismus zu fördern klingt im ersten Moment ja ganz gut, aber die Frage ist: Warum
und wie? Warum belastet man zuerst Anzeigen mit einer 5-prozentigen Anzei­genabgabe? Da kassiert man einen Haufen Geld ein, um dann viel weni­ger Geld zu vergeben. Das ist nur eine weitere Machtposition. Man will ja auch ausdrücklich auf den Inhalt einwirken. Und da ist die Pressefreiheit in
Gefahr. Die Presse soll nämlich euch kontrollieren und nicht ihr die Presse. Da habt ihr etwas verwechselt. (Beifall bei der FPÖ.)


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Dass wir misstrauisch sind, ist auch normal. Ich möchte da nur an den Skandal Beinschab erinnern. Da sind Umfragen gefälscht und propagiert wor­den, um eigenes Interesse und eigene Machenschaften zu unterstützen. Na selbstverständlich haben wir kein Vertrauen in so ein Gesetz! (Bundes­rat Schreuder: Ja, man könnte das auch an Oligarchen verkaufen!) – Rede nachher, bitte!

Dann gibt es da noch die Sache mit dem ORF, mit der Fernsehsteuer. Da kann ich nur sagen, das wird euch auch nicht viel nutzen, weil die Jungen den ORF nicht schauen. Die haben ihre eigenen Medien, da habt ihr keinen Einfluss darauf. Die werden weiterhin ihre Medien schauen, da habt ihr Gott sei Dank keinen Einfluss darauf, und das ist auch gut so. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.02


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Bundesrat.


19.02.16

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Als ehe­maliger Journalist ist mir dieses Gesetz zur Förderung der Qualität im Journalis­mus ein besonderes Anliegen. Trotz einiger Kritik, die ich jetzt äußern wer­de und die ich auch im Ausschuss geäußert habe, werden wir diesem Gesetzes­beschluss zustimmen.

Dieser fußt, wenn ich das einmal so sagen darf, Frau Bundesministerin, auf den Vorarbeiten eines Ihrer Vorgänger, namens Thomas Drozda, der schon da­mit angefangen hat, an dieser Förderung des Qualitätsjournalismus zu arbeiten. Letztlich sind ein paar Dinge herausgekommen, die wir sehr begrüßen:
erstens das Ende des Gießkannenprinzips; dann dass verschiedene Qualitäts­kriterien festgemacht wurden, zum Beispiel die Anzahl von beschäftig­ten Journalistinnen und Journalisten, ein Redaktionsstatut, Frauenförderpläne und Qualitätssicherungssysteme.


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Was meine Vorrednerin Frau Lassnig gesagt hat, ist das, was ich ausdrücklich begrüße, nämlich dass wir da auch eine Förderung nach internationalen Bereichen haben, sodass wir Korrespondentinnen und Korrespondenten auch ins Ausland schicken können und dadurch auch eine ganz andere Form
des Journalismus bekommen.

Sie, Frau Lassnig, haben gesagt, es ist vielfältig. Ich bleibe jetzt bei Ihnen. Es kommt nichts Böses, keine Sorge. (Heiterkeit der Bundesrätin Lassnig.) –
Na ja, weil sie mich so anschaut. Ich bin nicht so böse, wie mein Ruf vielleicht ist. (Rufe bei der ÖVP: Nein!)

Dass wir da aber nur auf textbasierte Medien abstellen, schränkt die Vielfalt ein. Es gibt doch eine ganz neue Form des Audio- und des Videojournalismus;
der ist ausgenommen. Oder zum Beispiel Menschen, die eine Sehschwäche ha­ben, und so weiter: Das heißt, es gibt da ganz verschiedene Bereiche.
Wenn wir vielfältig wären, liebe Frau Kollegin Lassnig, dann hätte man das mit hineinbringen müssen.

Eine der großen Errungenschaften ist die Selbstkontrolle der Justiz – das ist ein bisschen etwas anderes als das, was uns die FPÖ hier erzählt hat. Zum Pres­serat: Warum verbindet man diese Förderungen nicht damit, dass je­mand Mitglied des Presserats sein muss? Was wir erleben, ist, dass bestimmte Medien, die immer wieder kritisiert werden, gar nicht Mitglied des Pres­serats sind. Und wenn sie nicht Mitglied des Presserats sind, ist die Kritik an dem, was sie schreiben – darf ich es ein bisschen vulgär sagen –, für
den Hugo.

Man hätte jetzt sagen können, man erhöht auch die Qualität des Presserats, der ja auch mehr Geld bekommt – okay, der ÖGB sagt, zu wenig. Ich halte
mich auch daran, was der ÖGB meint (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ), dass das eigentlich das Doppelte sein sollte. Man hätte die Förderung mit der Mitgliedschaft im Presserat verbinden können – der eine hervorragende Arbeit macht, nur müssten eben auch diese Medien dabei sein. Sie erhöhen jetzt


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vor allem den Fördertopf – für mich nicht verständlich – auch für die Gratiszei­tungen. Die Gratiszeitungen sind nicht gerade das, bei dem man ernst­haft Förderungen bräuchte – aber gut, das ist Ihre Entscheidung. Wir finden das bedenklich.

Frau Lassnig, ich könnte noch etwas anführen: die Zersplitterung der Medienför­derung. Die haben wir jetzt nicht geklärt. Es gibt auf der einen Seite den Privatrundfunkfonds, es gibt – da stehen wir ausdrücklich dahinter – die Finan­zierung des nicht kommerziellen Rundfunks und die Förderung der digi­talen Transformation. Das sind alles verschiedene Versatzteile, die wir jetzt nicht zusammenbringen. Deshalb bleibt es nach wie vor zersplittert.

Ein Satz aus der Stellungnahme des Pressclubs Concordia – weil er so schön ist ‑: Das sind Investitionen in die Infrastruktur der Demokratie. – Kann man
das schöner sagen? (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.) Also das alleine erfordert schon unsere Zustimmung, wenn so ein Satz mit dabei ist.

Frau Bundesministerin, einen Punkt müsste ich noch anführen, der mir auch ein bisschen sauer aufgestoßen ist, weil ich jahrelang darum gekämpft habe,
dass Journalisten und Journalistinnen eine ordentliche Entlohnung bekommen. Jetzt ist da so eine batzweiche Formulierung von hauptberuflich tätigen Journalisten und Journalistinnen drinnen – na, wir wollen nicht,
dass freie Journalisten und Journalistinnen ausgebeutet werden, gerade im Bereich des Onlinejournalismus. Wisst ihr, was die Leute da kriegen? – Ein paar hundert Euro.

Hätten wir doch da einen Passus genommen wie zum Beispiel: Journalisten und Journalistinnen, die ein marktübliches Gehalt bekommen. – Ob das jetzt
ein Honorar ist oder ein - - (Bundesministerin Raab: Kollektivvertrag!) – Ja, Kollek­tivvertrag, aber was ist mit den freien Journalisten und Journalistinnen? (Bundesrätin Schumann: Der ist gerade ausgehoben worden, der Kollektivvertrag! Nach Kampf der Gewerkschaft wird er wieder eingesetzt!) Wir müssen
schon das Ganze sehen.


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Ich war zehn Jahre Chefredakteur und habe in erster Linie immer mit freien Journalisten und Journalistinnen gearbeitet. Ich habe mich immer bemüht, dass wir zumindest herbeiführen, dass es auch für freie Journalisten und Jour­nalistinnen eine ehrliche, korrekte und ausreichende Dotierung gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu Frau Doppler möchte ich sagen: Zu Salzburg müssen Sie schon die
ganze Wahrheit sagen. Die Landesabgabe ist nur für ein Jahr ausgesetzt (Bun­desrätin Doppler: Das ist ja nicht wahr! Ist nicht richtig!), nicht abgeschafft,
sondern ausgesetzt. (Ruf bei der FPÖ: Aber Niederösterreich hat sie abgeschafft!) Also wir können Sie in einem Jahr befragen, wie das mit der Aussetzung
ist. Ein Letztes noch: Es geht um die Fakenews. Der Europarat hat sich jetzt sehr intensiv damit befasst, wie wir mit einer Resolution die Fakenews, die
zum Teil demokratiegefährdend sind, in den Griff bekommen. Da wird es eine Nachbesserung geben müssen, weil die grassierende Situation, was
Fakenews betrifft, was die Trolls betrifft und so weiter, gefährdend für die Demokratie, gefährdend für den sozialen Zusammenhalt und so wei­ter ist. Deswegen, Frau Bundesministerin, hoffe ich, dass wir da auf offene Ohren stoßen: Es muss einen Anfang auch im Bereich der nationalen Gesetzgebung geben, was Fakenews betrifft, denn Fakenews sind das Übel ei­nes wirklich schwelenden und schwärenden Geschwürs. Deswegen
müssen wir auch legistisch dagegen vorgehen, weil das so nicht sein kann.

In diesem Sinne: Trotz einiger kritischer Anmerkungen und vielleicht Störung der allgemeinen Harmonie werden wir diesem Gesetz unsere Zustimmung
geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der FPÖ.)

19.11


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Marco Schreuder. Ich erteile es ihm. – Bitte, Herr Bundesrat.


19.11.26

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Spannendes Thema,


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wenn wir über Medienpolitik reden, auf jeden Fall! Bei manchen Redebeiträgen hatte ich auch wirklich den Eindruck, es wird immer noch so über Medien­politik gesprochen, als ob wir noch das Jahr 1996 hätten.

Die unglaublichen und dramatischen Veränderungen, die die Digitalisierung und auch die Internationalisierung und die neuen Plattformen mit sich gebracht
haben, haben zu derart großen Erschütterungen in der Medienwelt geführt, das muss man hier schon auch ganz deutlich sagen. Wenn man immer noch
glaubt, in Österreich gehe es darum, dass irgendein privater Unternehmer gegen einen öffentlich-rechtlichen zu kämpfen hätte, dann muss man sagen, das
ist nicht mehr so. Die haben einen gemeinsamen Kampf gegen Google, gegen Facebook, gegen Netflix oder gegen Amazon zu führen. Das ist die Situa­tion, in der wir sind.

Sie haben gesagt, Sie sind froh, dass es manche Plattformen gibt, die wir nicht kontrollieren können. Ich bin da ganz anderer Meinung, ich glaube, Platt­formen wie Tiktok oder Facebook oder andere, die nur über Algorithmen ar­beiten, sind gefährlich. (Beifall bei Bundesrät:innen von Grünen, ÖVP
und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Machen Sie einmal einen Selbstversuch! Machen Sie einmal einen Selbstversuch bei diesen wunderbaren Plattformen, wo wir keinen Einfluss haben, das
würde ich Ihnen wirklich anraten. Schauen Sie sich einmal auf Tiktok ein Video an, wo die Hamas gefeiert wird. Geben Sie nur ein: Gaza, Hamas, schauen
Sie ein Video, wo irgendjemand sagt, die Hamas sei super, und Sie werden aus­schließlich nur noch die Hamas abfeiernde Videos sehen! Das sind die Algorithmen dieser Plattformen, so arbeiten sie. So funktionieren Fakenews, so funktioniert eine ganz gefährliche Entwicklung, die unserer Demokratie zutiefst schadet. (Bundesrat Spanring: Also das ist Gehirnwäsche?!) Darüber müssen wir reden, wenn wir über Medienpolitik reden. Das ist ganz essenziell. (Beifall bei Bundesrät:innen von Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)


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Das, was wir hier jetzt machen, ist meiner Meinung nach schon wichtig, deswe­gen bin ich auch dankbar, trotz aller Kritik, dass die SPÖ auch weiß, dass
es da um wichtige Verantwortungsfragen geht – auch wenn man
das wahrscheinlich in vielen Punkten anders ausverhandelt hätte –, dass es hier dringend notwendige und auch neue Schritte einer sehr durchdachten Förderschiene gibt.

Einen Aspekt wollte ich Bezug nehmend auf Ihre Rede, Herr Kollege Schennach, noch erwähnen. Ich war ja sehr lange Obmann der Fachgruppe Werbung
und Marktkommunikation Wien und habe dort auch über einen Kollektivvertrag verhandelt. Dort waren erstaunlich viele Medienunternehmen, andere,
die im Marketingbereich tätig sind, also APA, ORF Marketing und so, mit denen ich verhandelt habe, und es waren auch sehr viele EPUs und sehr viele
freie Journalisten, die bei Werbung und Marktkommunikation sind, weil sie na­türlich auch PR-Texte für Werbeagenturen schreiben; die können nicht
nur vom Journalismus allein leben. (Bundesrat Schennach: Genau!)

Wir wollten dort einmal – das war übrigens in einer grün-roten Koalition in der Fachgruppe – auch den Grafikerinnen und Grafikern, den freien Journalis­ten, den Texterinnen und Textern so etwas wie Richtlinien geben: Was bin ich wert? Welches Honorar darf ich denn verlangen? – Das darf man in Ös­terreich nicht! Man darf in Österreich nicht sagen, auch als Wirtschaftskammer nicht, das ist kartellrechtlich einfach nicht erlaubt: Verlangt soundso viel Honorar! – Das darf man nicht. Das ist der freie Markt. Was wir als Fachgruppe machen konnten, war, dass wir Hilfestellung darin gegeben haben, wie
man Honorare berechnet und worauf man Rücksicht nehmen muss: Was braucht es an Strom, an Internet? Was kostet das alles? Wie viel braucht es, dass
man davon leben kann? Was man aber nicht kann: eine Art Kollektivvertrag für Freie ausverhandeln. Das klingt super, aber das ist tatsächlich rein recht­lich in Österreich nicht möglich.

Ich wollte das nur gesagt haben, weil man sich meiner Meinung nach dessen be­wusst sein muss und weil ich mich dort zufällig wirklich sehr intensiv mit


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dem Thema, auch gemeinsam mit sozialdemokratischen Kollegen, mit Marcus Arige zum Beispiel, auseinandergesetzt habe.

Meine Damen und Herren! Die Digitalisierung hat auch dazu geführt, dass die Bereitschaft, für gut recherchierte Artikel auch zu bezahlen, gesunken ist.
Also das ständige Gratis-zur-Verfügung-Stehen von Informationen, eben zum Beispiel auf Tiktok oder auf anderen Plattformen, hat dazu beigetragen
und natürlich auch dazu, dass ungefilterte Inhalte und algorithmisierte ungefil­terte Inhalte überhandnehmen.

Ein anderes Problem, das wir tatsächlich auch hatten, sind natürlich die gestei­gerten Papier- und Energiekosten, die natürlich auch die Medienbranche
in einer ganz besonderen Art und Weise getroffen haben.

Der Journalismus und allen voran der Qualitätsjournalismus – und das ist der, er sich logischerweise an die Spielregeln von gutem Journalismus hält – ist tatsächlich unter enormen Druck geraten, und es spielt in Österreich mit einem traditionell sehr hohen Boulevardanteil – das muss man ja auch ganz
offen aussprechen: Österreich hat einen hohen Boulevardanteil – und wo auch Kampagnenjournalismus eine große Tradition hat, natürlich eine demo­kratiepolitische Rolle, wie wir damit umgehen. Jetzt haben wir eben zusätzlich zur bisherigen Presseförderung, das sind so um die 9 Millionen Euro, die­se neue Förderung in der Höhe von doch 20 Millionen Euro – das muss man schon auch ganz deutlich sagen – zur Förderung des qualitätsvollen Jour­nalismus in Medien des Print- und Online-Bereichs. Sie ist höher dotiert als die bisherige Presseförderung und sie ist insofern ein medienpolitischer Mei­lenstein – das möchte ich schon sagen –, weil es vor allem um den Journalismus geht. Es geht nicht sozusagen um Medienförderung, es geht um die Förde­rung von Journalismus. Da ist nämlich ein bisschen ein Unterschied. (Bundesrat Schennach: Aber Medienforschung!) – Ja, ja.

Ich möchte noch sagen: Diese Förderungen werden verknüpft mit der Förderung von journalistischen Arbeitsplätzen. Das ist schon auch wichtig, und da geht


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es natürlich auch um den Kollektivvertrag beziehungsweise einen vergleichbaren Tarif. Das ist schon eine Basis für so eine Förderung.

Es geht um die Inhaltsvielfalt – ich glaube, das ist eine ganz wichtige Sache, vor allem für uns hier im Bundesrat –, für die diese regionalen Berichterstat­tungen so wichtig sind. Davon leben wir ja auch. In Wien ist das ein bisschen ein­facher. Ich beneide immer meine Kolleginnen und Kollegen in den Bezir­ken, die natürlich viel leichter in einer Bezirkszeitung zu finden sind als ein Wie­ner Bundesrat. Wir haben nicht so eine regionale Verankerung von
medialer Arbeit. Aber diese regionale Arbeit ist doch wichtig.

Es erfolgt auch eine verstärkte Förderung von journalistischer Ausbildung sowie eine Einbeziehung von reinen Onlinemedien, Monatszeitungen und auch Straßenzeitungen.

Das sind viele Gründe, hinsichtlich derer ich sage, es ist wichtig, dass wir diese ganz neuen Wege der Journalismusförderung gehen. Ich kann nur bitten, zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.18


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Es ist gerade eine Wortmeldung zurückgezogen worden, also darf ich Frau MMag. Dr. Susanne Raab das Wort erteilen. –
Bitte sehr.


19.19.09

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich finde die Debatte
sehr interessant und gehaltvoll, es wurde auch schon viel erwähnt. Ich darf vielleicht noch zwei, drei Punkte aus meiner Sicht ergänzen.

Wir wollten die Presseförderung, die viele, viele Jahre alt ist, in ein neues Zeitalter transformieren. Wir wollten dabei Qualitätskriterien entwickeln, aber ohne zu sagen, was ein qualitätsvoller Artikel ist und was nicht, was sozu-


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sagen ein gutes Medium, was ein böses Medium ist, denn das kann nicht Auf­gabe der Politik sein, solche Entscheidungen zu treffen. Das ist einmal
ganz wichtig. Wir haben uns so angenähert, dass wir Kriterien schaffen, die ei­nen guten Rahmen für die Journalistinnen und Journalisten kreieren, das
heißt ein gutes Arbeitsumfeld, das sie in den Redaktionen vorfinden, sodass sie ihrer Tätigkeit frei nachgehen können.

Und ja, das sind Kriterien wie kollektivvertragsähnliche oder kollektivvertragliche Anstellungsverhältnisse, Fehlerstatute in den Redaktionen, Qualitätsmanage­ment, Frauenförderungspläne – da wurde ja schon viel erwähnt –, aber natürlich zählen zum Beispiel auch Auslandskorrespondenten, die einen besonderen
Wert haben, dazu.

Der zweite Punkt, den wir machen wollten, ist, dass wir natürlich die Form des Medienkonsums in die neue Förderung miteinbeziehen, weil ganz klar ist,
dass sich das seit Beginn der Presseförderung vor vielen Jahrzehnten massiv verändert hat. Die Mediennutzung, der Medienkonsum hat sich total ver­ändert, und das bringt natürlich deshalb auch den gesamten Medienstandort nicht nur in Österreich, sondern europaweit massiv unter Druck.

Während vor fünf Jahren noch jeder Dritte täglich ein Printprodukt konsumiert hat, ist es jetzt nur mehr jeder Fünfte. Dementsprechend müssen wir uns
auch auf diese digitale Transformation und die neue Mediennutzung einstellen und eben auch Onlineprodukte in diese neue Medienförderung miteinbe­ziehen, denn ansonsten werden wir einen Journalismus finanzieren, der am Ende des Tages nicht mehr bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommt.

Das wollen wir nicht, sondern wir wollen einen starken dualen Medienstandort in Österreich. Dazu gehört zum einen ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk,
der schlank und sparsam und dementsprechend auch für 3,6 Millionen Menschen günstiger ist, weil die ORF-Gebühr von 22,45 Euro auf 15,30 Euro sinken wird, zum anderen aber auch eine Vielfalt von privaten Medien,
sodass die Österreicherinnen und Österreicher auch eine gute Auswahl haben. Das war uns wichtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)


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Zu guter Letzt: Ich glaube, man muss sich die gesamte Förderungsstruktur in der Medienlandschaft differenziert ansehen. Ja, es gibt nicht nur einen Topf,
der alle Medienbranchen betrifft, sondern es gibt unterschiedliche Instrumenta­rien mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Es gibt auf der einen Seite nun­mehr die Qualitätsjournalismusförderung, die wirklich diese Arbeitsplätze und die Strukturen in Redaktionen basisfördert, und auf der anderen Seite Incentiveförderungen wie die digitale Transformationsförderung, die neue Pro­jekte für die digitale Transformation anstoßen soll und deshalb auch pro­jektbasiert wirkt.

Wir haben auch einen Teilbereich der Presseförderung alt belassen, denn es ist schon ein Wert der Presseförderung alt, dass sie gerade in die regionalen Strukturen hineinwirkt. Wir wollen ja, dass man die Zeitungen nicht nur in Wien, Linz und Graz hat, sondern auch in Ampflwang im Hausruckwald.

Dementsprechend gibt es unterschiedliche Säulen mit unterschiedlichen Ziel­setzungen. Wir haben uns genau angesehen, wie die ineinandergreifen,
sodass es keine Doppelstrukturen gibt, sondern eben ein ergänzendes System.

Insgesamt brauche ich in diesem Hohen Haus nicht zu erwähnen, dass
ein starker Medienstandort selbstverständlich einen Wert für die Demokratie hat – ich meine, da werden wir uns ja hoffentlich alle einig sein. Daher
ist es wichtig, dass wir auch Maßnahmen setzen, mit denen wir die Medien in ihrer Aufgabe, die sie auch im Sinne der Demokratie wahrnehmen,
unterstützen.

Ich freue mich, dass es über den Sommer gelungen ist, mit der Europäischen Kommission die Notifikation abzuschließen. Wir haben auch von anderen Ländern positive Rückmeldungen zu unserem neuen, innovativen Förderungsmodell erhalten. Das freut mich.

Ich glaube, es ist auch ein Vorzeigebeispiel, weil natürlich auch viele andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union derzeit vor denselben Heraus-


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forderungen stehen, wir haben es eh schon angesprochen: die steigenden Pa­pierpreise, die sinkenden Werbeeinnahmen, weil viel an die globalen
Player geht, die Unterschiede beim neuen Medienkonsum. Ich meine, da leben wir ja in Österreich nicht auf einer Insel, sondern das ist überall so. Ich
denke, wir sind da mit einem guten und innovativen Zugang als Vorzeigeland vorangegangen.

Wir können es im Übrigen dadurch, dass es jetzt gelungen ist, es über den Som­mer relativ rasch zu notifizieren, heuer noch beschließen und dementspre­chend auch für das heurige Jahr noch diese Förderung von 20 Millionen Euro an die Medien ausschütten. – Vielen Dank im Vorfeld für eine breite Zustim­mung. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

19.24


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. – Bitte, Frau Bundesrätin Korinna Schumann.


19.24.50

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Nur zwei Sätze, weil heute Cha­nukka, das jüdische Lichterfest, beginnt: Ich wünsche im Namen meiner sozialdemokratischen Fraktion allen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern ein trotz dieser schwierigen Zeiten positives und gemütliches Lichter­fest in Gemeinschaft mit ihren Familien und ihren Freundinnen und Freunden. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

19.25


19.25.21

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Die Plätze sind bereits eingenommen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch


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zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

19.25.58Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Es liegt mir ein schriftliches Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 3 und 4 zu verlesen, damit dieser Teil des Amtlichen Pro­tokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr diesen Teil des Amtlichen Protokolls:

„Tagesordnungspunkte 3 und 4:

Abstimmungen:

TOP 3: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird [...] an­genommen. [...]

TOP 4: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird [...] an­genommen. [...]“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieser Teile des Amtlichen Protokolls? – Nein.

Das Amtliche Protokoll gilt daher hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 3 und 4 gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates mit Schluss
dieser Sitzung als genehmigt.

Einlauf und Zuweisung


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt neun Anfragen,
4130/J-BR/2023 bis 4138/J-BR/2023, eingebracht wurden.


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Eingelangt ist der Entschließungsantrag 405/A(E)-BR/2023 der Bundesräte Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kinderrechte von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen schützen – medizinisch nicht-notwendige Operationen verbieten“, der dem Kinder­rechteausschuss zugewiesen wird.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermine werden Mittwoch, 20. Dezem­ber 2023, 13 Uhr und Donnerstag, 21. Dezember 2023, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzungen kommen insbesondere jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, so­weit diese dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 19. Dezember 2023, 13 Uhr vorgesehen.

Ich wünsche Ihnen bis zur nächsten Sitzung eine besinnliche Adventszeit.

Die Sitzung ist geschlossen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

19.28.27Schluss der Sitzung: 19.28 Uhr

 

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