4105/A XXVII. GP

Eingebracht am 13.06.2024
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Antrag

der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Mag. Markus Koza,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Impfschadengesetz und das Verbrechensopfergesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Impfschadengesetz und das Verbrechensopfergesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957

Das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, BGBl. Nr. 152/1957, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 215/2022, wird wie folgt geändert:

1.Dem § 91 wird folgender Satz angefügt:

„Die Kosten der Entlohnung für amtliche wie für nichtamtliche Sachverständige sowie für die nach § 90 Abs. 3 herangezogenen Ärzte:Ärztinnen im Verfahren vor dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen und dem Bundesverwaltungsgericht trägt der Bund.“

2. Dem § 113a wird folgender Abs. 18 angefügt:

„(18) Die im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Sozialministeriumservice oder dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht von der antragstellenden Partei beglichenen Barauslagen in Zusammenhang mit der Beiziehung von nichtamtlichen Sachverständigen sind dieser vom Bund zu refundieren.“ 

3. Dem § 115 wird folgender Abs. 19 angefügt:

„(19) Die §§ 91 und 113a Abs. 18 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft.“

Artikel 2

Änderung des Impfschadengesetzes

Das Impfschadengesetz, BGBl. Nr. 371/1973, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 215/2022, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 8o wird folgender § 8p eingefügt:

8p. § 113a Abs. 18 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 ist anzuwenden.“ 

2. Dem § 9 wird folgender Abs. 10 angefügt:

„(10) § 8p in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt mit 1. Jänner 2024 in Kraft.“

Artikel 3

Änderung des Verbrechensopfergesetzes

Das Verbrechensopfergesetz, BGBl. Nr. 288/1972, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 215/2022, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 9 Abs. 3 wird folgender Abs. 3a eingefügt:

(3a) 1. Staatsanwaltschaften und Gerichte haben gemäß den Bestimmungen der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 361/1975, folgende ermittelte personenbezogene Daten dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen nach Maßgabe des § 76 Abs. 4 StPO zur Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen, der beantragten Hilfeleistungen, der Ausschlussgründe und des Überganges von Ersatzansprüchen gemäß §§ 1, 2, 8 und 12 zu übermitteln:

               a) Personen- und Adressdaten des antragstellenden Opfers, der Verdächtigen, Beschuldigten oder Zeugen der jeweiligen Tathandlung, deren Aussagen für die Beurteilung der Straftat nach § 1 Abs. 1 VOG notwendig sind,

               b) Daten betreffend die Opfereigenschaft, nämlich Bezeichnung, Ort und Zeitraum der Gewaltausübung,

                c) Gesundheitsdaten des Opfers und

              d) Daten über eine strafrechtliche Verurteilung in Zusammenhang mit der beantragten Hilfeleistung.

           2. Eine Übermittlung der personenbezogenen Daten gemäß Z 1 erfolgt auf Anforderung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen und setzt voraus, dass diese für das Verfahren unbedingt erforderlich sind, weil ansonsten keine oder keine vorzeitige Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche erfolgen könnte. Nach Übermittlung von personenbezogenen Daten von Staatsanwaltschaften und Gerichten ist einer weiteren Anforderung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zu entsprechen, sofern aufgrund des Standes des Strafverfahrens bei der ersten Übermittlung noch nicht alle Daten nach Z 1 lit. a bis d übermittelt werden konnten.

2. In § 9 Abs. 5 werden nach dem ersten Satz folgende Sätze eingefügt:

„Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat angemessene Vorkehrungen zur Wahrung der Geheimhaltungsinteressen zu treffen. Zugriffs- wie auch Leserechte auf die von den Staatsanwaltschaften und Gerichten übermittelte personenbezogenen Daten sind nach den Aufgaben (Rollen) der jeweiligen Organisationseinheiten und Bediensteten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zu gestalten und nur im zu bearbeitenden Einzelfall zulässig. Die Daten sind nur für die unbedingt erforderliche Dauer aufzubewahren und, sofern diese für die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen, der beantragten Hilfeleistungen, der Ausschlussgründe und des Überganges von Ersatzansprüchen gemäß §§ 1, 2, 8 und 12 nicht mehr erforderlich sind, zu löschen.“      

3. Nach § 15q wird folgender § 15r eingefügt:

15r. § 113a Abs. 18 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 ist anzuwenden.“ 

4. Dem § 16 wird folgender Abs. 23 angefügt:

„(23) § 15r in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2024 tritt mit 1. Jänner 2024 in Kraft.“

5. In § 17 Abs. 1 Z 3 wird nach dem Ausdruck „§ 9 Abs. 3 zweiter und dritter Satz“ der Ausdruck „, Abs. 3a“ eingefügt.

 

Begründung

 

Zu Art. 1 Z 1 bis 3, Art. 2 Z 1 und 2 und Art. 3 Z 3 und 4 (§§ 91, 113a Abs. 18 und 115 Abs. 9 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, §§ 8p und 9 Abs. 10 des Impfschadengesetzes und §§ 15r und 16 Abs. 23 des Verbrechensopfergesetzes)

Die Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes über das Ermittlungsverfahren (§§ 90, 91 KOVG 1957), auf die unter anderem in weiteren Gesetzen der Sozialentschädigung verwiesen wird bzw. die dort nachvollzogen wurden, in Verbindung mit §§ 52 ff des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) ermöglichen unter bestimmten Voraussetzungen, etwa, wenn Amtssachverständige einer medizinischen Fachrichtung nicht in erforderlichem Ausmaß zur Verfügung stehen, die Beiziehung von nichtamtlichen Sachverständigen. Bei den Kosten für die Entlohnung von nichtamtlichen Sachverständigen handelt es sich um Barauslagen nach § 76 AVG, für die die antragstellende Partei aufzukommen hat. Die Kosten für Amtssachverständige hat hingegen gemäß § 75 AVG grundsätzlich die Behörde zu tragen. Durch die vorgeschlagene Regelung soll - um künftig eine Rechtsunsicherheit zu vermeiden - klargestellt werden, dass für sämtliche Kosten in Bezug auf die  Entlohnung von amtlichen und nichtamtlichen Sachverständigen sowie der nach § 90 Abs. 3 herangezogenen Ärzte:Ärztinnen, unabhängig davon, ob sie das erstinstanzliche Verfahren vor dem Sozialministeriumservice oder das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht betreffen, immer der Bund aufzukommen hat und somit für die Antragssteller:innen keine Kosten anfallen. Im Ergebnis wird damit hinsichtlich der Kostentragung den Regelungen des Arbeitsmarktservicegesetzes (§ 42 Abs. 1 AMSG) und des Arbeitslosenversicherungsgesetzes entsprochen (§ 70 Abs. 2 AlVG). Weiters sollen der antragstellenden Partei bereits vorgeschriebene und von ihr beglichene Barauslagen, die aus der Heranziehung von nichtamtlichen Sachverständigen resultieren, ersetzt werden. Der Kostenersatz betreffend das erstinstanzliche Verfahren und betreffend das Beschwerdeverfahren soll durch den Bund erfolgen. Die vorgeschlagenen Regelungen sollen mit 1. Jänner 2024 in Kraft treten, sodass auch ab diesem Zeitpunkt angefallene Barauslagen refundiert werden könnten.

Zu Art. 3 Z 1, 2 und 5 (§§ 9 Abs. 3a, 9 Abs. 5 und 17 Abs. 1 Z 3 des Verbrechensopfergesetzes)

Für die Vollziehung des Verbrechensopfergesetzes und um allenfalls bereits vor einem Abschluss des Strafverfahrens eine Entscheidung über die beantragten Hilfeleistungen treffen zu können, benötigt das Sozialministeriumservice, welches für die Durchführung des VOG zuständig ist, nach der StPO ermittelte Daten aus Strafakten. Gemäß § 76 Abs. 4 StPO darf die Übermittlung personenbezogener Daten aus einem Strafverfahren an Gerichte und Behörden nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung vorgenommen werden. In dieser Bestimmung wird auch normiert, dass eine Übermittlung im Fall insbesondere höher zu bewertender Interessen Betroffener zu unterbleiben hat. Die bisherige Rechtslage des § 9 Abs. 3 VOG berechtigt Staatsanwaltschaften und Strafgerichte nur dazu, Auskünfte zu Einleitung, Verfahrensstand und Beendigung eines Strafverfahrens zu erteilen, stellt jedoch keine hinreichende Grundlage für eine Übermittlung personenbezogener Daten aus einem Strafverfahren an das Sozialministeriumservice dar. Durch den vorgeschlagenen § 9 Abs. 3a soll nunmehr eine solche ausdrückliche materienspezifische Ermächtigung geschaffen werden. Unbeschadet der weiteren Voraussetzungen des § 76 Abs. 4 StPO haben künftig Staatsanwaltschaften und Gerichte über ein entsprechendes Ersuchen bzw. auf Anforderung durch das Sozialministeriumservice nach der StPO ermittelte personenbezogene Daten des antragstellenden Opfers aus näher bezeichneten Datenkategorien (inklusive der Gesundheitsdaten der Opfer - etwa aus eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten) an das Sozialministeriumservice zu übermitteln. In diesem Zusammenhang soll gesetzlich auch näher konkretisiert werden, unter welchen Voraussetzungen bzw. zu welchem Zweck die Übermittlung der Personen- und Adressdaten und Daten zur Opfereigenschaft erfolgen kann, wie insbesondere etwa zur Beurteilung der grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen des VOG, nämlich ob mit Wahrscheinlichkeit eine anspruchsberechtigende Straftat vorliegt. Weiters auch zur Beurteilung der beantragten Hilfeleistungen, der Ausschlussgründe und der Regressansprüche. Die Ermächtigung soll sich auch auf entsprechende personenbezogene Daten von Dritten (Verdächtige, Beschuldigte, Zeugen) beziehen, deren Aussagen ebenfalls für die Beurteilung der Straftat nach § 1 Abs. 1 VOG notwendig sind, zumal ohne diese keine oder keine vorzeitige Entscheidung über die geltend gemachten Opferansprüche erfolgen könnte. Weiters sollen in einer Ergänzung des § 9 Abs. 5 hinsichtlich der von den Staatsanwaltschaften und Gerichten übermittelten personenbezogenen Daten beim Sozialministeriumservice konkrete Zugriffs- und Leserechte verankert werden. Eine Aufbewahrung der personenbezogenen Daten ist nur für die unbedingt erforderliche Dauer zur Erfüllung der umschriebenen Zwecke (worunter auch eine Verfolgung laufender Regressansprüche fällt) zulässig, danach sind die Daten zu löschen. Durch die vorgesehenen Regelungen waren auch die Zuständigkeiten in der Vollziehungs- und Durchführungsbestimmung des § 17 zu ergänzen.

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales

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