10.15

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, ich finde, die ÖVP gibt heute ein gutes Beispiel dafür ab, dass man immer in lebenslanges Lernen investieren muss. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Duzdar.) Es dauert zwar jahrzehntelang, bis bei der ÖVP irgendetwas ankommt, aber zumindest ist es einmal positiv, dass es ankommt und dass es auch aufgenommen wird.

Diesen Turbo, den Frau Ministerin Raab zünden möchte, hätten Sie natürlich schon seit 36 Jahren zünden können, denn so lange sind Sie nämlich in der Regierung. Die echte Wahlfreiheit, von der die Vorredner von der ÖVP gesprochen haben, bei der es so wichtig ist, dass sie endlich kommt, hätten Sie auch schon seit 36 Jahren umsetzen können, denn so lange sind Sie in der Regierung. Kollege Sieber hat davon gesprochen, dass man die Familien „nicht im Stich lassen“ darf. Sie haben in den letzten 36 Jahren sehr, sehr viele Frauen im Stich gelassen, sehr, sehr viele Pädagogen und Pädagoginnen im Stich gelassen, und ganz besonders bitter ist es, dass Sie nämlich ganz viele Kinder im Stich gelassen haben (Beifall bei den NEOS Zwischenruf des Abg. Sieber), weil Sie es verabsäumt haben, gute Kinderbildungs- und -betreuungsplätze aufzubauen. (Abg. Sieber: ... damals ... besser aufgestellt!) Bei ganz vielen von Ihnen ist es immer noch nicht angekommen, dass die elementaren Einrichtungen Bildungsein­richtungen sind, auch wenn nicht Schule draufsteht. Das ist wichtig, das muss endlich auch bei Ihnen sickern! (Beifall bei den NEOS.)

In anderen Ländern ist es ja längst Usus, da der Kindergarten die erste Bildungs­einrichtung ist, dort auch dementsprechend viel zu investieren. Sie haben in den letzten Jahrzehnten zugelassen, dass es in vielen Gemeinden eben keine Nachmittagsbetreuung gibt, im Gegensatz zu Wien. (Abg. Sieber: ... am meisten, kannst ja keine Gemeinde mit Wien vergleichen!) Sie haben zugelassen, dass in vielen Bundesländern diese in den Ferienzeiten wochenlang geschlossen sind, im Gegensatz zu Wien (Abg. Zarits: ... keine Ahnung!), und Sie haben zugelassen, dass wir bei den unter Dreijährigen noch immer Schlusslicht sind in den Bundes­ländern, auch im internationalen Vergleich, im Gegensatz zu Wien. (Abg. Zarits – die Hände zusammenschlagend –: Ja, passt! Wien mit einer kleinen Gemeinde zu vergleichen, das ist wirklich ...! Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Sieber.) Sie haben es einfach in den ÖVP-Gemeinden und -Ländern überall zugelassen, dass wir hinterherhinken, und das tut Ihnen so weh. Das ist schön zu sehen, dass Sie sich das eingestehen müssen. (Beifall bei den NEOS.)

Sie haben es zugelassen, dass Frauen nicht oder nur Teilzeit arbeiten können, weil es keine ausreichenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten gibt. Nur ein Beispiel: Dänemark investiert 1,3 Prozent des BIP in die Kinderbetreuungsein­richtungen, und dort gibt es natürlich viel mehr Frauen, die voll berufstätig sind.

Was machen Sie, Herr Kollege Sieber? Sie investieren in den Ländern, in denen Sie ja schon seit Jahren das Geld verteilen können, jetzt vor lauter Angst vor der FPÖ nicht in Kinderbetreuungsplätze, sondern Sie investieren es in eine rückschrittliche Herdprämie. Super, das bringt die Familien und die Frauen wahnsinnig weiter! (Abg. Kickl: Was ist das für ein abwertendes Vokabular?!) Die ÖVP in Oberösterreich wettert, der Rechtsanspruch ist sowieso „der direkte Weg zur Zwangsarbeit junger Mütter“, wir brauchen keine Nachmittagsbetreu­ung, denn bei uns gibt es intakte Familien. – Wow, auch wahnsinnig fort­schrittlich! Und jetzt – mit all diesen Dingen – soll Ihnen irgendjemand glauben, dass es die ÖVP jetzt auf einmal ernst meint mit dem großen und tollen Ausbau der Kinderbetreuung – zufälligerweise ein Jahr vor der Wahl? Also damit tun wir uns schwer, vor allem weil wir noch die Chats im Hinterkopf haben. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Sieber: NEOS und intakte Familie ...! – Abg. Meinl-Reisinger – in Richtung Abg. Sieber –: ... drei Kinder! – Zwischenruf des Abg. Loacker. – Abg. Meinl-Reisinger: Sogar der Scherak ist schon verheiratet!)

Aber gut, wir NEOS freuen uns ja immer, wenn dann doch gewisse Botschaften ankommen, und offensichtlich hat es ja auch genützt, dass wir zehn Jahre lang gesagt haben, dass der Kindergarten die erste Bildungseinrichtung ist, denn es ist dann auch in der ÖVP angekommen. Wir sagen seit zehn Jahren: Wir wollen einen Rechtsanspruch auf flächendeckende ganztägige hochqualitative Kinder­bil­dung und Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag.

Ein Antrag von mir auf einen Stufenplan wurde vor drei Jahren von der ÖVP und von den Grünen noch mit dem Argument vertagt: Wir brauchen das ja überhaupt nicht, denn wir wissen ja eh, wie es geht.

Also: Wir freuen uns selbstverständlich, dass sich jetzt endlich auch die ÖVP bewegt. Wir freuen uns darüber, aber es wird nicht ausreichend sein, dass Sie nur Geld ins System schütten, sondern Sie werden dieses Geld sehr, sehr streng an Konditionen knüpfen müssen, damit die Länder nicht das tun, was sie bis jetzt auch teilweise gemacht haben, nämlich keine hochqualitative Kinder­betreuung anzubieten. Wir wollen, dass Sie klare Ziele definieren. Sie haben zwar einen Bildungsminister, aber den dürfen Sie, glaube ich, nicht nach Zielen fragen. Sie sollten mit den Fachleuten reden. Und schaffen Sie endlich diese elende Herdprämie ab! (Beifall bei den NEOS.)

10.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich bedanke mich bei der Frau Bundesministerin.

 

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